Leitsatz (amtlich)
Das Streitpatent kann im Patentnichtigkeitsverfahren nicht in der Weise verteidigt werden, dass in einen übergeordneten Patentanspruch Merkmale aus nachgeordneten Patentansprüchen des erteilten Patents aufgenommen werden, die in ihrer Kombination eine Ausführungsform definieren, die in den Anmeldeunterlagen nicht als mögliche Ausgestaltung der Erfindung offenbart ist.
Normenkette
PatG §§ 64, 81 ff., § 110 ff.
Verfahrensgang
BPatG (Urteil vom 09.06.2005; Aktenzeichen 2 Ni 54/03 (EU)) |
Tenor
Die Berufung gegen das am 9.6.2005 verkündete Urteil des 2. Senats (Nichtigkeitssenats) des BPatG wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
[1] Die Beklagte ist Inhaberin des unter Inanspruchnahme der Priorität einer Voranmeldung in der Bundesrepublik Deutschland vom 3.9.1992 am 27.8.1993 angemeldeten, auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 590 315 (Streitpatents), das einen "Heizer, insb. für Küchengeräte" betrifft und sechsundzwanzig Patentansprüche umfasst. Die allein angegriffenen Patentansprüche 1, 14, 24 und 25 des Streitpatents haben in der Verfahrenssprache Deutsch folgenden Wortlaut:
"1. Heizer (1), insb. für Küchengeräte, der eine Heizebene (21) eines Heizfeldes (20) definiert und in einem Betriebszustand aus mindestens einem Grundkörper (2) und einer Mehrzahl von Bausegmenten (10, 17, 26) zusammengesetzt ist, von denen wenigstens zwei in einem nicht zusammengebauten Montagezustand des Heizers (1) miteinander zu einer Baugruppe verbunden sind, wobei die Bausegmente als erstes Bausegment einen Widerstand (10) und als zweites Bausegment eine Stützeinrichtung (17) mit einem Eingriffselement umfassen, wobei ferner in dem Betriebszustand das erste Bausegment (10) mit der Stützeinrichtung (17) an dem Grundkörper (2) befestigt ist und die Stützeinrichtung (17) seitliche Stützflächen (43, 44) zum flächigen Eingriff in Gegenflächen (19) des Grundkörpers (2) aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass mehrere Eingriffselemente in Form von Befestigungsvorsprünge enthaltenden Halteglieder[n] (28) vorgesehen sind und dass die Stützflächen (43, 44) der Befestigungsvorsprünge durch ein bleibend vorgekrümmtes Versteifungs-Profil (40, 50) gebildet sind.
14. Heizer (1), insb. für Küchengeräte, der eine Heizebene (21) eines Heizfeldes (20) definiert und in einem Betriebszustand aus mindestens einem Grundkörper (2) und einer Mehrzahl von Bausegmenten (10, 17, 26) zusammengesetzt ist, von denen wenigstens zwei in einem nicht zusammengebauten Montagezustand des Heizers (1) miteinander zu einer Baugruppe verbunden sind, wobei die Bausegmente als erstes Bausegment einen Widerstand (10) und als zweites Bausegment eine Stützeinrichtung (17) mit einem Eingriffselement umfassen, wobei ferner in dem Betriebszustand das erste Bausegment (10) mit der Stützeinrichtung (17) an dem Grundkörper (2) befestigt ist und die Stützeinrichtung (17) seitliche Stützflächen (43, 44) zum flächigen Eingriff in Gegenflächen (19) des Grundkörpers (2) aufweist, wobei mehrere Eingriffselemente in Form von Befestigungsvorsprünge enthaltenden Halteglieder[n] (28) vorgesehen sind, wobei der Widerstand (10) als gewelltes Flachband ausgebildet ist, das auf einem isolierenden Tragkörper (4) mittels der im Abstand voneinander angeordneten Halteglieder (28) befestigt und wenigstens teilweise für den Betrieb mit Betriebs-Strahlungstemperaturen im sichtbaren Strahlungsbereich ausgebildet ist, und der Widerstand (10) zahlreiche aneinander anschließende gemeinsam leistungsbeaufschlagte Längsabschnitte (38, 39) unterschiedlicher Betriebs-Strahlungstemperatur aufweist, die unterschiedliche Strahlungs-Helligkeiten haben, wobei die Längsabschnitte geringerer Strahlungstemperatur und -helligkeit im Bereich der Halteglieder (29) liegen.
