Verfahrensgang
OLG Hamburg (Urteil vom 24.06.1999) |
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 3. Zivilsenat, vom 24. Juni 1999 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin, ein in Deutschland ansässiges Pharmaunternehmen, vertreibt in Deutschland die Arzneimittel (Betarezeptorenblocker) „Beloc” in Packungen zu je 30, 50 und 100 Tabletten und „Beloc mite” in Packungen zu 50 und 100 Tabletten. Die Muttergesellschaft der Klägerin ist Inhaberin der Marke „Beloc”. Sie hat die Marke der Klägerin lizenziert und diese ermächtigt, Rechte aus der Marke geltend zu machen.
In Österreich werden dieselben Arzneimittel von der mit der Klägerin konzernmäßig verbundenen A. Ges.mbH (A. -Linz) vertrieben, und zwar als „Beloc 50 mg-Tabletten” (dem entspricht in Deutschland „Beloc mite”) und „Beloc 100 mg-Tabletten” (dem entspricht in Deutschland „Beloc”) jeweils in Packungen zu 20 und 50 Tabletten.
Die Beklagte bringt als Parallelimporteurin die aus Österreich stammenden Arzneimittel in Deutschland in von ihr neu hergestellten Verpackungen – sogenannten Europackungen – unter den Bezeichnungen „Beloc” bzw. „Beloc mite” zu je 100 Tabletten in den Verkehr. Der Inhalt dieser „Europackungen” stammt aus jeweils zwei österreichischen Originalpackungen zu je 50 Tabletten.
Die Beklagte beabsichtigt, beim Parallelimport von „Beloc” und „Beloc mite” zu je 50 Tabletten künftig ebenfalls solche „Europackungen” zu verwenden, d.h. die österreichischen Arzneimittel in neu erstellte äußere Verpackungen umzupacken, die von ihr mit der Marke „Beloc” versehen worden sind. Bisher hat die Beklagte die österreichischen Originalpackungen mit entsprechenden Aufklebern versehen.
Die Beklagte beabsichtigt außerdem, beim Parallelimport von „Beloc mite” zu je 30 Tabletten künftig ebenfalls solche „Europackungen” zu verwenden. Bisher hat sie österreichische Originalpackungen zu 20 Tabletten um einen weiteren Blisterstreifen zu 10 Tabletten ergänzt und diese Originalpackungen mit Aufklebern versehen.
Die Klägerin sieht in dem von der Beklagten vorgenommenen und beabsichtigten Umpacken eine Verletzung der Marke „Beloc”. Bei „Beloc” und „Beloc mite” zu je 50 Tabletten könnten – wie bisher – ohne weiteres die österreichischen Originalpackungen zu 50 Tabletten verwendet werden. Bei „Beloc mite” zu 30 Tabletten könne – wie bisher – eine österreichische Originalpackung zu 20 Tabletten mit einem weiteren Blisterstreifen aufgestockt und mit Aufklebern versehen werden. Bei „Beloc” und „Beloc mite” zu 100 Tabletten sei es – wie bisher – möglich, jeweils zwei österreichische Originalpackungen zu je 50 Tabletten zu bündeln.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen,
aus Österreich importierte Arzneimittel „Beloc” und/oder „Beloc mite” den Originalpackungen zu entnehmen und in der Bundesrepublik Deutschland in neu erstellten, mit der Marke „Beloc” versehenen Verpackungen feilzuhalten und/oder in den Verkehr zu bringen, in die die aus den Originalpackungen entnommenen Blisterstreifen umgepackt worden sind, und zwar
„Beloc mite” in neuen Packungen zu
- 100 Tabletten, zusammengestellt aus dem Inhalt von zwei Originalpackungen à 50 Tabletten,
- 50 Tabletten, zusammengestellt aus dem Inhalt einer Originalpackung à 50 Tabletten,
- 30 Tabletten, zusammengestellt aus dem Inhalt einer Originalpackung à 20 Tabletten unter Hinzufügung eines Blisterstreifens mit 10 Tabletten aus einer anderen Packung,
