Entscheidungsstichwort (Thema)
Antrag auf Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines schiedsgerichtlichen Verfahrens. Bildung des Schiedsgerichts. Keine Bindung des Insolvenzverwalters an eine vom Gemeinschuldner vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgeschlossene Schiedsabrede. Rechte des Insolvenzverwalters aus InsO. Selbstständiges Recht des Insolvenzverwalters
Leitsatz (amtlich)
Soweit nach § 1031 Abs. 2 ZPO beim staatlichen Gericht ein Antrag auf Feststellung der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens nur bis zur Bildung des Schiedsgerichts gestellt werden kann, ist entscheidend der Eingang des Antrags bei Gericht, nicht der Zeitpunkt der Zustellung an die Gegenseite.
Die grundsätzliche Bindung des Insolvenzverwalters an eine vom Gemeinschuldner vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgeschlossene Schiedsabrede gilt nicht, soweit es um Rechte des Insolvenzverwalters geht, die sich nicht unmittelbar aus dem vom Gemeinschuldner abgeschlossenen Vertrag ergeben, sondern auf der Insolvenzordnung beruhen; zu diesen selbständigen, der Verfügungsgewalt des Gemeinschuldners entzogenen Rechten gehört nicht nur die Insolvenzanfechtung, sondern auch das Wahlrecht des Insolvenzverwalters aus § 103 InsO.
Normenkette
ZPO § 1031 Abs. 2; InsO § 103; ZPO §§ 1032, 1025 Abs. 2; CPLA Art. 9.1
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des KG vom 13.9.2010 - 20 SCHH 3/09 - aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerderechtszugs, an das KG zurückverwiesen.
Wert des Beschwerdegegenstands: bis 350.000 EUR
Gründe
I.
Rz. 1
Die Parteien streiten um die Zulässigkeit eines von der Antragsgegnerin betriebenen Schiedsverfahrens.
Rz. 2
Am 18.3.1995 schlossen die S. AG und die Antragsgegnerin einen als "CROSS PATENT LICENSE AGREEMENT" (CPLA) bezeichneten Vertrag, demzufolge sie sich gegenseitig Lizenzen ("non-exclusive, non-transferable, world-wide") an ihren jeweiligen Halbleiterpatenten gewährten. Die Vereinbarung enthielt in Art. 9 eine Schiedsklausel.
Rz. 3
Die Q. AG, deren Insolvenzverwalter der Antragsteller ist, entstand im Jahre 2006 durch Ausgliederung des Speicherchip-Bereichs aus der I. T. AG, die ihrerseits im Jahre 1999 durch Ausgliederung des Halbleiter-Bereichs aus der S. AG entstanden war. Die Q. AG hat insoweit die Rechte und Pflichten aus dem CPLA übernommen.
Rz. 4
Nachdem der Antragsteller gegenüber der Antragsgegnerin die Nichterfüllung des CPLA gem. § 103 InsO erklärt hatte, erhob die Antragsgegnerin Schiedsklage mit dem Ziel, feststellen zu lassen, dass ihre Nutzungsrechte fortbestünden. Im Laufe des Schiedsverfahrens stellte sie verschiedene Feststellungs- und Verpflichtungsanträge, bezüglich derer auf den Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 21.7.2010 (S. 7 ff.) in Verbindung mit dem "Request for Arbitration" vom 31.3.2010 Bezug genommen wird.
Rz. 5
Der Antragsteller hat beantragt, die Unzulässigkeit des Schiedsverfahrens festzustellen, hilfsweise zumindest insoweit, als die Antragsgegnerin vor dem Schiedsgericht ihrerseits die Feststellung begehre, dass weder die Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch die Wahl der Nichterfüllung gem. § 103 InsO rechtliche Auswirkungen auf ihre Lizenzrechte habe.
