Entscheidungsstichwort (Thema)
Nach billigem Ermessen festzusetzende Miete im gewerblichen Mietvertrag. Inhaltskontrolle
Leitsatz (amtlich)
In einem gewerblichen Mietvertrag hält eine Klausel, die dem Vermieter ein Leistungsbestimmungsrecht dahingehend einräumt, bei einer Änderung der ortsüblichen oder angemessenen Miete den vom Mieter zusätzlich oder weniger zu zahlenden Betrag nach billigem Ermessen (§ 315 BGB) festzusetzen, der Inhaltskontrolle gem. § 307 Abs. 1 BGB stand.
Normenkette
BGB § 307 Abs. 1, § 315
Verfahrensgang
LG Potsdam (Urteil vom 03.06.2010; Aktenzeichen 11 S 1/10) |
AG Potsdam (Entscheidung vom 17.09.2009; Aktenzeichen 28 C 49/08) |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 11. Zivilkammer des LG Potsdam vom 3.6.2010 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Die Klägerin verlangt von dem Beklagten - einem Segelverein - die Zahlung eines "Nutzungsentgeltes" aus einem Vertrag, der den Beklagten berechtigt, eine Steganlage, eine Slipanlage sowie eine Wasserfläche in P. an der Bundeswasserstraße P. H., deren Eigentümerin die Klägerin ist, zu nutzen.
Rz. 2
Die Parteien schlossen 1998 einen "Nutzungsvertrag", der für die Zeit ab dem 1.1.1996 ein von der Beklagten zu zahlendes jährliches Nutzungsentgelt i.H.v. 2.099 DM vorsah.
Rz. 3
Der Vertrag enthielt folgende, von der Klägerin in einer Vielzahl vergleichbarer Verträge verwendete, Vereinbarungen:
Rz. 4
"§ 3 Vertragsdauer
Rz. 5
(1) Dieser Vertrag tritt am 1.1.1996 in Kraft.
Rz. 6
(2) Das Vertragsverhältnis endet am 31.12.2002. Es verlängert sich jeweils um ein Jahr, wenn es nicht drei Monate vor Ablauf eines Kalenderjahres von der WSV oder dem Nutzer schriftlich gekündigt wird. ...
...
Rz. 7
§ 5 Nutzungsentgelt und Nebenkosten
...
Rz. 8
(4) Die WSV prüft nach Ablauf von jeweils drei Jahren, erstmals zum 1.1.1999, ob das Nutzungsentgelt noch ortsüblich oder sonst angemessen ist. Bei einer Änderung setzt sie den zusätzlich oder den weniger zu zahlenden Betrag nach billigem Ermessen (§ 315 BGB) fest und teilt dem Nutzer die Höhe des künftig zu zahlenden Nutzungsentgelts mit."
Rz. 9
Nach einer ersten Entgeltanpassung zum 1.1.1999, setzte die Klägerin zum 1.1.2002 das jährliche Nutzungsentgelt auf 1.639,20 EUR fest, was der Beklagte auch akzeptierte. Mit Schreiben vom 14.10.2002 verlangte die Klägerin von dem Beklagten zum 1.1.2005 zunächst eine weitere Entgeltanpassung auf 3.197 EUR, die nach Verhandlungen der Parteien von der Klägerin auf jährlich 2.049 EUR reduziert wurde.
Rz. 10
Der Beklagte zahlte in den Jahren 2005, 2006 und 2007 jeweils nur den Betrag, den die Klägerin mit der Erhöhung zum 1.1.2002 verlangt hatte (1.639,20 EUR). Die Klägerin macht mit der Klage das nicht gezahlte Nutzungsentgelt der Jahre 2005, 2006 und 2007i.H.v. je 409,80 EUR, insgesamt also 1.229,40 EUR geltend.
Rz. 11
Das AG hat nach Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens zur Höhe des ortsüblichen Nutzungsentgelts die Klage mit der Begründung abgewiesen, § 5 Abs. 4 des Vertrages sei gem. § 307 Abs. 1 BGB unwirksam.
