Leitsatz (amtlich)
Die Beförderungsausschlussklausel in den Beförderungsbedingungen eines Paketdienstunternehmens, wonach der Wert eines Pakets den Gegenwert von 50.000 US-Dollar in der jeweiligen Landeswährung nicht überschreiten darf, ist - wenn die Landeswährung der Euro ist - dahin auszulegen, dass die Wertgrenze auf der Basis des Euro-Referenzkurses (Mittelkurses) der Europäischen Zentralbank zu ermitteln ist.
Normenkette
BGB §§ 133, 157, 305c Abs. 2
Verfahrensgang
OLG Düsseldorf (Urteil vom 18.07.2012; Aktenzeichen I-18 U 201/11) |
LG Düsseldorf (Entscheidung vom 01.09.2011; Aktenzeichen 31 O 47/09) |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 18. Zivilsenats des OLG Düsseldorf vom 18.7.2012 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Die Klägerin ist Transportversicherer der F. E. GmbH & Co. KG in K. (im Weiteren: Versicherungsnehmerin). Sie nimmt das beklagte Paketdienstunternehmen aus abgetretenem und übergegangenem Recht wegen des Verlustes von Transportgut auf Schadensersatz in Anspruch. Darüber hinaus verlangt sie die Erstattung vorgerichtlich angefallener Rechtsverfolgungskosten.
Rz. 2
Die Versicherungsnehmerin beauftragte die Beklagte im Juni 2008 mit dem Transport eines Messgeräts von einem in Österreich ansässigen Unternehmen nach K. . Dem Beförderungsvertrag lagen die Beförderungsbedingungen der Beklagten (Stand: 2008) zugrunde, die u.a. folgende Regelungen enthielten:
3. Beförderungsbedingungen 3.1 [Die Beklagte] befördert keine Waren, die nach Maßgabe der folgenden Absätze (i) bis (iv) vom Transport ausgeschlossen sind. (...) (ii) Der Wert eines Pakets darf den Gegenwert von 50.000 US-Dollar in der jeweiligen Landeswährung nicht überschreiten. (...) (...) 3.3 Verweigerung und Einstellung der Beförderung (i) Sofern ein Paket einer der obigen Beschränkungen oder Bedingungen nicht entspricht, (...) kann [die Beklagte] die Beförderung des betreffenden Pakets (...) verweigern oder, falls die Beförderung bereits im Gang ist, die Beförderung einstellen.
Rz. 3
Die österreichische Versenderin übergab einem Fahrer der Beklagten am 13.6.2008 das Transportbehältnis, in dem sich nach der Darstellung der Klägerin das Messgerät befand.
Rz. 4
Die Klägerin hat behauptet, das Transportbehältnis, ein Spezialkoffer im Wert von 750 EUR, sei unmittelbar nach der Ankunft bei der Versicherungsnehmerin am 16.6.2008 geöffnet worden. Dabei hätten deren Mitarbeiter festgestellt, dass der Transportkoffer leer angeliefert worden sei. Der Wert des abhandengekommenen Messgeräts habe zum Zeitpunkt der Übergabe an die Beklagte 32.555 EUR betragen.
Rz. 5
Die Beklagte hafte für den Verlust des Gutes unbeschränkt, da ihr ein qualifiziertes Verschulden anzulasten sei. Sie habe weder zum Verbleib des Gutes noch zu von ihr angestellten Nachforschungen etwas vortragen können. Dies lasse den Schluss auf eine grob mangelhafte Betriebsorganisation zu.
Rz. 6
Die Klägerin hat die Beklagte daher auf Zahlung von 32.555 EUR nebst Zinsen und Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten i.H.v. 1.307,81 EUR in Anspruch genommen.
Rz. 7
Die Beklagte hat vor allem geltend gemacht, der Wert des angeblich an sie zur Beförderung übergebenen Messgeräts nebst Transportkoffer habe die Verbotsgutgrenze von 50.000 US-Dollar gemäß ihren Beförderungsbedingungen überschritten. Dieser Umstand führe zu einem vollständigen Haftungsausschluss.
Rz. 8
Das LG hat die Beklagte unter Abweisung des weitergehenden Klagebegehrens zur Zahlung von 32.030 EUR nebst Zinsen verurteilt. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben.
Rz. 9
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiter.
