Leitsatz (amtlich)
a) Der Patentverletzer kann auf Auskunft und Schadensersatz auch wegen solcher Handlungen in Anspruch genommen werden, die er über den Schluss der mündlichen Verhandlung hinaus in Fortführung der bereits begangenen, mit der Klage als patentverletzend angegriffenen Handlungen begeht.
b) Ist im Klagevorbringen oder im Urteil nichts Gegenteiliges zum Ausdruck gebracht, ist eine Verurteilung zur Auskunft wegen Patentverletzung regelmäßig im Sinne einer solchen auch in die Zukunft gerichteten Verurteilung auszulegen.
Normenkette
ZPO § 259; PatG § 139 Abs. 2; BGB § 242
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 6. Zivilsenats des OLG Karlsruhe v. 9.10.2002 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zu anderweiter Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger war eingetragener Inhaber des am 2.11.1982 angemeldeten und im Verlaufe des Revisionsverfahrens durch Zeitablauf erloschenen deutschen Patents 32 40 773 (Klagepatents), dessen Patentanspruch 1 lautet:
"Elektronische Überwachungsvorrichtung für die vom Fahrer eines Kraftfahrzeuges, insb. Lastkraftwagens oder Busses abgeleistete Fahrzeit, mit einem Betätigungselement und mit einer Einrichtung zur Abschaltung der Zündeinrichtung des Kraftfahrzeuges beim Überschreiten der höchstzulässigen Fahrzeit, dadurch gekennzeichnet, dass das Betätigungselement als Codierkarte ausgebildet ist, auf welcher die für den Fahrer in einem bestimmten Zeitraum zulässige Fahrzeit gespeichert ist, und dass ein Lese- und Schreibgerät zum Einlesen der zulässigen Fahrzeit und zum Abspeichern der in dem bestimmten Zeitraum noch zulässigen RestFahrzeit vorgesehen ist."
Die in Österreich ansässige Beklagte zu 1), deren Geschäfte der Beklagte zu 2) führt, vertreibt unter der Bezeichnung "H. electronic" Taxameter, die mit einem als Fahrer-Card oder Fahrer-Key bezeichneten, einem bestimmten Fahrer zugeordneten Speichermedium zusammenarbeiten, auf dem Daten für eine bestimmte Anzahl von "Schichten" gespeichert werden. Die Beklagte zu 3), deren Geschäftsführer der Beklagte zu 4) ist, entwickelte Software für das Taxametersystem der Beklagten zu 1) und stellte dieses System 1987 in Köln öffentlich vor.
Der Kläger sah in dem Taxametersystem "H. electronic" eine Verletzung des Klagepatents und nahm die Beklagten deswegen vor dem LG Berlin in Anspruch, das die Beklagten zur Unterlassung und zur Rechnungslegung verurteilte und ihre Verpflichtung zum Schadensersatz feststellte. Die Berufung der Beklagten wies das KG mit Urt. v. 8.1.1993 mit der Maßgabe rechtskräftig zurück, dass den Beklagten untersagt wurde,
ein Taxametersystem anzubieten oder in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen, das durch Kodierkarten betätigt wird, auf denen die Anzahl der zulässigen Fahrer-Schichten speicherbar ist, und bei dem durch ein Lese- und Schreibgerät die noch zulässigen Rest-Schichten eingelesen und abgespeichert werden können.
Der Kläger behauptet, die Beklagten setzten den Vertrieb des im Vorprozess angegriffenen Taxametersystems auch nach Erlass des Urteils des KG fort. Er beantragte deswegen beim LG Berlin die Festsetzung von Zwangsmitteln, mit denen die Beklagten zur Rechnungslegung über die seither begangenen Verletzungshandlungen angehalten werden sollten. Diesen Antrag wies das LG zurück. Die Beschwerde des Klägers hatte keinen Erfolg; das KG wies sie mit der Begründung zurück, der Vollstreckungstitel erfasse nur solche Handlungen, die bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung im Vorprozess am 10.11.1992 begangen worden seien.
Der Kläger hat die Beklagten daraufhin vor dem LG Mannheim im Wege der Stufenklage auf Rechnungslegung sowie auf eidesstattliche Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer Angaben in Anspruch genommen. Das LG hat die Klage abgewiesen; die Berufung ist ohne Erfolg geblieben (OLG Karlsruhe Mitt. 2003, 309). Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine zweitinstanzlichen Anträge weiter.
