Verfahrensgang
KG Berlin (Urteil vom 29.08.1997) |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das am 29. August 1997 verkündete Urteil des 7. Zivilsenats des Kammergerichts aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin ist Alleinerbin nach ihrem am 17. Juni 1989 verstorbenen Ehemann K. T.. Sie hatte mit diesem im Jahre 1985 einen notariellen Ehe- und Erbvertrag geschlossen, durch den sich die Eheleute gegenseitig zu Alleinerben einsetzten und die früheren Beklagten K. und B. zu Testamentsvollstreckern bestimmten. Diese sind durch Beschluß des Landgerichts Berlin vom 17. Februar 1998 als Testamentsvollstrecker entlassen worden; neuer Testamentsvollstrecker ist der Beklagte.
Nach dem notariellen Ehe- und Erbvertrag waren zunächst aus dem Nachlaß der Pflichtteilsanspruch der Tochter des Erblassers und verschiedene Vermächtnisse zu erfüllen. Sodann sollten festverzinsliche Wertpapiere im Wert von nominell 1.500.000,– DM ausgesondert und einem Sonderdepot „E. T.” zugeführt werden. Der Vertrag bestimmt sodann Auflagen des Erblassers, wie die Klägerin mit dem übrigen nachgelassenen Vermögen zu verfahren habe.
Die Klägerin hat von den früheren Beklagten mit ihrer (Stufen-)Klage zunächst Auskunft und Rechnungslegung über die Einnahmen und Ausgaben für den Nachlaß in den Jahren 1992 bis 1994 verlangt.
Mit ihrer Widerklage haben die Beklagten die Rückzahlung von insgesamt 1.134.000,– DM von der Klägerin verlangt, die diese unstreitig kurz vor und kurz nach dem Tod des Erblassers (in der Zeit vom 30. Dezember 1988 bis zum 11. Juli 1989) von verschiedenen auf den Erblasser lautenden Konten überwiesen bekommen hat. Die jeweiligen Überweisungsträger wurden auf telefonische Anweisung der Zeugin R., der Prokuristin im Gewerbebetrieb des Erblassers, von Bank- oder Sparkassenangestellten unterschrieben.
Die früheren Testamentsvollstrecker hatten seit Dezember 1985 eine in notarieller Urkunde erteilte Generalvollmacht. Für die Konten des Erblassers hatte auch die Zeugin R. Vollmacht. Im Dezember 1987 erteilte der Erblasser über seine Konten bei der Sparkasse B. der Klägerin Vollmacht.
Die Klägerin hat behauptet, der Erblasser, der in den letzten Jahren vor seinem Tod zwar körperlich abgebaut habe und pflegebedürftig geworden, gleichwohl aber geistig auf der Höhe gewesen sei, habe ihr die Bankvollmacht erteilt, weil er das Vertrauen zu den früheren Testamentsvollstreckern verloren, aber nicht mehr die Kraft und Zeit gehabt habe, die Unternehmensangelegenheiten in andere Hände zu legen. Die Zeugin R., die den Erblasser fast täglich besucht habe, habe die Überweisungen an sie, die Klägerin, auf dessen ausdrückliche Anweisung veranlaßt. Die Beträge seien dazu bestimmt gewesen, Medikamente, Pflegeleistungen und Gärtnerarbeiten zu bezahlen; das übrige Geld sei ihr, der Klägerin, geschenkt worden. Auch die Überweisungen nach dem Tod des Erblassers hätten auf dessen Anweisung beruht, die Zeugin R. sei nur erst nach dessen Tod dazu gekommen, diese auszuführen. Diese Zuwendungen des Erblassers seien auch im Hinblick darauf erfolgt, daß die Klägerin sowohl dessen Enkeltochter A. betreut habe, als auch dessen im Jahre 1985 verstorbene Ehefrau während deren Krankheit über einen Zeitraum von acht Jahren und den Erblasser selbst über Jahre gepflegt habe.
Die früheren Beklagten sind dem entgegengetreten und haben zur Widerklage vorgetragen, die überwiesenen Beträge seien von der Klägerin verschwiegen worden und seien keine Schenkungen des Erblassers gewesen. Solche Verfügungen stünden auch im Widerspruch zu dem sich aus dem Testament ergebenden Willen des Erblassers. Dieser sei seit 1985 nicht mehr in der Lage gewesen, klare wirtschaftliche Entscheidungen zu treffen. Dieser Zustand habe sich seit Dezember 1988 verstärkt. Aufgrund seines gesamten Verhaltens sei der Erblasser in dieser Zeit als geschäftsunfähig anzusehen gewesen, so daß selbst dann, wenn er die von den Beklagten bestrittenen Überweisungsanweisungen erteilt hätte, diese ebenso wie die der Klägerin erteilte Bankvollmacht nicht wirksam gewesen seien.