Entscheidungsgründe
Rz. 10
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte schulde für den Verlust des Messgeräts, der während ihrer Obhutszeit eingetreten sei, gem. Art. 17 Abs. 1, Art. 29 CMR i.V.m. § 435 HGB vollen Schadensersatz i.H.v. 32.030 EUR. Dazu hat es ausgeführt:
Rz. 11
Die in erster Instanz durchgeführte Beweisaufnahme habe ergeben, dass das abhandengekommene Messgerät, das zum Zeitpunkt der Übergabe einen Wert von 32.030 EUR gehabt habe, einem Fahrer der Beklagten übergeben und bei der Versicherungsnehmerin als Empfängerin nicht abgeliefert worden sei. Die Beklagte hafte für den Verlust des Gutes unbeschränkt, da ihr oder ihren Mitarbeitern, deren Verhalten sie sich gem. Art. 29 Abs. 2, Art. 3 CMR zurechnen lassen müsse, ein qualifiziertes Verschulden anzulasten sei.
Rz. 12
Die Versicherungsnehmerin treffe an der Entstehung des Schadens kein der Klägerin zuzurechnendes Mitverschulden. Die Beklagte mache ohne Erfolg geltend, die Versicherungsnehmerin habe ihr Verbotsgut im Sinne von Ziff. 3.1 (ii) ihrer Beförderungsbedingungen zum Transport übergeben, ohne sie davon in Kenntnis zu setzen. Bei dem zum Transport übergebenen Gut habe es sich nicht um Verbotsgut im Sinne der genannten Klausel gehandelt, weil dessen Wert unter 50.000 US-Dollar gelegen habe. Es sei schon zweifelhaft, ob die Verbotsgutklausel mit Blick auf das in § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB normierte Transparenzgebot wirksam sei. Dies könne jedoch offenbleiben, da - eine Wirksamkeit bei der kundenfeindlichsten Auslegung unterstellt - zumindest Unklarheiten verblieben, die bei der dann nach § 305c Abs. 2 BGB gebotenen kundenfreundlichsten Auslegung hier dazu führten, dass die Verbotsgrenze von 50.000 US-Dollar nicht erreicht sei. Die Klägerin müsse sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer unterlassenen Wertdeklaration ein anspruchsminderndes Mitverschulden entgegenhalten lassen, weil dieser Umstand für den eingetretenen Schaden nicht kausal geworden sei. Gleiches gelte für den ebenfalls nicht erteilten Hinweis auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens.
Rz. 13
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Rz. 14
1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die mit einem grenzüberschreitenden Straßengütertransport beauftragte Beklagte als Frachtführerin der Haftung nach den Vorschriften der CMR unterliegt. Danach hat die Beklagte gem. Art. 17 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 CMR grundsätzlich Schadensersatz für den Verlust von Transportgut zu leisten, das während ihrer Obhutszeit abhandenkommt. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist das Messgerät, für dessen Verlust die Klägerin Schadensersatz verlangt, während der Obhutszeit der Beklagten abhandengekommen. Die Revision erhebt dagegen keine Rügen, so dass für das Revisionsverfahren von einer grundsätzlichen Schadensersatzverpflichtung der Beklagten gem. Art. 17 Abs. 1 CMR auszugehen ist.
Rz. 15
2. Vollen Schadensersatz - über die Beschränkung des Art. 23 Abs. 3 CMR hinaus - schuldet die Beklagte aber nur dann, wenn die Voraussetzungen des Art. 29 CMR vorliegen. Nach dieser Bestimmung kann sich der Frachtführer nicht auf Haftungsbeschränkungen berufen, wenn er den Schaden vorsätzlich oder durch ein dem Vorsatz gleichstehendes Verschulden verursacht hat. Das Gleiche gilt, wenn seinen Bediensteten oder Verrichtungsgehilfen ein solches qualifiziertes Verschulden zur Last fällt (Art. 29 Abs. 2 Satz 1 CMR). Da auf den zwischen der Versicherungsnehmerin und der Beklagten geschlossenen Beförderungsvertrag jedenfalls gem. Art. 27 Abs. 1 EGBGB, der im Streitfall noch maßgeblich ist, deutsches Recht zur Anwendung kommt - beide Parteien haben während des Rechtsstreits ausschließlich auf der Grundlage des deutschen Rechts vorgetragen -, ist im Rahmen von Art. 29 Abs. 1 CMR ergänzend § 435 HGB heranzuziehen. Nach dieser Vorschrift kann sich der Frachtführer nicht auf gesetzliche oder vertraglich vereinbarte Haftungsbeschränkungen berufen, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Frachtführer oder eine in § 428 HGB genannte Person vorsätzlich oder bewusst leichtfertig begangen hat. Davon ist im Streitfall auszugehen.
