Verfahrensgang
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin ist eine Tochter des verstorbenen Fürsten von Monaco. Die Beklagte verlegt die Zeitschrift "7 TAGE". In der Ausgabe Nr. 13/02 dieser Zeitschrift vom 20. März 2002 wurde berichtet, dass die Klägerin und ihr Ehemann ihre auf der Insel Lamu/Kenia gelegene Villa vermieten. Illustriert war der Bericht unter anderem mit der beanstandeten Aufnahme, welche die Klägerin im Urlaub neben ihrem Ehemann auf einer öffentlichen Straße mit anderen Menschen zeigt.
Die Klägerin verlangt - wie ihr Ehemann im Verfahren VI ZR 53/06 - von der Beklagten, es zu unterlassen, diese Aufnahme erneut zu veröffentlichen. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht dieses Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin, die Berufung der Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte habe nicht rechtswidrig in das Recht der Klägerin am eigenen Bild eingegriffen. Die Klägerin müsse als Person des öffentlichen Lebens gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG hinnehmen, dass Aufnahmen auch ohne ihre Einwilligung verbreitet würden. Dieses Recht zur Veröffentlichung finde nach § 23 Abs. 2 KUG erst dann seine Grenze, wenn die Aufnahmen die Privatsphäre der Klägerin berührten und das Interesse der Klägerin am Schutz ihrer Privatsphäre das Informationsinteresse der Allgemeinheit überwiege. Eine Abwägung der Grundrechte der Parteien aus Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 und 5 Abs. 1 Satz 2 GG ergebe hier, dass die Veröffentlichung rechtmäßig erfolgt sei. Zwar sei auch Art. 8 Abs. 1 EMRK bei der Abwägung zu berücksichtigen und bei der Bestimmung der Grenzen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin heranzuziehen. Das Grundgesetz sei aber als Verfassung des deutschen Staates vorrangig. Allerdings sei hier keine Frage des allgemeinen Interesses betroffen, zu der das veröffentlichte Bild einen Beitrag leiste, sondern nur das Unterhaltungsinteresse. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei die Veröffentlichung jedoch trotzdem zulässig, weil Plätze, an denen sich der Einzelne unter vielen Menschen befinde, die Voraussetzungen des Privatsphärenschutzes nicht erfüllten; sie könnten das Rückzugsbedürfnis nicht erfüllen und rechtfertigten damit auch nicht den grundrechtlichen Schutz, den dieses Bedürfnis aus Gründen der Persönlichkeitsentfaltung verdiene. Diese Rechtsprechung binde das Berufungsgericht nach § 31 BVerfGG. Das beanstandete Bild zeige die Klägerin mit ihrem Ehemann auf offener Straße und damit an einem Platz, an dem sich viele Menschen aufhielten. Wer sich - wie die Klägerin - als Person des öffentlichen Lebens im Urlaub an einem solchen Ort aufhalte, müsse mit einer gewissen Aufmerksamkeit rechnen und könne nicht davon ausgehen, von den Medien unbeobachtet zu bleiben. Dem öffentlichen Informationsinteresse sei deshalb der Vorrang einzuräumen. Die Bildveröffentlichung sei nicht zu beanstanden.
II. Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. Die Klägerin kann der Beklagten die erneute Veröffentlichung der beanstandeten Aufnahme untersagen.
1. Bildnisse einer Person dürfen grundsätzlich nur mit deren Einwilligung verbreitet werden (§ 22 Satz 1 KUG). Das Recht am eigenen Bild ist eine besondere Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Daraus ergibt sich, dass grundsätzlich allein dem Abgebildeten die Befugnis zusteht, darüber zu befinden, ob und in welcher Weise er der Öffentlichkeit im Bild vorgestellt wird (st. Rspr.; vgl. Senatsurteile BGHZ 131, 332, 336; vom 28. September 2004 - VI ZR 305/03 - VersR 2005, 83). Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist der Ausgangspunkt des Berufungsurteils, dass die Klägerin die nach diesen Grundsätzen erforderliche Einwilligung zur Verbreitung der Aufnahme weder ausdrücklich noch stillschweigend erteilt hat.
