Entscheidungsstichwort (Thema)
Hinweispflicht des Notars auf Zustimmungsbedürftigkeit zur Veräußerung eines Erbaurechts. Belastungsvollmacht. Gespaltene Eigentümerzustimmung
Leitsatz (amtlich)
a) Der Notar ist verpflichtet, die Erwerber eines Erbbaurechts darauf hinzuweisen, dass der Grundstückseigentümer seine Zustimmung zur Veräußerung des Erbbaurechts erteilen, jedoch zur Belastung verweigern kann, wenn die Zustimmungsbedürftigkeit dieser Verfügungen Inhalt des Erbbaurechts ist (§ 5 ErbbauVO) und der Notar, z.B. auf Grund einer in dem Kaufvertrag enthaltenen Belastungsvollmacht, damit rechnen muss, dass die Erwerber das Recht zur Finanzierung des Kaufpreises belasten wollen.
b) Der Notar ist in derartigen Fallgestaltungen weiter verpflichtet, die Erwerber über die Gefahren einer "gespaltenen" Eigentümerzustimmung zu belehren und ihnen Möglichkeiten, diesen entgegenzuwirken, aufzuzeigen.
Normenkette
BeurkG § 17 Abs. 1; BNotO § 19 Abs. 1; ErbbauVO §§ 5, 6 Abs. 1
Verfahrensgang
OLG Hamm (Urteil vom 23.04.2004; Aktenzeichen 11 U 143/03) |
LG Bielefeld |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 11. Zivilsenats des OLG Hamm v. 23.4.2004 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger nimmt den beklagten Notar auf Schadensersatz in Anspruch. Der Beklagte beurkundete am 1.7.1999 einen Vertrag, mit dem der Kläger und seine Ehefrau von den Eheleuten M. ein Wohnungserbbaurecht für 248.000 DM kauften. Das Erbbaurecht durfte nur mit Zustimmung des Grundstückseigentümers veräußert und mit Grundpfandrechten belastet werden. Hierauf war in der notariellen Urkunde bei der Beschreibung des verkauften Erbbaurechts hingewiesen. § 12 des Kaufvertrages enthielt weiter die Feststellung, dass der Beklagte über das Erfordernis der Zustimmung des Grundstückseigentümers zur Veräußerung und Belastung belehrt habe. Der Beklagte wies jedoch nicht darauf hin, dass die erforderliche Zustimmung des Eigentümers auch getrennt für die Veräußerung erteilt und für die Belastung verweigert werden konnte.
Der Kläger und seine Ehefrau beabsichtigten, das Erbbaurecht zur Sicherung eines Darlehens, das sie zur Finanzierung des Kaufpreises aufnehmen wollten, mit einer Grundschuld über 200.000 DM zu belasten. Zu diesem Zweck war ihnen von den Verkäufern eine Belastungsvollmacht eingeräumt worden (§ 7 des Kaufvertrags).
Im Hinblick auf die Höhe der vorgesehenen Grundschuld verweigerten die Eigentümer jedoch ihre Einwilligung in die Belastung des Erbbaurechts. Demgegenüber erteilten sie auf entsprechende Anfrage des Beklagten ihre Zustimmung zur Veräußerung.