„Beloc” in neuen Packungen zu
- 100 Tabletten, zusammengestellt aus dem Inhalt von zwei Originalpackungen à 50 Tabletten,
- 50 Tabletten, zusammengestellt aus dem Inhalt einer Originalpackung à 50 Tabletten.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie hat geltend gemacht, bei der bisherigen Methode der Bündelung von österreichischen Originalpackungen bestehe wegen der zahlreichen erforderlichen Aufkleber die Gefahr, daß der Verkehr solche Packungen als unansehnlich nicht akzeptiere. Der EuGH-Rechtsprechung sei nicht zu entnehmen, daß ein Umpacken als nicht erforderlich anzusehen sei, wenn eine Packungsgröße nach bloßem Umkennzeichnen verwendet werden könnte. Soweit es in Österreich Packungsgrößen zu 30 und 100 Tabletten nicht gebe, sei das Umpacken ohnehin erforderlich. Die Klägerin könne nicht verlangen, daß Parallelimporte nur in preiswerten „Sparpackungen” erfolgten, die den Eindruck einer minderen Qualität machten.
Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben (bezüglich „Beloc mite” und „Beloc” zu je 100 und 50 Tabletten) und sie im übrigen abgewiesen.
Dagegen haben beide Parteien Berufung eingelegt. Das Berufungsgericht hat unter Zurückweisung des Rechtsmittels der Beklagten diese auf die Berufung der Klägerin auch weiter antragsgemäß verurteilt.
Mit der Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
I. Das Berufungsgericht hat in den vorgenommenen und beabsichtigten Handlungen der Beklagten eine Markenverletzung gesehen und hierzu ausgeführt:
Das mit dem Klageantrag zu a) (3) angegriffene Verhalten sei unbeschadet einer gemeinschaftsrechtlichen Erschöpfung des Markenrechts oder eines Verstoßes gegen (jetzt) Art. 28, 30 EG eine Markenverletzung im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
Eine Erschöpfung des Markenrechts sei nicht eingetreten, weil sich die Markeninhaberin der Benutzung ihrer Marke aus berechtigten Gründen widersetzen dürfe. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften gehöre zu den notwendigen Voraussetzungen für den Eintritt der Erschöpfung, daß das Umpacken in eine neue äußere Verpackung erforderlich sei, um das Arzneimittel im Einfuhrland vertreiben zu können. Sei es dem Parallelimporteur aber möglich, eine im Einfuhrmitgliedstaat vertriebsfähige Packung zu schaffen, indem er auf der Originalpackung neue Etiketten anbringe, könne sich der Markeninhaber weitergehenden Maßnahmen, wie sie in einer neuen äußeren Verpackung lägen, widersetzen.
Das Umpacken in die neue äußere Verpackung „Beloc mite” zu 30 Tabletten sei nicht erforderlich, weil die österreichische Originalpackung zu 20 Tabletten durch die Hinzufügung eines weiteren Blisterstreifens mit 10 Tabletten aufgestockt werden könne. Die Originalfaltschachtel sei so dimensioniert, daß sie drei Blisterstreifen aufnehmen könne, ohne unansehnlich zu werden. Das belege die bisher von der Beklagten verwendete Verpackung, die trotz der zahlreichen Aufkleber wegen des äußeren Erscheinungsbildes nicht zu beanstanden sei. Die neu erstellte Verpackung möge in gewisser Hinsicht ansprechender sein. Das wirtschaftliche Interesse der Beklagten, sich mit einer solchen Verpackung als Vertriebsunternehmen besser darstellen zu können, sei nicht vorrangig; sie beträfen nicht den der Beklagten zu gewährleistenden freien Warenverkehr.