Das Landgericht hat durch Teilurteil dem Auskunftsbegehren der Klägerin und der Widerklage in Höhe von 254.000,– DM stattgegeben, weil die Klägerin für die zugrundeliegenden Überweisungen keine Vollmacht gehabt habe. Für die Überweisungen von den Konten des Erblassers bei der Sparkasse B. sei die Klägerin dagegen vom Erblasser über seinen Tod hinaus wirksam bevollmächtigt gewesen und habe die Überweisungen von diesen Konten an sich vornehmen dürfen.
Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat es der Widerklage in vollem Umfang stattgegeben und die Klägerin zur Zahlung eines Betrages von 1.134.000,– DM verurteilt.
Mit ihrer Revision strebt die Klägerin die vollständige Abweisung der Widerklage an. Der Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision hat in der Sache Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. 1. a) Das Berufungsgericht hat der Widerklage in vollem Umfang stattgegeben. Es hat angenommen, den früheren Testamentsvollstreckern stehe gegen die Klägerin ein Anspruch aus §§ 2205, 2212, 812 Abs. 1 BGB auf Rückzahlung der von den Konten des Erblassers erhaltenen 1.134.000,– DM an den Nachlaß zu. Es sei nicht bewiesen, daß die streitigen Beträge der Klägerin vom Erblasser geschenkt worden seien. Die Zeugin R. habe die entsprechende Behauptung der Klägerin nicht bestätigt. Aufgrund der Aussage der Zeugin R. hat es das Berufungsgericht als bewiesen angesehen, daß die Zeugin, und nicht die Klägerin selbst, die Überweisungen veranlaßt hat; der Erblasser habe die Beträge aber nicht der Klägerin geschenkt, es sei vielmehr um die eigene Absicherung gegangen: Er habe befürchtet, ein Pflegefall zu werden, und habe vor dem Hintergrund der finanziellen Schwierigkeiten seines Unternehmens erreichen wollen, daß die Pflegekosten gesichert seien.
b) Die Revision rügt mit Erfolg, das Berufungsgericht habe die Beweislast verkannt; nicht der Bereicherungsschuldner habe zu beweisen, daß er eine Zahlung mit Rechtsgrund erhalten habe, vielmehr treffe den Gläubiger des Bereicherungsanspruches die Darlegungs- und Beweislast für seine Behauptung, die Zahlung sei rechtsgrundlos erbracht worden.
Das Berufungsgericht hat allerdings ausgeführt, es sei zu der Überzeugung gelangt, daß eine Schenkung der überwiesenen Beträge nicht erfolgt sei, so daß die Klägerin insoweit ohne rechtlichen Grund bereichert und zur Rückzahlung an den Nachlaß verpflichtet sei. Bei dieser Beurteilung ist das Berufungsgericht jedoch ersichtlich davon ausgegangen, daß die Klägerin den Beweis zu führen gehabt hätte, das ihr überwiesene Geld sei ihr geschenkt worden. Denn es hat angenommen, diese Behauptung der Klägerin sei durch die Aussage der Zeugin R. nicht bestätigt worden. Das spricht dafür, daß das Berufungsgericht eine Beweislastentscheidung zuungunsten der Klägerin getroffen hat. Sofern aus seiner abschließenden Bemerkung, der Senat sei zu der Überzeugung gelangt, daß eine Schenkung der überwiesenen Beträge nicht erfolgt sei, zu schließen sein sollte, das Berufungsgericht habe in Wirklichkeit keine Beweislastentscheidung treffen wollen, so hat das Berufungsgericht seiner Entscheidung jedenfalls ein falsches Beweismaß zugrunde gelegt, weil es seine Überzeugung in erster Linie darauf gestützt hat, daß die Klägerin ihren Vortrag, die überwiesenen Beträge seien ihr geschenkt worden, nicht bewiesen habe. Auch die Frage, ob das Berufungsgericht bei der notwendigen Überzeugungsbildung zutreffende Maßstäbe angelegt hat, unterliegt der Nachprüfung im Revisionsverfahren (BGH, Urt. v. 17.10.2001 – IV ZR 205/00, VersR 2001, 1547; BGH, Urt. v. 16.6.1992 – VI ZR 264/91, VersR 1992, 1410; BGHZ 102, 322, 330).
Der erkennende Senat hat in seiner Entscheidung vom 18. Mai 1999 (X ZR 158/97, NJW 1999, 2887 f.) zur Darlegung einer Schenkung als Rechtfertigungsgrund für eine mit der Klage herausverlangte Bereicherung folgende Grundsätze aufgestellt: Grundsätzlich hat derjenige alle anspruchsbegründenden Tatsachen zu behaupten und im Bestreitensfall zu beweisen, der den Anspruch geltend macht. Dies gilt auch, soweit negative Umstände anspruchsbegründend sind. Ausnahmsweise bedarf es nur dann nicht einer besonderen Darlegung des Fehlens eines rechtlichen Grundes durch den Bereicherungsgläubiger, wenn bereits die Tatumstände, die unstreitig sind, den Schluß nahelegen, daß der Bereicherungsschuldner etwas ohne rechtlichen Grund erlangt hat. Aus der allgemeinen Regel kann aber nicht der Schluß gezogen werden, daß der Bereicherungsschuldner zu Sachvortrag im Hinblick auf den Rechtsgrund der erfolgten Vermögensmehrung nicht verpflichtet sei. Der Schuldner ist vielmehr gehalten, die Umstände darzulegen, aus denen er ableitet, das Erlangte behalten zu dürfen. Dies wiederum muß der Bereicherungsgläubiger durch eigenen Vortrag und – im Falle des Bestreitens – durch geeigneten Nachweis widerlegen, um das Fehlen eines rechtlichen Grundes darzutun. Der Bereicherungsschuldner hat in zumutbarer Weise dazu beizutragen, daß der Anspruchsteller in die Lage versetzt wird, sich zur Sache zu erklären und den gegebenenfalls erforderlichen Beweis anzutreten.
