Leitsatz (amtlich)
Dem (gewöhnlichen) Verwalter nach §§ 20 ff WEG ist ein Anspruch auf Entgelt für die Vermittlung oder den Nachweis einer Gelegenheit zum Abschluß von Mietverträgen über Wohnräume nicht nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WoVermittG versagt; er ist nicht Verwalter von Wohnräumen im Sinne dieser Bestimmung.
Normenkette
WoVermittG § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 2
Verfahrensgang
LG Meiningen (Urteil vom 29.07.2002) |
AG Meiningen |
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Meiningen vom 29. Juli 2002 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsrechtszuges zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin verwaltet in der Wohnungseigentumsanlage B. Straße 9, M., das gemeinschaftliche Eigentum. Die Beklagte versprach der Klägerin ein Honorar für die „Vermittlung eines Vertragsabschlusses oder Nachweis” einer bestimmten Wohnung in der Anlage „Nachweis- und/oder Vermittlungsvereinbarung” vom 30. Januar 2001). Der Mietvertrag kam infolge des Nachweises und der Vermittlung der Klägerin zustande. Mit der Klage fordert sie die Zahlung des vereinbarten Honorars in Höhe von 1.879,48 DM (= 960,96 EUR) nebst Zinsen.
Die Beklagte macht geltend, die Klägerin könne als Verwalter der gemieteten Wohnung gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung vom 4. November 1971 (BGBl. I S. 1745, 1747; künftig WoVermittG) weder eine Nachweis- noch eine Vermittlungsprovision beanspruchen.
Das Amtsgericht hat der Klage bis auf einen Teil der Zinsforderung stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag, die Klage abzuweisen, weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
I.
Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet:
Die Klägerin habe aufgrund der „Nachweis- und/oder Vermittlungsvereinbarung” vom 30. Januar 2001 Anspruch auf den Maklerlohn. Sie habe die von der Beklagten genutzte Vertragsgelegenheit nachgewiesen und den Vertragsschluß vermittelt. Der Provisionsanspruch sei nicht gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WoVermittG ausgeschlossen, da die Beklagte keinen Mietvertrag über Wohnräume abgeschlossen habe, deren Verwalter die Klägerin gewesen sei. Der Verwalter einer Wohnungseigentumsanlage könne nur dann zugleich als Verwalter der einzelnen Eigentumswohnung angesehen werden, wenn er im Auftrag des betreffenden Wohnungseigentümers erhebliche Verwaltungsleistungen für die konkrete Wohnung erbringe oder als dessen Repräsentant auftrete. Bei der Klägerin sei weder das eine noch das andere der Fall gewesen.
II.
Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Prüfung stand.
1. Die Klägerin kann von der Beklagten die Zahlung einer Provision in Höhe von 960,96 EUR fordern. Anspruchsgrundlage ist die als Maklervertrag (§ 652 BGB) zu beurteilende „Nachweis- und/oder Vermittlungsvereinbarung”, die die Parteien am 30. Januar 2001 geschlossen haben. Die Klägerin hat die Provision verdient, weil der von der Beklagten mit dem Wohnungseigentümer B. geschlossene Mietvertrag infolge des von der Klägerin geleisteten Nachweises und ihrer Vermittlung zustande gekommen ist (§ 652 Abs. 1 Satz 1 BGB, § 2 Abs. 1 WoVermittG).
2. Der Provisionsanspruch ist nicht, wie die Revision meint, ausgeschlossen aufgrund des § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WoVermittG. Danach steht dem Wohnungsvermittler (§ 1 WoVermittG) ein Anspruch auf Entgelt für die Vermittlung oder den Nachweis der Gelegenheit zum Abschluß eines Mietvertrages über Wohnräume nicht zu, wenn er deren Verwalter ist. Im Streitfall oblag der Klägerin indes nicht die Verwaltung über die der Beklagten nachgewiesene und vermittelte Wohnung.
a) Nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hatte die Klägerin die Stellung einer „WEG-Verwalterin”. Sie verwaltete das gemeinschaftliche Eigentum. Darüber hinaus trat sie weder als Bevollmächtigte des Wohnungseigentümers auf noch erbrachte sie erhebliche Verwaltungsleistungen für die einzelnen Eigentumswohnungen. Die Verwaltung der im Sondereigentum stehenden Wohnungen, insbesondere deren Vermietung, lag vielmehr – entsprechend der gesetzlichen Aufgabenzuweisung (vgl. §§ 13 Abs. 1, 20 Abs. 1 WEG; Merle in Bärmann/Pick/Merle, WEG 8. Aufl. 2000 § 20 Rn. 2; Weitnauer/Lüke, WEG 8. Aufl. 1995 Rn. 1 vor § 20; Staudinger/Bub, BGB 12. Aufl. 1997 § 20 WEG Rn. 10 f; Palandt/Bassenge, BGB 62. Aufl. 2003 § 20 WEG Rn. 1) – bei dem jeweiligen Wohnungseigentümer.
b) Die Revision geht zwar davon aus, daß der Klägerin als WEG-Verwalter die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums oblag. Sie meint aber, in der Praxis überschnitten sich die Aufgabenbereiche des WEG-Verwalters und des Wohnungsverwalters. Jedenfalls in Teilbereichen verwalte der WEG-Verwalter daher auch die einzelne Wohnung, was für den Provisionsausschluß nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WoVermittG genüge.
Der Auffassung der Revision ist – in Übereinstimmung mit der herrschenden Meinung (OLG Hamburg DB 1976, 577; OLG München MDR 1975, 931; LG Lüneburg ZMR 2002, 280; LG Hamburg NJW-RR 2001, 876; LG Mainz NZM 2000, 310; Baader/Gehle, WoVermittG 1993 § 2 Rn. 73 ff; Staudinger/Reuter, BGB 13. Bearb. 1995 §§ 652, 653 Rn. 143 f; Staudinger/Bub aaO § 26 WEG Rn. 84 ff; MünchKommBGB/Roth 3. Aufl. 1997 § 652 Rn. 117; Palandt/Sprau, BGB 62. Aufl. 2003 § 652 Rn. 59; Merle aaO § 26 Rn. 19; Weitnauer/Hauger aaO § 27 Rn. 2; Schwerdtner, Maklerrecht 4. Aufl. 1999 Rn. 666 f; Dehner, Maklerrecht 2001 Rn. 186 ff; a.A. LG Berlin WuM 2002, 234; LG München I NJW-RR 2001, 875; LG Lüneburg WuM 1997, 182; LG Bautzen WuM 1998, 363; 1999, 472; LG Ravensburg NJW-RR 1998, 1070; Windisch NZM 2000, 478; Tonner, Verbraucherschutz im Recht des Immobilienmaklers 1981 S. 91) – nicht beizutreten.
aa) Die dem Verwalter nach § 20 Abs. 1 WEG zukommende Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums erstreckt sich allein auf das Grundstück sowie auf die Teile, Anlagen und Einrichtungen des Gebäudes, die nicht im Sondereigentum oder im Eigentum eines Dritten stehen (§ 1 Abs. 5 WEG). Die im Sondereigentum stehenden Wohnungen wären allerdings ohne eine ordnungsgemäße Verwaltung der Gegenstände der gemeinschaftlichen Verwaltung nicht nutzbar. Dadurch wird der Verwalter des gemeinschaftlichen Eigentums aber noch nicht zum Verwalter der – seiner Zuständigkeit gerade entzogenen (vgl. § 1 Abs. 2, 5 i.V.m. § 20 Abs. 1 WEG) – einzelnen Wohnungen. Er gewährleistet durch die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums lediglich die Rahmenbedingungen für die selbständige Verwaltung der Eigentumswohnung durch den Wohnungseigentümer.