Rz. 12
Die Berufung der Klägerin blieb erfolglos. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Klagebegehren in vollem Umfang weiter.
Entscheidungsgründe
Rz. 13
Die zulässige Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Rz. 14
Das Berufungsgericht hat zur Begründung ausgeführt, die Klägerin könne von der Beklagten das erhöhte Nutzungsentgelt nicht verlangen, weil die Regelung in § 5 Abs. 4 des Mietvertrages gegen § 307 Abs. 1 BGB verstoße und daher unwirksam sei. Da die Klausel bezüglich der Preisanpassung darauf abstelle, ob die Miete noch "ortsüblich oder sonst angemessen" sei, verstoße die Regelung gegen das in § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB enthaltene Transparenzgebot. Die Klausel sei unbestimmt, weil aus der Formulierung "sonst angemessen" die tatsächlichen Voraussetzungen für die Berechtigung der Klägerin zu einer Preisanpassung nicht hinreichend deutlich ersichtlich seien. Die Formulierung könne insb. nicht dahingehend ausgelegt werden, dass damit die ortsübliche Miete gemeint sei. Aufgrund der alternativen Formulierung in § 5 Abs. 4 des Vertrages werde die Bezeichnung "ortsüblich" nicht mit dem Begriff "sonst angemessen" gleichgesetzt. Wenn beide Begriffe jedoch unterschiedliche Sachverhalte erfassen sollen, sei unklar, welcher Tatbestand unter den Begriff "noch angemessen" zu subsumieren sei.
Rz. 15
Die Klausel genüge dem Transparenzgebot auch deshalb nicht, weil der Maßstab, nach dem die Klägerin die Höhe einer neu festzusetzenden Miete bestimmen könne, nicht ersichtlich sei. Die Klägerin sei bei Vorliegen der in der Klausel genannten Voraussetzungen berechtigt, die Miete nach billigem Ermessen gem. § 315 BGB festzusetzen. Nach welchem Maßstab dies zu erfolgen habe, könne nur anhand der im Vertrag genannten Kriterien der Ortsüblichkeit oder Angemessenheit erfolgen. Es sei aber gerade nicht ersichtlich, was unter der Festsetzung einer angemessenen Miete zu verstehen sei.
Rz. 16
Die Klausel benachteilige den Vertragspartner auch deshalb unangemessen, weil es der Klägerin frei stehe, die Miete zugunsten der Beklagten anzupassen oder dies nicht zu tun. In der Klausel sei nämlich nicht hinreichend deutlich geregelt, ob die Klägerin schon bei Vorliegen nur einer der beiden im Vertrag genannten Voraussetzungen zur Anpassung der Miete verpflichtet sei. Es stünde daher im willkürlichen Ermessen der Klägerin, ob sie eine Anpassung des Nutzungsentgelts vornehme.
Rz. 17
Schließlich werde der Beklagte durch die Klausel auch deshalb unangemessen benachteiligt, weil die Klägerin aufgrund ihrer faktischen Monopolstellung die Ortsüblichkeit der Preise mittelbar selbst bestimmen könne. Die Anknüpfung an das Kriterium der Ortsüblichkeit benachteilige den Vertragspartner dann, wenn der zur Leistungsbestimmung Berechtigte auf die Entwicklung dieser Preise wesentlichen Einfluss habe, weil er an den Verträgen, die zur Ermittlung des ortsüblichen Preises herangezogen würden, selbst beteiligt sei. Außerdem sehe die Klausel kein Kündigungsrecht für den Beklagten für den Fall vor, dass die Klägerin das einseitige Leistungsbestimmungsrecht wirksam ausgeübt habe.
II.
Rz. 18
Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision nicht stand. Unzutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Beklagte durch die Regelung zur Anpassung des Nutzungsentgelts in § 5 Abs. 4 des Nutzungsvertrages unangemessen benachteiligt wird und die Klausel daher gem. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam ist.