24. Heizer nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Halteglieder (28) bügelförmig ausgebildet sind.
25. Heizer nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Halteglieder (28) zwei- oder mehrlagig ausgebildet sind, wobei vorzugsweise benachbarte Lagen groß- bzw. ganzflächig, ggf. unter Verdickung des Querschnitts, aneinander anliegen oder einen kleinen Abstand in der Größenordnung der Materialdicke voneinander haben."
[2] Die Klägerin, die beantragt hat, das Streitpatent im Umfang seiner Patentansprüche 1 und 14 sowie der Patentansprüche 24 und 25 in unmittelbarer Rückbeziehung, Patentanspruch 25 auch in mittelbarer Rückbeziehung über Patentanspruch 24, auf die Patentansprüche 1 und 14 für nichtig zu erklären, hat insb. geltend gemacht, dass der Gegenstand des Streitpatents im angegriffenen Umfang ggü. dem Stand der Technik, wie ihn insb. die US-Patentschriften 3 612 828 (D1), 600 057 (D3), 3 991 298 (D4) und 4 161 648 (D6), die deutsche Offenlegungsschrift 25 51 137 (D2) und die Veröffentlichung der europäischen Patentanmeldung 463 334 (D5) bildeten, nicht patentfähig sei. Zudem gingen, wie sie in der mündlichen Verhandlung vor dem PatG geltend gemacht hat, die Patentansprüche 24 und 25 über den Inhalt der beim Europäischen Patentamt ursprünglich eingereichten Patentanmeldung hinaus.
[3] Das PatG hat die Einführung des weiteren Nichtigkeitsgrunds hinsichtlich der Patentansprüche 24 und 25 als sachdienliche Klageänderung zugelassen. Es hat das Streitpatent im angegriffenen Umfang mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt.
[4] Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung. Sie beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen. Sie stellt ferner drei Hilfsanträge. Hierzu hat sie erklärt, dass sie Patentanspruch 1 nur verteidige, wenn Patentanspruch 14 in einer der verteidigten Fassungen Bestand habe.
[5] Mit Hilfsantrag I verteidigt sie - bei unverändertem Patentanspruch 1 - Patentanspruch 14 mit der Maßgabe, dass die Rückbeziehung von Patentanspruch 25 auf Patentanspruch 14 entfallen und sich Patentanspruch 24 auf den so beschränkten Patentanspruch 14 beziehen soll, in einer Fassung, der folgendes Merkmal angefügt ist:
"... und wobei die Halteglieder (28) zwei- oder mehrlagig ausgebildet sind, wobei benachbarte Lagen groß- bzw. ganzflächig aneinander anliegen oder einen kleinen Abstand in der Größenordnung der Materialdicke voneinander haben."
[6] Nach Hilfsantrag II soll Patentanspruch 1 durch folgende zusätzliche Merkmale beschränkt werden:
"- dass die Halteglieder (28) als in den Grundkörper (2) einzusteckende Steckglieder ausgebildet sind, wobei sie im Wesentlichen nur durch Reibungs- bzw. Kraftschluss und nicht formschlüssig sichern,
- wobei die Stützeinrichtung (17) gegen Abhebbewegungen ausschließlich durch den Reibungseingriff mindestens einer der Stützflächen (43, 44) gesichert ist,
- wobei das erste Bausegment (10) beiderseits an mindestens eines der Halteglieder (28) im gleichen Abschnitt von dessen Längserstreckung (34) anschließend bzw. zwischen benachbarten Haltegliedern (28) jeweils eine quer zur Halteglied-Längsrichtung ununterbrochene, abstufungsfrei durchgehende Längs-Kantenfläche (14) aufweist."
[7] Patentanspruch 14 soll danach (unter Wegfall der Rückbeziehungen in den Patentansprüchen 24 und 25 auf diesen Patentanspruch) außer durch das zusätzliche Merkmal nach Hilfsantrag I durch die weiteren Merkmale beschränkt werden:
"- wobei die Halteglieder (28) als in den Tragkörper (2) einzusteckende Steckglieder ausgebildet sind, wobei sie nur durch Reibungs- bzw. Kraftschluss sichern,
- wobei die Halteglieder (28) bügelförmig ausgebildet sind."