Verhandlungen über die Erbbaurechtsbelastung blieben ergebnislos. Der Kläger und seine Ehefrau nahmen von der Durchführung des Kaufvertrages Abstand. Die Verkäufer verlangten von den Eheleuten daraufhin Schadensersatz. Diese wurden in dem hierüber geführten Rechtsstreit, in dem sie dem Beklagten den Streit verkündet hatten, in erster Instanz zur Zahlung von 28.347,40 DM nebst Zinsen verurteilt. Ihre Berufung gegen diese Entscheidung nahmen sie auf Anraten des Gerichts zurück. Der Kläger verlangt den Schadensersatzbetrag und die in dem Vorprozess entstandenen Gerichts- und Anwaltskosten von dem Beklagten erstattet. Die auf Zahlung von 24.300,92 EUR gerichtete Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, der Beklagte habe seine aus § 17 Abs. 1 S. 1 BeurkG folgende Rechtsbelehrungspflicht erfüllt, indem er auf die Erforderlichkeit der Zustimmung der Grundstückseigentümer zur Veräußerung und Belastung des Erbbaurechts hingewiesen habe. Der Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen, von sich aus mit den Beteiligten zu erörtern, wie die Käufer den von ihnen aufzubringenden Kaufpreis zu beschaffen gedachten und inwieweit sie dazu auf eine Beleihung des erworbenen Objekts angewiesen gewesen seien. Diese Fragen gehörten nicht zur rechtlichen Tragweite des Geschäfts, über das der Beklagte zu belehren gehabt habe. Er habe auch nicht gegen die erweiterte Belehrungspflicht entsprechend § 14 Abs. 1 S. 1 BNotO verstoßen. Der Notar sei grundsätzlich nicht verpflichtet, der Frage der wirtschaftlichen Durchführbarkeit des Vertrags nachzugehen. Insbesondere obliege es ihm nicht, ohne besondere Anhaltspunkte einen Immobilienerwerber über die Finanzierung des Kaufpreises zu beraten.
Schließlich habe der Beklagte seine Amtspflichten auch nicht dadurch verletzt, dass er die Eigentümer um Zustimmung zur Veräußerung des Erbbaurechts gebeten habe, obgleich ihm bekannt gewesen sei, dass diese nicht bereit gewesen seien, der von dem Kläger und seiner Ehefrau gewünschten Belastung des Rechtes zuzustimmen. Der Beklagte, den die Urkundsbeteiligten mit dem Vollzug des Vertrages beauftragt hätten, sei hierzu verpflichtet gewesen.
II.
Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Der Beklagte hat seine aus § 17 Abs. 1 S. 1 BeurkG folgende Pflicht zur Rechtsbelehrung verletzt, indem er es unterließ, den Kläger und seine Ehefrau darauf hinzuweisen, dass die Grundstückseigentümer nicht verpflichtet waren, ihre Zustimmung zur Veräußerung und zur Belastung des Erbbaurechts einheitlich zu erteilen, vielmehr die Situation eintreten konnte, dass die Zustimmung zur Veräußerung gegeben, zur Belastung jedoch verweigert wurde. Überdies hätte er die hieraus folgenden Gefahren und die Möglichkeiten, ihnen entgegenzuwirken, aufzeigen müssen. Als Abhilfemöglichkeiten kommen etwa die Vorabeinholung der Zustimmungen des Eigentümers (dies hält Wolfsteiner in Kersten/Bühling, Formularbuch und Praxis der Freiwilligen Gerichtsbarkeit, 21. Aufl., § 64 Rz. 57 f., sogar für zwingend), die Vereinbarung der Zustimmung des Eigentümers zur Belastung als Bedingung für die Wirksamkeit des Kaufvertrags oder die Vereinbarung eines Rücktrittsrechts des Käufers für den Fall des Ausbleibens dieser Zustimmung bis zu einem bestimmten Zeitpunkt in Betracht.
