Leitsatz (amtlich)
a) Stellt der Drittwiderspruchskläger dem Gläubiger zur Aufhebung der Zwangsvollstreckungsmaßnahmen eine pfandgleiche Sicherheit (Prozessbürgschaft), so liegt dem regelmäßig ein selbstständiges Garantieversprechen des Inhalts zu Grunde, im Falle der Klageabweisung für einen sog. "Aufhebungsschaden" aufzukommen.
b) Übernimmt die Bank zunächst für die vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung eine Prozessbürgschaft und wird die Bürgschaftssumme später wegen der Aufhebung der Vollstreckungsmaßnahme erhöht, so liegt darin eine stillschweigende und nach § 350 HGB formfreie Änderung des Sicherungszwecks.
Normenkette
BGB § 765; ZPO § 771
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des 23. Zivilsenats des KG in Berlin v. 3.6.2002 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Parteien streiten über Ansprüche aus einer Prozessbürgschaft. Dem liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
Die Rechtsvorgängerin der Klägerin (nachfolgend: Klägerin) ließ am 27.5.1997 wegen einer titulierten Forderung über 500.000 DM ein Fahrzeug vom Typ Mercedes-Benz S 350 pfänden. Hiergegen erhob dessen angeblicher Eigentümer Drittwiderspruchsklage vor dem LG B. . Dieses stellte die Zwangsvollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung von 45.000 DM vorläufig ein und ließ dem Drittwiderspruchskläger nach, die Sicherheit durch eine Bankbürgschaft zu erbringen. Am 26.6.1997 übernahm die beklagte Bank daraufhin im Auftrag des Drittwiderspruchsklägers eine formularmäßige selbstschuldnerische Bürgschaft bis zur Höhe des festgesetzten Betrages für gegenwärtige und künftige Ansprüche der Klägerin gegen den Drittwiderspruchskläger. Nach dem Wortlaut der Vertragsurkunde soll die Bürgschaft der Klägerin als "Sicherheitsleistung für das beim LG B. anhängige Verfahren, Aktenzeichen ... , in Verbindung mit der betriebenen Zwangsvollstreckung - Pkw Daimler-Benz - Kennzeichen ... " dienen.
Mit Beschluss v. 6.1.1998 erhöhte das LG B. unter Abänderung des Einstellungsbeschlusses die zu leistende Sicherheit auf 55.000 DM und ordnete zugleich an, dass die bereits getroffenen Vollstreckungsmaßregeln nach Sicherheitsleistung aufzuheben sind. Die Beklagte übernahm gegenüber der Klägerin deshalb am 13.1.1998 eine weitere Bürgschaft über 10.000 DM. Das gepfändete Fahrzeug wurde danach von dem Gerichtsvollzieher freigegeben und anschließend durch den Drittwiderspruchskläger zum Preis von 43.000 DM veräußert. Bei der ursprünglich auf den 27.6.1997 angesetzten Versteigerung wäre unstreitig nur ein Erlös i. H. v. 14.316,17 EUR (28.000 DM) erzielt worden. Die Drittwiderspruchsklage wurde in der Folgezeit rechtskräftig abgewiesen.
Das LG hat der Klage auf Zahlung von 43.000 DM zzgl. Zinsen stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das KG sie zur Zahlung von 14.316,17 EUR (28.000 DM) nebst Zinsen verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Mit der - zugelassenen - Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist nicht begründet.
I.
Das Berufungsgericht hat eine Bürgschaftsforderung der Klägerin in Höhe des Versteigerungswertes des Gebrauchtwagens bejaht und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt:
Die Beklagte habe der Klägerin auf Grund der Prozessbürgschaft v. 26.6.1997 für die Zahlung des Betrages von 14.316,17 EUR einzustehen, der bei der vom Gerichtsvollzieher auf den 27.6.1997 angesetzten Versteigerung des Fahrzeuges erlöst worden wäre, wenn die Zwangsvollstreckung nicht zuvor gegen Sicherheitsleistung eingestellt worden wäre. Der Bürgschaft liege ein entsprechender Zahlungsanspruch der Klägerin gegen den Drittwiderspruchskläger zu Grunde, der die Einstellung der Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung bewirkt und damit die Versteigerung des Pkw's verhindert habe. Dabei könne dahingestellt bleiben, ob die Klägerin von dem Drittwiderspruchskläger Schadensersatz wegen einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen, letztlich unberechtigten Verhinderung der Zwangsvollstreckung verlangen könne. Der Sicherungszweck der Bürgschaft sei nicht auf einen derartigen Schadensersatzanspruch beschränkt, sondern bestehe darin, der Klägerin den Versteigerungswert des gepfändeten Pkw für den Fall zu sichern, dass die Drittwiderspruchsklage abgewiesen werde. Die prozessuale Verpflichtung, für Sicherheit zu sorgen, sei Hauptschuld und zugleich Gegenstand des Bürgschaftsvertrages gewesen. Hätte der Drittwiderspruchskläger - statt eine Bürgschaft zu stellen - als Sicherheit 45.000 DM hinterlegt, so hätte die Klägerin in Höhe des Wertes des ihr entzogenen Pfandes nach Abweisung der Drittwiderspruchsklage ohne weiteres die Herausgabe des hinterlegten Geldes verlangen können. Dementsprechend müsse sie jetzt auch aus der Bürgschaft vorgehen können, ohne ihrem früheren Prozessgegner Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit nachweisen zu müssen.