Auch die Klageanträge zu a) (2) und zu b) (2) seien wegen einer Markenverletzung i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG begründet. Eine Erschöpfung des Markenrechts sei nicht gegeben, weil sich die Klägerin dem im Umpacken liegenden Eingriff durch die Beklagte aus berechtigten Gründen widersetzen dürfe. Das Umpacken sei nicht erforderlich. Die Beklagte könne – wie bisher – österreichische Originalpackungen zu 50 Tabletten verwenden und mit neuen Etiketten überkleben. Trotz der bisher von der Beklagten verwendeten sechs bzw. sieben Aufkleber wirkten die Packungen ordentlich und akzeptabel.
Die Klageanträge zu a) (1) und b) (1) seien begründet, weil auch in dem mit diesen Anträgen angegriffenen Verhalten der Beklagten eine Markenverletzung liege. Das Umpacken in eine neue äußere Verpackung sei nicht erforderlich. Die Beklagte könne Packungen zu 100 Tabletten erstellen, indem sie zwei österreichische Originalpackungen zu je 50 Tabletten bündele und mit entsprechenden Aufklebern versehe. Bündelpackungen seien so gestaltbar, daß der Beklagten eine Vertriebsmöglichkeit verbleibe; eine eventuell geringere Akzeptanz derartiger Bündelpackungen betreffe nicht den mit dem Parallelimport zu gewährleistenden Marktzutritt als solchen.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg.
Nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist es Dritten untersagt, ohne Zustimmung des Markeninhabers im geschäftlichen Verkehr ein mit einer Marke identisches Zeichen für Waren zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für die die Marke Schutz genießt. Diesen gesetzlichen Tatbestand verwirklicht die Beklagte dadurch, daß sie die importierten Präparate „Beloc 50 mg-Tabletten” und „Beloc 100 mg-Tabletten” nach der Vornahme bestimmter Veränderungen, insbesondere dem Umpacken in neu hergestellte äußere Verpackungskartons, als „Beloc mite” und „Beloc” vertreibt – zu je 100 Tabletten – bzw. zu vertreiben beabsichtigt – zu je 30 und je 50 Tabletten – (§ 14 Abs. 3 Nr. 1 und 2 MarkenG).
Der markenrechtliche Schutz greift allerdings nicht durch, wenn das Markenrecht erschöpft ist (§ 24 Abs. 1 MarkenG). Das hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei verneint.
1. Die Bestimmung des § 24 MarkenG beruht auf der entsprechenden Regelung in Art. 7 MarkenRL. Die hierzu ergangene Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften ist deshalb zur Auslegung des § 24 MarkenG heranzuziehen (BGH, Urt. v. 19.10.2000 – I ZR 89/98, GRUR 2001, 422, 423 = WRP 2001, 549 – ZOCOR; Urt. v. 29.3.2001 – I ZR 263/98, GRUR 2002, 57, 58 = WRP 2001, 1326 – Adalat).