Rz. 16
Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die Voraussetzungen für ein qualifiziertes Verschulden der Beklagten i.S.v. § 435 HGB erfüllt sind, weil die Beklagte nichts zu den näheren Umständen des Verlustes und zu von ihr angestellten Nachforschungen zum Verbleib des Gutes vorgetragen hat. Diese Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen (vgl. nur BGH, Urt. v. 13.1.2011 - I ZR 188/08, TranspR 2011, 218 Rz. 15 f. = VersR 2011, 1161; Urt. v. 13.6.2012 - I ZR 87/11, TranspR 2012, 463 - Rz. 17) und wird von der Revision auch nicht angegriffen.
Rz. 17
3. Das Berufungsgericht ist ferner zutreffend davon ausgegangen, dass auch im Falle eines qualifizierten Verschuldens des Frachtführers i.S.v. Art. 29 Abs. 1 CMR i.V.m. § 435 HGB der Mitverschuldenseinwand nach § 254 Abs. 2 BGB unter dem Gesichtspunkt der Einlieferung von Verbotsgut gemäß den Beförderungsbedingungen des Transportunternehmens zu berücksichtigen ist.
Rz. 18
a) Nach der Rechtsprechung des Senats kann ein Warenversender in einen nach § 425 Abs. 2 HGB i.V.m. § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB beachtlichen Selbstwiderspruch geraten, wenn er ein wertvolles Gut trotz Kenntnis, dass der Frachtführer dieses in der gewählten Transportart wegen des damit verbundenen Verlustrisikos nicht befördern will, ohne Hinweis auf den Wert des Transportgutes zur Beförderung übergibt und im Falle des Verlusts gleichwohl vollen Schadensersatz verlangt (BGH, Urt. v. 15.2.2007 - I ZR 186/03, TranspR 2007, 164 Rz. 24 = VersR 2008, 97). Hat der Warenversender positive Kenntnis davon, dass die zur Beförderung aufgegebene Sendung nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Frachtführers sog. Verbotsgut enthält, und klärt er den Frachtführer hierüber vor Vertragsschluss nicht auf, kann dies bei einem Verlust der Sendung im Rahmen der Abwägung der Verursachungsbeiträge auch zu einem vollständigen Ausschluss der Haftung des Beförderers führen (BGH, Urt. v. 13.7.2006 - I ZR 245/03, TranspR 2006, 448 - Rz. 32 = VersR 2007, 1102; BGH, TranspR 2007, 164 Rz. 30; BGH, Urt. v. 3.5.2007 - I ZR 109/04, TranspR 2007, 405 - Rz. 31).
Rz. 19
b) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass der Versicherungsnehmerin die Beförderungsbedingungen der Beklagten bei Erteilung des Transportauftrags bekannt waren und damit wirksam in den streitgegenständlichen Vertrag einbezogen wurden. Demzufolge musste die Versicherungsnehmerin wissen, dass die Beklagte gem. Ziff. 3.1 (ii) ihrer Beförderungsbedingungen grundsätzlich keine Pakete befördert, deren Inhalt den Wert von 50.000 US-Dollar in der jeweiligen Landeswährung übersteigt. Nach Ziff. 3.3 (i) ihrer Beförderungsbedingungen ist die Beklagte berechtigt, die Beförderung eines Pakets, dessen Inhalt die genannte Wertgrenze übersteigt, zu verweigern oder - sofern die Beförderung bereits begonnen hat - diese einzustellen. Unterbleibt ein Hinweis auf den die Obergrenze übersteigenden Wert des Inhalts, ist davon auszugehen, dass der unterlassene Hinweis für den Schadenseintritt mitursächlich gewesen ist, weil die Beklagte bei einer korrekten Wertangabe jedenfalls die Möglichkeit gehabt hätte, die Beförderung zu verweigern (vgl. BGH, TranspR 2006, 448 Rz. 33).
Rz. 20
4. Die Revision wendet sich aber mit Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts, bei dem an die Beklagte übergebenen Messgerät nebst Transportkoffer habe es sich nicht um Verbotsgut im Sinne der Beförderungsbedingungen der Beklagten gehandelt.