II.
Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung in wesentlichen Punkten nicht stand.
1. Die Revision beanstandet mit Recht, dass dem Berufungsgericht bei der Auslegung der Prozessbürgschaft erhebliche Fehler unterlaufen sind.
a) Zwar ist die Auslegung von Individualvereinbarungen grundsätzlich Sache des Tatrichters. Dessen Auslegung bindet aber das Revisionsgericht dann nicht, wenn sie unter Verletzung gesetzlicher Auslegungsgrundsätze (§§ 133, 157 BGB) vorgenommen wurde (st. Rspr., vgl. z. B. BGH, Urt. v. 16.12.1998 - VIII ZR 197/97, MDR 1999, 468 = WM 1999, 922 [924], m. w. N.). Hierzu gehört auch, dass der Tatrichter allgemein anerkannte Auslegungsregeln hinreichend beachtet und alle für die Auslegung erheblichen Umstände und Verhältnisse in rechtlich vertretbarer Weise umfassend würdigt. Hiergegen hat das Berufungsgericht bei der Auslegung der Prozessbürgschaft verstoßen.
b) Seine Ansicht, die Beklagte habe der Klägerin nach dem Inhalt der Bürgschaft v. 26.6.1997 über 45.000 DM für die Zahlung des Betrages von 14.316,17 EUR einzustehen, der "bei der vom Gerichtsvollzieher auf den 27.6.1997 angesetzten Versteigerung des gepfändeten Kraftfahrzeuges erlöst worden wäre, wenn die Zwangsvollstreckung nicht vor diesem Termin gegen Sicherheitsleistung eingestellt worden wäre", ist schon im Ansatz verfehlt. Eine Sicherheit, die der Drittwiderspruchskläger dem Gläubiger bei Einstellung der bereits eingeleiteten Vollstreckungsmaßnahmen leistet, haftet grundsätzlich nur für den so genannten "Verzögerungsschaden", wie er sich vor allem aus einem Wertverlust der Pfandsache ergeben kann (siehe etwa RGZ 86, 36 [39 f.]; BGH v. 23.5.1985 - IX ZR 132/84, BGHZ 95, 10 [13] = MDR 1985, 841). Ein derartiger Schaden wird aber von der Klägerin nicht geltend gemacht; vielmehr will sie von der Beklagten für den Verlust des Pfändungspfandrechts entschädigt werden, den sie durch die vom LG B. im Januar 1998 angeordnete Aufhebung der Vollstreckungsmaßnahmen erlitten hat. Zwar weist das Berufungsgericht an anderer Stelle darauf hin, dass eine Sicherheit geleistet werden musste, die den der Klägerin "aus der Freigabe des Pfandstücks drohenden Schaden in jedem Fall abdeckt". Es legt aber nicht einmal dar, dass der Bürgschaft zumindest in ihrer endgültigen Fassung eine derartige Sicherungsabrede zu Grunde liegt. Überhaupt wird der sich geradezu aufdrängenden Frage, ob die Bürgschaft v. 26.6.1997 nur für die Einstellung der Zwangsvollstreckung bestellt worden ist und ob sich ihr Inhalt mit der zum Zweck der Aufhebung der Vollstreckungsmaßnahmen bestellten Zusatzbürgschaft v. 13.1.1998 über 10.000 DM trotz fehlender schriftlicher Vereinbarung der Parteien geändert hat, keine Beachtung geschenkt. Bei einer solchen widersprüchlichen Vertragsauslegung besteht in der Revisionsinstanz keine Bindungswirkung.