Rz. 6
Das KG hat mit Beschluss vom 13.9.2010 die Anträge abgelehnt. Diese seien unzulässig. Ein Antrag auf Feststellung der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens könne nach § 1032 Abs. 2 ZPO nur bis zur - hier im Februar 2010 erfolgten - Bildung des Schiedsgerichts gestellt werden. Setze der Begriff der Antragstellung eine - hier im Wege der Rechtshilfe in K. erst am 16.6.2010 erfolgte - Zustellung voraus, weil erst dadurch ein Prozessrechtsverhältnis zwischen den Parteien begründet wurde, seien die Anträge schon nach dem Wortlaut des § 1032 Abs. 2 ZPO verspätet. Falls dagegen als Zeitpunkt der Antragstellung der Eingang bei Gericht - hier der 21.10.2009 (richtig: 19.10.2009) - anzusehen sei, wären die ursprünglich zulässigen Anträge jedenfalls nachträglich mit Bildung des Schiedsgerichts unzulässig geworden. Abgesehen davon hätten die Anträge, ihre Zulässigkeit vorausgesetzt, auch materiell-rechtlich keinen Erfolg. Die Schiedsklausel beziehe sich umfassend auf alle Ansprüche aus dem streitgegenständlichen Vertrag. Ob die im Schiedsverfahren geltend gemachten Ansprüche bestünden, habe deshalb das Schiedsgericht zu prüfen. Dazu gehöre auch die Frage der Wirksamkeit der Wahl der Nichterfüllung (§ 103 InsO) durch den Antragsteller. Es bestehe kein Grund zu der Annahme, dass die Parteien dies anders geregelt hätten; ob die Gemeinschuldnerin, wie der Antragsteller meine, auf die Ausübung des Wahlrechts keinen Einfluss habe, sei insoweit ohne Bedeutung. Die Schiedsabrede enthalte keinen Ausschluss für Streitigkeiten, welche die Insolvenz einer Partei beträfen.
Rz. 7
Gegen diese Entscheidung wendet sich der Antragsteller mit seiner Rechtsbeschwerde.
II.
Rz. 8
1. Die von Gesetzes wegen statthafte (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. §§ 1065 Abs. 1 Satz 1, 1062 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) und auch im Übrigen zulässige (§ 574 Abs. 2 ZPO) Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das KG.
Rz. 9
2. Die Anträge nach § 1032 Abs. 2 ZPO sind zulässig.
Rz. 10
a) Nach § 1032 Abs. 2 ZPO kann bei Gericht bis zur Bildung des Schiedsgerichts Antrag auf Feststellung der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens gestellt werden. Entscheidend ist insoweit der Eingang bei Gericht, nicht die Zustellung des Antrags an die Gegenseite (vgl. auch OLG Saarbrücken, SchiedsVZ 2008, 313, 315; Münch in MünchKomm/ZPO, 3. Aufl., § 1032 Rz. 3, 28, 32; Musielak-Voit, ZPO, 8. Aufl., § 1032 Rz. 10; Schroeter, SchiedsVZ 2004, 288, 290). Bereits der Wortlaut - Antragstellung - legt nahe, dass es auf den erstgenannten Zeitpunkt ankommt; das Gesetz spricht insoweit nicht davon, dass der Antrag bis zur Bildung des Schiedsgerichts auch dem Antragsgegner zugestellt worden sein muss. Dies entspricht dem Sinn und Zweck des § 1032 ZPO, wonach die Frage der Gültigkeit und Durchführbarkeit einer Schiedsvereinbarung "möglichst frühzeitig, d.h. bei dem zuerst angegangenen Gericht, geklärt werden sollte" (Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Neuregelung des Schiedsverfahrensrechts, BT-Drucks. 13/5274, 38). Zuerst "angegangen" ist aber das Gericht, bei dem zuerst der Antrag eingeht. Der Gesetzgeber hat bewusst (vgl. BT-Drucks., a.a.O.) ein Antrags- und kein Klageverfahren geschaffen. Für das Verhältnis zwischen der staatlichen Gerichtsbarkeit und der Schiedsgerichtsbarkeit fehlt es dementsprechend auch an einer auf die Rechtshängigkeit - Erhebung der Klage durch Zustellung der Klagschrift (§§ 261 Abs. 1, 253 Abs. 1 ZPO) - abstellenden Regelung wie im Klageverfahren (§ 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO). Vielmehr bestimmt § 1032 Abs. 3 ZPO, dass ein schiedsrichterliches Verfahren auch dann eingeleitet oder fortgesetzt werden und ein Schiedsspruch ergehen kann, wenn ein gerichtliches Verfahren nach Abs. 2 anhängig ist. Käme es aber im Rahmen des Abs. 2 nicht auf den Eingang bei Gericht (Anhängigkeit), sondern auf die Zustellung an den Antragsgegner (Rechtshängigkeit) an, wäre mithin ein Antrag erst ab diesem Zeitpunkt von Bedeutung, bestünde kein Bedürfnis, bezüglich eines bis zur Rechtshängigkeit unerheblichen Antrags in Abs. 3 eine Bestimmung über das Verhältnis zwischen staatlichem und schiedsrichterlichem Verfahren zu treffen. In diesem Sinne hat der Gesetzgeber im Übrigen auch in § 1040 Abs. 3 Satz 3 ZPO, der das Verhältnis des Schiedsverfahrens zum staatlichen Verfahren auf Überprüfung eines Zuständigkeitszwischenentscheids des Schiedsgerichts regelt, den Begriff der "Anhängigkeit" und nicht den der "Rechtshängigkeit" verwendet.