Rz. 19
1. Durch § 5 Abs. 4 Satz 2 des Nutzungsvertrages wird der Klägerin die Berechtigung eingeräumt, alle drei Jahre, erstmals zum 1.1.1999, bei einer Änderung der in Satz 1 der Klausel genannten Voraussetzungen die Höhe der Miete nach billigem Ermessen neu festzusetzen. Die Parteien haben damit zur Wertsicherung der Miete einen sog. Leistungsvorbehalt zugunsten der Klägerin vereinbart. Eine Leistungsvorbehaltsklausel liegt vor, wenn dem Bestimmungsberechtigten hinsichtlich des Ausmaßes der Änderung der geschuldeten Miete ein Ermessensspielraum verbleibt, der es ermöglicht, die neue Höhe des zu zahlenden Betrages nach Billigkeitsgrundsätzen festzusetzen (Bartholomäi in Lindner-Figura/Oprée/Stellmann Geschäftsraummiete 2. Aufl. Kap. 10 Rz. 151; Neuhaus Handbuch der Geschäftsraummiete 4. Aufl. Rz. 1212; Gerber/Eckert Gewerbliches Miet- und Pachtrecht 7. Aufl. Rz. 173). Eine solche Wertsicherungsklausel, durch die einem der Vertragspartner ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht gem. § 315 BGB eingeräumt wird, unterfällt gem. § 1 Abs. 2 Nr. 1 des Gesetzes über das Verbot der Verwendung von Preisklauseln bei der Bestimmung von Geldschulden vom 7.9.2007 (BGBl. I, 2246, nachfolgend: PrKG) zwar nicht dem Preisklauselverbot des § 1 Abs. 1 PrKG. Ist die Leistungsvorbehaltsklausel jedoch in vorformulierten Vertragsbedingungen i.S.v. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB enthalten, unterliegt sie einer Überprüfung am Maßstab des § 307 BGB (BGHZ 179, 186 = NJW 2009, 578 Rz. 13). Eine Inhaltskontrolle nach dieser Vorschrift ist insb. nicht durch § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB ausgeschlossen. Denn durch die Einräumung und nähere Ausgestaltung eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts, das eine Vertragspartei zu einer Preisanpassung berechtigt, wird von dem Grundsatz abgewichen, dass Leistung und Gegenleistung im Vertrag festzulegen sind (vgl. BGH, Urt. v. 24.3.2010 - VIII ZR 178/08, NJW 2010, 2793 Rz. 20 m.w.N. zu einer Spannungsklausel in einem Erdgassondervertrag).
Rz. 20
2. Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB). Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Verwender allgemeiner Geschäftsbedingungen sind daher nach den Grundsätzen von Treu und Glauben verpflichtet, Rechte und Pflichten ihrer Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Die Beschreibung muss für den anderen Vertragsteil nachprüfbar und darf nicht irreführend sein (BGH BGHZ 162, 39 = NJW 2005, 1183 [1184]). Abzustellen ist auf die Erkenntnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Vertragspartners (BGH BGHZ 183, 299 = NJW 2010, 671 Rz. 22). Dabei dürfen allerdings die Anforderungen an den Verwender nicht überspannt werden (BGHZ 112, 115 = NJW 1990, 2383 [2384]).
Rz. 21
Bei einer Mietanpassungsklausel erfordert das Transparenzgebot eine verständliche Formulierung, die insb. den Anlass der Mietänderung, die Bezugsgrößen sowie den Umfang der Mietanpassung umschreibt (vgl. Wolf/Eckert/Ball Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts 10. Aufl. Rz. 478; Ghassemi-Tabar/Leo AGB im Gewerberaummietrecht I. Teil Rz. 397).
Rz. 22
a) Diesen Anforderungen an die Klarheit und Verständlichkeit einer vorformulierten Vertragsbestimmung wird die Regelung in § 5 Abs. 4 des Nutzungsvertrages gerecht. Aus dem Wortlaut des § 5 Abs. 4 Satz 1 des Nutzungsvertrages werden für einen Vertragspartner der Klägerin Zeitpunkt und Anlass für eine Mietanpassung hinreichend deutlich erkennbar.