a) Nach der vorgenannten Bestimmung hat der Notar den Willen der Beteiligten zu erforschen, den Sachverhalt zu klären, die Beteiligten über die rechtliche Tragweite des Geschäfts zu belehren und ihre Erklärungen klar und unzweideutig in der Niederschrift wiederzugeben. Der Inhalt der Rechtsbelehrung richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Der Notar ist nicht gehalten, eine schematische Belehrung vorzunehmen und ohne Rücksicht auf die schutzwürdigen Interessen der Beteiligten sämtliche in dem Vertrag enthaltenen Klauseln eingehend zu erläutern. Eine solche Handhabung würde nicht nur die notarielle Verhandlung überfrachten, sondern die Aufmerksamkeit der Beteiligten von den wesentlichen Punkten ablenken (BGH, Urt. v. 27.10.1994 - IX ZR 12/94, MDR 1995, 205 = NJW 1995, 330 [331], m.w.N). Der Notar ist auch nicht verpflichtet, über die wirtschaftlichen Folgen und die wirtschaftliche Durchführbarkeit des beabsichtigten Geschäfts zu belehren (BGH, Urt. v. 5.11.1992 - IX ZR 260/91, MDR 1993, 178 = NJW 1993, 729 [730], m.w.N.; Ganter in Zugehör/Ganter/Hertel, Handbuch der Notarhaftung, Rz. 1084 f.). Zur rechtlichen Tragweite gehören aber die formellen und materiellen Wirksamkeitsvoraussetzungen, die außerhalb der Beurkundung erforderlichen weiteren Voraussetzungen zur Erreichung der mit dem Rechtsgeschäft beabsichtigten Wirkungen, die unmittelbaren Rechtsfolgen und etwaige Hindernisse beim Vollzug des beurkundeten Rechtsgeschäfts (Ganter in Zugehör/Ganter/Hertel, Handbuch der Notarhaftung, Rz. 985, m.w.N.).
b) Nach diesen Maßstäben durfte sich der Beklagte nicht darauf beschränken, auf die Zustimmungsbedürftigkeit von Veräußerung und Belastung des Erbbaurechts hinzuweisen. Vielmehr hatte er die oben aufgeführten weiter gehenden Belehrungen zu erteilen, da für den Fall, dass die Eigentümer mit der Veräußerung, nicht aber mit der Belastung einverstanden waren, der Vollzug des beurkundeten Rechtsgeschäfts gefährdet war.
aa) Stimmt der Eigentümer nur der Veräußerung zu, ohne auch die Belastung zu bewilligen, scheitert die Durchführung des Erbbaurechtsübertragungsvertrags, wenn der Käufer, wie hier geltend gemacht wird, zur Finanzierung des Erwerbs auf die Belastung des Erbbaurechts mit einem Grundpfandrecht angewiesen ist, da er ohne diese nicht in der Lage ist, den Kaufpreis aufzubringen. Zudem ist er regelmäßig Schadensersatzansprüchen des Verkäufers und ggf. auch seines finanzierenden Kreditinstituts ausgesetzt (Wolfsteiner in Kersten/Bühling, Formularbuch und Praxis der Freiwilligen Gerichtsbarkeit, 21. Aufl., § 64 Rz. 57), ohne in den Genuss der Gegenleistung zu kommen. In diesen Fällen scheitert der vertraglich vorgesehene Austausch der im Synallagma stehenden Leistungen, und zwar im Wesentlichen einseitig zu Lasten einer Vertragspartei. Jedenfalls der durchschnittliche Vertragsbeteiligte bedarf der Belehrung über diese Gefahren, da ihm die Möglichkeit der isolierten Zustimmung des Eigentümers regelmäßig nicht bekannt ist.
Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung werden diese Gefahren nicht durch eine aus § 6 Abs. 1 ErbbauVO folgende Verknüpfung der Veräußerung und der Belastung vermieden. Die fehlende Zustimmung des Grundstückseigentümers zur Belastung des Erbbaurechts wirkt sich nicht in der Weise aus, dass damit gem. § 6 Abs. 1 ErbbauVO auch das der Veräußerung zu Grunde liegende Kausalgeschäft - hier der Kaufvertrag - schwebend unwirksam ist. § 6 Abs. 1 ErbbauVO bestimmt zwar, dass nicht nur die zustimmungsbedürftige (§ 5 ErbbauVO) Verfügung über ein Erbbaurecht unwirksam ist, solange der Grundstückseigentümer sie nicht bewilligt hat. Die Unwirksamkeit erstreckt sich vielmehr auch auf den Vertrag, durch den sich der Erbbauberechtigte zu einer Verfügung verpflichtet. Diese Rechtsfolge ist jedoch auf die jeweilige Verfügung und das ihr zu Grunde liegende Kausalgeschäft beschränkt. Die schwebende Unwirksamkeit des Veräußerungsgeschäfts erstreckt sich nicht auf die im Zusammenhang mit der Belastung stehenden Verträge und umgekehrt. Eine solche Verknüpfung könnte nur über § 139 BGB hergeleitet werden, dessen Voraussetzungen hier jedoch nicht vorliegen.
