Leitsatz (amtlich)
Die gesetzliche Regelung in § 17 Abs. 2 UrhG ist Ausdruck des allgemeinen Rechtsgedankens, daß das Urheberrecht ebenso wie andere Schutzrechte gegenüber dem Interesse an der Verkehrsfähigkeit der mit Zustimmung des Berechtigten in Verkehr gesetzten Waren zurücktreten muß. Der zur Weiterverbreitung Berechtigte – hier der Verkäufer von Parfum, das in einem urheberrechtlich geschützten Flakon abgefüllt ist – kann mit Hilfe des Urheberrechts nicht daran gehindert werden, die Ware anzubieten und im Rahmen des Üblichen werblich darzustellen, auch wenn damit eine Vervielfältigung nach § 16 Abs. 1 UrhG verbunden ist.
Normenkette
UrhG §§ 16, 17 Abs. 2
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 3. Zivilsenat, vom 25. September 1997 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin ist Herstellerin hochwertiger Parfums – u.a. der Marke „Poison” –, die sie über ein ausgewähltes Händlernetz vertreibt. Die Beklagte, die nicht zu den Vertragshändlern der Klägerin gehört, bietet in ihren Kaffee-Filialgeschäften ebenfalls das Parfum „Poison” an, das sie auf der Klägerin im einzelnen nicht bekannten Wegen bezieht. Ihr Nebensortiment bewirbt sie mit einem Prospekt, dem „T. Magazin”. Dort fand sich im Herbst 1994 die nachstehend wiedergegebene Abbildung einer Flasche des Parfums „Poison”:
Die Klägerin sieht hierin eine Verletzung des Urheberrechts an dem Parfumflakon. Sie ist der Ansicht, es handele sich bei diesem von der französischen Glaskünstlerin Véronique Monod geschaffenen Flakon um ein Werk der angewandten Kunst. Frau Monod habe ihr, der Klägerin, umfassende ausschließliche Nutzungsrechte an diesem Werk eingeräumt.
Die Klägerin hat die Beklagte – soweit in der Revisionsinstanz noch von Bedeutung – wegen der Abbildung des Flakons auf Unterlassung in Anspruch genommen.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat die Schutzfähigkeit des Flakons in Abrede gestellt und die Ansicht vertreten, die beanstandete Abbildung stelle eine aufgrund der eingetretenen Erschöpfung zulässige Weiterverbreitung dar. Im übrigen sei es rechtsmißbräuchlich, daß die Klägerin mit Hilfe des Urheberrechts legale Parallelimporte zu unterbinden versuche.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg (OLG Hamburg ZUM-RD 1998, 2).
Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie ihr Klagebegehren weiterverfolgt. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
I. Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsanspruch der Klägerin aus § 97 Abs. 1 UrhG verneint und zur Begründung ausgeführt:
Es sei zweifelhaft, könne aber letztlich offenbleiben, ob der fragliche Flakon als Werk der angewandten Kunst urheberrechtlichen Schutz genieße. Denn im Streitfall bestünden keine Bedenken, die Bestimmung des § 58 UrhG über die Vervielfältigung und Verbreitung von Katalogbildern entsprechend anzuwenden und dabei auch den Rechtsgedanken aus § 59 Abs. 1 UrhG über die Zulässigkeit der Vervielfältigung und Verbreitung von Abbildungen von Werken, die sich bleibend an öffentlichen Straßen und Plätzen befinden, fruchtbar zu machen. Dies habe zur Folge, daß die Abbildung des Flakons auch ohne Zustimmung der Klägerin habe hergestellt und verbreitet werden dürfen. Dem könne nicht entgegengehalten werden, daß Ausnahmevorschriften wie die urheberrechtlichen Schrankenbestimmungen einer analogen erweiternden Auslegung nicht zugänglich seien. Einen allgemeinen Grundsatz, wonach Ausnahmebestimmungen stets eng auszulegen seien, gebe es nicht. Auch eine Ausnahmevorschrift sei der Analogie zugänglich, soweit das ihr zugrundeliegende Prinzip auf einen nicht ausdrücklich geregelten Fall Anwendung finden könne. Die Berufung der Klägerin auf das ihr ausschließlich zustehende Vervielfältigungsrecht sei in der gegebenen Konstellation nicht typisch. Das Interesse der Klägerin sei nicht auf den Handel mit urheberrechtlich geschützten Gegenständen gerichtet. Vielmehr solle das visuelle Erscheinungsbild ihrer Produktlinie Allgemeingut werden. Daher sei die Abbildung des Produkts im Rahmen des Vertriebs ein Vorgang, der den Vertriebspartnern selbstverständlich gestattet sei.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, daß der Klägerin gegenüber der Beklagten wegen der beanstandeten Vervielfältigung und Verbreitung der Abbildungen des Flakons kein Anspruch aus § 97 Abs. 1 UrhG zusteht.