bb) Zu der einzelnen Eigentumswohnung gehört in der Regel ein Nutzungsrecht an gemeinschaftlichen Einrichtungen, die der Obhut des WEG-Verwalters unterliegen. Auch unter diesem Gesichtspunkt liegt eine Verwaltung an Wohnräumen jedoch nicht vor, wie sie der Provisionsausschluß nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WoVermittG voraussetzt. Zum einen handelt es sich bei den für den Wohnungseigentümer oder seinen Mieter nutzbaren Gemeinschaftseinrichtungen nicht um Wohnräume. Zum anderen werden sie nicht vermietet; der einzelne Wohnungseigentümer räumt dem Mieter allenfalls sein Recht ein, die Einrichtungen gemeinschaftlich mit den anderen Wohnungseigentümern oder deren Mietern zu nutzen.
cc) Dem WEG-Verwalter kommt eine Verwaltungskompetenz bezüglich der einzelnen Eigentumswohnungen ferner nicht zu, wenn an der Wohnung Mängel auftreten.
Für die Instandhaltung der Wohnung ist der jeweilige Wohnungseigentümer verantwortlich (§ 14 WEG). Führen Mängel an der gemeinschaftlichen Verwaltung unterstehenden Bestandteilen der Wohnungseigentumsanlage zu Mängeln der einzelnen Eigentumswohnung, hat der Wohnungseigentümer die Möglichkeit, im Rahmen der gemeinschaftlichen Verwaltung (§ 21 i.V.m. § 27 Abs. 1 Nr. 1 und 2 WEG) auf eine ordnungsgemäße Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums hinzuwirken. Ist die Wohnung vermietet, trifft den Wohnungseigentümer gegenüber dem Mieter die Gewährleistungspflicht. Er, nicht der Verwalter, ist der rechtliche Ansprechpartner des Mieters.
c) Der (gewöhnliche) WEG-Verwalter ist nach Sinn und Zweck des § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WoVermittG nicht als Verwalter über Wohnräume anzusehen.
aa) Das Gesetz zur Regelung der Wohnungsvermittlung bezweckt, allgemein die Wohnungssuchenden vor ungerechtfertigten wirtschaftlichen Belastungen zu schützen, die sich häufig aus mißbräuchlichen Vertragsgestaltungen oder unlauteren Geschäftsmethoden für sie ergeben. Außerdem soll die Markttransparenz auf dem Gebiet der Wohnungsvermittlung verbessert werden. § 2 Abs. 2 WoVermittG soll verhindern, daß Wohnungsvermittler Entgelte fordern, obwohl eine echte Vermittlungstätigkeit nicht vorliegt. Einen solchen Fall hat der Gesetzgeber darin gesehen, daß ein Mietverhältnis über dieselben Wohnräume lediglich fortgesetzt, verlängert oder erneuert wird, ferner dann, wenn Mietverträge über Wohnräume, deren Eigentümer oder Vermieter der Wohnungsvermittler war, abgeschlossen werden (vgl. § 2 Abs. 2 WoVermittG-E BT-Drucks. VI/1549 S. 4; Begründung der Bundesregierung zu dem Gesetzentwurf über Maßnahmen zur Verbesserung des Mietrechts und der Begrenzung des Mietanstiegs BT-Drucks. VI/1549 S. 12; Bericht des Rechtsausschusses zu dem vorgenannten Gesetzentwurf BT-Drucks. VI/2421 S. 5). In seiner Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf hat der Bundesrat gebeten, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob und in welcher Weise Umgehungen des in § 2 Abs. 2 WoVermittG-E bestimmten Provisionsausschlusses durch Einschaltung von Strohmännern (juristische und natürliche Personen) verhindert werden könnten; das gelte auch für Fälle, in denen Makler und Eigentümer in sonstiger enger wirtschaftlicher Verbindung oder in einem engen Verwandtschaftsverhältnis zueinander stünden (BT-Drucks. VI/1549 S. 30). In der vom Rechtsausschuß empfohlenen und Gesetz gewordenen Fassung war schließlich vorgesehen, daß der Honoraranspruch des Vermittlers auch dann ausgeschlossen ist, wenn er selbst Verwalter der Wohnräume ist (Bericht des Rechtsausschusses aaO S. 6 und 18; vgl. auch § 6 der Verordnung zur Regelung der Entgelte der Wohnungsvermittler vom 19. Oktober 1942, RGBl. I S. 625 und § 4 Abs. 1 der Verordnung zur Regelung der Entgelte für Wohnungs- und Zimmervermittlung vom 8. Oktober 1956 GVBl. Berlin S. 1068).