Rz. 21
a) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Beförderungsbedingungen der Beklagten wirksam in den mit der Versicherungsnehmerin geschlossenen Vertrag einbezogen worden sind. Es hat offengelassen, ob die Regelung in Ziff. 3.1 (ii) wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam ist. Jedenfalls - so das Berufungsgericht - führe die nach § 305c Abs. 2 BGB gebotene kundenfreundlichste Auslegung der in Rede stehenden Klausel dazu, dass es sich bei dem Messgerät nebst Transportkoffer nicht um Verbotsgut im Sinne der Beförderungsbedingungen gehandelt habe, weil dessen Wert die Grenze von 50.000 US-Dollar nicht erreicht habe. Das Messgerät habe zum Zeitpunkt der Übergabe an die Beklagte einen Wert von 32.030 EUR gehabt. Zu diesem Betrag sei der Wert des Transportkoffers (750 EUR) hinzuzurechnen, da dieser Bestandteil des Beförderungsgutes und nicht lediglich Verpackung gewesen sei. Daher habe das zur Beförderung übergebene Gut am 13.6.2008 einen Gesamtwert von 32.780 EUR gehabt. Entgegen der Ansicht der Beklagten sei bei der Umrechnung in US-Dollar nicht zwingend auf den Umrechnungskurs der Deutschen Bundesbank oder denjenigen der Europäischen Zentralbank abzustellen. Es sei auch möglich, bei der Ermittlung des Gegenwerts die im bargeldlosen Zahlungsverkehr geltenden Umrechnungskurse, die Schalterkurse, bei denen wiederum zwischen An- und Verkauf zu unterscheiden sei, oder die für das Kreditkartengeschäft geltenden Kurse heranzuziehen. Die Wertgrenze sei gem. § 305c Abs. 2 BGB jedenfalls dann als gewahrt anzusehen, wenn sie bei Zugrundelegung eines der in Betracht kommenden Kurse eines inländischen Geld- oder Kreditinstituts, der Europäischen Zentralbank oder eines gebräuchlichen Währungsrechners die Obergrenze von 50.000 US-Dollar nicht erreiche. Im Streitfall sei bei der Ermittlung des zugrundezulegenden Kurses auf den für den Verkauf von US-Dollar maßgebenden Schalterkurs (Kassakurs), den beispielsweise der Währungsrechner des Bundesverbandes deutscher Banken mit vier Prozent unter dem Interbankkurs ansetze, als den typischerweise niedrigsten Kurs abzustellen. Dies führe zu einem Gegenwert von unter 50.000 US-Dollar. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision sind begründet.
Rz. 22
b) Die Verbotsklausel gem. Ziff. 3.1 (ii) der Beförderungsbedingungen, auf die sich die Beklagte beruft, ist in der Weise auszulegen, dass bei der Ermittlung, welcher Euro-Betrag dem Wert von 50.000 US-Dollar entspricht, auf den Mittelkurs der Europäischen Zentralbank abzustellen ist.
Rz. 23
aa) Bei der genannten Klausel in den Beförderungsbedingungen der Beklagten handelt es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung i.S.v. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB, da sie für eine Vielzahl von Verträgen verwendet wird.
Rz. 24
bb) Vor einer Klauselprüfung an den Maßstäben der §§ 307 ff. BGB ist ihr Inhalt durch Auslegung zu ermitteln (vgl. BGH, Urt. v. 10.2.1999 - IV ZR 324/97, NJW 1999, 1633 [1634]; K. P. Berger in Prütting//reich, BGB, 8. Aufl., § 305c Rz. 10; Jauernig/, BGB, 14. Aufl., § 305b Rz. 1).
Rz. 25
cc) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie ein verständiger und redlicher Vertragspartner unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise versteht, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen des konkreten Vertragspartners zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften der in Rede stehenden Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss (vgl. BGH, Urt. v. 15.11.2006 - VIII ZR 166/06, NJW 2007, 504 Rz. 19; Urteil vom 17.2.2011 - III ZR 35/10, NJW 2011, 2122 Rz. 10 m.w.N.). Verbleiben nach Ausschöpfung aller danach in Betracht kommenden Auslegungsmöglichkeiten Zweifel und sind zumindest zwei Auslegungsergebnisse rechtlich vertretbar, kommt die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB zur Anwendung (vgl. BGH, Urt. v. 29.5.2008 - III ZR 330/07, NJW 2008, 2495 Rz. 20; Versäumnisurteil v. 21.10.2009 - VIII ZR 244/08, NJW 2010, 293 Rz. 13; BGH NJW 2011, 2122 Rz. 10). Völlig fernliegende Auslegungsmöglichkeiten, von denen eine Gefährdung des Rechtsverkehrs nicht ernsthaft zu befürchten ist, bleiben dabei außer Betracht (BGH NJW 2011, 2122 Rz. 10).