Rz. 11
b) Die Anträge sind nicht nachträglich unzulässig geworden. Vielmehr geht das Gesetz bei einem zulässig vor Bildung des Schiedsgerichts gestellten Antrag von einem anschließenden Nebeneinander des staatlichen und schiedsrichterlichen Verfahrens aus. Durch § 1032 Abs. 3 ZPO soll lediglich gewährleistet werden, dass das Schiedsverfahren nicht durch die Einleitung eines staatlichen Verfahrens nach § 1032 Abs. 2 ZPO von vorneherein blockiert wird. Dies bedeutet - entgegen der Auffassung des KG - aber nicht, dass das staatliche Verfahren mit Einleitung oder Fortsetzung des Schiedsverfahrens unzulässig wird (vgl. nur BT-Drucks., a.a.O.). Letzteres würde im Übrigen dazu führen, dass entgegen den gesetzgeberischen Intentionen dem Verfahren nach § 1032 Abs. 2 ZPO in der Praxis keine Bedeutung zukäme. Auch wäre die Regelung in Abs. 3, wonach ein vor Bildung des Schiedsgerichts beim staatlichen Gericht gestellter Antrag (§ 1032 Abs. 2 ZPO) das Ergehen eines Schiedsspruchs nicht hindert, überflüssig, weil ein solcher Fall kaum je eintreten könnte, da nach Bildung des Schiedsgerichts der Antrag sofort als unzulässig verworfen werden müsste, also zum Zeitpunkt des Erlasses des Schiedsspruchs ein Antragsverfahren regelmäßig nicht mehr anhängig wäre. Vor diesem Hintergrund entspricht es der ganz herrschenden Meinung, dass beide Verfahren parallel nebeneinander laufen, wobei das Schiedsgericht - wegen des Vorrangs der staatlichen Gerichte, letztverbindlich die Zulässigkeit des Schiedsverfahrens zu beurteilen (vgl. nur BT-Drucks., a.a.O., S. 26, 44; § 1040 Abs. 3 Satz 2 ZPO; § 1061 Abs. 1 ZPO i.V.m. Art. V Abs. 1 Nr. 1c, Abs. 2a UNÜ) - zu prüfen hat, ob es sein Verfahren bis zur Entscheidung des staatlichen Gerichts aussetzt oder ruhen lässt (vgl. nur Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 69. Aufl., § 1032 Rz. 10; Münch in MünchKomm/ZPO, a.a.O., Rz. 28, 33 f.; Musielak/Voit, a.a.O., Rz. 10, 15 f.; Prütting in Prütting/Gehrlein, ZPO, 3. Aufl., § 1032 Rz. 7; Hk-ZPO/Saenger, 4. Aufl., § 1032 Rz. 18; Schlosser in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 1032 Rz. 21, 22; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 32. Aufl., § 1032 Rz. 6; Zöller/Geimer, ZPO, 28. Aufl., § 1032 Rz. 26 f.; s. auch OLG Saarbrücken, a.a.O.; Schroeter, a.a.O., S. 291; Sponheimer in FS Käfer, S. 357, 361, 372).
Rz. 12
c) Die Gegenrüge der Antragsgegnerin, es fehle am Rechtsschutzinteresse, denn die Schiedsrichter hätten zwischenzeitlich W. als Schiedsort bestimmt und in Ö. werde eine Entscheidung deutscher Gerichte über die Zulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens (§ 1032 Abs. 2 ZPO) nicht anerkannt, ist bereits deshalb unbegründet, weil dem Antragsteller das Rechtsschutzinteresse zumindest insoweit nicht abgesprochen werden kann, als er durch eine Entscheidung nach § 1032 Abs. 2 ZPO, die auch bei einem ausländischen Schiedsort möglich ist (§ 1025 Abs. 2 ZPO), die Anerkennung und Vollstreckung eines ö. Schiedsspruchs in Deutschland verhindern könnte (§ 1061 Abs. 1 ZPO i.V.m. Art. V UNÜ). Soweit die Antragsgegnerin auf den in der BR-Drucks. 833/10 enthaltenen Vorschlag zur Neufassung der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 vom 22.12.2001 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ("Brüssel I") und die dort in Art. 29 Abs. 4 enthaltene Regelung zum Verhältnis ausländischer Schieds- und innerstaatlicher Gerichtsbarkeit verweist, kann dahinstehen, inwieweit diese Norm, sollte sie Gesetz werden, für Verfahren nach § 1032 Abs. 2 ZPO von Bedeutung wäre; für die derzeitige Rechtslage ist der Entwurf ohne Relevanz.