bb) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts handelt es sich bei dem Risiko, dass der Eigentümer der Belastung des Erbbaurechts nicht zustimmt, auch nicht um das allgemeine, in die Sphäre des Käufers eines solchen Rechts fallende rein wirtschaftliche Wagnis, die Kaufpreisfinanzierung zu Stande zu bringen, zu dem der Notar keinen Rat zu erteilen hat. Vielmehr begründen gerade die rechtlichen Bedingungen, die für einen derartigen Erwerb gelten, die dargestellte Gefahr. Es ist in den Vorschriften des Erbbaurechts angelegt, dass die Zustimmungen zur Veräußerung und zur Belastung des Erbbaurechts auseinander fallen können. Zwar ist der Eigentümer in seiner Entscheidung nicht völlig frei (s. § 7 ErbbauVO). Jedoch unterscheiden sich die Voraussetzungen, unter denen der Erbbauberechtigte die Zustimmung des Eigentümers zur Veräußerung verlangen kann (§ 7 Abs. 1 S. 1 ErbbauVO), von denjenigen, unter denen eine Verpflichtung des Eigentümers zur Bewilligung der Belastung des Erbbaurechts (§ 7 Abs. 2 ErbbauVO) besteht. Die Zustimmung zur Veräußerung kann der Erbbauberechtigte insb. nur dann verlangen, wenn die Person des Erwerbers Gewähr für die Erfüllung der sich aus dem Erbbaurechtsinhalt ergebenden Pflichten bietet. Für einen Anspruch, der Belastung des Rechts zuzustimmen, kommt es hingegen auf die Person des Erwerbers nicht an. Erforderlich ist vor allem, dass die Belastung mit den Regeln einer ordnungsgemäßen Wirtschaft vereinbar ist (vgl. hierzu z.B.: Ingenstau/Hustedt, Kommentar zum Erbbaurecht, 8. Aufl., § 7 Rz. 21 ff.; v. Oefele in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., ErbbauVO § 7 Rz. 12; v. Oefele/Winkler, Handbuch des Erbbaurechts, 3. Aufl., Rz. 4.234 ff., jeweils m.w.N.).
cc) Für die notarielle Pflicht zur Belehrung über die Möglichkeit der gespaltenen Eigentümerzustimmung zur Veräußerung und Belastung eines Erbbaurechts, die daraus folgenden Gefahren und die Möglichkeiten, ihnen entgegenzuwirken, spricht auch, wie die Revision mit Recht hervorhebt, dass eine der Vereinbarung von ungesicherten Vorleistungen vergleichbare Gefahrenlage besteht.
Soll ein Urkundsbeteiligter nach der rechtlichen Konstruktion des vorgesehenen Vertrags eine ungesicherte Vorleistung erbringen, die als solche nicht ohne weiteres erkennbar ist, obliegt dem Notar nach ständiger Rechtsprechung des BGH eine doppelte Belehrungspflicht. Er hat zum einen über die Gefahren der Vorleistung zu belehren und zum anderen Wege aufzuzeigen, wie diese Risiken vermieden werden können (z.B.: BGH v. 12.2.2004 - III ZR 77/03, MDR 2004, 810 = BGHReport 2004, 734 = NJW-RR 2004, 1071 [1072], m.w.N.; Urt. v. 15.4.1999 - IX ZR 93/98, MDR 1999, 1096 = NJW 1999, 2188 [2189]; Urt. v. 27.10.1994 - IX ZR 12/94, MDR 1995, 205 = NJW 1995, 330 [331], m.w.N). Hiermit soll - vorbehaltlich einer bewusst abweichenden Entscheidung beider Vertragsparteien - verhindert werden, dass ein Vertragsteil seine Leistung ohne Sicherstellung der Gegenleistung der anderen Vertragspartei erbringen muss. Die in Vorleistung gehende Partei soll davor bewahrt werden, dass sich Störungen des Leistungsaustauschs allein zu ihren Lasten auswirken. Die notarielle Rechtsbelehrung dient damit der Sicherung des vereinbarten Synallagmas. Diese Situation ist mit der Übertragung eines unter den Zustimmungsvorbehalten des § 5 Abs. 1 und 2 ErbbauVO stehenden Erbbaurechts vergleichbar, da die Zustimmung des Eigentümers zur Veräußerung bei gleichzeitiger Weigerung, die Belastung zu bewilligen, zu einem Scheitern des vereinbarten Leistungsaustauschs unter einseitiger Belastung einer Vertragspartei führen kann.