Die Beklagten treten dem Rechtsmittel entgegen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, dem auch die Entscheidung über die Kosten der Revision zu übertragen ist.
I. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hindert im Streitfall das Verbot, über einen rechtskräftig beschiedenen Anspruch erneut zu entscheiden, die Zulässigkeit der Klage nicht.
1. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Geltendmachung des Klageanspruchs stehe die Rechtskraft des Urteils des KG entgegen. Die dort ausgesprochene Verurteilung der Beklagten zur Rechnungslegung erstrecke sich entgegen der vom KG im Zwangsmittelverfahren vertretenen Auffassung nicht lediglich auf den Zeitraum bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung, sondern verpflichte die Beklagten auch zu Angaben über künftige Verletzungshandlungen.
2. Die Revision meint demgegenüber, ein titulierter Auskunftsanspruch beschränke sich auf den Zeitraum bis zur letzten mündlichen Verhandlung in den Tatsacheninstanzen, wenn - wie im Urteil des KG - auf die Voraussetzungen des § 259 ZPO nicht eingegangen sei. Selbst wenn man dem nicht folgen wolle, müsse jedoch eine erneute Titulierung möglich sein, wenn - wie im Streitfall - der Zwangsmittelantrag des Gläubigers rechtskräftig zurückgewiesen sei und der titulierte Auskunftsanspruch daher für die Zeit nach der letzten mündlichen Verhandlung im Vorprozess nicht durchsetzbar sei.
3. Diese Rüge hat im Ergebnis Erfolg.
a) Das Berufungsgericht hat allerdings zu Recht angenommen, dass sich der Umfang der vom KG ausgesprochenen Verurteilung zur Rechnungslegung auch auf künftige, nach Schluss der mündlichen Verhandlung begangene, in der Urteilsformel bezeichnete Handlungen erstreckt.
) Der Umfang der materiellen Rechtskraft eines formell rechtskräftigen Titels ist bei einem mit Tatbestand und Entscheidungsgründen versehenen Urteil aus diesem zu entnehmen (vgl. BGH BGHZ 5, 189 m.w.N.). Unklarheiten des Tenors des rechtskräftigen Urteils sind anhand des Tatbestands und der Entscheidungsgründe im Wege der Auslegung zu beseitigen. Umstände, die außerhalb des Titels liegen, dürfen dabei nicht berücksichtigt werden (BGH, Urt. v. 25.8.1999 - XII ZR 136/97, BGHR ZPO § 313 - Bestimmtheit 1; Urt. v. 6.11.1985 - IVb ZR 73/84, MDR 1986, 660 = NJW 1986, 1440). Sachliche Gründe, hiervon bei Klagen auf Auskunft oder Rechnungslegung abzuweichen, bestehen nicht.
) Die Auslegung des Tenors des rechtskräftigen Urteils hat zu klären, worüber das Gericht im Vorprozess tatsächlich entschieden hat. Im Streitfall führt dies zu der Frage, ob das KG in seinem Urt. v. 8.1.1993 auch über ein Begehren nach Rechnungslegung entschieden hat, das aus damaliger Sicht - auch - als Klage auf Leistungen angesehen werden musste, die erst nach Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in den Tatsacheninstanzen fällig wurden. Solche Klagen sind nur unter den Voraussetzungen der §§ 257 bis 259 ZPO zulässig, wobei im vorliegenden Fall vorrangig § 259 ZPO in Betracht zu ziehen ist.
Dem Berufungsgericht könnte deshalb in seiner Beurteilung schon dann beigetreten werden, wenn Tatbestand oder Entscheidungsgründe des Urteils des KG v. 8.1.1993 Anhaltspunkte enthielten, dass dieses Gericht den in diesen Vorschriften geregelten Besonderheiten Rechnung getragen hat. Das ist jedoch nicht der Fall. Das KG hat in seinem die Zwangsvollstreckung aus dem Urt. v. 8.1.1993 betreffenden Beschluss v. 4.12.1998 zutreffend darauf hingewiesen, aus seinem Urteil ergebe sich nicht, dass die Voraussetzungen des § 259 ZPO vorgetragen und geprüft worden seien. Auch das Berufungsgericht hat Gegenteiliges nicht festgestellt.