Rz. 13
3. Die Anträge sind nicht deshalb unbegründet, weil die Schiedsabrede in Art. 9.1 CPLA ("Alle Streitigkeiten, Meinungsverschiedenheiten oder Differenzen, die zwischen den Parteien aus oder in Bezug auf oder im Zusammenhang mit diesem Vertrag oder dessen Verletzung entstehen, ...") sämtliche im Zusammenhang mit dem CPLA anfallenden Fragen und insoweit auch die streitgegenständliche Auseinandersetzung zwischen den Parteien erfasst.
Rz. 14
a) Zwar ist ein Insolvenzverwalter grundsätzlich an eine von dem Gemeinschuldner vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geschlossene Schiedsabrede gebunden (vgl. bereits zum Konkursverwalter RGZ 137, 109, 111; BGH, Urt. v. 28.2.1957 - VII ZR 204/56, BGHZ 24, 15, 18; zum Insolvenzverwalter BGH, Beschlüsse v. 20.11.2003 - III ZB 24/03, ZInsO 2004, 88; v. 17.1.2008 - III ZB 11/07, NJW-RR 2008, 558 Rz. 17; v. 29.1.2009 - III ZB 88/07, BGHZ 179, 304 Rz. 11). Dies gilt jedoch dann nicht, wenn es um Rechte des Insolvenzverwalters geht, die sich nicht unmittelbar aus dem vom Gemeinschuldner abgeschlossenen Vertrag ergeben, sondern auf der Insolvenzordnung beruhen und daher insolvenzspezifisch sind, mithin der Gemeinschuldner nicht befugt ist, über sie zu verfügen oder Einfluss darauf zu nehmen, wann, in welcher Weise und bei welcher Stelle sie geltend gemacht werden (vgl. zur Konkursanfechtung BGH, Urt. v. 17.10.1956 - IV ZR 137/56, NJW 1956, 1920, 1921). Soweit die Antragsgegnerin unter Hinweis auf die Kommentierung von Uhlenbruck/Hirte (InsO, 13. Aufl., § 143 Rz. 66) die Auffassung vertritt, diese Rechtsprechung sei durch § 1030 Abs. 1 ZPO n.F. überholt, kann dem nicht gefolgt werden. Zwar setzte § 1025 Abs. 1 ZPO a.F. für die Schiedsfähigkeit eines Anspruchs voraus, dass die Parteien berechtigt waren, über den Gegenstand des Streits einen Vergleich abzuschließen. Nunmehr ist in § 1030 Abs. 1 Satz 1 ZPO diese Einschränkung für vermögensrechtliche Ansprüche entfallen; sie gilt nach Satz 2 nur noch für nichtvermögensrechtliche Ansprüche. Die Änderung betrifft aber nur die objektive Schiedsfähigkeit von Ansprüchen und besagt deshalb unmittelbar nichts dazu, ob und in welchem Umfang ein Dritter an eine Schiedsabrede gebunden ist. Dementsprechend ging es, soweit in der zitierten Entscheidung zur Konkursanfechtung (BGH, Urt. v. 17.10.1956, a.a.O.) davon gesprochen wurde, dass der Gemeinschuldner keinen Vergleich über den Anfechtungsanspruch schließen könne, nicht um die Frage, ob der Anspruch aus Konkursanfechtung i.S.d. § 1025 ZPO a.F. einem Vergleich zugänglich ist, sondern darum, wem die Verfügungsbefugnis über den Anspruch zusteht. § 1030 Abs. 1 Satz 1 ZPO ändert deshalb auch nichts an dem Grundsatz, dass der Insolvenzverwalter - ebenso wie vormals der Konkursverwalter - an eine vom Gemeinschuldner abgeschlossene Schiedsvereinbarung nicht gebunden ist, soweit streitgegenständlich ein selbständiges, der Verfügungsgewalt des Schuldners entzogenes Recht des Insolvenzverwalters ist (vgl. zur Insolvenzanfechtung Senat, Beschlüsse vom 20.11.2003 und 17.1.2008, jeweils a.a.O.; s. auch Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, a.a.O., § 1029 Rz. 26; Münch in MünchKomm/ZPO, a.a.O., § 1029 Rz. 50; Musielak/Voit, a.a.O., § 1029 Rz. 8; Prütting in Prütting/Gehrlein, a.a.O., § 1025 Rz. 9; Hk-ZPO/Saenger, a.a.O., § 1029 Rz. 22; Schlosser in Stein/Jonas, a.a.O., § 1029 Rz. 35; Zöller/Geimer, a.a.O., § 1029 Rz. 65). Dieser Grundsatz gilt auch für das Wahlrecht des Insolvenzverwalters nach § 103 InsO (s. Musielak/Voit, a.a.O., § 1029 Rz. 8 und § 1030 Rz. 2; vgl. zu § 17 KO RGZ, a.a.O.). Denn insoweit handelt es sich - wie nicht zuletzt § 119 InsO bestätigt, wonach Vereinbarungen unwirksam sind, durch die im voraus die Anwendung des § 103 InsO ausgeschlossen oder beschränkt wird - um keine Befugnis, die ursprünglich der Gemeinschuldnerin zustand und die deshalb Gegenstand von vertraglichen Vereinbarungen einschließlich einer entsprechenden Schiedsabrede hätte sein können, sondern um ein gesetzlich dem Insolvenzverwalter zustehendes Recht.