Der Erwerber eines Erbbaurechts, der zur Finanzierung des Kaufpreises auf die Zustimmung des Eigentümers zur Belastung des Rechts angewiesen ist, ist im Vergleich mit einer Vertragspartei, die eine ungesicherte Vorleistung erbringen soll, sogar in gesteigertem Maße belehrungsbedürftig. In beiden Fallgestaltungen verwirklicht sich das Risiko, dem durch die Belehrung entgegengewirkt werden soll, im Fall einer Leistungsstörung. Deren Eintritt wird durch die Vereinbarung einer ungesicherten Vorleistung aber regelmäßig nicht gefördert. Demgegenüber ist bei der zustimmungsbedürftigen Erbbaurechtsübertragung und -belastung auf Grund der Rechtslage das Risiko einer Leistungsstörung, die zu den von Wolfsteiner (in Kersten/Bühling, Formularbuch und Praxis der Freiwilligen Gerichtsbarkeit, 21. Aufl.) als katastrophal bezeichneten Folgen führt, aus den unter bb) genannten Gründen gerade immanent.
c) Der Beklagte ist seinen Rechtsbelehrungspflichten nicht nachgekommen. Der Streitfall weist auch keine Besonderheiten auf, die diese Pflichten entfallen ließen.
So ist es entgegen der Ansicht des Beklagten unbeachtlich, ob ihm bei der Beurkundung des Kaufvertrags nicht bekannt war, dass die Höhe des beabsichtigten Grundpfandrechts den Regeln einer ordnungsgemäßen Wirtschaft (§ 7 Abs. 2 ErbbauVO) zu widersprechen drohte und deshalb die berechtigte Verweigerung der Zustimmung der Eigentümer nahe lag. Es reicht aus, wenn der Notar, wie hier auf Grund der in § 7 Abs. 1 des Vertrags den Käufern eingeräumten Belastungsvollmacht, damit rechnen muss, dass der Erwerber zur Finanzierung des Kaufpreises das Erbbaurecht belasten möchte. Die Belehrungsbedürftigkeit der Parteien besteht auch in einem derartigen Fall schon deshalb, weil auch eine rechtlich zweifelhafte oder gar unberechtigte Versagung der Bewilligung regelmäßig zu einer Gefährdung des Vertragszwecks führt: der Vertragsvollzug wird erheblich verzögert, so dass sich zumindest die Zeitvorstellungen der Beteiligten kaum mehr verwirklichen lassen (Wolfsteiner in Kersten/Bühling, Formularbuch und Praxis der Freiwilligen Gerichtsbarkeit, 21. Aufl., § 64 Rz. 56).
Die Belehrung war schließlich nicht unter dem Gesichtspunkt entbehrlich, dass die Gefahren der isolierten Erteilung der Zustimmung zur Veräußerung des Erbbaurechts bereits vermieden waren (Ganter in Zugehör/Ganter/Hertel, Handbuch der Notarhaftung, Rz. 1032, zur entsprechenden Problematik bei der ungesicherten Vorleistung). Weder lag die Einwilligung der Eigentümer zur Belastung bereits vor der Beurkundung vor noch war die Gefahr durch die Vertragsgestaltung gebannt.
