Leitsatz (amtlich)
Beruft sich der Leistungsempfänger gegenüber dem Bereicherungsanspruch auf ein nicht notariell beurkundetes Schenkungsversprechen als Rechtsgrund, so beschränkt sich die ihn treffende Beweislast auf den Nachweis, dass die Leistung mit Wissen und Wollen des Leistenden bewirkt und der Formmangel damit geheilt worden ist. Das Fehlen eines Schenkungsversprechens muss demgegenüber der Leistende beweisen (Fortführung von BGH, Urt. v. 14.11.2006 - X ZR 34/05, BGHZ 169, 377).
Normenkette
BGB §§ 812, 518
Verfahrensgang
OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 01.11.2011; Aktenzeichen 3 U 173/10) |
LG Hanau (Entscheidung vom 14.06.2010; Aktenzeichen 9 O 270/10) |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das am 1.11.2011 verkündete Urteil des 3. Zivilsenats des OLG Frankfurt im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Die Klägerin begehrt, soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse, von der Beklagten, ihrer Tochter, die Rückzahlung eines Betrags von 36.450 EUR nebst Zinsen. Die Hauptsumme hat die Klägerin der Beklagten mit mehreren teils durch Überweisung, teils in bar geleisteten Teilzahlungen überlassen. Das LG hat insoweit antragsgemäß erkannt, die Berufung der Beklagten hat nur zu einer Teilabweisung des Zinsanspruchs geführt.
Rz. 2
Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte den Antrag auf vollständige Klageabweisung weiter.
Entscheidungsgründe
Rz. 3
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klägerin könne ihre Zahlungen zwar nicht aufgrund einer Darlehensabrede, jedoch wegen ungerechtfertigter Bereicherung der Beklagten zurückverlangen.
Rz. 4
Für einen Darlehensrückzahlungsanspruch der Klägerin fehle es an hinreichenden Darlegungen zu einer ausdrücklichen Darlehensabrede, insb. zum Zeitpunkt einer solchen Vereinbarung und den daran beteiligten Personen. Die Beklagte habe jedoch den ihr obliegenden Nachweis, die von der Klägerin erhaltenen Zuwendungen endgültig behalten zu dürfen, nicht führen können.
Rz. 5
Der von der Beklagten behauptete Zweck, ihr mit den Zahlungen eine neue Ehe zu ermöglichen, führe nicht zu der Annahme, es habe keine Rückzahlungsverpflichtung bestanden. Dieser Zweck habe ebenso gut durch eine vorübergehende Zurverfügungstellung finanzieller Mittel erreicht werden können, auch wenn keine Darlehensabsprache festgestellt werden könne.
Rz. 6
Die Darlegungs- und Beweislast der Beklagten für das Behaltendürfen der Zuwendungen ergebe sich im Streitfall aus den näheren Umständen des unstreitigen Sachverhalts. Aufgrund der finanziellen Verhältnisse der Klägerin habe diese die geleisteten Zahlungen nicht vollständig zur freien Verfügung gehabt, vielmehr habe sie hierfür einen Kredit i.H.v. 15.000 EUR aufnehmen müssen. Die Beklagte habe deshalb nicht davon ausgehen können, die Zahlungen vereinnahmen zu dürfen, ohne zu einer Rückzahlung verpflichtet zu sein.
Rz. 7
Das Beweisergebnis zu der Frage, ob und inwieweit die Beklagte die Zuwendungen der Klägerin habe behalten dürfen, sei nach persönlicher Anhörung beider Parteien und der Vernehmung des Ehemanns der Beklagten unklar geblieben. Während die Klägerin angegeben habe, die Beklagte habe versichert, die wegen eines finanziellen Engpasses infolge der Scheidung des Ehemanns der Beklagten von seiner früheren Ehefrau zur Verfügung gestellten Beträge mit Zins und Zinseszins zurückzuzahlen, habe die Beklagte zwar geltend gemacht, die Klägerin habe ihre neue Ehe unterstützen wollen, eine ausdrückliche Schenkungsabrede aber "selbst so nicht behauptet"; die Aussage ihres Ehemanns sei unergiebig.