) Zu Recht argumentiert das Berufungsgericht aber mit der Erkenntnis, dass ein im Wege der Rechnungslegung zu erfüllendes klageweise geltend gemachtes Auskunftsbegehren dann, wenn - wie hier - abweichende Anhaltspunkte fehlen, als auch auf künftige Rechnungslegung gerichtet auszulegen sei.
Jedenfalls im Streitfall kann den Klageanträgen des Klägers im Vorprozess, so wie sie nach außen, d.h. für das Gericht und die Prozessgegner erkennbar, in Erscheinung getreten sind (vgl. zu diesem Maßstab BGH, Urt. v. 12.1.1984 - X ZR 79/82, Umdr. S. 10), als Begehren auf Rechnungslegung entnommen werden, dass die gewünschten Angaben auch hinsichtlich der erst nach der letzten mündlichen Verhandlung in den Tatsacheninstanzen des Vorprozesses begangenen, im Unterlassungsantrag des Klägers näher bezeichneten Handlungen (im Folgenden: Verletzungshandlungen) gemacht werden sollten. Denn der Rechnungslegungsantrag war Teil eines umfassenden, sich gegen Patentverletzungen der Beklagten richtenden Rechtsschutzbegehrens des Klägers. Der Unterlassungsantrag sollte einschränkungslos alle zukünftigen Verletzungshandlungen der Beklagten betreffen. Der Antrag auf Schadensersatzfeststellung knüpfte nur an die im Unterlassungsantrag bezeichneten Handlungen an, ohne auf den Zeitpunkt ihrer Begehung abzustellen, und sollte alle durch solche Verletzungshandlungen entstandenen und noch entstehenden Schäden des Klägers umfassen. Das machte deutlich, dass die Schadensersatzpflicht für alle Handlungen geklärt werden sollte, die vom Kläger ausweislich des Unterlassungsantrags als Patentverletzung angesehen werden. Der Antrag auf Schadensersatzfeststellung schloss also auch Schäden durch Verletzungshandlungen der Beklagten ein, die erst nach der letzten mündlichen Verhandlung in den Tatsacheninstanzen des Vorprozesses begangen sein würden. Da der Rechnungslegungsanspruch - wie das KG zutreffend ausgeführt hat - als Hilfsanspruch zur Durchsetzung des Schadensersatzanspruchs anerkannt ist, den zu beziffern einem Kläger ermöglicht werden soll, war es deshalb die für Gericht und Gegner nächstliegende Deutung, dass mit dem Rechnungslegungsantrag diese Möglichkeit ausgeschöpft werden und auch dieser Antrag ebenfalls künftige Verletzungshandlungen betreffen sollte.
Denn der Schluss der mündlichen Verhandlung gibt dem Beklagten eines Patentverletzungsprozesses regelmäßig noch keinen Anlass, die angegriffenen Handlungen, die er als rechtmäßig verteidigt, einzustellen, insb. wenn zu diesem Zeitpunkt ein Urteil noch nicht ergeht. Der Kläger, der sein Auskunfts- und Schadensersatzbegehren auf diesen Zeitraum beschränkte, erhielte daher mit einem stattgebenden Urteil häufig einen Titel, der einen Teil der als patentverletzend angegriffenen Handlungen von der Verpflichtung zur Auskunft und zum Schadensersatz ausnähme. Besonders deutlich wäre dies, wenn der verurteilte Beklagte das erstinstanzliche Urteil mit der Berufung anföchte und auch während des Berufungsverfahrens mit den angegriffenen Handlungen fortführe. Der Kläger wäre dann genötigt, sich der Berufung anzuschließen, um der Fortdauer der Verletzungshandlungen Rechnung zu tragen. Daher widerspricht die Annahme, die Klageanträge sollten den Zeitraum nach Schluss der mündlichen Verhandlung nicht erfassen, regelmäßig dem erkennbaren Interesse des Klägers.
Einer dem Rechnung tragenden Auslegung des Klagebegehrens des Klägers im Vorprozess steht nicht entgegen, dass im Rechnungslegungsantrag die betreffenden Verhaltensweisen der Beklagten lediglich im Perfekt angegeben waren ("begangen haben"). Denn Rechnungslegung kann der Sache immer nur hinsichtlich Handlungen verlangt werden, die tatsächlich begangen worden sind. Für die zeitliche Eingrenzung, welche begangenen Verletzungshandlungen von einem Klagebegehren umfasst sein sollen, gibt diese Formulierung für sich gesehen deshalb Verlässliches nicht her.