2. Dem Beklagten fällt hinsichtlich seiner Amtspflichtverletzung Fahrlässigkeit zur Last. Ein durchschnittlich erfahrener und pflichtbewusster Notar, der für die Sorgfaltsanforderungen den Maßstab gibt (z.B.: BGH v. 28.9.2000 - IX ZR 279/99, BGHZ 145, 265 [275]; Urt. v. 9.7.1992 - IX ZR 209/91, MDR 1993, 282 = WM 1992, 1662 [1665]), hätte zum Zeitpunkt der Beurkundung die Gefahr, dass die Grundstückseigentümer lediglich der Veräußerung, nicht aber der Belastung des Erbbaurechts zustimmen könnten, und die möglichen Folgen für die Vertragsabwicklung erkennen können. Weiter hätte er hieraus den Schluss auf die Belehrungsbedürftigkeit des Klägers und seiner Ehefrau ziehen müssen.
Dem widerspricht nicht, dass es zum Zeitpunkt der hier maßgeblichen Beurkundung - soweit ersichtlich - noch keine veröffentlichte Rechtsprechung zur Frage des Umfangs der notariellen Belehrungspflicht bei der Übertragung eines Erbbaurechts mit Zustimmungsvorbehalten nach § 5 Abs. 1 und 2 ErbbauVO gab und die Problematik in der Literatur lediglich vereinzelt behandelt gewesen sein mag (Wolfsteiner in Kersten/Bühling, Formularhandbuch und Praxis der Freiwilligen Gerichtsbarkeit, 20. Aufl., § 64 Rz. 563 f., noch nicht mit der Klarheit wie in der Folgeauflage Wolfsteiner in Kersten/Bühling, Formularhandbuch und Praxis der Freiwilligen Gerichtsbarkeit, 21. Aufl., § 64 Rz. 563 f.). Auch ohne Vorgaben aus Rechtsprechung und Literatur hätte der Beklagte seine Belehrungspflicht erkennen können und müssen. Die Möglichkeit, dass der Eigentümer seine Zustimmung zur Veräußerung des Erbbaurechts erteilen, zur Belastung jedoch verweigern kann, liegt für einen Rechtskundigen, der sich - wie von einem Notar, der einen Erbbaurechtsübertragungsvertrag beurkundet, erwartet werden muss - mit §§ 5-7 ErbbauVO befasst, auf der Hand. Ebenso drängen sich die Gefahren für die Finanzierbarkeit des vorgesehenen Erwerbs im Fall der alleinigen Zustimmung zur Veräußerung auf. Dies gilt jedenfalls, wenn, wie hier, erkennbar ist, dass der Erwerber beabsichtigt, das Erbbaurecht mit einem Pfandrecht zur Finanzierung des Kaufpreises zu belasten. Die Schwere dieser insb. den Erwerber belastenden Folgen einer isolierten Zustimmung zur Veräußerung nötigt weiter zu dem Schluss, dass die Parteien über die Gefahren und die Abhilfemöglichkeiten zu belehren sind.