2. Ferner vermisst die Revision im Hinblick auf die Akzessorietät der Bürgschaft zu Recht, dass das Berufungsgericht keinen Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen den vormaligen Drittwiderspruchskläger bejaht, sondern die Frage einer allgemeinen Verschuldenshaftung ausdrücklich offen gelassen hat.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist ein durch die Prozessbürgschaft gesicherter Anspruch der Klägerin nicht aus einer prozessualen Verpflichtung des vormaligen Drittwiderspruchsklägers, für die geforderte Sicherheit zu sorgen, herzuleiten. Ob der Drittwiderspruchskläger von der ihm eingeräumten Möglichkeit, eine Sicherheit zu stellen, Gebrauch macht oder nicht, steht in seinem Belieben. Von einer Verpflichtung im Rechtssinne kann insoweit keine Rede sein. Das Berufungsgericht beachtet ferner nicht ausreichend, dass ein Anspruch auf Stellung einer Sicherheit mit dem gesicherten Anspruch nicht identisch ist. Außerdem lässt das Berufungsurteil nicht erkennen, woraus der gesicherte Anspruch der Klägerin gegen den vormaligen Drittwiderspruchskläger folgt. Aus der vom Berufungsgericht in diesem Zusammenhang zitierten Entscheidung des BGH v. 19.1.1983 (BGH v. 19.1.1983 - VIII ZR 315/81, MDR 1983, 397 = WM 1983, 210 [211]) ergibt sich dafür nichts. Sie betrifft nicht eine Prozessbürgschaft, sondern eine Bürgschaft für ein Darlehen. Soweit in diesem Urteil unter Bezugnahme auf die Entscheidung BGHZ 69, 270 ausgeführt worden ist, die in jenem Fall gestellte Prozessbürgschaft habe dem Gläubiger eine Sicherheit dafür verschaffen sollen, dass der Hauptschuldner nach Eintritt der Rechtskraft des Vorbehaltsurteils und vor Abschluss des Nachverfahrens die Urteilssumme bezahlen würde, wenn ein weiterer Vollstreckungsaufschub (§ 707 ZPO) nicht bewilligt würde, gibt dies für die Entscheidung des vorliegenden Falles nichts her. Mit dem Hinweis, "diese prozessuale Verpflichtung" sei als Hauptschuld Gegenstand des Vertrages zwischen dem Hauptschuldner, dem Gläubiger und dem Bürgen gewesen, wird ersichtlich keine Aussage über eine verschuldensunabhängige Haftung des Drittwiderspruchsklägers und einer von ihm gestellten Sicherheit getroffen.
III.
Das angefochtene Urteil stellt sich aber aus anderen Gründen als zutreffend dar (§ 561 ZPO). Die Beklagte hat jedenfalls mit der Bürgschaft i. d. F. v. 13.1.1998 zusammen mit dem früheren Drittwiderspruchskläger die Haftung dafür übernommen, dass der Klägerin durch die Aufhebung der Vollstreckungsmaßnahmen kein Vermögensschaden entsteht.
1. Entgegen der Ansicht der Revision setzt die Bürgenhaftung keine verschuldensabhängige Schadensersatzpflicht des Drittwiderspruchsklägers voraus. Der von ihm gestellten pfandgleichen Sicherheit liegt regelmäßig ein auf Ersatz des so genannten "Aufhebungsschadens" gerichtetes selbstständiges Garantieversprechen zu Grunde.