[8] Nach Hilfsantrag III soll Patentanspruch 1 vollständig entfallen.
[9] Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen.
[10] Im Auftrag des Senats hat Professor Dr. W. L., H., ein schriftliches Gutachten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat.
Entscheidungsgründe
[11] Die zulässige Berufung bleibt ohne Erfolg. Das PatG hat zutreffend erkannt, dass der Gegenstand des Streitpatents im Umfang seines Patentanspruchs 14 nicht patentfähig ist (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜbkG; Art. 138 Abs. 1 Buchst. a, Art. 52 ff. EPÜ). Die hilfsweise eingeschränkt verteidigten Fassungen des Patentanspruchs 14 kann die Beklagte ebenfalls nicht mit Erfolg verteidigen. Nachdem die Beklagte in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, Patentanspruch 1 nicht mehr isoliert, sondern nur mehr im Zusammenhang mit einem bestehen bleibenden Patentanspruch 14 verteidigen zu wollen, führt der mangelnde Rechtsbestand des Streitpatents im Umfang seines Patentanspruchs 14 dazu, dass aufgrund dieser Erklärung auch Patentanspruch 1 fällt (vgl. BGH, Urt. v. 11.4.2006 - X ZR 175/01, GRUR 2006, 666 - Stretchfolienhaube). Die Patentansprüche 24 und 25 entsprechen in ihrer Rückbeziehung auf Patentanspruch 14 dessen mit dem zweiten Hilfsantrag verteidigten Fassung. In Rückbeziehung auf Patentanspruch 1 sieht der Senat diese Patentansprüche als von der Erklärung der Beklagten erfasst an, Patentanspruch 1 nicht selbständig verteidigen zu wollen. Im Übrigen hat das Streitpatent Bestand, nachdem es nicht in weitergehendem Umfang angegriffen worden ist.
[12] I. 1. Das Streitpatent betrifft eine Heizeinrichtung ("Heizer"), insb. für Küchengeräte. Die Beschreibung des Streitpatents führt aus, derartige Geräte könnten mindestens einen langgestreckten Widerstand (wie einen Heizwiderstand, Vorwiderstand, Leuchtwiderstand oder dgl.) aufweisen. Vorzugsweise bilde ein Strahlungsheizer eine geschlossen vormontierte Baueinheit, die als Ganzes z.B. in einer Herdmulde befestigt werde. Es sei vorteilhaft, eine gegenüber einer Abstützung mit im Wesentlichen nur einer Kantenfläche wesentlich größere Abstützung vorzusehen, deren Stützbereich auch im Abstand von einer äußeren bzw. peripheren Kantenfläche liegen könne. Es könnten aber auch im Abstand aufeinander folgende Stützschenkel vorgesehen sein, die z.B. durch bleibende Biegeverformung aus einem drahtartigen Material hergestellt werden könnten. Insbesondere wenn der Querschnitt des Ausgangsmaterials nicht mehreckig, sondern kreisrund, flachoval oder elliptisch sei, liege der Stützbereich in einem Abstand vom linienförmigen Scheitel der Kantenbegrenzung, der mindestens der minimalen oder maximalen Querschnittsdicke des Ausgangsmaterials entspreche. Der Heizer werde zweckmäßig so angeordnet, dass an einer Heizseite mindestens ein Bauteil von außen sichtbar sei, und sei hier vorteilhaft mit einer transluzenten Abdeckung, z.B. einer Glaskeramikplatte, abgeschirmt. Je geringer die Materialdicke des Ausgangsmaterials sei, umso geringer sei seine Festigkeit. Bekannt sei ein Flachwiderstand mit einem einzigen Stützschenkel, der nur im elastischen Bereich dadurch gekrümmt sei, dass er in wechselnden Richtungen verlegt werde; die Verbindung mit dem Grundkörper erfolge hier durch Eingießen in eine Isolierung. Außerdem hänge das wahrnehmbare Glühbild von zahlreichen Faktoren wie Betriebsleistung, Querschnittsänderungen des Widerstands oder dessen thermischer Kopplung ab.