Rz. 23
aa) Die Regelung bestimmt, dass die Klägerin zur Vornahme einer Anpassung der Miete dann berechtigt ist, wenn zu dem in der Klausel festgelegten Prüfungszeitpunkt die vereinbarte Miete nicht mehr ortsüblich oder sonst angemessen ist. Das Leistungsbestimmungsrecht der Klägerin ist damit an Voraussetzungen gebunden, die für einen Vertragspartner der Klägerin verständlich und nachprüfbar sind. Zur Auslegung des Begriffes der ortsüblichen Miete kann auf die Vorschrift des § 546a Abs. 1 BGB zurückgegriffen werden, der für die Höhe der von einem Mieter zu leistenden Entschädigung bei einer verspäteten Rückgabe der Mietsache ebenfalls auf die Miete abstellt, die für die Vermietung vergleichbarer Sachen ortsüblich ist. Auch der Begriff der angemessenen Miete ist hinreichend bestimmt i.S.d. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Angemessen ist der orts- und marktübliche Mietzins, worunter derjenige verstanden werden kann, der für vergleichbare Objekte bei einem Neuabschluss üblicherweise gefordert und gezahlt wird (BGH vom 2.10.1991 - XII ZR 88/90, NJW-RR 1992, 517 [518]; vgl. auch BGH vom 3.7.2002 - XII ZR 39/00, NJW 2002, 3016 [3018]; BGH, Urt. v. 4.6.1975 - VIII ZR 243/72, NJW 1975, 1557 [1558]).
Rz. 24
bb) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts wird die Klausel auch nicht dadurch intransparent, dass das Recht der Klägerin zu einer Anpassung der Miete davon abhängig gemacht wird, dass das gezahlte Nutzungsentgelt "noch ortsüblich oder sonst angemessen" ist.
Rz. 25
Die gewählte Formulierung in § 5 Abs. 4 Satz 1 des Nutzungsvertrages bringt in verständlicher Art und Weise zum Ausdruck, dass die Klägerin nicht nur bei einer Veränderung der ortsüblichen Miete, sondern auch dann zu einer Mietpreisanpassung berechtigt ist, wenn zum Prüfungszeitpunkt die gezahlte Miete keinen ausreichenden Gegenwert mehr für die Nutzung des Mietgegenstands darstellt. Der Begriff des angemessenen Nutzungsentgelts soll dabei erkennbar die Fälle erfassen, bei denen, unabhängig von einer Veränderung der ortsüblichen Miete, das von den Parteien bei Vertragsschluss vorausgesetzte Äquivalenzverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung aufgrund von sonstigen Veränderungen, etwa durch die allgemeine Preisentwicklung, nicht mehr gewahrt ist (vgl. BGHZ 189, 131 = NJW 2011, 2501 Rz. 36). Eine genauere Bezeichnung des Anlasses für eine Mietanpassung erfordert das Transparenzgebot nicht.
Rz. 26
cc) Rechtsfehlerhaft ist auch die Auffassung des Berufungsgerichts, die Mietanpassungsklausel verstoße deshalb gegen das Transparenzgebot, weil sich aus ihr der Maßstab für die neu festzusetzende Miete nicht klar ergebe.