In der Entscheidung „Bristol-Myers Squibb” hat der Gerichtshof dem Re- oder Parallelimporteur von Arzneimitteln unter bestimmten Voraussetzungen zugestanden, die Ware um- oder neu zu verpacken und anschließend in den Verkehr zu bringen (EuGH, Urt. v. 11.7.1996 – verb. Rs. C-427/93, C-429/93 und C-436/93, Slg. 1996, I-3457 = GRUR Int. 1996, 1144 = WRP 1996, 880; vgl. auch EuGH, Urt. v. 12.10.1999 – Rs. C-379/97, Slg. 1999, I-6927, 6964 Tz. 27, 28 = WRP 1999, 1264 – Pharmacia & Upjohn). Danach ist der Eintritt der Erschöpfung des Rechts aus der Marke nur für solche bestimmten Waren (vgl. EuGH, Urt. v. 1.7.1999 – Rs. C-173/98, Slg. 1999, I-4103 Tz. 20 = GRUR Int. 1999, 870 = WRP 1999, 803 – Docksides/Sebago) anzunehmen, die vom Markeninhaber oder mit seiner Zustimmung „unter dieser Marke” in der Gemeinschaft in den Verkehr gebracht worden sind und bei denen fünf Bedingungen, die kumulativ erfüllt sein müssen, gegeben sind: (1) Die Geltendmachung der Rechte aus der Marke dient nicht einer künstlichen Abschottung der Märkte. (2) Der Originalzustand des Arzneimittels, zum Beispiel in einem Blisterstreifen, wird von den Veränderungen, die der Importeur oder sein Lieferant vornimmt, nicht berührt, was auch mittelbar dadurch geschehen kann, daß ein neuer Beipackzettel lückenhaft ist oder unrichtige Angaben enthält. (3) Auf der Verpackung müssen sowohl das die Umverpackung vornehmende Unternehmen als auch der Hersteller genannt sein. (4) Das umgepackte Arzneimittel darf nicht so aufgemacht sein, daß der Ruf der Marke geschädigt wird. (5) Der Importeur muß den Markeninhaber vorab vom Feilhalten des umgepackten Arzneimittels unterrichten und ihm auf Verlangen ein Muster liefern. Diese zuletzt genannte Voraussetzung soll den Markeninhaber in die Lage versetzen nachzuprüfen, ob die vom Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften im übrigen aufgestellten Voraussetzungen einer Erschöpfung vorliegen oder nicht (vgl. BGH GRUR 2001, 422, 423 – ZOCOR; BGH GRUR 2002, 57, 58 – Adalat).
2. Das Berufungsgericht hat eine künstliche Abschottung der Märkte durch die Klägerin und die mit ihr konzernmäßig verbundene A. -Linz rechtsfehlerfrei verneint.
Ob eine künstliche Marktabschottung vorliegt, beurteilt sich, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, nach objektiven Kriterien und nicht danach, ob der Parallelimporteur eine darauf gerichtete Absicht des Markeninhabers nachweist (EuGH Slg. 1996, I-3457 Tz. 57 – Bristol-Myers Squibb; vgl. auch EuGH Slg. 1999, I-6927, 6968 Tz. 39, 41 – Pharmacia & Upjohn). Dabei ist zu untersuchen, ob im Zeitpunkt des Vertriebs bestehende Umstände den Parallelimporteur objektiv dazu zwingen, eine neue äußere Verpackung zu verwenden, um die betreffende Ware im Einfuhrmitgliedstaat in den Verkehr bringen zu können.
a) Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, ein Umpacken in neue Kartons zu jeweils 50 Tabletten sei zum Vertrieb im Inland nicht erforderlich.
Soweit – wovon das Berufungsgericht im Streitfall rechtsfehlerfrei ausgegangen ist – durch das Anbringen von neuen Etiketten vertriebsfähige Verpackungen geschaffen werden können, ist ein Umpacken in neu hergestellte Kartons grundsätzlich nicht notwendig (vgl. EuGH Slg. 1996, I-3457, 3535 Tz. 55 – Bristol-Myers Squibb; Schlußanträge des Generalanwalts Francis G. Jacobs v. 12.7.2001 in den Rechtssachen C-443/99 – Merck, Sharp & Dohme ./. Paranova und C-143/00 – Boehringer Ingelheim ./. Swingward u.a., Tz. 111). Denn rein wirtschaftliche Vorteile, die sich der Parallelimporteur beispielsweise durch eine werbewirksamere und absatzfördernde Gestaltung der Verpackung verspricht, rechtfertigen nämlich nicht die Annahme einer zur Verwendung neuer Kartons