[13] 2. Durch das Streitpatent soll ein Strahlungsheizkörper zur Verfügung gestellt werden, der bei einfacher Ausbildung insb. sichere Montageverbindungen für schwach dimensionierte Bauteile und eine wirksame Beeinflussung des sichtbaren Glühbilds gewährleistet (vgl. Beschr. Sp. 3 Abs. 10). Eine Lösung für das erstgenannte Problem wird mit Patentanspruch 1 angegeben; hingegen soll mit Patentanspruch 14 das zweite Problem gelöst werden.
[14] 3. Hierzu wird durch Patentanspruch 14 des Streitpatents ein insb. für Küchengeräte (und - was im Patentanspruch nicht zum Ausdruck kommt - speziell für Glaskeramikkochmulden) bestimmter Heizer unter Schutz gestellt (bei den Hilfsanträgen tritt Merkmal 2.3.2.4' hinzu, bei den Hilfsanträgen II und III treten außerdem die Merkmale 2.3.2.5'' und 2.3.2.6'' hinzu), der eine Heizebene eines Heizfelds definiert und "in einem Betriebszustand" zusammengesetzt ist aus
(1) mindestens einem Grundkörper und
(2) einer Mehrzahl von Bausegmenten
(2.1) von denen wenigstens zwei (in einem nicht zusammengebauten Montagezustand des Heizers) miteinander zu einer Baugruppe verbunden sind,
(2.2) darunter als erstes Bausegment ein Widerstand, der
(2.2.1) als gewelltes Flachband ausgebildet ist,
(2.2.2) wenigstens teilweise für den Betrieb mit Betriebsstrahlungstemperaturen im sichtbaren Strahlungsbereich ausgebildet ist und
(2.2.3) zahlreiche aneinander anschließende gemeinsam leistungsbeaufschlagte Längsabschnitte unterschiedlicher Betriebsstrahlungstemperatur aufweist, die unterschiedliche Strahlungshelligkeiten haben, und
(2.2.4) auf einem isolierenden Tragkörper befestigt ist,
(2.3) als zweites Bausegment eine Stützeinrichtung
(2.3.1) mit der das erste Bausegment an dem Grundkörper befestigt ist,
(2.3.2) mit mehreren Eingriffselementen in Form von Haltegliedern mit Befestigungsvorsprüngen,
(2.3.2.1) die seitliche Stützflächen zum flächigen Eingriff in Gegenflächen des Grundkörpers aufweisen,
(2.3.2.2) die im Abstand voneinander angeordnet sind,
(2.3.2.3) in deren Bereich die Längsabschnitte geringerer Strahlungstemperatur und -helligkeit liegen,
(2.3.2.4') die zwei- oder mehrlagig ausgebildet sind, wobei benachbarte Lagen groß- bzw. ganzflächig aneinander anliegen oder einen kleinen Abstand in der Größenordnung der Materialdicke voneinander haben,
(2.3.2.5'') die bügelförmig ausgebildet sind und
(2.3.2.6'') die als in den Tragkörper einzusteckende Steckglieder ausgebildet sind, die nur durch Reibungs- bzw. Kraftschluss sichern.
[15] Dabei können die Begriffe "zweites Bausegment", "Stützeinrichtung", "Halteglied", "Eingriffselement" und "Befestigungsvorsprung", wie das PatG zutreffend ausgeführt hat, ein und dasselbe Bauteil bezeichnen.
[16] Ein Ausführungsbeispiel zeigt Figur 6 des Streitpatents:
[17] Die Beschreibung des Streitpatents gibt hierzu an, dass bei im Wesentlichen gleicher elektrischer Leistungszufuhr die Längsabschnitte zwischen den Vorsprüngen 28 heller leuchten, da zumindest der Wurzel- bzw. Fußabschnitt auf einer geringen Höhe in den vom Strom durchflossenen Leitungsquerschnitt einbezogen und dadurch hier der elektrische Widerstandswert entsprechend verringert ist. Die Längsabschnitte beginnen zunächst etwa in der Mitte zwischen den benachbarten Längsabschnitten zu glühen (Beschr. Abs. 53). Aus der Funktion, ein sichtbares Glühbild zu erzeugen, ergibt sich, dass unterschiedliche Strahlungshelligkeiten im Sinn des Merkmals 2.2.3 eine für das menschliche Auge erkennbare Helligkeitsdifferenz zwischen den Längsabschnitten unterschiedlicher Betriebsstrahlungstemperatur erfordern.