1. Das Berufungsgericht hat es offengelassen, ob der in Rede stehende Flakon als Werk der angewandten Kunst urheberrechtlichen Schutz genießt (§ 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG) oder nicht. Dementsprechend hat es auch keine weiteren tatsächlichen Feststellungen dazu getroffen, ob und gegebenenfalls in welcher Hinsicht sich die Formgestaltung der Flasche von dem vorbekannten Formenschatz abhebt. Unter diesen Umständen muß für das Revisionsverfahren davon ausgegangen werden, daß der Flakon als Werk der angewandten Kunst eine persönliche geistige Schöpfung der mit der Formgestaltung beauftragten Künstlerin darstellt.
2. Mit der Herstellung und dem Vertrieb des fraglichen Prospekts hat die Beklagte, soweit darin der Flakon abgebildet ist, grundsätzlich in das Vervielfältigungs- und Verbreitungsrecht eingegriffen (§ 16 Abs. 1, § 17 Abs. 1 UrhG). An dem Flakon stehen der Klägerin – auch dies ist in Ermangelung entsprechender Feststellungen im Berufungsurteil zu unterstellen – ausschließliche Nutzungsrechte zu. Dem steht der Umstand nicht entgegen, daß das Werk nicht in seiner plastischen Körperform, sondern als Flächenabbildung vervielfältigt worden ist. Jede körperliche Festlegung eines Werkes, die geeignet ist, das Werk den menschlichen Sinnen auf irgendeine Art mittelbar oder unmittelbar wahrnehmbar zu machen, stellt eine Vervielfältigung i.S. des § 16 Abs. 1 UrhG dar (BGH, Urt. v. 1.7.1982 – I ZR 119/80, GRUR 1983, 28, 29 – Presseberichterstattung und Kunstwerkwiedergabe II, m.w.N.). Dazu gehört auch die Vervielfältigung von körperlichen Kunstwerken durch bildhafte Wiedergabe.
3. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts läßt sich die Rechtmäßigkeit des Verhaltens der Beklagten nicht aus einer entsprechenden Anwendung der §§ 58, 59 UrhG herleiten.
a) Die Revision weist zunächst mit Recht darauf hin, daß die §§ 58, 59 UrhG wie alle auf der Sozialbindung des geistigen Eigentums beruhenden Schrankenbestimmungen der §§ 45 ff. UrhG grundsätzlich eng auszulegen und einer analogen Anwendung nur in seltenen Ausnahmefällen zugänglich sind (vgl. BGHZ 50, 147, 152 – Kandinsky I; 58, 262, 265 – Landesversicherungsanstalt; BGH, Urt. v. 1.7.1982 – I ZR 118/80, GRUR 1983, 25, 27 – Presseberichterstattung und Kunstwerkwiedergabe I; GRUR 1983, 28, 29 – Presseberichterstattung und Kunstwerkwiedergabe II; BGHZ 87, 126, 129 – Zoll- und Finanzschulen; BGH, Urt. v. 18.4.1985 – I ZR 24/83, GRUR 1985, 874, 875, 876 – Schulfunksendung; BGHZ 99, 162, 164 f. – Filmzitat; 114, 368, 371 – Liedersammlung; BGH, Urt. v. 12.11.1992 – I ZR 194/90, GRUR 1993, 822, 823 – Katalogbild; BGHZ 123, 149, 155 f. – Verteileranlagen; 134, 250, 263 f. – CB-infobank I; 140, 183, 191 – Elektronische Pressearchive). Dies hat seinen Grund weniger darin, daß Ausnahmevorschriften generell eng auszulegen wären, sondern beruht darauf, daß mit den Schrankenbestimmungen das Ausschließlichkeitsrecht begrenzt wird, das dem Urheber hinsichtlich der Verwertung seiner Werke an sich, und zwar dem Grundsatz gemäß, daß der Urheber an der wirtschaftlichen Nutzung seiner Werke tunlichst angemessen zu beteiligen ist, möglichst uneingeschränkt zusteht.