) Die ausgehend vom Inhalt des gesamten Klageantrags des Klägers im Vorprozess vorgenommene Auslegung des Tenors des Urteils des KG v. 8.1.1993 widerspricht im Streitfall auch nicht den eingangs genannten Maßstäben der Urteilsauslegung. Der Klageantrag des Klägers im Vorprozess ist nämlich vollständig in dem Urteil des KG v. 8.1.1993 wiedergegeben. Er und sein Inhalt sind damit zulässiges Auslegungsmittel für die Tragweite dieses Urteils.
Da dieses Urteil im Tenor dem Klageantrag entspricht, ist es schließlich auch geboten, das Urteil des KG v. 8.1.1993 ebenso wie den Klageantrag auszulegen. Denn es kann regelmäßig ohne weiteres angenommen werden, dass mit einem dem Klageantrag entsprechenden Tenor dasjenige zugesprochen werden soll, was für Gericht und Gegner erkennbar mit der Klage begehrt worden ist.
Diese Folgerung wäre nur dann nicht angebracht, wenn sich aus den Entscheidungsgründen Einschränkungen ergäben. Das ist hier jedoch nicht der Fall. Das Urteil des KG v. 8.1.1993 lässt nicht erkennen, dass dem Kläger etwas abgesprochen werden sollte. Wie bereits erwähnt, ist der Rechnungslegungsanspruch dem Kläger ausweislich der Begründung des KG vielmehr zugesprochen worden, damit der Kläger seinen Schadensersatzanspruch beziffern kann. Das ist im Umfang des vom Kläger geltend gemachten Feststellungsantrags nur möglich, wenn auch erst nach der letzten mündlichen Verhandlung in den Tatsacheninstanzen des Vorprozesses begangene Verletzungshandlungen der Beklagten in die ausgesprochene Rechnungslegungspflicht einbezogen sind. Unter diesen Umständen ergibt sich eine Einschränkung des Urteils des KG v. 8.1.1993 auch nicht daraus, dass das KG sich in diesem Urteil mit den Voraussetzungen der §§ 257 bis 259 ZPO nicht befasst hat. Insoweit liegt nur ein Mangel der Begründung des Urteils v. 8.1.1993 vor.
) Dem vom Berufungsgericht zutreffend dargelegten Verständnis der Urteilsformel des KG steht schließlich auch nicht entgegen, dass in einem Fall wie dem vorliegenden die Voraussetzungen des § 259 ZPO - erkennbar - nicht gegeben wären. Entgegen der Auffassung des OLG Düsseldorf (OLG Düsseldorf Mitt. 2001, 424) geht es bei der Erstreckung der Auskunft über den Schluss der mündlichen Verhandlung hinaus nicht etwa um einen künftigen Anspruch. Der Anspruch auf Auskunft wie auf Schadensersatz entsteht vielmehr auf Grund jeder Einzelnen der - im Urteil festgestellten - bereits begangenen Verletzungshandlungen. Einer zeitlichen Abgrenzung bedarf es dabei lediglich insoweit, als der Zeitraum, innerhalb dessen eine Benutzungshandlung erfolgt ist, für deren Kennzeichnung als schuldhaft rechtswidrige Verletzungshandlungen bestimmend ist. So muss, wenn das Patent bei Erlass des Urteils bereits abgelaufen sei, der Zeitpunkt des Erlöschens, und dann, wenn etwa die Benutzung erst von einem bestimmten Zeitpunkt ab als rechtswidrig und schuldhaft angesehen werden kann, dieser Zeitpunkt festgelegt werden. Abgesehen hiervon entbehrt aber sowohl die Feststellung der Schadensersatzpflicht als auch die Verurteilung zur Auskunft jeder zeitlichen Beziehung (BGH v. 25.2.1992 - X ZR 41/90, BGHZ 117, 264 [278 f.] = MDR 1992, 662 - Nicola; eingehend dazu zuletzt Grosch/Schilling in FS für Eisenführ, S. 131). Jede Verletzungshandlung begründet daher dem Grunde nach die Verpflichtung des Verletzers, über alle anderen - vergangenen und künftigen - Handlungen Auskunft zu erteilen, die in gleicher Weise durch den konkreten Verletzungstatbestand gekennzeichnet sind, wie er sich aus der Verwirklichung des geltend gemachten Patentanspruchs durch die konkrete angegriffene Ausführungsform ergibt. Ein Auskunftsanspruch, der den Verletzer nur verpflichtete, über eben dasjenige konkrete Umsatzgeschäft Auskunft zu erteilen, das den Anspruch auslöst, wäre nahezu ohne jeden Wert, da der Verletzte dann nur Auskunft über diejenigen Verletzungshandlungen erhielte, die er zuvor darlegen könnte.