[18] II. 1. Das PatG hat Patentanspruch 14 in der Fassung des erteilten Patents ggü. der US-Patentschrift 4 161 648 (D6) als nicht neu angesehen. Dieser Entgegenhaltung sei eine Heizeinrichtung mit den Merkmalen 1 bis 2.3.2.3 zu entnehmen. Die dort gezeigten Befestigungsvorsprünge seien aus dem gleichen Material wie das Widerstandsband (also elektrisch leitfähig) und erweiterten auch den Leiterquerschnitt am unteren Umkehrpunkt des mäanderförmigen Widerstands. Auch die Wärme werde dort wie beim Streitpatent abgeleitet, so dass sich im Bereich der Halteglieder Längsabschnitte geringerer Strahlungstemperatur und -helligkeit ergäben.
[19] Die Beklagte stellt dies nur hinsichtlich der Merkmale 2.2.3 und 2.3.2.3 in Abrede, wonach der Widerstand zahlreiche aneinander anschließende gemeinsam leistungsbeaufschlagte Längsabschnitte unterschiedlicher Betriebsstrahlungstemperatur aufweist, die unterschiedliche Strahlungshelligkeiten haben, und wonach die Längsabschnitte geringerer Strahlungstemperatur und -helligkeit im Bereich der Halteglieder liegen sollen. Die US-Patentschrift 3 612 828 (D1) führe nicht zu einer sichtbaren Differenz bei der Strahlungshelligkeit hin. Die US-Patentschriften 600 057 (D3) und 3 991 298 (D4) zeigten ebenfalls in diesem Sinn keine Helligkeitsunterschiede. Der Fachmann habe auch keinen Anlass gehabt anzunehmen, dass die Halteglieder der deutschen Offenlegungsschrift 25 51 137 (D2) zu Abschnitten (sichtbar) geringerer Strahlungstemperatur und -helligkeit hätten führen können.
[20] Der Senat tritt dem vom PatG gefundenen Ergebnis mit Ausnahme der Beurteilung der Merkmale 2.2.3 und 2.3.2.3 bei. Der gerichtliche Sachverständige hat überzeugend bestätigt, dass in der Entgegenhaltung (D6) mit Ausnahme dieser Merkmale alle weiteren Merkmale des Patentanspruchs 14 des Streitpatents offenbart sind.
[21] In der US-Patentschrift wird allerdings weder beschrieben noch gezeigt, dass aneinander anschließende und gemeinsam beaufschlagte Längsabschnitte unterschiedlicher Betriebsstrahlungstemperatur - die auch dort vorhanden sind - sichtbar unterschiedliche Strahlungshelligkeiten haben. Die Heizanordnung nach der Entgegenhaltung ermöglicht dies zwar, offenbart aber keine entsprechende Lehre. Da die Helligkeit von der Betriebstemperatur abhängt und eine solche nicht gelehrt wird, fehlt es auch an der Grundlage dafür, dass der Fachmann, ein Diplomingenieur (FH) der Fachrichtung Elektrotechnik mit Berufserfahrung auf dem Gebiet der elektrischen Strahlungsheizkörper und Grundkenntnissen des Maschinenbaus, eine unterscheidbare Strahlungshelligkeit als selbstverständlich mitliest (vgl. dazu BGH, Urt. v. 16.12.2008 - X ZR 89/07, GRUR 2009, 238 - Olanzapin, zur Veröffentlichung in BGHZ 179, 168 vorgesehen). Jedenfalls eröffnete die US-Patentschrift 4 161 648 (D6) aber dem verhältnismäßig hochqualifizierten Sachverständigen die ihm aus seinem Studium geläufige und auf der Hand liegende Möglichkeit, über eine geeignete Temperaturführung auch unterschiedliche Helligkeitswerte der verschiedenen Leiterabschnitte zu erzeugen, auf die er, wollte er sie nutzen, nur zugreifen musste. Da dem Fachmann der Zusammenhang zwischen elektrischem Widerstand und Strahlungshelligkeit sowie der Umstand geläufig war, dass für den Benutzer durch die Strahlungshelligkeit die Betriebsstrahlungstemperatur der Heizeinrichtung erkennbar wird, und die Beweisaufnahme nichts dafür ergeben hat, dass das erfindungsgemäße "Glühbild" mit einem technischen Vorteil verbunden ist, stand es im Belieben des Fachmanns, Abschnitte sichtbar unterschiedlicher Strahlungshelligkeit zu schaffen. Eines besonderen Anlasses bedurfte es für das Ergreifen dieser Maßnahme hiernach anders als im Regelfall (vgl. zu diesem Senat, Urt. v. 30.4.2009 - Xa ZR 92/04 - Betrieb einer Sicherheitseinrichtung, zur Veröffentlichung vorgesehen) nicht (vgl. BGHZ 156, 179, 190 - blasenfreie Gummibahn I).