b) Nach § 58 UrhG ist es zulässig, öffentlich ausgestellte sowie zur öffentlichen Ausstellung oder zur Versteigerung bestimmte Werke der bildenden Künste in Verzeichnissen, die zur Durchführung der Ausstellung oder Versteigerung vom Veranstalter herausgegeben werden, zu vervielfältigen und zu verbreiten. Auf diese Regelung kann sich die Beklagte nicht mit Erfolg berufen.
Ob die unmittelbare oder entsprechende Anwendung des § 58 UrhG schon daran scheitert, daß diese Bestimmung – wie im Schrifttum vertreten wird (v. Gamm, Urheberrechtsgesetz, § 58 Rdn. 2; Schricker/Vogel, Urheberrecht, 2. Aufl., § 58 UrhG Rdn. 10; a.A. Nordemann in Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 9. Aufl., § 58 UrhG Rdn. 1) – nur auf Werke der bildenden Kunst im engeren Sinne, dagegen nicht auf Werke der angewandten Kunst Anwendung findet, erscheint zweifelhaft. Werke der angewandten Kunst zählen grundsätzlich ebenso wie etwa Bilder, Skulpturen und Graphiken zu den Werken der bildenden Kunst (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG); bei ihnen kann ebenso wie bei Werken der reinen Kunst das Bedürfnis bestehen, sie in einem Ausstellungs- oder Versteigerungskatalog abzubilden.
Die Frage bedarf aber vorliegend keiner Entscheidung. Denn § 58 UrhG ist schon deswegen nicht anwendbar, weil es sich bei dem Flakon der Klägerin nicht um ein öffentlich ausgestelltes oder versteigertes Werk und bei dem Werbeprospekt nicht um ein Verzeichnis handelt, das zur Durchführung einer Ausstellung oder Versteigerung herausgegeben worden ist. Auch eine entsprechende Anwendung dieser Bestimmung kommt nicht in Betracht. Die gesetzliche Regelung verfolgt das Ziel, allen Beteiligten zu dienen: dem Veranstalter, dem in der Regel keine Nutzungsrechte an den Ausstellungsstücken zustehen, dem Informationsbedürfnis des Publikums und nicht zuletzt dem Interesse des Urhebers, die Publizität und den Absatz der ausgestellten Werke zu fördern (vgl. Begründung zu § 59 des Regierungsentwurfs eines UrhG, BT-Drucks. IV/270, S. 76; BGH GRUR 1993, 822, 823 – Katalogbild, mit Anm. Jacobs; Schricker/Vogel aaO § 58 UrhG Rdn. 3). Bei der Abbildung des Flakons in dem Werbeprospekt geht es dagegen allein um das Absatzinteresse der Beklagten; an einer illustrierten Information über das Werkschaffen des Urhebers ist ihr anders als dem Aussteller, der Ausstellungsstücke in einem Katalog zeigt, nicht gelegen. Damit fehlt eine Vergleichbarkeit der Interessenlage, die neben einer bestehenden Regelungslücke Voraussetzung für eine analoge Anwendung des § 58 UrhG wäre. Dementsprechend hat der Senat die Katalogbildfreiheit nur auf den Katalog, nicht dagegen auf einen Werbeprospekt erstreckt, auf dem ein zur Versteigerung stehendes Bild ebenfalls abgedruckt war (BGH GRUR 1993, 822, 823 f. – Katalogbild).
c) Aus der Regelung des § 59 UrhG, nach der es zulässig ist, Abbildungen von Werken, die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen und Plätzen befinden, zu vervielfältigen und zu verbreiten, lassen sich keine Erkenntnisse für die Beurteilung des Streitfalls gewinnen. Zwar geht es in dieser Bestimmung darum, Gestaltungsformen, die – wie das Landgericht zutreffend bemerkt – für jedermann ohne weiteres zugänglicher Bestandteil des öffentlichen Umfeldes sind, zur Wiedergabe mit bildlichen Mitteln freizugeben. Doch läßt sich der – einen ganz speziellen Tatbestand regelnden – gesetzlichen Bestimmung des § 59 UrhG kein derart weitreichender, allgemeine Geltung beanspruchender Rechtsgedanke entnehmen, wonach an allgemein zugänglichen Gestaltungen durchweg ein den Belangen des Urhebers vorzugswürdiges Freihalteinteresse der Öffentlichkeit anzuerkennen sei.