2. Der Ansicht des Berufungsgerichts, die Klägerin habe auch ohne Einwilligung hinzunehmen, dass eine Aufnahme verbreitet werde, die sie im Urlaub in Begleitung ihres Ehemannes in der Öffentlichkeit abbilde, kann in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden. Der Ausnahmetatbestand des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG, wonach Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte einwilligungsfrei veröffentlicht werden dürfen, greift vorliegend nicht durch.
a) Das Berufungsgericht bejaht für die beanstandete Bildveröffentlichung eine Ausnahme im Sinn von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG. Die Klägerin müsse als Person des öffentlichen Lebens die Veröffentlichung hinnehmen. Zwar leiste das Bild keinen Beitrag zu einer Frage von allgemeinem Interesse, sondern diene nur dem Unterhaltungsinteresse. Gleichwohl sei der Schutz der Privatsphäre nicht vorrangig, weil die Aufnahme die Klägerin an einem Ort zeige, an dem sich viele Menschen befänden.
Seine Auffassung leitet das Berufungsgericht aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Dezember 1999 (BVerfGE 101, 361 ff.) her, mit dem das Urteil des erkennenden Senats vom 19. Dezember 1995 (- VI ZR 15/95 - BGHZ 131, 332 ff.) zu den Paparazzi-Bildern (mit Ausnahme der Abbildungen mit Kindern) bestätigt worden ist und an das sich das Berufungsgericht nach § 31 BVerfGG gebunden fühlt.
b) Indessen wird die Auffassung des Berufungsgerichts nicht in jeder Hinsicht dem abgestuften Schutzkonzept gerecht, das die Rechtsprechung aus §§ 22, 23 KUG entwickelt hat (vgl. BVerfG, BVerfGE 101, 361 ff.; NJW 2001, 1921, 1924 ff.; NJW 2006, 2835 f.; NJW 2006, 2836). Das gilt insbesondere unter Berücksichtigung der in den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (künftig: EGMR) vom 24. Juni 2004 in dem Verfahren von Hannover gegen Deutschland (NJW 2004, 2647 ff.) und vom 16. November 2004 (NJW 2006, 591 ff. - Karhuvaara und Iltalehti gegen Finnland) dargelegten Grundsätze. Der erkennende Senat hat dieses Schutzkonzept in mehreren neuen Entscheidungen erläutert (vgl. etwa Urteile vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84 ff.; vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - VersR 2006, 274 ff.) und fasst dies nochmals zusammen.
aa) Nach § 22 KUG dürfen Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet werden; hiervon besteht nach § 23 Abs. 1 KUG eine Ausnahme, wenn es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt. Diese Ausnahme gilt aber nicht für eine Verbreitung, durch die berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG).
Aus § 23 KUG hat die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs den abkürzenden Begriff der "Person der Zeitgeschichte" entwickelt. Als "relative" Person der Zeitgeschichte ist eine Person anzusehen, die durch ein bestimmtes zeitgeschichtliches Ereignis das Interesse auf sich gezogen hat. Deshalb darf sie ohne ihre Einwilligung nur im Zusammenhang mit diesem Ereignis abgebildet werden. Demgegenüber gilt als "absolute" Person der Zeitgeschichte eine Person, die aufgrund ihres Status und ihrer Bedeutung allgemein öffentliche Aufmerksamkeit findet, so dass sie selbst Gegenstand der Zeitgeschichte ist und deshalb über sie berichtet werden darf. Auch sie hat jedoch ein Recht auf Privatsphäre, das nicht auf den häuslichen Bereich beschränkt ist. Vielmehr muss sie die Möglichkeit haben, sich an anderen, erkennbar abgeschiedenen Orten unbehelligt von Bildberichterstattung zu bewegen (vgl. Senat, BGHZ 131, 332 ff., bestätigt von BVerfG, BVerfGE 101, 361 ff.).
bb) Gegen diese Beschränkung des Schutzes der Privatsphäre bei den so genannten absoluten Personen der Zeitgeschichte hat der EGMR in seiner Entscheidung vom 24. Juni 2004 grundsätzliche Bedenken geäußert, denen der erkennende Senat bereits in mehreren in der Folgezeit ergangenen Entscheidungen Rechnung getragen hat (vgl. Urteile vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84; vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - VersR 2006, 274).