[22] Merkmal 2.3.2.3 besagt, dass die Längsabschnitte geringerer Strahlungstemperatur und -helligkeit im Bereich der seitlichen Stützflächen liegen. Dies ergibt sich zwangsläufig daraus, dass in diesem Bereich ein größerer Querschnitt vorliegt, der zu einer Absenkung der Temperatur und im Bereich sichtbarer Strahlungshelligkeit auch zu deren Absenkung führen muss. Hierin liegt mithin im Sinn ständiger Rechtsprechung (BGH, Urt. v. 10.12.2002 - X ZR 68/99, GRUR 2003, 317 - kosmetisches Sonnenschutzmittel I; Urt. v. 12.2.2003 - X ZR 200/99, GRUR 2003, 693 - Hochdruckreiniger; Urt. v. 16.3.2004 - X ZR 185/00, GRUR 2004, 579 - Imprägnieren von Tintenabsorbierungsmitteln; EPA T 21/81, ABl. EPA 1983, 15 - elektromagnetischer Schalter; EPA T 192/82, ABl. EPA 1984, 415 - Formmassen; EPA T 506/92; EPA T 936/96; vgl. auch Benkard/Asendorf/Schmidt, PatG GebrMG, 10. Aufl. 1996, Rz. 16 zu § 4 PatG; Busse/Keukenschrijver, PatG, 6. Aufl. 2003, Rz. 73 zu § 4 PatG; Schulte/Moufang, PatG, 8. Aufl. 2008, Rz. 126 zu § 4 PatG) ein "Bonus-Effekt", der nichts daran ändert, dass das Streitpatent insoweit dem Fachmann keine andere Lehre zur Ausbildung der Heizeinrichtung gibt als sie ihm im Stand der Technik bereits gegeben worden ist, und daher für die Bejahung erfinderischer Tätigkeit nicht herangezogen werden kann.
[23] 2. Auch die zwei- oder mehrlagige Ausbildung der Befestigungsvorsprünge der Halteglieder (Merkmal 2.3.2.4'), mit der die Beklagte Patentanspruch 14 nach ihrem ersten Hilfsantrag verteidigt, lag für den Fachmann nahe. Bei in kritischer Weise schwachen Stützflächen bot sich als einfachste Verwirklichung einer Verstärkung mit geringem Materialaufwand und unter Verzicht auf eine - bei einstückiger Ausbildung von erstem (Widerstand) und zweitem Bauelement (Stützeinrichtung) in der Herstellung aufwendige - unterschiedliche Materialdicke von erstem und zweitem Bauelement die gängige Methode des Falzens an, die regelmäßig zu einem großflächigen Anliegen oder zu einem geringen Abstand der Materiallagen führen wird, wie das PatG zutreffend erkannt hat.
[24] Der Gegenstand des Patentanspruchs 14 beruht mithin weder in der Fassung des erteilten Patents noch nach dessen mit dem ersten Hilfsantrag verteidigter Fassung auf erfinderischer Tätigkeit (Art. 56 EPÜ).