Dem trägt die Entscheidung des Berufungsgerichts nicht Rechnung. Das Berufungsgericht durfte insbesondere nicht davon ausgehen, daß die Klägerin ihren Vortrag, das ihr überwiesene Geld sei ihr geschenkt worden, zu beweisen habe. Vielmehr hatten die Beklagten als Bereicherungsgläubiger den Beweis zu führen, daß eine Schenkung nicht erfolgt sei. Das Berufungsgericht hat dem entgegen angenommen, daß mehrere von ihm genannte Umstände gegen eine Schenkung der überwiesenen Beträge sprächen und dann ausgeführt, dafür, daß zwischen dem Erblasser und der Klägerin vereinbart gewesen sei, das Geld, das bis zu seinem Tode nicht verbraucht sein würde, solle ihr als Schenkung zukommen, fehle jeglicher konkrete Vortrag und Nachweis. Solcher Vortrag und insbesondere der Nachweis dieses Vortrags oblag aber nicht der Klägerin.
2. a) Das Berufungsgericht hat angenommen, das Ergebnis seiner Beweiswürdigung stehe in Einklang mit dem Vorbringen der Klägerin, wonach mit dem Geld Pflegepersonal, Medikamente und der Gärtner hätten bezahlt werden sollen, der Vortrag der Klägerin, die darüber hinausgehenden Beträge habe sie als Geschenk erhalten, sei zu unbestimmt. Die Revision meint, das Berufungsgericht habe den Vortrag der Klägerin berücksichtigen müssen, die Überweisungen seien auch im Hinblick darauf erfolgt, daß die Klägerin die Enkeltochter des Erblassers, dessen im Jahre 1985 verstorbene Ehefrau und den Erblasser selbst gepflegt habe, ohne hierfür eine angemessene Vergütung erhalten zu haben. Es komme deshalb nicht darauf an, ob die Klägerin genaue Beträge genannt habe, die vom Erblasser zugewandt worden seien; ihr Vortrag entspreche vielmehr der Lebenserfahrung.
b) Auch insoweit hat das Berufungsgericht hinsichtlich der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast, jedenfalls aber hinsichtlich des Beweismaßes, unzutreffende Maßstäbe angelegt. Es durfte den Vortrag der Klägerin nicht von vornherein als zu unbestimmt verwerfen, weil die Klägerin damit ihrer Darlegungslast nicht genügt habe. Vielmehr hätte es prüfen müssen, ob die Klägerin damit in zumutbarer Weise dazu beigetragen hat, den Anspruchsteller in die Lage zu versetzen, sich seinerseits zur Sache zu erklären und gegebenenfalls den erforderlichen Beweis anzutreten.
II. Das Berufungsgericht wird daher unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Senats die Beweiswürdigung erneut vorzunehmen haben. Es wird je nach dem Ergebnis seiner Beweiswürdigung auch die bisher offengelassenen Fragen zu klären haben, ob und inwieweit etwaige formnichtige Schenkungsversprechen des Erblassers durch Bewirkung der versprochenen Leistung geheilt worden sind, wie auch, ob der Erblasser geschäftsunfähig gewesen ist, als er die Überweisungen veranlaßt hat. Bei der Prüfung der Frage, ob eine eventuelle Schenkung wegen Formmangels unwirksam wäre, wird das Berufungsgericht zu berücksichtigen haben, daß bei Überweisungen mit der Ausführung des Überweisungsauftrags durch die Bank die Leistung i.S.v. § 518 Abs. 2 BGB bewirkt worden ist (BGH, Urt. v. 5.3.1986 – IVa ZR 141/84, NJW 1986, 2107, 2108). Schließlich wird das Berufungsgericht auch gegebenenfalls der Frage nachzugehen haben, ob die streitigen Überweisungen als ehebedingte Zuwendungen anzusehen sind, und falls dies der Fall ist, ob dieser Rechtsgrund mit dem Tod des Erblassers entfallen ist. Eine ehebedingte Zuwendung käme dann in Betracht, wenn man, wie das Berufungsgericht, der Aussage der Zeugin R. folgte.
Unterschriften
Jestaedt, Keukenschrijver, Mühlens, Meier-Beck, Asendorf
Fundstellen
BGHR 2003, 246 |
ZEV 2003, 207 |
NJOZ 2003, 141 |