Den Beklagten entlastet nicht, dass das Berufungsgericht eine Amtspflichtverletzung nicht angenommen hat. Zwar trifft einen Notar i.d.R. kein Verschulden, wenn ein mit mehreren Berufsrichtern besetztes Gericht die Amtstätigkeit als objektiv rechtmäßig angesehen hat (BGH, Urt. v. 3.3.2005 - III ZR 353/04, EBE/BGH 2005, 118 [119]; Ganter in Zugehör/Ganter/Hertel, Handbuch der Notarhaftung, Rz. 2184 f.; zur Amtshaftung nach Art. 34 S. 1 GG, § 839 Abs. 1 BGB s. z.B.: BGH v. 14.3.2002 - III ZR 302/00, BGHZ 150, 172 [184] = BGHReport 2002, 454 m. Anm. Kling = GesR 2002, 62; v. 20.2.1992 - III ZR 188/90, BGHZ 117, 240 [250] = MDR 1992, 874; Urt. v. 6.2.1997 - III ZR 241/95, MDR 1994, 558 = VersR 1997, 745 [747]; Urt. v. 21.10.1993 - III ZR 68/92, MDR 1994, 558 = VersR 1994, 558 [559]; Staudinger/Wurm, BGB, 13. Bearb., § 839 Rz. 216). Hierbei handelt es sich jedoch nur um eine allgemeine Richtlinie. Sie gilt u.a. dann nicht, wenn und soweit das Gericht für die Beurteilung des Falles wesentliche Gesichtspunkte unberücksichtigt gelassen hat (BGH, Urt. v. 6.2.1997 - III ZR 241/95, MDR 1994, 558; Urt. v. 21.10.1993 - III ZR 68/92, MDR 1994, 558; Staudinger/Wurm, BGB, 13. Bearb., § 839 Rz. 218). So liegt es hier. Das Berufungsgericht hat die Pflichtenlage des Beklagten nur unter dem Blickwinkel beurteilt, dass der Notar nicht verpflichtet ist, den Urkundsbeteiligten Hinweise zur Beschaffung der für die Finanzierung des Kaufpreises notwendigen Mittel zu geben. Die besondere Gefahrenlage bei einer isolierten Zustimmung des Eigentümers zur Veräußerung hat es nicht erkannt. Es hat die Problemstellung damit auf einen falschen Punkt verengt und so die eigentlich maßgebende Frage nicht erörtert (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 6.2.1997 - III ZR 241/95, MDR 1994, 558; Urt. v. 21.10.1993 - III ZR 68/92, MDR 1994, 558; Staudinger/Wurm, BGB, 13. Bearb., § 839 Rz. 218).
3. Für das Revisionsverfahren ist weiter davon auszugehen, dass dem Kläger infolge der Amtspflichtverletzung des Beklagten ein Schaden in Form der Schadensersatzleistungen an die Verkäufer und der Kosten des Vorprozesses entstanden ist. Nach dem im Revisionsrechtszug zu Grunde zu legenden Vortrag des Klägers hätten er und seine Ehefrau vor Abschluss des Kaufvertrags verbindlich geklärt, ob die Eigentümer der vorgesehenen Belastung zustimmen würden, und wären somit im Fall der - hier eingetretenen - Verweigerung keine Verpflichtung eingegangen, wenn sie rechtzeitig darüber belehrt worden wären, dass die Eigentümer der Veräußerung zustimmen, jedoch der Belastung widersprechen konnten. In diesem Fall wären der Schadensersatzanspruch der Verkäufer, der Rechtsstreit hierüber und die dadurch verursachten Kosten vermieden worden.
In der neuen Verhandlung wird das Berufungsgericht jedoch den Behauptungen des Beklagten nachgehen müssen, dem Kläger und seiner Ehefrau sei bekannt gewesen, dass die Zustimmungen zur Veräußerung und Belastung auseinander fallen können, und der Vollzug des Kaufvertrags sei nicht an der mangelnden Zustimmung der Eigentümer zu der vorgesehenen Belastung gescheitert. Der Beklagte hat vorgetragen, die Verkäufer und das finanzierende Kreditinstitut seien bereit gewesen, den Käufern soweit entgegenzukommen, dass die Grundschuldbelastung auf einen Betrag habe abgesenkt werden können, dem die Eigentümer zugestimmt hätten. Der wahre Grund für den Kläger und seine Ehefrau, von der Erfüllung des Kaufvertrags Abstand zu nehmen, sei gewesen, dass sie eine ihren Wünschen besser entgegen kommende Wohnung gefunden hätten. Die Richtigkeit dieses Vortrags unterstellt, würde es an der Ursächlichkeit der Amtspflichtverletzung des Beklagten für den eingetretenen Schaden fehlen, da die Weigerung der Klägerseite, den Kaufvertrag zu erfüllen, auf einem Entschluss beruhen würde, der nicht durch die Amtspflichtverletzung des Beklagten herausgefordert wurde (z.B.: BGH, Urt. v. 9.1.2003 - III ZR 46/02, MDR 2003, 417 = BGHReport 2003, 375 = NJW-RR 2003, 563 [565]).