[25] 3. In der Fassung des Hilfsantrags II ist der Gegenstand des Patentanspruchs 14 in den ursprünglich eingereichten Unterlagen nicht als zur Erfindung gehörend offenbart, denn diese offenbaren einen solchen Gegenstand nicht als mögliche Ausgestaltung der Erfindung (vgl. zur Verallgemeinerung BGH, Urt. v. 17.9.1991 - X ZR 81/90, bei Bausch BGH 1986-1993, 620, 625 - Webmaschinendrehereinrichtung; zum "Aliud" Beschl. v. 11.9.2001 - X ZB 18/00, GRUR 2002, 49, 51 - Drehmomentübertragungseinrichtung). Die verteidigte Fassung zeichnet sich dadurch aus, dass die Halteglieder mit Befestigungsvorsprüngen in Kombination als (mit kleinem Abstand) aneinanderliegend zwei- oder mehrlagig, bügelförmig und als reib- bzw. kraftschlüssig einzusteckende Steckglieder definiert werden. Nach der in der mündlichen Verhandlung erläuterten Vorstellung der Beklagten soll ein solches Halteglied insb. durch einen das Widerstandband übergreifenden U-förmigen Bügel gebildet werden, dessen Schenkel an dem den Widerstand bildenden Flachband anliegen und damit einen Abstand in der Größenordnung der Materialdicke voneinander haben und die ferner mit ihren freien Enden in den Tragkörper eingreifen und auf diese Weise als reibschlüssig sichernde Steckglieder wirken. Ein solcher Gegenstand ist nicht ursprungsoffenbart. Zwar lassen sich alle zusätzlichen Merkmale für sich den ursprünglichen Unterlagen entnehmen (zur Mehrlagigkeit Beschreibungsseite 6 unten; zur Bügelform Beschreibungsseite 2 und S. 5; zum Reibungseingriff ursprünglicher Patentanspruch 5, Beschreibungsseiten 5 und 6 - Steckglied - sowie S. 13), jedoch fehlt es schon an jedem Hinweis dafür, dass die Bügel mehrlagig ausgebildet sein können, wie sich dies aus den Merkmalen 2.3.2.4' und 2.3.2.5" in Zusammenschau nunmehr ergibt. Die Beschreibungsseite 2 offenbart lediglich, dass der Stützschenkel durch bleibende Verformung aus einem drahtartigen Material ausgebildet sein kann; die Formulierung "bügel- bzw. teilringförmig" weist nicht auf eine mehrlagige Ausgestaltung hin. Auch die Beschreibungsseite 5 offenbart nur, dass ein bügelförmiger Stützschenkel außer einer eventuellen Wendelsteigung auch im Bereich mindestens eines Bügelschenkels und/oder des Bügelscheitels ein- oder mehrfach quer zur Bügel- bzw. Steigungsebene gebogen sein kann, so dass im Querschnitt rechtwinklig zur Schenkellängsrichtung zugehörige Bereiche quer zur Ebene versetzt sind; auch hierdurch wird nicht offenbart, dass die Stützschenkel in Bügelform mehrlagig ausgebildet sein sollen. Bei der Offenbarung der mehrlagigen Ausbildung findet sich kein Hinweis auf die Bügelform. Ebenso fehlt es an der Offenbarung eines zweilagigen bügelförmigen Halteglieds, das als nur durch Reibschluss sicherndes Steckglied ausgebildet ist. Der verteidigte Patentanspruch kombiniert damit verschiedene Offenbarungsstellen, die für den Fachmann, der sich um ein sinnvolles Verständnis der wegen ihrer verwirrenden und wechselnden Terminologie und, wie es der gerichtliche Sachverständige ausgedrückt hat, ihrer "umständlichen, einfache Sachverhalte verschleiernden Ausdrucksweise" schwer zu erfassenden Beschreibung bemüht, in keinem erkennbaren Zusammenhang miteinander stehen. Dies betraf zwar schon Patentanspruch 25 in seiner erteilten Fassung jedenfalls in Rückbeziehung über Patentanspruch 24 auf Patentanspruch 14, gewinnt aber durch die von der Beklagten vorgesehene Aufnahme der Merkmale in Patentanspruch 14 die Bedeutung, dass der so beschränkte Patentanspruch 14 durch die ursprünglichen Unterlagen, die keine den Patentansprüchen 24 und 25 entsprechenden Ansprüche oder andere allgemeine Offenbarung enthalten, nicht gedeckt ist und damit der Verteidigung des Streitpatents nicht zugrunde gelegt werden kann. Der mit der verteidigten Fassung beanspruchte Gegenstand stellt sich ggü. den ursprünglichen Unterlagen als nicht offenbartes "Aliud" dar.
[26] III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 Satz 2 PatG i.V.m. § 97 ZPO.
Fundstellen