Dem steht auch nicht entgegen, dass eine Erstreckung der Auskunftspflicht auf zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung noch in der Zukunft liegende Verletzungshandlungen eine mit § 259 ZPO unvereinbare Erstreckung der materiellen Rechtskraft in die Zukunft bedeuten würde (so aber Grosch/Schilling in FS für Eisenführ, S. 145, 148). Denn die künftigen Handlungen werden nach dem Vorstehenden gerade nicht als anspruchsbegründender Sachverhalt herangezogen, sondern aktualisieren nur im Sinne einer Fälligkeitsvoraussetzung den auf irgendeine zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung bereits begangene Verletzungshandlung gegründeten Anspruch.
b) Grundsätzlich zutreffend ist hiernach auch die Auffassung des Berufungsgerichts, dass das rechtskräftige Urteil des KG einer erneuten klageweisen Geltendmachung des bereits titulierten Auskunftsanspruchs entgegensteht. Das Berufungsgericht hat jedoch außer Acht gelassen, dass der dem zu Grunde liegende Rechtssatz nicht ausnahmslos gilt.
) So ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass das Wiederholungsverbot nicht durchgreift, wenn der vollstreckbare Titel verloren gegangen oder vernichtet ist und nicht wiederhergestellt werden kann (BGH BGHZ 4, 314 [321 f.]; v. 18.1.1985 - V ZR 233/83, BGHZ 93, 287 [289] = MDR 1985, 562). In derartigen Fällen besteht für die Wiederholung des rechtskräftig entschiedenen Rechtsstreits ein unabweisbares Bedürfnis. Sinn und Zweck des Instituts der Rechtskraft stehen nicht entgegen, sondern erfordern gerade umgekehrt entsprechende Ausnahmen vom Wiederholungsverbot. Solange der Inhalt des Titels festgestellt werden kann, kann der materiellen Rechtskraft dadurch Rechnung getragen werden, dass das Gericht bei Erlass des neuen Titels an den Inhalt des verloren gegangen gebunden ist. Es stellt sich dann nur noch die Frage nach dem Rechtsschutzbedürfnis für die Schaffung eines neuen Titels, das jedoch nicht verneint werden kann, wenn der ursprüngliche Titel in Verlust geraten ist und nicht wiederhergestellt werden kann.
) Grundsätzlich nicht anders verhält es sich, wenn auf Grund der Unbestimmtheit oder Unklarheit des Titels anderweitig nicht behebbare Zweifel bestehen, ob der Titel der materiellen Rechtskraft fähig ist oder wie weit diese reicht, und dem Titelgläubiger infolgedessen eine zuverlässige Grundlage zur Durchsetzung des gesamten oder eines Teils des ausgeurteilten Anspruchs nicht zur Verfügung steht (BGH BGHZ 36, 11 [14]; Urt. v. 3.6.1997 - XI ZR 133/96, MDR 1997, 863 = NJW 1997, 2320 [2321]; Urt. v. 3.12.1957 - I ZR 157/56, GRUR 1958, 359 [361] - Sarex). Auch in einem derartigen Fall ist nur ein neues Klageverfahren geeignet, die Reichweite des Titels zwischen den Parteien verbindlich zu klären. Vollstreckungsrechtliche Rechtsbehelfe können diese Funktion nicht erfüllen, da sie stets nur die beantragte Vollstreckungsmaßnahme betreffen, jedoch nicht geeignet sind, den Inhalt des Vollstreckungstitels selbst verbindlich festzulegen.