4. Auch wenn die (entsprechende) Anwendung der Schrankenbestimmungen der §§ 58, 59 UrhG nicht in Betracht kommt, erweist sich das angefochtene Urteil doch aus anderen Gründen als zutreffend (§ 563 ZPO).
a) Die beanstandete Wiedergabe des Flakons in dem Verkaufsprospekt der Beklagten stellt keine Urheberrechtsverletzung dar, weil die Zustimmung des Berechtigten zum Vertrieb der Flakons nicht nur den Weitervertrieb (§ 17 Abs. 2 UrhG), sondern auch eine werbliche Ankündigung mit umfaßt, die im Zusammenhang mit dem (zulässigen) Weitervertrieb steht und sich im Rahmen dessen hält, was für einen solchen Vertrieb üblich ist.
Mit Recht weist die Revision allerdings darauf hin, daß sich die Beklagte ohne Erfolg auf den Erschöpfungseinwand nach § 17 Abs. 2 UrhG beruft. Denn eine Erschöpfung kann im Urheberrecht grundsätzlich nur hinsichtlich des Verbreitungsrechts, nicht dagegen hinsichtlich des hier ebenfalls in Rede stehenden Vervielfältigungsrechts eintreten (vgl. zu der Erwägung, auch das Recht der öffentlichen Wiedergabe unterliege der Erschöpfung, BGH, Urt. v. 17.2.2000 – I ZR 194/97, Umdr. S. 11 ff. – Kabelweitersendung, m.w.N.). Die gesetzliche Regelung in § 17 Abs. 2 UrhG ist jedoch Ausdruck des allgemeinen Grundsatzes, daß das Urheberrecht ebenso wie andere Schutzrechte gegenüber dem Interesse an der Verkehrsfähigkeit der mit Zustimmung des Berechtigten in Verkehr gesetzten Waren zurücktreten muß (vgl. BGH, Urt. v. 6.3.1986 – I ZR 208/83, GRUR 1986, 736, 737 f. – Schallplattenvermietung). Innerhalb eines einheitlichen Wirtschaftsraums soll das mit Zustimmung des Berechtigten in Verkehr gesetzte Werkstück ungeachtet des urheberrechtlichen Schutzes frei zirkulieren dürfen. Dem Berechtigten ist es unbenommen, die Erstverbreitung des Werkstücks zu untersagen oder von einer angemessenen, auch diese Nutzung seines Werks berücksichtigenden Vergütung abhängig zu machen. Hat er diese Zustimmung aber erst einmal erteilt, soll es ihm verwehrt sein, mit Hilfe des Urheberrechts die weiteren Absatzwege dieser Ware zu kontrollieren.
Der mit der Erschöpfung verfolgte Zweck, die Verkehrsfähigkeit der Waren sicherzustellen, betrifft im allgemeinen allein das Verbreitungsrecht. Der Verkehrsfähigkeit dienen darüber hinaus aber auch Angebote und andere Werbehinweise auf die angebotene Ware. Durch sie wird allerdings unter Umständen nicht nur in das Verbreitungsrecht, sondern auch in andere urheberrechtliche Verwertungsrechte eingegriffen. So liegt im Streitfall in der Abbildung der Ware in einem Werbeprospekt eine Vervielfältigung des Flakons. Zeigt beispielsweise eine Buchhandlung in einem Prospekt oder einer Zeitungsanzeige die angebotenen Bücher, liegt darin ebenfalls eine Vervielfältigung der auf dem Buchdeckel zu erkennenden Lichtbilder oder Lichtbildwerke; entsprechendes gilt für den in der Anzeige eines Möbelgeschäfts zu erkennenden Designerstuhl oder den ausgefallenen (urheberrechtlich geschützten) Vorhangstoff. In derartigen Fällen ist mit der Ausübung des Verbreitungsrechts üblicherweise ein derartiger Eingriff in das Vervielfältigungsrecht verbunden, der auch sonst nicht als eine gesondert zustimmungsbedürftige Nutzung angesehen wird. Vielmehr wird derjenige, der urheberrechtlich berechtigt ist, die Ware zu vertreiben, auch hinsichtlich der darüber hinausgehenden, sich jedoch im Rahmen üblicher Absatzmaßnahmen haltenden Nutzung ohne weiteres als berechtigt angesehen, ohne daß es der Konstruktion einer – möglicherweise über mehrere Absatzstufen hinweg konkludent erteilten – zusätzlichen Nutzungsrechtseinräumung bedürfte (vgl. hierzu Kur, GRUR Int. 1999, 24, 26 ff., die allerdings eine Gesetzesänderung für erforderlich hält).