Rz. 27
Nach § 5 Abs. 4 Satz 2 des Nutzungsvertrages kann die Klägerin den zusätzlich oder weniger zu zahlenden Betrag nach billigem Ermessen festsetzen. Durch die ausdrückliche Bezugnahme in dieser Klausel auf § 315 BGB wird der Klägerin nicht nur ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht i.S.d. § 315 Abs. 1 BGB eingeräumt, sondern der Ausübung dieses Rechts verbindlich der Maßstab des § 315 Abs. 1 BGB zugrunde gelegt. Der Klägerin wird durch die Bezugnahme auf § 315 BGB bei der Anpassung der Miete ein Ermessenspielraum eingeräumt, der durch den Begriff der Billigkeit begrenzt wird (vgl. MünchKomm/BGB/Würdinger 6. Aufl., § 315 Rz. 29). Damit ist der Maßstab für eine mögliche Mietpreisänderung i.S.v. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB hinreichend bestimmt. Der Vertragspartner der Klägerin kann erkennen, dass eine von der Klägerin vorgenommene Mietpreisänderung nur dann von der Mietanpassungsklausel gedeckt ist, wenn die geänderte Miete einer Überprüfung anhand der zu § 315 BGB entwickelten Grundsätzen standhält. Nach der Rechtsprechung des BGH entspricht eine einseitige Preisbestimmung in der Regel dann der Billigkeit i.S.v. § 315 Abs. 1 BGB, wenn das verlangte Entgelt im Rahmen des Marktüblichen liegt und dem entspricht, was regelmäßig als Preis für eine vergleichbare Leistung verlangt wird (vgl. BGH, Urt. v. 2.10.1991 - VIII ZR 240/90, NJW-RR 1992, 183 [184]). Eine weitere Konkretisierung des Umfangs einer möglichen Mietanpassung verlangt das Transparenzgebot nicht.
Rz. 28
b) Die Beklagte wird durch die Mietanpassungsklausel auch nicht aus anderen Gründen i.S.v. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unangemessen benachteiligt.
Rz. 29
aa) Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine Klausel ist unangemessen i.S.v. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, wenn der Verwender die Vertragsgestaltung einseitig für sich in Anspruch nimmt und eigene Interessen missbräuchlich auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein die Interessen seines Partners hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen (BGH, Urt. v. 8.2.2012 - XII ZR 42/10 - GuT 2012, 26 Rz. 20; v. 19.12.2007 - XII ZR 61/05, NJW-RR 2008, 818 Rz. 17 m.w.N.). Bei der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind die Art des konkreten Vertrags, die typischen Interessen der Vertragschließenden und die die jeweilige Klausel begleitenden Regelungen zu berücksichtigen (vgl. BGH, Urt. v. 24.3.2010 - VIII ZR 304/08, NJW 2010, 2793 Rz. 33 m.w.N.).
Rz. 30
bb) Mietanpassungsklauseln können grundsätzlich im Wege allgemeiner Geschäftsbedingungen vereinbart werden. Dies folgt bereits aus § 309 Nr. 1 BGB, der für Preisanpassungsklauseln ein uneingeschränktes Klauselverbot nur für Bestimmungen über kurzfristige Preiserhöhungen in Verträgen über Warenlieferungen oder Dienstleistungen vorsieht und Dauerschuldverhältnisse ausdrücklich vom Anwendungsbereich dieser Vorschrift ausnimmt (vgl. BGH, Urt. v. 24.3.2010 - VIII ZR 304/08, NJW 2010, 2793 Rz. 25 f. m.w.N.). Sie unterliegen auch dann der weiteren Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, wenn sie dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB genügen.
Rz. 31
cc) Nach der Rechtsprechung des BGH stellen Preisänderungsklauseln bei langfristigen Vertragsverhältnissen, insb. solchen, die auf Leistungsaustausch gerichtet sind, ein geeignetes und anerkanntes Instrument zur Bewahrung des Gleichgewichts von Preis und Leistung dar. Denn sie dienen dazu, einerseits dem Verwender das Risiko langfristiger Kalkulation abzunehmen und ihm seine Gewinnspanne trotz nachträglicher ihn belastender Kostensteigerungen zu sichern, und andererseits den Vertragspartner davor zu bewahren, dass der Verwender mögliche künftige Kostenerhöhungen vorsorglich schon bei Vertragsschluss durch Risikozuschläge aufzufangen versucht (BGH, Urt. v. 24.3.2010 - VIII ZR 304/08, NJW 2010, 2793 Rz. 34; BGHZ 172, 315 = NJW 2007, 2540 Rz. 22; BGHZ 176, 244 = NJW 2008, 2172 Rz. 14 und BGHZ 180, 257 = NJW 2009, 2051 Rz. 23 jeweils m.w.N.).