Hiernach nimmt die Vorschrift des § 23 Abs. 1 KUG nach der Intention des Gesetzgebers und nach Sinn und Zweck der Regelung in Ausnahme von dem Einwilligungserfordernis des § 22 KUG Rücksicht auf das Informationsinteresse der Allgemeinheit und auf die Pressefreiheit. Die Belange der Öffentlichkeit sind gerade bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals "aus dem Bereich der Zeitgeschichte" zu beachten (vgl. BVerfG, NJW 2006, 3406, 3407 f.).
cc) Eine Abwägung der widerstreitenden Rechte und Grundrechte der abgebildeten Person aus Art. 8 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (künftig: EMRK) in der Fassung des Protokolls Nr. 11 vom 11. Mai 1994 (BGBl 1995 II 578 ff.; vgl. nunmehr die ab 1. November 1998 geltende Neufassung - Bek. vom 17. Mai 2002 - BGBl 2002 II 1054 ff.) sowie aus Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG einerseits und der Presse aus Art. 10 EMRK und Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG andererseits ist mithin schon bei der Zuordnung zum Bereich der Zeitgeschichte erforderlich. Dabei ist der Beurteilung ein normativer Maßstab zugrunde zu legen, welcher der Pressefreiheit und zugleich dem Schutz der Persönlichkeit und ihrer Privatsphäre ausreichend Rechnung trägt (vgl. Senat, Urteile vom 12. Dezember 1995 - VI ZR 223/94 - VersR 1996, 341 f.; vom 9. März 2004 - VI ZR 217/03 - VersR 2004, 863; und vom 28. September 2004 - VI ZR 305/03 - VersR 2005, 83, 84; vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84, 85). Maßgebend ist hierbei das Interesse der Öffentlichkeit an vollständiger Information über das Zeitgeschehen. Dabei ist der Begriff des Zeitgeschehens in § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG zugunsten der Pressefreiheit zwar in einem weiten Sinn zu verstehen, doch ist das Informationsinteresse nicht schrankenlos. Vielmehr wird der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt, so dass eine Berichterstattung keineswegs immer zulässig ist. Wo konkret die Grenze für das berechtigte Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der aktuellen Berichterstattung zu ziehen ist, lässt sich nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls entscheiden.
Soweit sich die Bedenken des EGMR gegen den Begriff der "absoluten Person der Zeitgeschichte" richten (NJW 2004, 2647, 2650 Rn. 72), geht es der Sache nach um die Frage, unter welchen Voraussetzungen über solche in der Öffentlichkeit bekannte Personen berichtet werden darf. Dem Berufungsgericht ist zuzugeben, dass die Klägerin unbeschadet der Frage, ob sie als absolute Person der Zeitgeschichte im Sinn der bisherigen Rechtsprechung anzusehen ist, jedenfalls eine in der Öffentlichkeit bekannte Person ist und in besonderem Maß das Interesse der Öffentlichkeit auf sich zieht. Auch hat sie sich bei der beanstandeten Abbildung nicht an einem Ort der Abgeschiedenheit im oben dargelegten Sinn befunden, so dass der Gesichtspunkt der Belästigung durch heimlich aufgenommene Fotos (vgl. EGMR NJW 2004, 2647, 2650 Rn. 68; BVerfGE 101, 361, 381; BVerfG, NJW 2006, 3406, 3408; Senat, BGHZ 131, 332, 342) im Streitfall keine Rolle spielt.