Mit Recht weist die Revisionserwiderung auf eine insofern bestehende Parallele zum Markenrecht hin, wo allerdings der Erschöpfungseinwand nach neuem anders als nach altem Recht (BGH, Urt. v. 10.4.1997 – I ZR 65/92, GRUR 1997, 629, 632 = WRP 1997, 742 – Sermion II) nicht mehr grundsätzlich auf das Verbreitungsrecht beschränkt ist und daher unmittelbar herangezogen wird. Aber bereits in der Rechtsprechung zum Warenzeichengesetz war anerkannt, daß nicht nur das Recht, die markierte Ware weiterzuvertreiben, Gegenstand des zeichenrechtlichen Verbrauchs ist, sondern auch das Recht, die Marke in der Werbung oder anderen Ankündigungen zu benutzen. Durch das Inverkehrbringen der mit der Marke versehenen Waren werde, so hat der Bundesgerichtshof in den Entscheidungen „Ankündigungsrecht I und II” ausgeführt, nicht nur das Erstvertriebsrecht erschöpft, sondern auch das den Weitervertrieb durch entsprechende Ankündigungen erst ermöglichende Ankündigungsrecht; ohne Nennung der Originalware, also ohne Anbringung der Marke auf Ankündigungen, Preislisten, Geschäftsbriefen, Empfehlungen, Rechnungen oder dergleichen, sei der bestimmungsgemäße Weitervertrieb praktisch nicht möglich (BGH, Urt. v. 30.4.1987 – I ZR 39/85, GRUR 1987, 707, 708; Urt. v. 30.4.1987 – I ZR 237/85, GRUR 1987, 823, 824; vgl. auch Ingerl/Rohnke, Markengesetz, § 24 Rdn. 5).
Ebenso hat der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zu Art. 7 MarkenRL entschieden, daß es dem Markeninhaber als eine Folge der Erschöpfung unmöglich gemacht werden solle, die nationalen Märkte abzuschotten und dadurch die Beibehaltung eventueller Preisunterschiede zwischen den Mitgliedstaaten zu fördern. Wäre – so hat der Gerichtshof ausgeführt – das Recht, die Benutzung der Marke zur Ankündigung des weiteren Vertriebs zu verbieten, nicht ebenso erschöpft wie das Recht, den Wiederverkauf zu verbieten, so würde dieser Wiederverkauf erheblich erschwert und der mit dem Erschöpfungsgrundsatz verfolgte Zweck verfehlt. Daher könne der Markeninhaber den Wiederverkäufer, der gewöhnlich Artikel gleicher Art (nicht notwendig gleicher Qualität) wie die mit der Marke versehenen Waren vertreibt, nicht daran hindern, die Marke im Rahmen der für seine Branche üblichen, den Ruf der Marke nicht erheblich beeinträchtigenden Werbeformen zu benutzen, um der Öffentlichkeit den weiteren Vertrieb dieser Waren anzukündigen (EuGH, Urt. v. 4.11.1997 – Rs. C-337/95, Slg. 1997, I-6013 = GRUR Int. 1998, 140, 143 = WRP 1998, 150 Tz. 37 f. – Parfums Christian Dior/Evora; vgl. auch EuGH, Urt. v. 11.7.1996 – Rs. C-427/93, C-429/93 und C-436/93, Slg. 1996, I-3457 = GRUR Int. 1996, 1144, 1146 f. = WRP 1996, 880 Tz. 26 ff. – Bristol-Myers Squibb). Darüber hinaus hat der Gerichtshof in einem ebenfalls die Klägerin des vorliegenden Verfahrens betreffenden Fall klargestellt, daß der Hersteller auch einen eventuell bestehenden urheberrechtlichen Schutz der Produktausstattung nicht einsetzen könne, um die Vertriebswege zu kontrollieren: Der durch das Urheberrecht hinsichtlich der Abbildung von geschützten Werken im Werbematerial des Wiederverkäufers gewährte Schutz könne jedenfalls nicht weitergehen als der Schutz, den ein Markenrecht seinem Inhaber unter denselben Umständen gewährt (EuGH Slg. 1997, I-6013 = GRUR Int. 1998, 140, 144 = WRP 1998, 150 Tz. 58 – Parfums Christian Dior/Evora; hierzu eingehend Kur, GRUR Int. 1999, 24 ff.).