Im Streitfall bestehen die Zulassung einer neuen Klage rechtfertigende Zweifel an der Reichweite des Urteils des KG, da sich das Urteil über die zeitliche Erstreckung der ausgeurteilten Verpflichtung zur Auskunft nicht ausdrücklich verhält und das KG demgemäß die Erzwingung der Auskunft für den Zeitraum nach Schluss der mündlichen Verhandlung im Vorprozess mit der Begründung abgelehnt hat, dass sich der Titel auf diesen Zeitraum nicht erstrecke.
) Allerdings ist im Falle des unbestimmten oder unklaren Titels grundsätzlich die Feststellungsklage das richtige Mittel zur Klärung des Streits über die Reichweite des Titels, schon weil andernfalls die Gefahr einer doppelten Titulierung ein- und desselben prozessualen Anspruchs besteht (BGH BGHZ 36, 11 [14]; Urt. v. 3.6.1997 - XI ZR 133/96, MDR 1997, 863 = NJW 1997, 2320 [2321]). Abgesehen davon, dass dies die Abweisung der Klage indessen schon deshalb nicht rechtfertigen kann, weil das Berufungsgericht, wie die Revision zu Recht rügt, danach jedenfalls auf eine entsprechende Antragstellung hätte hinwirken müssen (§ 139 ZPO), ist eine neue Leistungsklage jedoch nicht schlechthin ausgeschlossen (vgl. BGH, Urt. v. 30.3.1989 - I ZR 85/87, MDR 1989, 792 = WRP 1989, 572 [573 f.] - Bioäquivalenz-Werbung; insoweit in BGHZ 107, 136 nicht abgedr.; Melullis, Hdb. d. Wettbewerbsprozesses, 3. Aufl., Rz. 553 ff.). Denn die Feststellungsklage soll dem Titelgläubiger eine zuverlässige Grundlage zur Durchsetzung des bereits ausgeurteilten Anspruchs in der Zwangsvollstreckung verschaffen. Hier hat das KG jedoch die Erzwingung der Auskunft bereits rechtskräftig abgelehnt. Einerseits droht damit eine Vollstreckung aus zwei Titeln nicht. Andererseits hülfe, soweit die Rechtskraft der im Zwangsvollstreckungsverfahren ergangenen Entscheidung des KG reicht, dem Kläger auch ein Feststellungsurteil nicht weiter. Würde ihm in dieser Situation ein neuer Leistungstitel verweigert, würde er entgegen Sinn und Zweck des Instituts der Rechtskraft und des Wiederholungsverbots rechtlos gestellt, da der erste Titel so behandelt würde, als erfasse er den rechtskräftig zuerkannten Anspruch nicht, während ihm zugleich eben wegen dieses ersten Titels die (erneute) Zuerkennung seines Anspruchs verweigert würde.
II. Eine abschließende Entscheidung über die Auskunftsklage ist dem Senat nicht möglich.
Denn das Berufungsgericht hat - nach seinem Ausgangspunkt folgerichtig - nicht geprüft, ob der Auskunftsanspruch, wie die Beklagten geltend machen, durch Erfüllung erloschen ist. In diesem Fall wäre das Rechtsschutzbedürfnis für die Auskunftsklage zu verneinen. An der Wiederherstellung eines verloren gegangenen Titels oder der Klärung der Reichweite eines Titels besteht regelmäßig dann kein schutzwürdiges Interesse, wenn die Vollstreckung aus dem Titel, der das neue Klageverfahren dienen soll, sogleich für unzulässig zu erklären wäre. Das wäre der Fall, wenn die Beklagten, wie sie behaupten, die geschuldete Auskunft bereits erteilt hätten.
III. Für die neue Verhandlung und Entscheidung des Berufungsgerichts weist der Senat auf Folgendes hin:
1. Für die Entscheidung, ob eine erteilte oder im Verlaufe des neuen Berufungsverfahrens ggf. noch zu erteilende Auskunft den titulierten Auskunftsanspruch erfüllt, wird das Berufungsgericht zu berücksichtigen haben, dass das Urteil des KG nur Taxameter erfasst, die so programmiert sind, dass der Taxameter nach Abarbeitung der vorgegebenen Anzahl an Schichten als solcher nicht mehr in Betrieb genommen werden kann. Das ergibt die Auslegung der Urteilsformel, die für sich genommen den Gegenstand der Verurteilung nur unzureichend erkennen lässt.