Rz. 26
dd) Die Beförderungsbedingungen der Beklagten regeln nicht ausdrücklich, welcher Umrechnungskurs bei der Feststellung des Euro-Betrags zugrunde zu legen ist, der dem Wert von 50.000 US-Dollar entspricht, so dass dies im Wege der Auslegung zu ermitteln ist.
Rz. 27
Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass Ausgangspunkt für die Auslegung von Ziff. 3.1 (ii) der Beförderungsbedingungen der Begriff des "Gegenwerts in der jeweiligen Landeswährung" sein muss. Maßgebliche Landeswährung ist im Streitfall der Euro. In diesem Zusammenhang kann offenbleiben, ob sich die Bestimmung der Landeswährung nach der fraglichen Klausel in den Beförderungsbedingungen der Beklagten danach richtet, welchem Recht der Transportvertrag unterliegt, oder ob auf den Absendeort oder den Sitz des Auftraggebers als Anknüpfungspunkt für die Ermittlung der maßgeblichen Landeswährung abzustellen ist, weil vorliegend in allen Fällen die Landeswährung auf Euro lautet. Der von der Versicherungsnehmerin mit der Beklagten geschlossene Vertrag unterliegt gem. Art. 28 Abs. 4 EGBGB, der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses im Juni 2008 noch galt, dem deutschen Recht. Der Absendeort liegt in Österreich und der Sitz der Auftraggeberin der Beklagten befindet sich in Deutschland, so dass auch insoweit die jeweilige Landeswährung der Euro ist. Dementsprechend liegt es nahe, den Mittelkurs der Europäischen Zentralbank zur Beantwortung der Frage heranzuziehen, ob das zu befördernde Gut den Wert von 50.000 US-Dollar übersteigt, zumal es sich hierbei um den gebräuchlichsten und im Übrigen um einen leicht festzustellenden Kurs handelt. Die Europäische Zentralbank veröffentlicht täglich einen Referenzkurs (Mittelkurs) zwischen dem Euro und mehreren internationalen Währungen, zu denen auch der US-Dollar gehört. Für einen durchschnittlichen geschäftlichen - aber auch privaten - Versender von Gütern stellt es keine unzumutbare Überforderung dar, sich an dem im Internet aufrufbaren und damit auf einfache Weise in Erfahrung zu bringenden Referenzkurz der Europäischen Zentralbank zu orientieren.
Rz. 28
Die vom Berufungsgericht in Erwägung gezogenen Kurse eignen sich im Vergleich dazu im vorliegenden Zusammenhang nicht für die Berechnung des Gegenwerts von 50.000 US-Dollar in Euro. Der Interbankenkurs kommt nicht in Betracht, weil er für Privatpersonen und Gewerbetreibende grundsätzlich nicht gilt. Ebenso wenig kann auf die Kurse abgestellt werden, die für den An- und Verkauf von US-Dollar gelten; der Ankaufspreis muss deutlich über, der Verkaufspreis deutlich unter dem Mittelwert liegen, weil Kostenfaktoren - wie etwa die Marge der Bank, die Kosten des Vorhaltens der Fremdwährung und ein Risikoabschlag für Währungsschwankungen - zu berücksichtigen sind, die für die Ermittlung des Gegenwerts in dem hier interessierenden Kontext keine Rolle spielen. Entsprechendes gilt für den Kreditkartenkurs, der nur in einem speziellen Marktsegment von Bedeutung ist und zum Geschäftsbereich der Beklagten keinen Bezug aufweist.
Rz. 29
Der Wert des zu transportierenden Gutes ist dem Frachtführer grundsätzlich bei Erteilung des Beförderungsauftrags mitzuteilen, so dass er rechtzeitig in der Lage ist, über eine Annahme des Auftrags zu entscheiden. Diesen Zeitpunkt kann der Frachtführer auch in seinen Beförderungsbedingungen festlegen. Fehlt - wie im Streitfall - ein solcher Hinweis, ist für die Frage, ob die Verbotsgutgrenze überschritten ist, auf den Zeitpunkt der Übergabe des Gutes zur Beförderung abzustellen (vgl. BGH, Urt. v. 13.6.2012 - I ZR 87/11, TranspR 2012, 463 Rz. 26 = VersR 2013, 475).