4. a) Dem Kläger steht unter Zugrundelegung seines Sachvortrags zu den Gründen für die Abstandnahme von dem Kaufvertrag wegen des an die Verkäufer geleisteten Schadensersatzes keine anderweitige Ersatzmöglichkeit (§ 19 Abs. 1 S. 2 BNotO) zur Verfügung. Insbesondere kann er entgegen der Ansicht des Beklagten seinen anwaltlichen Vertreter insoweit nicht in Anspruch nehmen. Unerheblich ist dabei, ob der Rechtsanwalt, wie der Beklagte unterstellt, den Kläger und seine Ehefrau unzutreffend dahingehend beraten hat, sie seien der Verkäuferseite gegenüber berechtigt, die Erfüllung des Kaufvertrags zu verweigern. Diese Falschberatung wäre nicht ursächlich für den Schaden geworden. Auch ohne die (angebliche) unzutreffende Rechtsauskunft hätten der Kläger und seine Ehefrau den Schadensersatz leisten müssen, da sie infolge der verweigerten Zustimmung zur Belastung des Erbbaurechts nicht in der Lage waren, die Kaufpreisforderung zu begleichen.
b) Demgegenüber kann selbst auf der Grundlage des bisherigen Sachvortrags des Klägers eine anderweitige Ersatzmöglichkeit hinsichtlich der für den Vorprozess mit den Verkäufern angefallenen Kosten bestehen. Insoweit kommt ein Anspruch des Klägers gegen seine anwaltlichen Vertreter aus positiver Forderungsverletzung in Betracht, wenn diese dem Kläger und seiner Ehefrau geraten haben sollten, sich auf den Rechtsstreit mit den Verkäufern einzulassen, auch soweit die Rechtsverteidigung aussichtslos war (BGH, Urt. v. 24.10.2002 - III ZR 107/02, BGHReport 2003, 89 = NJW 2003, 202 [203]). Das Berufungsgericht hat hierzu, von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig, keine Feststellungen getroffen. Dies ist - sofern ein Anspruch gegen den Beklagten nicht bereits aus einem anderen Grund ausscheidet - nachzuholen.
5. Nach dem Sachvortrag des Klägers ist der Schadensersatzanspruch nicht gem. § 254 Abs. 1 BGB gemindert. Dies gilt auch, falls, wie der Beklagte geltend macht, die Ehefrau des Klägers als ausgebildete Bankkauffrau Kenntnisse des Erbbaurechts gehabt haben sollte. Der Notar, der bei der Durchführung eines Amtsgeschäfts das Recht fehlerhaft anwendet, kann einem Beteiligten ein Mitverschulden selbst dann nicht vorwerfen, wenn dieser - etwa weil er selbst rechtskundig ist - den Fehler hätte bemerken können (BGH, Urt. v. 15.7.2004 - IX ZR 262/00, BGHReport 2004, 1549 = MDR 2004, 1264 = NJW-RR 2004, 1704 [1705], m.w.N.).
6. Die Sache war zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil noch Feststellungen nachzuholen sind, so dass dem Senat eine eigene Sachentscheidung verwehrt ist (§ 563 Abs. 1 ZPO).
Fundstellen
Haufe-Index 1384094 |
NJW 2005, 3495 |
BGHR 2005, 1182 |
MittBayNot 2005, 514 |
NZM 2005, 877 |
WM 2005, 1482 |
ZAP 2005, 1005 |
ZfIR 2005, 728 |
DNotZ 2005, 847 |
VersR 2006, 1694 |
WuM 2005, 608 |
MietRB 2005, 260 |
NJW-Spezial 2005, 482 |
RENOpraxis 2006, 10 |
ZNotP 2005, 351 |