a) Das damalige Klagepatent, auf das das Urteil des KG gegründet ist, betrifft nach dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1 eine elektronische Überwachungsvorrichtung für die vom Fahrer eines Kraftfahrzeuges abgeleistete Fahrzeit mit einem Betätigungselement und mit einer Einrichtung zur Abschaltung der Zündeinrichtung des Kraftfahrzeuges beim Überschreiten der höchstzulässigen Fahrzeit. Die im Urteil des KG wörtlich wiedergegebene Patentschrift bemängelt an einer aus der US-Patentschrift 43 38 512 bekannten Vorrichtung dieser Art, dass für jeden Fahrer ein besonderes Aufzeichnungsgerät vorgesehen sei, das der Fahrer bei einem Wechsel des Fahrzeugs neben dem zur Betätigung erforderlichen mechanischen Schlüssel mit sich führen müsse. Als Aufgabe der Erfindung wird angegeben, den baulichen Aufwand für die dem Fahrer persönlich zugeordnete elektronische Überwachungsvorrichtung zu verringern und insb. die elektronische Überwachungsvorrichtung manipulationssicher auszubilden. Die erfindungsgemäße Lösung besteht aus einer elektronischen Überwachungsvorrichtung für die vom Fahrer eines Kraftfahrzeuges abgeleistete Fahrzeit mit
(a) einer Einrichtung zur Abschaltung der Zündeinrichtung des Kraftfahrzeugs beim Überschreiten der höchstzulässigen Fahrzeit,
(b) einem Lese- und Schreibgerät zum Einlesen der zulässigen Fahrzeit und zum Abspeichern der in dem bestimmten Zeitraum noch zulässigen Restfahrzeit und
(c) einem Betätigungselement, das als Kodierkarte ausgebildet ist, auf welcher die für den Fahrer in einem bestimmten Zeitraum zulässige Fahrzeit gespeichert ist.
Durch die Verwendung der Kodierkarte soll der gerätetechnische Aufwand erheblich vereinfacht werden, da die elektronische Überwachungsvorrichtung Bestandteil des Fahrzeugs wird und der Fahrer nur die Kodierkarte bei sich tragen und in die Überwachungsvorrichtung einführen muss. Auf dieser Kodierkarte wird die für den Fahrer zulässige Fahrzeit gespeichert und "entwertet". Nach Ablauf der zulässigen Fahrzeit wird auf die Zündeinrichtung und/oder Kraftstoffzufuhr eingewirkt und das Kraftfahrzeug stillgesetzt.
b) In der Urteilsformel des KG wird eine Einrichtung zur Abschaltung der Zündeinrichtung des Kraftfahrzeugs nicht erwähnt; Merkmal a ist vielmehr ersatzlos entfallen. Nach dem Tatbestand wies das angegriffene Taxametersystem eine solche Einrichtung auch nicht auf. Vielmehr konnte auf dem Betätigungselement (Merkmal c) - einer Speicherkarte - eine bestimmte Anzahl von nach ihrer Dauer nicht bestimmten "Schichten" gespeichert werden. Die Anzahl der möglichen Schichten konnte der Taxiunternehmer im Rahmen der bis zu 15 Schichten reichenden Speicherkapazität der Karte beliebig eingeben. War die vorgegebene Anzahl von Schichten verbraucht, konnte der Taxameter mit der betreffenden Speicherkarte nicht mehr in Betrieb gesetzt werden. Vielmehr wurde dem Fahrer durch optische und akustische Signale angezeigt, dass der Taxameter nicht betriebsbereit sei (Urteilsumdr. S. 7-9). In den Entscheidungsgründen führt das KG aus, das Klagepatent genieße einen Schutzbereich, der über die nach der Patentschrift im Vordergrund stehende Überwachung der dem Fahrer eines Kraftfahrzeugs gezogenen Fahrzeitgrenze hinausgehe und die Überwachung der Einhaltung einer dem Taxifahrer vorgegebenen Anzahl von Fahrschichten einschließe. Der bloße Unterschied in der Maßeinheit ändere in der Substanz nichts an der Gleichartigkeit des Problems, in dem einen wie in dem anderen Falle die Einhaltung der Grenze durch eine technische Vorkehrung zu gewährleisten. Sowohl bei dem Klagepatent als auch bei der angegriffenen Handhabung aufseiten der Beklagten werde durch technische Gegebenheiten bewirkt, dass der Fahrer nicht weiterarbeiten könne; bei dem Klagepatent sei die Stilllegung des Fahrzeugs vorgesehen, bei dem Taxi könne nicht mehr der Taxameter eingeschaltet werden. Der letztgenannte Unterschied sei nicht geeignet, die angegriffene Vorrichtung als außerhalb des Schutzbereichs des Patents liegend erscheinen zu lassen. Das (vorstehend als Merkmal a bezeichnete) Merkmal stehe im Oberbegriff des Patentanspruchs, der nicht den Kern der Erfindung kennzeichne.