a) In der reichsgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. RGZ 25, 373 [376]; RGZ 37, 430 [431]; RGZ 86, 36 [39]; RGZ 141, 194 [196, 198]) und in der neueren Literatur (vgl. Münzberg in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 771 Rz. 44; Salzmann in Wieczorek/Schütze, ZPO, 3. Aufl., § 771 Rz. 78; Gaul in Rosenberg, Zwangsvollstreckungsrecht, 11. Aufl., § 41 XI 1; Zöller/Herget, ZPO, 24. Aufl., § 769 Rz. 7) ist allgemein anerkannt, dass dann, wenn eine gem. § 771 Abs. 3 S. 1 ZPO i. V. m. § 769 Abs. 1 S. 1 ZPO erlassene Anordnung die Aufhebung einer Pfändung erlaubt, die Sicherheit anstelle des Pfandgegenstandes insoweit haftet, als der Gläubiger bei Fortbestand der Pfändung aus ihm befriedigt worden wäre. Ihm muss daher grundsätzlich voller Ersatz für die aus der Anordnung entstehenden Nachteile gewährt werden (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 24. Aufl., § 769 Rz. 7). Zwar bleibt hierbei offen, ob dies auch für den Fall gilt, dass der Drittwiderspruchskläger, der eine Aufhebung der Vollstreckungsmaßnahmen gegen eine Sicherheitsleistung erreicht, dem Gläubiger mangels Verschuldens nicht auf Schadensersatz haftet. Die pfandgleiche Sicherheit kann aber ihren Zweck grundsätzlich nur dann erfüllen, wenn sie den Prozessgegner unter allen Umständen so stellt, wie er bei einer Verwertung der Pfandsache gestanden hätte. Es liegt daher in der Rechtsnatur einer derartigen umfassenden Sicherheit, dass der Drittwiderspruchskläger als Sicherungsgeber stillschweigend eine entsprechende Garantie für den ungewissen Fall der Klageabweisung übernimmt. Würde er gegenüber dem Gläubiger kein selbstständiges Garantieversprechen abgeben und nicht neben der Sicherheit auch persönlich haften, sondern hinge die Haftung der Sicherheit von einem Verschuldenserfordernis ab, so hätte sie keinen pfandähnlichen Charakter und wäre infolgedessen kein ausreichendes Äquivalent für die mit der Ungewissheit des Prozessausgangs behaftete Aufhebung der Vollstreckungsmaßnahmen.
b) Zwar hat es der IX. Zivilsenat in der zitierten Entscheidung v. 23.5.1985 (BGH v. 23.5.1985 - IX ZR 132/84, BGHZ 95, 10 [13 ff.] = MDR 1985, 841) ausdrücklich abgelehnt, dem Gläubiger in entsprechender Anwendung des § 717 Abs. 2, § 945 ZPO einen Schadensersatzanspruch zuzusprechen, wenn sich die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung als unzutreffend erweist. Vielmehr muss der Drittwiderspruchskläger für einen in diesem Zeitraum eintretenden Verzögerungsschaden ausschließlich nach Deliktsrecht einstehen, sofern ihm Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit und nicht nur eine fahrlässige Verkennung der Rechtslage zur Last fällt (so auch OLG München v. 15.11.1988 - 25 U 4324/86, MDR 1989, 552 = NJW-RR 1989, 1471 [1472]; Zöller/Herget, ZPO, 24. Aufl., § 771 Rz. 19; Münzberg in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 771 Rz. 44; Gaul in Rosenberg, Zwangsvollstreckungsrecht, 11. Aufl., § 41 XI 1; Salzmann in Wieczorek/Schütze, ZPO, 3. Aufl., § 771 Rz. 78; Schuschke in Schuschke/Walker, Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz, 3. Aufl., § 771 Rz. 45; a. A. LG Frankfurt v. 21.1.1980 - 2/24 S 181/79, MDR 1980, 409; Karsten Schmidt in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 771 Rz. 69; Thomas/Putzo, ZPO, 25. Aufl., § 771 Rz. 24; Häsemeyer, NJW 1986, 1028 f.). Daraus vermag die Revision aber für sich nichts herzuleiten. Die Entscheidung betrifft nur die Frage, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen dem Gläubiger, dessen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen durch einen sich später als ungerechtfertigt erweisenden Antrag nach § 771 Abs. 3 ZPO eingestellt wurden, ein gesetzlicher Anspruch auf Ersatz des Verzögerungsschadens gegen den Drittwiderspruchskläger zusteht. Die Frage, welche Rechte der Gläubiger aus einer ihm geleisteten Sicherheit herleiten kann, wird nicht angesprochen, geschweige denn entschieden.
2. Die Klägerin hatte durch die formell ordnungsgemäße Pfändung v. 27.5.1997 ein Pfändungspfandrecht an dem Gebrauchtwagen ihres Schuldners erworben. Auf Grund der rechtskräftigen Abweisung der Drittwiderspruchsklage steht dies auch im Verhältnis der Klägerin zur Beklagten als Prozessbürgin fest (BGH, Urt. v. 19.3.1975 - VIII ZR 250/73, NJW 1975, 1119 [1121]; vgl. auch Schmitz in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 2. Aufl., § 91 Rz. 147). Das Pfändungspfandrecht der Klägerin erlosch endgültig und nicht nur vorläufig (vgl. z. B. Zöller/Stöber, ZPO, 24. Aufl., § 776 Rz. 4), als die Pfändung durch den Gerichtsvollzieher auf Grund des Beschlusses des LG B. v. 6.1.1998 gem. § 771 Abs. 3 S. 1, § 769 Abs. 1 S. 1, § 776 S. 2 ZPO aufgehoben wurde.
