Entscheidungsstichwort (Thema)

Ehemalige DDR. Nicht regulierbare Zentralheizkörper. Verbrauchserfassungsvorrichtungen oder Thermostatventile

 

Leitsatz (amtlich)

Die Verpflichtung nach § 5 HeizkostenVO (BGBl. I 1989, 115), Räume mit Thermostatventilen oder mit Vorrichtungen zur Verbrauchserfassung auszustatten, gilt nicht für Gebäude, die mit nicht regulierbaren Zentralheizkörpern versehen sind, bei denen mithin der Ausnahmetatbestand des § 11 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b HeizkostenVO eingreift. Für die Heizanlagen in dem Gebiet der ehemaligen DDR, die bis 31.12.1995 auszustatten sind, gilt nichts Anderes.

 

Normenkette

Einigungsvertrag Anl. I, Kap. V Sachgebiet D, Abschn. III Nr. 1 Buchst. b HeizkostenVO §§ 5, 11 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b

 

Verfahrensgang

LG Halle (Saale)

AG Halle-Saalkreis

 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des LG Halle v. 6.2.2003 wird zurückgewiesen.

Die Beklagten tragen die Kosten des Revisionsverfahrens als Gesamtschuldner.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Beklagten sind seit 1982 Mieter einer von der Klägerin vermieteten Wohnung in einem Wohnblock auf dem Grundstück S. in H. , der 1970 erbaut ist. Die dortigen Heizungen sind nicht mit Geräten ausgestattet, mit denen der Verbrauch an Wärme erfasst werden kann; die Bewohner können den Wärmeverbrauch nicht beeinflussen. Die Klägerin rechnet die Heizkosten im Gebäude S. jährlich pauschal nach der Wohnfläche ab.

Seit der Abrechnung für das Jahr 1996 zogen die Beklagten von dem Betrag, den die Klägerin für die Heizkosten errechnete hatte, jährlich 15 % ab und behielten diesen Betrag ein.

Mit der Klage hat die Klägerin den aufgelaufenen Rückstand geltend gemacht. Das AG hat der Klage i. H. v. umgerechnet 807,02 EUR stattgegeben, die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das LG zurückgewiesen. Die Beklagten verfolgen mit der vom LG zugelassenen Revision ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiter.

 

Entscheidungsgründe

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt:

Den Beklagten stehe das von ihnen in Anspruch genommene Kürzungsrecht nach § 12 Abs. 1 HeizkVO nicht zu. Die Wohnung der Beklagten sei vor dem 1.1.1991 bezugsfertig geworden. Auch könnten die Mieter den Wärmeverbrauch nicht individuell beeinflussen. Deshalb sei nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b HeizkVO die Anwendung der Vorschrift der §§ 3 bis 7 der Heizkostenverordnung ausgeschlossen, mithin auch § 6 HeizkVO, der eine verbrauchsabhängige Kostenverteilung vorschreibe. Das Kürzungsrecht nach § 12 Abs. 1 HeizkVO sei aber nur gegeben, sofern der Vermieter zur verbrauchsabhängigen Abrechnung nach der Heizkostenverordnung verpflichtet sei. Dem stehe die sich aus dem Einigungsvertrag ergebende Pflicht, Heizungsanlagen bis zum 31.12.1995 nachzurüsten, nicht entgegen. Das Kürzungsrecht stelle keine Sanktion für den Fall dar, dass der Vermieter der Nachrüstungspflicht nicht rechtzeitig nachkomme. Die Ausnahmeregelung nach § 11 Abs. 1 HeizkVO sei durch den Einigungsvertrag nicht beseitigt worden, wie Nr. 10 f. der Anlage I zum Einigungsvertrag, Kap. V Sachgebiet D Abschn. III belege.

II.

Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist. Zu Recht hat das Berufungsgericht der Klägerin die Summe von 807,02 EUR zugesprochen, um die die Beklagten ihren Heizkostenanteil gekürzt haben. Die Klägerin kann die aus den Nebenkostenabrechnungen für die Jahre 1996 bis 2000 in dieser Höhe noch offen stehenden Heizkosten verlangen.