Sodann fährt das Urteil fort:
"Aus dem hiernach gebotenen Blickwinkel ergibt sich, dass das Erfinderische in dem Einsatz der Codierkarte für die Überwachung der dem Fahrer gezogenen Betätigungsgrenze liegt, ohne dass es auf Einzelheiten der technischen Reaktion des Überwachungssystems bei Erreichen des Grenzpunktes ankommt. Wesentlich ist allerdings nach der Sinngebung durch den Überwachungszweck, dass überhaupt für den Fahrer eine spürbare Folge eintritt. Die Stilllegung des Fahrzeugs ist die schwerstwiegende Reaktion, nicht aber die Einzige, die einen sinnvollen Funktionszusammenhang mit der der Fahrerüberwachung dienenden Erfindung ergibt. Für die Benutzung des Erfindungsgedankens kommt es auf die Übernahme auch eben dieser technischen Reaktion nicht an. Es handelt sich um ein Merkmal, das für die Verwirklichung der Erfindung ohne Belang ist, und insofern als Überbestimmung (vgl. Benkard/Ullmann, § 14 PatG Rz. 143) in dem Oberbegriff des Patentanspruchs enthalten ist."
Die Qualifikation des Oberbegriffs des Patentanspruchs als Überbestimmung könnte zwar für sich genommen dafür sprechen, dass das KG bei der Fassung der Urteilsformel das Merkmal a bewusst übergangen hat. Dessen Bewertung als Überbestimmung steht jedoch im Widerspruch zu den vorangehenden Ausführungen, die mehrmals erwähnen, dass auch bei der angegriffenen Ausführungsform der Fahrer durch "technische Gegebenheiten" an der weiteren Fahrt gehindert werde, indem nämlich der Taxameter nicht mehr in Betrieb genommen werden könne. Das rechtfertigt die Annahme, dass das KG mit der Urteilsformel nur eine Ausführungsform erfassen wollte, bei der die Überwachungseinrichtung derart gesteuert ist, dass nach "Verbrauch" der vorgegebenen Schichten der Taxameter als solcher nicht mehr in Gang gesetzt werden kann.
Da nach den weiteren Feststellungen des KG diese Steuerung durch ein von dem angegriffenen Taxametersystem abgearbeitetes Programm bewirkt wird, sind Gegenstand der titulierten Auskunftspflicht Taxametersysteme, die so programmiert sind, dass der Taxameter nach Abarbeitung der vorgegebenen Anzahl an Schichten als solcher nicht mehr in Betrieb genommen werden kann.
2. Sollte das Berufungsgericht eine Erfüllung des Auskunftsanspruchs verneinen und diesen erneut ausurteilen, wird es zweckmäßigerweise den Gegenstand der Verurteilung im Sinne der vorstehenden Ausführungen genauer fassen. Denn das Berufungsgericht ist zwar inhaltlich an das Urteil des KG gebunden, nicht jedoch an die von diesem gewählte unvollständige Formulierung des Urteilsausspruchs.
Ferner wird den Beklagten in diesem Fall ein Wirtschaftsprüfervorbehalt einzuräumen sein, da auch das Urteil des KG eine entsprechende, im Klageantrag jedoch nicht (ausdrücklich) enthaltene Einschränkung enthält.
3. Nach vollständiger Auskunftserteilung wird das Berufungsgericht ggf. über den Klageantrag auf Verurteilung der Beklagten zur eidesstattlichen Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer Auskunft zu entscheiden haben.
Fundstellen
Haufe-Index 1170153 |
BGHZ 2005, 66 |
BGHR 2004, 1311 |
GRUR 2004, 755 |
IIC 2005, 566 |
LMK 2004, 196 |
Mitt. 2004, 415 |