Allein diese Umstände können jedoch entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht ausreichen, um einen Schutz der Privatsphäre zu verneinen. Das gilt nicht nur unter Berücksichtigung der Auffassung des EGMR, sondern ergibt sich bei richtigem Verständnis bereits aus dem abgestuften Schutzkonzept, wie es oben dargelegt worden ist. Hiernach ist auch bei Personen, die unter dem Blickpunkt des zeitgeschichtlichen Ereignisses im Sinn des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG an sich ohne ihre Einwilligung die Verbreitung ihres Bildnisses dulden müssten, eine Verbreitung der Abbildung nicht zulässig, wenn hierdurch berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG).
Mithin kommt eine Ausnahme vom Erfordernis der Einwilligung grundsätzlich nur in Betracht, wenn die Berichterstattung ein Ereignis von zeitgeschichtlicher Bedeutung betrifft (so schon Senatsurteile BGHZ 158, 218, 222 f.; vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - aaO.; vgl. BGH, Urteil vom 26. Oktober 2006 - I ZR 182/04 - Rn. 15, zum Abdruck in BGHZ bestimmt). Dabei darf allerdings der Begriff der Zeitgeschichte nicht zu eng verstanden werden. Schon nach der Entstehungsgeschichte des Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie vom 9. Januar 1907 (KUG; vgl. Ebermayer in: Stengleins Kommentar zu den Strafrechtlichen Nebengesetzen des Deutschen Reiches, 5. Aufl., Band I § 23 KUG Anm. 1; Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstags, XI. Legislaturperiode II. Session 1905/1906, erster Sessionsabschnitt, Aktenstück Nr. 30 S. 1540 f. und I. Lesung 25. Januar 1906, Bd. 214, S. 819), vor allem aber im Hinblick auf den Informationsbedarf der Öffentlichkeit umfasst er nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Bedeutung, sondern ganz allgemein das Zeitgeschehen, also alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse, und wird mithin vom Interesse der Öffentlichkeit bestimmt. Auch durch unterhaltende Beiträge kann nämlich Meinungsbildung stattfinden; solche Beiträge können die Meinungsbildung unter Umständen sogar nachhaltiger anregen und beeinflussen als sachbezogene Informationen (vgl. Senat, Urteil vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02 - VersR 2004, 522, 523 mit Anmerkung von Gerlach JZ 2004, 625; BVerfG, BVerfGE 101, 361, 389 f.; NJW 2006, 2836, 2837).
Zum Kern der Presse- und der Meinungsbildungsfreiheit gehört es, dass die Presse in den gesetzlichen Grenzen einen ausreichenden Spielraum besitzt, innerhalb dessen sie nach ihren publizistischen Kriterien entscheiden kann, was öffentliches Interesse beansprucht, und dass sich im Meinungsbildungsprozess herausstellt, was eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ist (BVerfGE 101, 361, 392; Senat, Urteil vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - aaO. Rn. 24; EGMR NJW 2006, 591, 592 f. Rn. 38 ff.). Deshalb muss die Presse zur Wahrnehmung ihrer meinungsbildenden Aufgaben nach publizistischen Kriterien selbst entscheiden dürfen, was sie des öffentlichen Interesses für wert hält (vgl. BVerfGE 101, 361, 392; Senat, Urteile vom 14. März 1995 - VI ZR 52/94 - VersR 1995, 667, 668 f., bestätigt durch BVerfG, NJW 2000, 1026; und vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - aaO.). Die Bedeutung der Pressefreiheit wird unter Hinweis auf Art. 10 EMRK auch in der Entscheidung des EGMR vom 24. Juni 2004 (NJW 2004, 2647, 2648 f. Rn. 58, 60, 63) hervorgehoben, wenn dort ausgeführt wird, dass die Presse in einer demokratischen Gesellschaft eine wesentliche Rolle spiele und es ihre Aufgabe sei, Informationen und Ideen zu allen Fragen von Allgemeininteresse weiterzugeben, was letztlich mit dem oben dargelegten Begriff der Zeitgeschichte in Einklang steht.