Rz. 30
ee) Danach ist auf der Grundlage der von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen entgegen der Annahme des Berufungsgerichts davon auszugehen, dass der Beklagten Verbotsgut im Sinne von Ziff. 3.1 (ii) ihrer Beförderungsbedingungen zum Transport von Österreich nach Deutschland zur Versicherungsnehmerin übergeben wurde.
Rz. 31
Die Einlieferung des in einem Spezialbehältnis verpackten Messarms erfolgte nach der Feststellung des Berufungsgerichts am 13.6.2008. Zu diesem Zeitpunkt hatte das Gut (einschließlich des Spezialkoffers) einen Wert von 32.780 EUR. Der Mittelkurs der Europäischen Zentralbank betrug am 13.6.2008 für einen Euro 1,5336 US-Dollar, so dass sich der Wert des zu befördernden Gutes auf 50.271,40 US-Dollar belief und damit die Verbotsgutgrenze von 50.000 US-Dollar überschritt.
Rz. 32
ff) Der Umstand, dass der Beklagten Verbotsgut im Sinne ihrer Beförderungsbedingungen zum Transport übergeben wurde, ohne sie darüber in Kenntnis zu setzen, führt entgegen der Ansicht der Revision allerdings nicht ohne Weiteres dazu, dass die Haftung der Beklagten nach §§ 311 Abs. 2, 280, 249 Abs. 1 BGB vollständig entfällt (vgl. BGH, Urt. v. 30.3.2006 - I ZR 123/03, BGHZ 167, 64 Rz. 22; Urt. v. 13.7.2006 - I ZR 245/03, NJW-RR 2007, 179 Rz. 23 = TranspR 2006, 448; Urteil vom 3.7.2008 - I ZR 210/05, TranspR 2008, 406 Rz. 17). Dieser Umstand ist vielmehr als Schadensmitverursachungsbeitrag des Auftraggebers in die Haftungsabwägung nach § 425 Abs. 2 HGB, § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB einzustellen (vgl. BGH, Urt. v. 15.2.2007 - I ZR 186/03, NJW-RR 2007, 1110 Rz. 29 = TranspR 2007, 164; BGH, TranspR 2008, 406 Rz. 17).
Rz. 33
gg) Die Abwägung der Mitverschuldensanteile nach § 425 Abs. 2 HGB, § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB obliegt grundsätzlich dem Tatrichter. Sie hat durch eine Bewertung und Abwägung der beiderseitigen Verursachungs- und Verschuldensanteile zu erfolgen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts, die von der Revision nicht angegriffen worden sind, ist von einem bewusst leichtfertigen Organisationsverschulden der Beklagten im Sinne eines qualifizierten Verschuldens gem. Art. 29 Abs. 1 CMR i.V.m. § 435 HGB auszugehen. Hinsichtlich des Mitverschuldensanteils der Versicherungsnehmerin ist zu berücksichtigen, dass der unterlassene Hinweis darauf, dass das zu befördernde Gut einen Wert von mehr als 50.000 US-Dollar hatte, sich nicht nur in Bezug auf den 50.000 US-Dollar übersteigenden Schaden ausgewirkt haben kann. Wenn die Beklagte die Beförderung des Gutes bei einem Hinweis auf den Warenwert abgelehnt hätte, wäre der durch den Verlust des Messarms eingetretene Schaden vollständig vermieden worden (vgl. BGH, Urt. v. 3.5.2007 - I ZR 109/04, TranspR 2007, 405 Rz. 31; BGH, TranspR 2008, 406 Rz. 19).
Rz. 34
5. Ein Mitverschulden der Versicherungsnehmerin wegen unterlassener Wertdeklaration oder eines nicht erteilten Hinweises auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei mit der Begründung verneint, die unterlassene Angabe des Werts des zur Beförderung übergebenen Gutes sei für den eingetretenen Schaden nicht kausal geworden. Die Beklagte habe nicht vorgetragen, wie die Behandlung von wertdeklarierten Paketen im Rücksendungsverfahren bei grenzüberschreitenden Transporten erfolge und inwiefern zusätzliche Sicherungsmaßnahmen den Verlust des Gutes verhindert hätten, weil der leere Koffer bei der Versicherungsnehmerin angekommen sei. Diese Beurteilung des Berufungsgerichts lässt keinen Rechtsfehler erkennen und wird auch von der Revision nicht angegriffen.
Rz. 35
III. Danach ist das Berufungsurteil auf die Revision der Beklagten aufzuheben. Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Fundstellen