nötigenden Zwangslage (vgl. Schlußanträge des Generalanwalts Francis G. Jacobs v. 12.7.2001 in den Rechtssachen C-443/99 – Merck, Sharp & Dohme ./. Paranova und C-143/00 – Boehringer Ingelheim ./. Swingward u.a., Tz. 106 und 115), wie das der Gerichtshof im Fall einer Markenersetzung ausdrücklich ausgeführt hat (EuGH Slg. 1999, I-6927, 6969 Tz. 44 – Pharmacia & Upjohn). Allein in dem Fall, daß die Abneigung der Verbraucher gegen überklebte Packungen derart ausgeprägt und weit verbreitet ist, daß sie sich beispielsweise auch auf die Verschreibungspraktiken der Ärzte oder die Einkaufspraktiken der Apotheken auswirkt und ein tatsächlicher Zugang des Parallelimporteurs zum Markt deshalb nicht gewährleistet ist, kann das Umpacken in neu hergestellte Kartons als objektiv erforderlich angesehen werden (vgl. Schlußanträge des Generalanwalts Francis G. Jacobs v. 12.7.2001 in den Rechtssachen C-443/99 – Merck, Sharp & Dohme ./. Paranova und C-143/00 – Boehringer Ingelheim ./. Swingward u.a., Tz. 110; ebenso jetzt: EuGH, Urt. v. 23.4.2002 – Rs. C-443/99 und C-143/00, WRP 2002, 673 und 666 unter Anknüpfung an die Argumentation des Generalanwalts Jacobs).
Greifbare Anhaltspunkte dafür, daß der tatsächliche Zugang der Beklagten zum inländischen Markt objektiv behindert wäre, wenn sie keine neuen äußeren Verpackungen, sondern nur – wie bisher – die mit neuen Etiketten überklebten Originalkartons zu 50 Tabletten verwenden dürfte, sind weder im Einzelnen vorgetragen noch sonst ersichtlich. Insoweit ist das Berufungsgericht in nicht zu beanstandender tatrichterlicher Würdigung des Sachverhalts davon ausgegangen, daß das Interesse der Beklagten an dem Vertrieb der Arzneimittel in den von ihr neu hergestellten sogenannten Europackungen vor allem in der besseren Darstellungsmöglichkeit einschließlich der Beifügung des eigenen Firmenlogos und besonderer Farb- und Formgestaltungen des neuen Umkartons liege, nicht aber den Marktzugang der Beklagten als solchen betreffe.
b) Ebenso liegt es bei den neu hergestellten Kartons zu 30 und zu 100 Tabletten. Hier kann die Erforderlichkeit zwar nicht schon unter Hinweis darauf verneint werden, daß der Beklagten bereits mit den Packungen zu 50 Tabletten, die es auch in Österreich gibt, ein ausreichender Marktzutritt zum deutschen Markt eröffnet sei. Denn es läge eine unzulässige Abschottung der Märkte vor, wenn der Importeur die Ware nur auf einem beschränkten Marktsegment vertreiben dürfte (vgl. EuGH Slg. 1996, I-3457, 3535 Tz. 54 – Bristol-Myers Squibb; Schlußanträge des Generalanwalts Francis G. Jacobs v. 12.7.2001 in den Rechtssachen C-443/99 – Merck, Sharp & Dohme ./. Paranova und C-143/00 – Boehringer Ingelheim ./. Swingward u.a., Tz. 116).
Entgegen der Ansicht der Revision führt der Umstand, daß es 30er- und 100er-Packungen im Ausfuhrstaat Österreich nicht gibt, aber auch nicht schon dazu, daß die Herstellung neuer äußerer Verpackungen für 30 und für 100 Tabletten jedenfalls als notwendig anzusehen wäre. Dies hängt vielmehr davon ab, ob und inwieweit die importierten Arzneimittel durch weniger einschneidende Maßnahmen in Deutschland verkehrsfähig gemacht werden können.
aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, daß in Deutschland verkehrs- und vertriebsfähige Verpackungseinheiten zu 100 Tabletten ohne weiteres durch ein Bündeln von zwei österreichischen Originalpackungen zu je 50 Stück geschaffen werden könnten. Das Berufungsgericht hat dazu ausgeführt, daß derartige Bündelpackungen in einer Weise gestaltet werden könnten, daß der Beklagten die Vertriebsmöglichkeit verbleibe; eine eventuell geringere Akzeptanz betreffe nicht den freien Marktzutritt als solchen. Dagegen wendet sich die Revision ohne Erfolg.