Soweit der Gerichtshof der Presse dieses Recht nur "in bestimmten Grenzen" (EGMR NJW 2004, 2647, 2649 Rn. 58) zugesteht, betrifft diese Einschränkung ersichtlich die Abwägung zwischen Pressefreiheit und Informationsrecht der Öffentlichkeit einerseits und dem Schutz der Privatsphäre andererseits, mithin eine Abwägung, wie sie auch nach dem oben dargestellten Schutzkonzept geboten ist. Auch wenn die Presse zur Wahrung der Pressefreiheit und zur Vermeidung einer vom Grundgesetz untersagten Zensur selbst nach publizistischen Kriterien entscheiden darf, worüber sie berichten will, kann sie sich damit nicht der Abwägung mit der geschützten Privatsphäre derjenigen entziehen, über die sie berichten will.
Deshalb muss eine Interessenabwägung stattfinden und zwar zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit einerseits und dem Interesse des Abgebildeten an dem Schutz seiner Privatsphäre andererseits. Die Bedeutung des Informationswerts für die Interessenabwägung hat der erkennende Senat schon in früheren Entscheidungen hervorgehoben (Senat, BGHZ 151, 26, 31; Urteil vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 404/02 - VersR 2004, 525 m.w.N.). Je größer der Informationswert für die Öffentlichkeit ist, desto mehr muss das Schutzinteresse desjenigen, über den informiert wird, hinter den Informationsbelangen der Öffentlichkeit zurücktreten. Umgekehrt wiegt aber auch der Schutz der Persönlichkeit des Betroffenen desto schwerer, je geringer der Informationswert für die Allgemeinheit ist (vgl. BVerfGE 101, 361, 392; Senat, BGHZ 131, 332, 342 m.w.N.). Das Interesse der Leser an bloßer Unterhaltung hat gegenüber dem Schutz der Privatsphäre regelmäßig ein geringeres Gewicht und ist nicht schützenswert (vgl. BVerfGE 34, 269, 283; Senat, BGHZ 131, 332, 334 m.w.N.).
Dies hat das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 21. August 2006 (NJW 2006, 3406, 3407) bestätigt, wobei es nach Lage des Falles nicht zu entscheiden brauchte, ob er auch für Personen von hohem Bekanntheitsgrad gilt. Diese Frage ist nach Auffassung des erkennenden Senats unter Berücksichtigung des Urteils des EGMR vom 24. Juni 2004 im Grundsatz zu bejahen. Deshalb kann auch bei den bisher so genannten Personen der Zeitgeschichte nicht außer Betracht bleiben, ob die Berichterstattung zu einer Debatte mit einem Sachgehalt beiträgt, der über die Befriedigung bloßer Neugier hinausgeht. Das schließt es freilich nicht aus, dass je nach Lage des Falles für den Informationswert einer Berichterstattung auch der Bekanntheitsgrad des Betroffenen von Bedeutung sein kann. In jedem Fall ist bei der Beurteilung des Informationswerts bzw. der Frage, ob es sich um ein zeitgeschichtliches Ereignis im Sinn des allgemein interessierenden Zeitgeschehens handelt, ein weites Verständnis geboten, damit die Presse ihren meinungsbildenden Aufgaben gerecht werden kann, die nach wie vor von größter Bedeutung sind.
Eine solche Gewichtung bei der Interessenabwägung trägt nach Ansicht des erkennenden Senats den Anforderungen des Gerichtshofs (EGMR NJW 2004, 2647, 2651 Rn. 76) an einen wirksamen Schutz der Privatsphäre ebenso Rechnung wie dem Schutz der Grundrechte aus Art. 5 GG. Ihr steht - anders als das Berufungsgericht meint - auch eine Bindungswirkung des § 31 BVerfGG nicht entgegen. Das Bundesverfassungsgericht hat zwar die Entscheidung des erkennenden Senats insoweit bestätigt, als dort der Schutz der Privatsphäre gegen unerwünschte Aufnahmen auf die Fälle erkennbarer räumlicher Abgeschiedenheit beschränkt worden ist. Das schließt es jedoch nicht aus, bei der erforderlichen Interessenabwägung zwischen Pressefreiheit und Schutz der Privatsphäre den Informationswert für die Öffentlichkeit stärker zu berücksichtigen. Im Übrigen hat das Bundesverfassungsgericht eine diesen Grundsätzen entsprechende Interessenabwägung in einem den Ehemann der Klägerin betreffenden Verfahren gebilligt (Senat, Urteil vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - VersR 2006, 274; BVerfG, NJW 2006, 2835).