bb) Der Verwalter nach §§ 20 ff WEG steht nicht in einer solchen Nähe zum Wohnungseigentümer, daß der Provisionsausschluß nach der vorbeschriebenen gesetzgeberischen Zielrichtung gerechtfertigt wäre (vgl. Baader/Gehle aaO Rn. 78 f). Der gewöhnliche WEG-Verwalter kann nicht zum „Lager” des Wohnungseigentümers und Vermieters gezählt werden.
Das zeigt die rechtliche Stellung des Verwalters zum Wohnungseigentümer. Über seine Bestellung beschließen die Wohnungseigentümer mit Stimmenmehrheit (§ 26 Abs. 1 Satz 1 WEG); das bedeutet, daß er auch gegen den Willen einzelner Wohnungseigentümer bestellt werden kann. Unter Umständen kann der Verwalter sogar durch das Gericht gegen den Willen aller Wohnungseigentümer bestellt werden (§ 26 Abs. 3 WEG).
Der Verwalter ist gemäß § 20 WEG (notwendiges) Vollzugsorgan der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (BGHZ 106, 222, 226). Er ist nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG berechtigt und verpflichtet, die Beschlüsse, d.h. den kollektiven Willen der Wohnungseigentümer durchzuführen (Merle aaO § 20 Rn. 11), nicht denjenigen des einzelnen Wohnungseigentümers. Es besteht auch durchaus nicht notwendig eine Interessenidentität zwischen den Belangen des gemeinschaftlichen Eigentums, die der Verwalter gemäß den (Mehrheits-) Beschlüssen der Wohnungseigentümer wahrzunehmen hat, und den Belangen des Sondereigentums der einzelnen Wohnungseigentümer.
cc) Der WEG-Verwalter dürfte zwar bei der Vermittlung von Mietverträgen über Wohnungen der Wohnungseigentumsanlage geringeren Arbeits- und sonstigen Aufwand haben als andere Makler. Das allein genügt aber nicht, ihm in (entsprechender) Anwendung des § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WoVermittG den Honoraranspruch zu versagen. Denn der Maklerlohn knüpft, wie das Berufungsgericht zu Recht ausgeführt hat, generell nicht an den Aufwand des Maklers, sondern an den Wert des Nachweises oder der Vermittlung für den Auftraggeber an (vgl. Staudinger/Reuter aaO Rn. 143 und Vorbem. 3; Baader/Gehle aaO Rn. 79).
3. Zwischen dem gewöhnlichen wohnungsvermittelnden WEG-Verwalter und dem Wohnungseigentümer besteht auch keine derartige Verflechtung, wie sie nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für den Makler einen „institutionalisierten Interessenkonflikt” begründet (vgl. BGHZ 112, 240 und Senatsurteil vom 6. Februar 2003 – III ZR 287/02 Umdruck S. 5).
Unterschriften
Rinne, Streck, Schlick, Kapsa, Galke
Fundstellen
Haufe-Index 917222 |
NJW 2003, 1393 |
NWB 2003, 1387 |
BGHR 2003, 521 |
BGHR |
EBE/BGH 2003, 115 |
IBR 2003, 279 |
NZM 2003, 358 |
Nachschlagewerk BGH |
WM 2003, 2057 |
ZAP 2003, 437 |
ZMR 2003, 431 |
ZfIR 2003, 905 |
MDR 2003, 678 |
NJ 2003, 369 |
VersR 2003, 1172 |
WuM 2003, 338 |
ZWE 2003, 256 |
GuT 2003, 94 |
RdW 2003, 543 |
AIM 2003, 101 |
IWR 2003, 84 |
MK 2003, 87 |