Rz. 8
II. Die Begründung, mit der das Berufungsgericht einen Bereicherungsanspruch der Klägerin bejaht hat, hält in einem entscheidenden Punkt der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Rz. 9
1. Ohne Erfolg rügt die Revision, dass sich ein Anspruch der Klägerin aus ungerechtfertigter Bereicherung nicht gegen die Beklagte als Anspruchsschuldnerin richte. Aus den Feststellungen des Berufungsgerichts ergibt sich nichts dafür, dass die Klägerin mit ihren Zahlungen nicht an die Beklagte geleistet hat. Insbesondere folgt dies nicht daraus, dass die der Beklagten zur Verfügung gestellten Beträge nach ihrem Vortrag dazu dienen sollten, Zahlungspflichten ihres künftigen Ehemanns aus einem noch zu schließenden Scheidungsvergleich erfüllen zu können. Daraus lässt sich nicht ableiten, dass die Klägerin nicht gleichwohl eine Leistung gegenüber ihrer Tochter, der Beklagten, erbringen und deren Interesse an einem erfolgreichen Ende des Scheidungsverfahrens ihres Lebenspartners und der daraus folgenden Möglichkeit, diesen heiraten zu können, unterstützen wollte. Konkrete Umstände, aufgrund deren angenommen werden könnte, die Beklagte habe nur als Zahlstelle oder Zahlungsvermittler für eine Leistung an ihren Lebenspartner fungieren sollen, sind vom Berufungsgericht weder festgestellt noch werden sie von der Revision als vorgetragen aufgezeigt.
Rz. 10
2. Das Berufungsgericht hat jedoch rechtsfehlerhaft der Beklagten die Beweislast für eine sich aus ihrem Vorbringen ergebende Handschenkung zugewiesen.
Rz. 11
a) Die Darlegungs- und Beweislast für die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung trägt grundsätzlich der Anspruchsteller. Er hat das Risiko des Unterliegens im Prozess zu tragen, wenn sich die sein Begehren tragenden Tatsachen nicht feststellen lassen. Dies gilt auch, soweit zur Anspruchsbegründung eine negative Tatsache wie das Fehlen eines Rechtsgrundes gem. § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB oder das Ausbleiben eines mit einer Leistung bezweckten Erfolgs gem. § 812 Abs. 1 Satz 2 BGB gehört (vgl. statt vieler BGH, Urt. v. 14.11.2006 - X ZR 34/05, BGHZ 169, 377 Rz. 9; v. 18.2.2009 - XII ZR 163/07, NJW-RR 2009, 1142 Rz. 19 jeweils m.w.N.). Entgegen den Ausführungen im angegriffenen Urteil ändert sich diese Beweislast, die regelmäßig wie im Streitfall zum materiellen Recht zählt (vgl. BGH, Urt. v. 14.3.1988 - II ZR 302/87, NJW-RR 1988, 831 unter 1.; v. 11.7.2007 - VIII ZR 110/06, NJW 2007, 2619 Rz. 14 jeweils m.w.N.), nicht aufgrund von Plausibilitätserwägungen, wie sie das Berufungsgericht aus dem unstreitigen Teil des vorgetragenen Sachverhalts ableitet; solche Erwägungen sind lediglich im Rahmen einer Beweiswürdigung von Bedeutung.
Rz. 12
b) Der Beweis des Rechtsgrundes der geleisteten Zahlungen obliegt der Beklagten im Streitfall auch nicht deshalb, weil sie eine Schenkung behauptet.
Rz. 13
(1) Nach dem Berufungsurteil hat die Beklagte geltend gemacht, bei den Zahlungen der Klägerin habe es sich um eine "unbenannte Zuwendung ohne Rückzahlungsverpflichtung" gehandelt. Da eine familienrechtliche Grundlage für eine unentgeltliche Zuwendung nicht in Betracht kommt, hat sie damit einen Schenkungsvertrag behauptet. Von einer Schenkung spricht in anderem Zusammenhang auch das Berufungsgericht; seine Ausführungen, die Beklagte habe eine "ausdrückliche Absprache" mit der Klägerin, nach der sie die Zuwendungen unbedingt endgültig vereinnahmen dürfe, selbst "so nicht behauptet", besagen nichts Gegenteiliges.
Rz. 14
(2) Soweit der Leistungsempfänger sich gegenüber einem Bereicherungsanspruch mit einem nicht notariell beurkundeten Schenkungsversprechen als Rechtsgrund verteidigt, trifft ihn allerdings die Beweislast, dass die zu seinen Gunsten erfolgte Vermögensmehrung auf einer den Formmangel heilenden Leistungserbringung gem. § 518 Abs. 2 BGB beruht, die Leistung also mit einem konkreten Willen des Leistenden an ihn erbracht wurde. Diese zu Lasten des Leistungsempfängers abweichende Beweislastverteilung beruht auf dem Zweck der gem. § 518 Abs. 1 BGB für einen Schenkungsvertrag erforderlichen notariellen Beurkundung, u.a. eine sichere Beweisgrundlage für solche ohne Gegenleistung vereinbarten Vertragsbeziehungen sicherzustellen (vgl. BGH, Urt. v. 14.11.2006, a.a.O., Rz. 13). Im Falle eines Streits über dieses Sachverhaltselement hat der Leistungsempfänger nachzuweisen, dass die Vermögensverschiebung mit Wissen und Wollen des Leistenden bewirkt worden ist (vgl. BGH, Urt. v. 14.11.2006, a.a.O., Rz. 15).