Rz. 32
Dabei ist das Interesse des Vertragspartners des Verwenders einer Preisänderungsklausel daran zu berücksichtigen, vor Preisanpassungen geschützt zu werden, die über die Wahrung des ursprünglich festgelegten Äquivalenzverhältnisses hinausgehen (vgl. BGHZ 94, 335 = NJW 1985, 2270; BGHZ 158, 149 = NJW 2004, 1588,1590 jeweils m.w.N.). Der Verwender von in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen Preisanpassungsklauseln hat dagegen - insb. bei auf Dauer angelegten Geschäftsverbindungen - das ebenfalls anerkennenswerte Bedürfnis, seine Preise den aktuellen Kosten- oder Preisentwicklungen anzupassen (vgl. etwa BGH, Urt. v. 12.7.1989 - VIII ZR 297/88, NJW 1990, 115 [116]). Andernfalls müssten die zukünftige allgemeine Preisentwicklung oder mögliche Veränderung des Mietmarktes bereits bei der Kalkulation der bei Mietbeginn festgesetzten Miete berücksichtigt werden, was in der Regel zu einer höheren Miete führen würde.
Rz. 33
Eine Preisanpassungsklausel hält allerdings dann einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht stand, wenn sie dem Vermieter die Möglichkeit bietet, seinen Gewinn einseitig zu Lasten des Mieters zu vergrößern (vgl. BGHZ 185, 96 = NJW 2010, 2789 Rz. 35 zu einer Preisanpassungsklausel in einem Erdgaslieferungsvertrag).
Rz. 34
dd) Danach hält die Mietanpassungsklausel in § 5 Abs. 4 des Nutzungsvertrages einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB stand.
Rz. 35
Das in § 5 Abs. 4 des Nutzungsvertrages enthaltene Recht zur Mietanpassung ermöglicht der Klägerin nicht, während der Laufzeit des Vertrages einseitig das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung, das die Parteien bei Abschluss des Mietvertrages zugrunde gelegt haben, zu ihren Gunsten zu verändern und dadurch ihren Gewinn nachträglich zu maximieren. Die Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts ist abhängig von einer Änderung der konkret festgelegten Bezugsgrößen des ortsüblichen oder angemessenen Nutzungsentgelts und im Umfang dadurch begrenzt, dass die Mietanpassung nach billigem Ermessen i.S.v. § 315 Abs. 1 BGB erfolgen muss. Durch die Klausel wird sichergestellt, dass die Beklagte als Mieterin nur mit einer Veränderung der Miete rechnen muss, die der allgemeinen Preisentwicklung bei den Bezugsgrößen entspricht. Zudem sieht die Klausel auch die Möglichkeit einer Herabsetzung der Miete vor und berücksichtigt damit nicht nur einseitig die Interessen der Klägerin an einer Mietpreiserhöhung, sondern auch die Interessen des Mieters an einer Herabsetzung der Miete, wenn es aufgrund der allgemeinen Marktentwicklung oder infolge sonstiger Umstände zu einem Absinken der Mietpreise gekommen ist.
Rz. 36
c) Soweit das Berufungsgericht die Auffassung vertritt, die Klausel benachteilige den Vertragspartner deshalb, weil in ihr nicht geregelt sei, ob die Klägerin bei Vorliegen der im Vertrag genannten Voraussetzungen zur Anpassung der Miete verpflichtet sei, verkennt das Berufungsgericht die Rechtsfolgen, die sich aus der Bezugnahme in § 5 Abs. 4 Satz 2 des Nutzungsvertrages auf § 315 BGB ergeben.