Rz. 15
b) Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin steht auch nicht aufgrund der Entscheidung des T. d. G. I. d. P. vom 21.1.2010 rechtskräftig fest, dass das Schiedsverfahren zulässig ist. Dieses Gericht hat lediglich, nachdem die in Art. 9 CPLA als Schiedsstelle vorgesehene Internationale Handelskammer in P. die weitere Administration des Schiedsverfahrens abgelehnt hatte, einen Beschluss zur Bestellung von Schiedsrichtern für das Schiedsverfahren getroffen, nicht aber die Frage entschieden, ob der konkrete Gegenstand des Schiedsverfahrens und insoweit die - im Übrigen von der Antragsgegnerin im weiteren Verlaufe des Schiedsverfahrens auch geänderten - Anträge Gegenstand eines zulässigen Schiedsspruchs sein können. Deshalb kann auch dahinstehen, inwieweit anderenfalls der Beschluss für die deutschen Gerichte im Verfahren nach § 1032 Abs. 2 ZPO rechtliche Bedeutung hätte.
Rz. 16
c) Soweit daher die von der Antragsgegnerin im Schiedsverfahren geltend gemachten Feststellungs- und Verpflichtungsanträge unmittelbar oder als entscheidungserhebliche Vorfrage das Recht des Antragsstellers nach § 103 InsO betreffen, ist ein Schiedsverfahren auf der Grundlage von Art. 9 CPLA unzulässig. Dies wird das KG zu prüfen haben. Die in diesem Zusammenhang geäußerte Auffassung der Antragsgegnerin - es gehe im Schiedsverfahren gar nicht um § 103 InsO, sondern darum, dass ihre Lizenzen insolvenzfest seien, wobei sie insoweit ein Aussonderungsrecht (§ 47 InsO) geltend mache, was zulässigerweise Gegenstand der den Insolvenzverwalter bindenden Schiedsabrede sei - teilt der Senat allerdings nicht. Denn im Kern geht der Streit der Parteien darum, ob der Lizenzvertrag (CPLA) unter § 103 InsO fällt und der Antragsteller deshalb die weitere Erfüllung ablehnen kann. Soweit das gesamte Schiedsverfahren nicht bereits im Hinblick auf § 103 InsO unzulässig ist, wird das KG, das hierzu bisher keine Feststellungen getroffen hat, auch den Einwand des Antragstellers zu prüfen haben, dass die Gemeinschuldnerin im Zuge der Übernahme des CPLA nicht formwirksam in die Schiedsabrede (Art. 9) eingetreten sei.
Fundstellen
Haufe-Index 2723652 |
NWB 2011, 3592 |
EBE/BGH 2011 |
CR 2012, 298 |
EWiR 2011, 545 |
GRUR 2011, 12 |
GRUR 2012, 95 |
IBR 2011, 676 |
WM 2011, 1474 |
WuB 2011, 775 |
ZIP 2011, 1477 |
ZIP 2011, 5 |
AnwBl 2011, 220 |
DZWir 2011, 433 |
MDR 2011, 1002 |
NZI 2011, 6 |
NZI 2011, 634 |
ZInsO 2011, 1457 |
ZZP 2013, 111 |
GWR 2011, 368 |
NJW-Spezial 2011, 565 |
NWB direkt 2011, 1128 |
Mitt. 2012, 45 |
SchiedsVZ 2011, 281 |