Ohne Erfolg weist die Revision in diesem Zusammenhang darauf hin, daß im Gemeinschaftsrecht nur dann von einer Erschöpfung der marken- und urheberrechtlichen Befugnisse ausgegangen werde, wenn der Wiederverkäufer gewöhnlich Artikel der gleichen Art vertreibe. Dem unstreitigen Sachvortrag läßt sich nämlich entnehmen, daß die Beklagte neben Kaffee ein weitgefächertes, wechselndes Nebensortiment führt, das in nicht unerheblichem Umfang auch Parfums umfaßt.
Diese Grundsätze sind auch für das nationale Urheberrecht von Bedeutung. Denn das nationale Urheberrecht möchte die Verkehrsfähigkeit der einmal mit Zustimmung des Berechtigten in Verkehr gebrachten Waren ebenso sichern, wie die Bestimmungen des EG-Vertrages die Verkehrsfähigkeit der Güter innerhalb des Binnenmarktes gewährleisten sollen. Die dargestellten Grundsätze sind daher dort heranzuziehen, wo die Gestaltung eines Produkts urheberrechtlichen Schutz genießt und insofern in seinen Wirkungen mit einem markenrechtlichen Schutz der Ausstattung verglichen werden kann. Könnte hier der Hersteller mit Hilfe des Urheberrechts eine übliche werbende Ankündigung des Produkts unterbinden, wäre ihm ein Instrument zur Kontrolle des Weitervertriebs an die Hand gegeben, über das er im Interesse der Verkehrsfähigkeit der mit seiner Zustimmung in Verkehr gebrachten Waren gerade nicht verfügen soll. Insofern ist der vorliegende Fall dem Sachverhalt nicht vergleichbar, der der Senatsentscheidung „Bedienungsanweisung” zugrunde lag (BGH, Urt. v. 10.10.1991 – I ZR 147/89, GRUR 1993, 34). Dort hatte ein Händler, der – lediglich mit einer Bedienungsanweisung in englischer Sprache ausgestattete – reimportierte Motorsägen vertrieb, die deutschsprachige Bedienungsanweisung des Herstellers kopiert, um sie den reimportierten Sägen beizulegen. Sein Einwand, der Hersteller setze das Urheberrecht mißbräuchlich ein, um die Vertriebswege zu kontrollieren, fand in jenem Verfahren – mit Recht – kein Gehör. Denn dort betraf der Eingriff in das Urheberrecht nicht die weiterzuvertreibende Ware.
b) Findet der von der Klägerin geltend gemachte Unterlassungsanspruch schon im nationalen Urheberrecht keine Grundlage, kommt es nicht darauf an, ob im Streitfall – was die Revision in Abrede stellen möchte – ein grenzüberschreitender Warenverkehr berührt ist, was zweifelhaft sein könnte, wenn die Beklagte das Parfum der Marke Dior im Inland erwirbt. Damit kann auch offenbleiben, ob durch die mit der Klage beanspruchten weitergehenden Rechte die Freiheit des Warenverkehrs in der Europäischen Union in unzulässiger Weise beschränkt würde (Art. 28, 30 EG).
III. Danach ist die Revision der Klägerin mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Unterschriften
Erdmann, Starck, Bornkamm, Büscher, RiBGH Raebel ist infolge Urlaubs an der Unterschriftsleistung verhindert. Erdmann
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 04.05.2000 durch Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 510767 |
BGHZ |
BGHZ, 232 |
NJW 2000, 3783 |
BGHR |
NJW-RR 2001, 185 |
GRUR 2001, 51 |
Nachschlagewerk BGH |
AfP 2001, 88 |
JZ 2001, 461 |
MDR 2001, 284 |
WRP 2000, 1407 |
ZUM 2000, 1082 |