Rz. 37
Ist dem Gläubiger ein Leistungsbestimmungsrecht nach § 315 Abs. 1 BGB eingeräumt, so ist er auch verpflichtet, die Bestimmung zu treffen, sofern der Schuldner ein Interesse an der Vertragsanpassung hat (Palandt/Grüneberg BGB, 71. Aufl., § 315 Rz. 12). Übt er das Leistungsbestimmungsrecht nicht oder verzögert aus, d.h. nicht innerhalb einer objektiv angemessenen Zeit (vgl. hierzu MünchKomm/BGB/Würdinger 6. Aufl., § 315 BGB Rz. 46), kann der Schuldner den Bestimmungsberechtigten zwar nicht auf Abgabe einer Bestimmungserklärung gerichtlich in Anspruch nehmen. § 315 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 BGB gibt ihm jedoch die Möglichkeit, eine Klage auf Leistungsbestimmung durch das Gericht zu erheben. Dadurch sind die Interessen eines Vertragspartners der Klägerin ausreichend gewahrt. Sieht er zum Zeitpunkt der Überprüfung die Voraussetzungen für eine Mietanpassung als erfüllt an und nimmt die Klägerin eine Leistungsbestimmung nicht vor, kann er nach Ablauf einer angemessenen Zeitspanne von der Rechtsschutzmöglichkeit des § 315 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 BGB Gebrauch machen und ggf. selbst eine Anpassung der Miete erreichen. Ein Verzug der Klägerin mit der Ausübung ihres Leistungsbestimmungsrechts ist hierfür nicht erforderlich (MünchKomm/BGB/Würdinger 6. Aufl., § 315 BGB Rz. 46).
Rz. 38
d) Eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners der Klägerin ergibt sich auch nicht daraus, dass die Klägerin durch ihre faktische Monopolstellung die zur Begründung eines Mieterhöhungsverlangens herangezogene Vergleichsmiete mittelbar selbst bestimmen kann. Zwar ist dem Berufungsgericht zuzugeben, dass für Bundeswasserstraßen allein die Klägerin das Nutzungsentgelt festsetzt und sie damit maßgeblichen Einfluss auf die Höhe des Nutzungsentgelts für vergleichbare Mietobjekte an Bundeswasserstraßen ausübt. Eine Erhöhung der Miete für die Neuvermietung vergleichbarer Mietobjekte führt nach der Regelung des § 5 Abs. 4 des Nutzungsvertrags jedoch nicht zwingend auch zu einer Mieterhöhung bei einem bestehenden Mietvertrag. Hält der Mieter die Mietanpassung für unangemessen, kann er sich auf die Unbilligkeit der Leistungsbestimmung berufen und im Rahmen einer von der Klägerin erhobenen Zahlungsklage die Einrede erheben, die Bestimmung sei unbillig und damit gem. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB für ihn unverbindlich (MünchKomm/BGB/Würdinger 6. Aufl., § 315 BGB Rz. 39). Das mit der Sache befasste Gericht hat dann gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts gegeben sind und die Mietpreisanpassung der Billigkeit entspricht. Dadurch wird der Mieter ausreichend vor einem Missbrauch des Leistungsbestimmungsrechts geschützt.
Rz. 39
e) Schließlich wird der Beklagte durch die Klausel auch nicht dadurch unangemessen benachteiligt, dass ihm für den Fall der wirksamen Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts keine Kündigungsmöglichkeit eingeräumt wird. Eine Preisanpassungsklausel muss nicht zwingend die Möglichkeit einer vorzeitigen Kündigung des Vertragsverhältnisses vorsehen. Die Einräumung eines Kündigungsrechts kann bei einer Klausel, die für sich betrachtet eine unangemessene Benachteiligung bewirken könnte, einen Ausgleich darstellen, damit die Klausel der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB standhält (vgl. BGH, Urt. v. 15.11.2007 - III ZR 247/06, NJW 2008, 360 Rz. 13). Wird der Vertragspartner des Verwenders durch eine Preisanpassungsklausel jedoch nicht unangemessen benachteiligt, wird die Klausel nicht deshalb unwirksam, weil sie für den Fall der Ausübung des Preisanpassungsrechts keine Kündigungsmöglichkeit für den anderen Vertragsteil vorsieht.
Rz. 40
3. Nach alldem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben. Auf die Revision ist es aufzuheben. Der Senat kann in der Sache nicht abschließend entscheiden, weil weitere Feststellungen dazu zu treffen sind, ob die von der Klägerin festgesetzte Miete der Billigkeit entspricht. Das Verfahren ist daher an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 3017320 |
BB 2012, 1549 |