3. Die Beklagte hat der Klägerin jedenfalls nach dem Inhalt des endgültigen Bürgschaftsvertrages den "Aufhebungsschaden" in Höhe des entgangenen Versteigerungserlöses zu ersetzen. Diese Auslegung kann der erkennende Senat selbst vornehmen, da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind (vgl. BGH v. 3.11.1993 - VIII ZR 106/93, BGHZ 124, 39 [45] = MDR 1994, 136).
Der Umfang der Haftung des Prozessbürgen richtet sich grundsätzlich nach dem Zweck der Sicherheitsleistung und kann im konkreten Einzelfall häufig der gerichtlichen Anordnung entnommen werden (vgl. RGZ 141, 194 [196]; BGHZ 69, 270 [272], m. w. N.; vgl. ferner BGH, Urt. v. 20.11.1978 - VIII ZR 243/77, WM 1979, 15 [16] und Urt. v. 20.10.1988 - IX ZR 47/87, MDR 1989, 251 = WM 1988, 1883 [1885]). Danach unterliegt es keinem berechtigten Zweifel, dass die Beklagte mit der gesamten Sicherheit über 55.000 DM für den geltend gemachten "Aufhebungsschaden" haftet. Der Einwand der Revision, die Bürgschaft v. 26.6.1997i. H. v. 45.000 DM sei ausschließlich zum Zweck der Einstellung der Zwangsvollstreckung gestellt worden, woran auch die die Aufhebung der Vollstreckungsmaßnahmen betreffende ergänzende Bürgschaft v. 13.1.1998 über 10.000 DM nichts geändert habe, greift nicht. Dabei kann offen bleiben, ob schon die ursprüngliche Bürgschaft - wie die Revisionserwiderung meint - angesichts des weit gefassten Wortlauts der Vertragsurkunde v. 26.6.1997 und der für einen ohnehin eher fern liegenden "Verzögerungsschaden" ungewöhnlich hohen Haftungssumme von 45.000 DM im Vorgriff auf die prozessuale Entwicklung ersichtlich auch einen etwaigen "Aufhebungsschaden" erfassen sollte. Jedenfalls war es ersichtlich die Absicht des LG B. und der erkennbare Wille aller Beteiligten, mit der Erhöhung der Bürgschaftssumme auf insgesamt 55.000 DM sicherzustellen, dass jeder erdenkbare "Aufhebungsschaden" abgedeckt ist. Eine stillschweigende Anpassung des Sicherungszwecks der bereits bestehenden Bürgschaft an die neue prozessuale Situation war auf Grund der Kaufmannseigenschaft der Beklagten ohne Einhaltung der Schriftform des § 766 BGB möglich (§ 350 HGB). Als ein für die Klägerin sowohl rechtlich als auch wirtschaftlich ausschließlich vorteilhaftes Geschäft bedurfte es gem. § 151 S. 1 BGB auch keiner Annahmeerklärung gegenüber der Beklagten, sondern es reichte das bloße Schweigen auf das auf die Vertragsänderung gerichtete Angebot der Beklagten aus (st. Rspr., s. etwa BGH, Urt. v. 12.10.1999 - XI ZR 24/99, MDR 2000, 139 = WM 1999, 2477 [2478], m. w. N.).
4. Das Berufungsgericht hat der Klage daher im Ergebnis zu Recht in Höhe des der Klägerin entgangenen Versteigerungserlöses über 14.316,17 EUR stattgegeben.
IV.
Die Revision der Beklagten konnte deshalb keinen Erfolg haben und war zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 1141278 |
BGHZ 2005, 286 |
DB 2004, 1881 |
NJW 2004, 3710 |
BGHR 2004, 913 |
EBE/BGH 2004, 2 |
NJW-RR 2004, 1128 |
JurBüro 2004, 676 |
WM 2004, 876 |
ZIP 2004, 968 |
InVo 2004, 379 |
JuS 2005, 274 |
MDR 2004, 763 |
VuR 2004, 225 |
RÜ 2004, 290 |
VE 2004, 138 |
ZBB 2004, 251 |
ProzRB 2004, 238 |