1. Die Auffassung der Revision, den Beklagten stehe das Kürzungsrecht des § 12 HeizkVO als Sanktion dafür zu, dass die Klägerin ihre sich aus dem Einigungsvertrag ergebende Pflicht missachtet habe, den Wohnraum mit verbrauchsabhängigen Messgeräten auszustatten, ist nicht zutreffend. § 12 Abs. 1 S. 1 HeizkVO verleiht dem Nutzer - hier dem Mieter - das Recht zur Kürzung nur dann, wenn der Vermieter entgegen einer ihm durch die Heizkostenverordnung auferlegten Verpflichtung nicht verbrauchsabhängig abgerechnet hat. Die Klägerin ist jedoch nicht zu einer verbrauchsabhängigen Abrechnung verpflichtet; denn ihre Verpflichtung aus § 6 HeizkVO entfällt, weil vorliegend die Ausnahmevorschrift des § 11 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b HeizkVO erfüllt ist.

a) Für das Mietverhältnis der Parteien sind gemäß Anl. I, Kap. V Sachgebiet D, Abschn. III Nr. 10 Buchst. a des Einigungsvertrages v. 31.8.1990 (BGBl. II S. 889, 1007) die Vorschriften der Heizkostenverordnung 1989 heranzuziehen. Nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b HeizkVO ist § 6 HeizkVO, der dem Vermieter eine verbrauchsabhängige Kostenverteilung auferlegt, nicht anwendbar auf Räume, die vor dem 1.7.1981 bezugsfertig geworden sind und in denen der Nutzer den Wärmeverbrauch nicht beeinflussen kann (vgl. zu der entsprechenden Regelung des § 11 Abs. 1 HeizkVO 1984: BGH, Urt. v. 30.1.1991 - VIII ZR 361/89, MDR 1991, 630 = UR 1991, 223 = WuM 1991, 773 unter II 2a bb). Für die neuen Bundesländer gilt diese Bestimmung nach Anl. I, Kap. V Sachgebiet D, Abschn. III Nr. 10 Buchst. f des Einigungsvertrages mit der Maßgabe, dass es auf die Fertigstellung vor dem 1.1.1991 ankommt.

b) Die Revision greift die Feststellungen des Berufungsgerichts nicht an, dass die vorhandenen Heizungsgeräte in dem 1970 erbauten Wohnhaus einer individuellen Wärmeregelung und Erfassung von Verbräuchen nicht zugänglich sind, und wendet sich auch nicht gegen die Berechtigung der Klägerin nach § 11 Abs. 1 Nr. 1b HeizkVO 1989, die Heizkosten pauschal nach der Wohnfläche abzurechnen. Sie meint aber, die Klägerin müsse sich das Kürzungsrecht des § 12 Abs. 1 S. 1 HeizkVO als Sanktion für die Missachtung der Verpflichtung, den Wohnraum mit verbrauchsabhängigen Messgeräten auszustatten, entgegenhalten lassen. Da aber die Heizkörper nicht regulierbar sind und somit die Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 Nr. 1b HeizkVO vorliegen, steht den Beklagten das Kürzungsrecht des § 12 Abs. 1 S. 1 HeizkVO um 15 % des auf sie entfallenden Anteils nicht zu. Allerdings trifft den Vermieter nach Anl. I, Kap. V Sachgebiet D, Abschn. III Nr. 10 Buchst. b des Einigungsvertrages die Verpflichtung, Räume, "die vor dem 1.1.1991 bezugsfertig geworden sind und in denen die nach der Verordnung erforderliche Ausstattung zur Verbrauchserfassung noch nicht vorhanden ist", bis spätestens 31.12.1995 auszustatten. Ein Verstoß gegen die genannte Bestimmung des Einigungsvertrages ist aber nicht gegeben. Die Verpflichtung, Räume mit Thermostatventilen und mit Vorrichtungen zur Verbrauchserfassung auszustatten (vgl. § 5 HeizkVO), gilt nicht für Gebäude, die mit nicht regulierbaren Zentralheizkörpern versehen sind, bei denen mithin der Ausnahmetatbestand des § 11 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b HeizkVO eingreift (Voelskow in MünchKomm/BGB, 3. Aufl., § 11 HeizkostenV Rz. 5; Pfeifer, Die Heizkosten-Verordnung, 3. Aufl., S. 142). Der Ausstattungspflicht der §§ 4 und 5 HeizkVO unterfallen solche Heizkörper nicht, die technisch nicht mit für sie geeigneten Messgeräten ausgerüstet werden können (Lammel in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 8. Aufl., § 4 HeizkVO Rz. 20). Für die Heizanlagen in dem Gebiet der ehemaligen DDR, die bis 31.12.1995 "auszustatten" sind, gilt nichts Anderes.

2. Den Beklagten steht das geltend gemachte Kürzungsrecht i. H. v. 15 % der jährlichen Heizkostenrechnung auch nicht aus dem Gesichtspunkt eines Schadensersatzanspruchs wegen positiver Vertragsverletzung zu. Es fehlt bereits an einem Verstoß der Klägerin gegen die dem Vermieter nach dem Einigungsvertrag auferlegte Ausstattungspflicht.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1070881

DB 2004, 485

NJW 2004, 285

BGHR 2004, 149

DWW 2004, 34

EBE/BGH 2003, 394

NZM 2004, 24

ZAP 2004, 62

ZMR 2004, 99

ZfIR 2004, 344

NJ 2004, 80

WuM 2003, 699

MietRB 2004, 67

AIM 2003, 240

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