Rz. 15
Dieser Nachweis kann zwar ggf. nur durch den Beweis eines Schenkungsvertrags erbracht werden. Die den Leistungsempfänger treffende Beweislast beschränkt sich indessen auf den Willen des Leistenden zur Leistungsbewirkung. Der Tatbestand der Leistungsbewirkung heilt den Formmangel für einen Schenkungsvertrag und genügt damit dem Zweck des § 518 Abs. 1 und 2 BGB, eine sichere Beweisgrundlage und Rechtsfrieden zu schaffen. Dieser Zweck würde nicht erreicht, wenn der Leistungsempfänger zur Verteidigung gegen einen bereicherungsrechtlichen Herausgabeanspruch auch beweisen müsste, dass die mit Willen des Leistenden bewirkte Leistung tatsächlich auf einem Schenkungsvertrag mit entsprechendem Schenkungswillen beruht. Eine so weitgehende Beweislast hätte zur Folge, dass der Beschenkte sich über die Beweisbarkeit der Leistungsbewirkung hinaus um weitere Beweismittel für den Schenkungswillen sorgen müsste. Damit würde allein die Leistungsbewirkung noch nicht den Rechtsfrieden schaffen, wie er von § 518 Abs. 2 BGB bezweckt ist, und die Möglichkeit der formfreien Handschenkung ausgehöhlt.
Rz. 16
Kann der Leistungsempfänger den Nachweis für eine mit Wissen und Wollen des Leistenden erfolgte Leistungsbewirkung erbringen oder steht eine solche Leistungsbewirkung wie im Streitfall außer Streit, obliegt es dem Anspruchsteller, die weiteren Voraussetzungen einer ungerechtfertigten Bereicherung nachzuweisen.
Rz. 17
(3) Die sekundäre Darlegungslast des Leistungsempfängers bleibt hiervon unberührt. Wer geltend macht, ohne Rechtsgrund geleistet zu haben, muss nur denjenigen Rechtsgrund ausräumen, der sich aus dem Vortrag des Leistungsempfängers ergibt (vgl. BGH, Urt. v. 18.2.2009, a.a.O., Rz. 20 f.; v. 22.2.2011 - XI ZR 261/09, NJW 2011, 2130 Rz. 20 jeweils m.w.N.). Dem Berufungsurteil ist jedoch nicht zu entnehmen, dass die Beklagte ihrer sekundären Darlegungslast zu einem Rechtsgrund für die geleisteten Zahlungen nicht genügt hat.
Rz. 18
III. Das Berufungsurteil ist hiernach aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Rz. 19
Sollte das Berufungsgericht einen Schenkungsvertrag feststellen oder jedenfalls nicht ausschließen können, wird es sich auch - ggf. nach erneuter Anhörung der Parteien - mit der Frage zu befassen haben, ob sich im Rahmen der Beweiswürdigung aus dem von der Beklagten nach dem Berufungsurteil eingeräumten Zusammenhang mit einer geplanten Rückabwicklung der Übertragung eines Hausgrundstücks der Klägerin auf ihre vier Töchter und der erklärten Bereitschaft der Beklagten, die Zahlungen der Klägerin auf eine Forderung der Beklagten gegen ihre Schwester Barbara anzurechnen, weitergehende vertragliche Absprachen (vgl. dazu BGH, Urt. v. 17.6.1992 - XII ZR 253/90, NJW 1992, 2690 unter 2) oder eine Zweckschenkung (vgl. dazu BGH, Urt. v. 9.7.2008 - XII ZR 179/05, BGHZ 177, 193 Rz. 34 f.) ableiten lassen.
Rz. 20
Gegebenenfalls wird das Berufungsgericht ferner den von der Beklagten erhobenen Entreicherungseinwand zu prüfen haben.
Fundstellen
Haufe-Index 6930804 |
BB 2014, 1473 |
NJW 2014, 2275 |
NJW 2014, 8 |
EBE/BGH 2014 |
WM 2014, 2128 |
ZEV 2014, 555 |
JZ 2014, 419 |
MDR 2014, 821 |
NJ 2014, 3 |
PAK 2014, 151 |