dd) Kommt es mithin für diese Abwägung maßgeblich auf den Informationswert der Abbildung an, so kann - da im Streitfall die beanstandete Abbildung im Zusammenhang mit einer Wortberichterstattung verbreitet worden ist - bei der Beurteilung diese zugehörige Wortberichterstattung nicht unberücksichtigt bleiben (so auch EGMR NJW 2004, 2647, 2650 Rn. 64). Dies entspricht gefestigter Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. BGHZ 158, 218, 223; Urteile vom 30. September 2003 - VI ZR 89/02 - VersR 2004, 205, 206; vom 28. September 2004 - VI ZR 305/03 - VersR 2005, 83 f.; vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84 f. - jeweils m.w.N.).
3. Diese Grundsätze führen im Streitfall zu folgender Abwägung:
Das in der Ausgabe Nr. 13/02 der Zeitschrift "7 Tage" vom 20. März 2002 veröffentlichte Bild war einem Bericht darüber beigefügt, dass die Klägerin und ihr Ehemann ihre auf der Insel Lamu/Kenia gelegene Villa vermieten.
Zwar darf - wie bereits oben näher ausgeführt - die Presse grundsätzlich selbst darüber bestimmen, was sie für berichtenswert hält. Die Klägerin und ihr Ehemann hielten sich im Zeitpunkt der beanstandeten Aufnahme zudem in der Öffentlichkeit unter anderen Menschen auf.
Die Wortberichterstattung über die Wohnung und ihre Vermietung betrifft aber selbst bei Anlegung eines großzügigen Maßstabs keinen Vorgang von allgemeinem Interesse (EGMR NJW 2004, 2647, 2649 f. Rn. 60 ff.) und kein zeitgeschichtliches Ereignis. Auch der beanstandeten Abbildung ist kein Beitrag zu einer Diskussion von allgemeinem Interesse und keine Information über ein zeitgeschichtliches Ereignis zu entnehmen. Die Aufnahme zeigt die Klägerin und ihren Ehemann unstreitig im Urlaub, der grundsätzlich auch bei "Prominenten" zum regelmäßig geschützten Kernbereich der Privatspäre gehört.
Bei der erforderlichen Abwägung zwischen der Pressefreiheit und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Klägerin ist nach den oben wiedergegebenen Grundsätzen der Rechtsprechung zu beachten, dass es eine entscheidende Rolle spielt, ob die Presse eine neue und wahre Information von allgemeinem Interesse für die öffentliche Meinungsbildung mitteilt oder ob der Informationswert für die Öffentlichkeit - wie hier - wesentlich in der Unterhaltung ohne gesellschaftliche Relevanz besteht (vgl. BVerfG, BVerfGE 34, 269, 283 f.; 101, 361, 390 f.; Senat, BGHZ 131, 332, 342 f.). Im letzten Fall besteht kein berücksichtigenswertes Informationsinteresse der Öffentlichkeit, das eine Bildveröffentlichung entgegen dem Willen des Abgebildeten erlaubte (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG); die abgebildete Person muss die in einer Bildveröffentlichung ohne ihre Einwilligung regelmäßig liegende Beeinträchtigung ihrer Privatsphäre und damit ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts nicht hinnehmen.
4. Nach allem ist das angefochtene Berufungsurteil aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da es weiterer tatsächlicher Feststellungen nicht bedarf, hat der erkennende Senat in der Sache selbst zu entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die Berufung der Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil ist zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus §§ 91, 97 Abs. 1 ZPO.
Fundstellen
WRP 2007, 648 |
ZUM 2007, 470 |