Das Umpacken in neu hergestellte Kartons kann, wie vorangehend schon im Zusammenhang mit dem Überkleben von Originalverpackungen ausgeführt, nicht schon dann als erforderlich im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften angesehen werden, wenn aufgrund bloßer Vorlieben der Verbraucher neue Verpackungen des Parallelimporteurs häufiger verkauft werden als Bündelpackungen (vgl. Schlußanträge des Generalanwalts Francis G. Jacobs v. 12.7.2001 in den Rechtssachen C-443/99 – Merck, Sharp & Dohme ./. Paranova und C-143/00 – Boehringer Ingelheim ./. Swingward u.a., Tz. 110).
Von einer Behinderung des Marktzugangs aufgrund einer Abneigung der Verbraucher gegen Bündelpackungen kann im Streitfall nicht ausgegangen werden. Auch insoweit ist das Berufungsgericht in nicht zu beanstandender tatrichterlicher Würdigung des Sachverhalts davon ausgegangen, daß das Interesse der Beklagten an dem Vertrieb der Arzneimittel in neu hergestellten Kartons vor allem in der besseren Darstellungsmöglichkeit einschließlich der Beifügung des eigenen Firmenlogos und besonderer Farb- und Formgestaltungen des neuen Umkartons liege, nicht aber den Marktzugang der Beklagten als solchen betreffe.
bb) Das gilt ebenso für die Packungen zu 30 Tabletten, für die das Berufungsgericht unangefochten festgestellt hat, daß sie in vertriebsfähiger Weise durch Hinzufügen eines weiteren Blisterstreifens mit 10 Tabletten zu einer Originalpackung zu 20 Tabletten und durch Aufkleben von neuen Etiketten hergestellt werden könnten. Das Berufungsgericht hat des weiteren unangegriffen festgestellt, daß derartige Verkaufsverpackungen trotz zahlreicher Aufkleber wegen des äußeren Erscheinungsbildes nicht zu beanstanden seien, wie die von der Beklagten bisher verwendeten Verpackungen zeigten. Auch diese Beurteilung kann nicht als rechtsfehlerhaft erachtet werden. Jedenfalls macht die Revision nicht geltend, daß die von ihr bisher verwendeten Packungen den Vertrieb der Präparate in einer Weise behinderten, die die Möglichkeit des Marktzugangs in Frage stellen könnte.
3. Entgegen der Meinung der Revision verstößt das Berufungsurteil auch nicht gegen primäres Gemeinschaftsrecht. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften sind Art. 28 und 30 EG und die Regelung in Art. 7 MarkenRL, auf der § 24 MarkenG beruht, gleich auszulegen, weil sie übereinstimmend dem Zweck dienen, die grundlegenden Belange des Markenschutzes mit denen des freien Warenverkehrs in Einklang zu bringen (vgl. EuGH Slg. 1996, I-3457 Tz. 40 – Bristol-Myers Squibb; Slg. 1999, I-6927, 6965 Tz. 30 – Pharmacia & Upjohn). Liegt demnach eine Markenverletzung vor, die nicht durch die Erschöpfungsregelung des § 24 MarkenG ausgeschlossen wird, ist ein aus § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG hergeleitetes Vertriebsverbot auch nicht in Anwendung von Art. 28, 30 EG für rechtswidrig zu erachten.
III. Demnach war die Revision mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Unterschriften
Erdmann, v. Ungern-Sternberg, Starck, Pokrant, Schaffert
Fundstellen