Entscheidungsstichwort (Thema)
Gebrauchsmusterverletzende Angebotshandlung während der Schutzdauer des Gebrauchsmusters durch Vorstellen und Aufnahme in die Listung eines Handelshauses. Anspruch auf Rechnungslegung und Schadensersatz des Gebrauchsmusterinhabers. Treu und Glauben als Erleichterung der beweisbelasteten Partei
Leitsatz (amtlich)
a) Das Vorstellen eines schutzrechtsverletzenden Gegenstandes zum Zweck der Aufnahme in die Listung eines Handelsunternehmens ist auch dann ein an das Handelsunternehmen gerichtetes Anbieten i.S.d. § 9 PatG und § 11 GebrMG, wenn durch die Listung Lieferanten des Handelsunternehmens dazu veranlasst werden, solche Gegenstände nachzufragen und für ihre Lieferungen insb. auch an Verkaufshäuser des Handelsunternehmens in Deutschland zu verwenden.
b) Die Schadensersatzpflicht für die Benutzungsform des Anbietens umfasst auch den Schaden, der dem Schutzrechtsinhaber infolge von schutzrechtsverletzenden Lieferungen Dritter entsteht, die durch die schutzrechtsverletzende Angebotshandlung adäquat und zurechenbar verursacht worden sind.
Normenkette
PatG §§ 9, 139 Abs. 2; GebrMG §§ 11, 24 Abs. 2
Verfahrensgang
OLG Düsseldorf (Urteil vom 07.10.2004; Aktenzeichen 2 U 17/98) |
LG Düsseldorf (Entscheidung vom 04.12.1997; Aktenzeichen 4 O 463/96) |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Teilurteil des 2. Zivilsenats des OLG Düsseldorf vom 7.10.2004 im Urteilsspruch III, erster Absatz aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil des Berufungsgerichts vorbehalten.
Von Rechts wegen
Tatbestand
[1]Die Klägerin war Inhaberin des deutschen Gebrauchsmusters 89 02 362 (Klagegebrauchsmuster), das einen Wäschebügel aus Kunststoff betrifft. Nachdem das Klagegebrauchsmuster durch Zeitablauf am 28.2.1997 erloschen ist, begehrt sie noch, die Beklagte zur Rechnungslegung zu verurteilen und ihre Pflicht zum Schadensersatz festzustellen.
[2]Schutzanspruch 1 des Klagegebrauchsmusters in der im Löschungsverfahren vor dem BPatG für schutzfähig erachteten Fassung lautet:
Wäschebügel aus Kunststoff, insb. Polystyrol, dessen Querschnitt doppel-T-förmig ist und eine vertikale Stegwand (3), einen Obergurt (4) und einen Untergurt (5) aufweist und an dessen Bügelenden (6, 7) zur Aufnahme des Bundes von Unterhosen nach unten gerichtete Klemmen angeordnet sind, die sich aus je einem im Wesentlichen starren Widerlagerteil (8) und einer einstückig damit verbundenen federnden Zunge (9) zusammensetzen, wobei der Spalt (11) zwischen Widerlagerteil (8) und Zunge (9) zum leichten Einführen eines einzuklemmenden Wäscheteils trichterartig erweitert ist,
d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t, dass die federnde Zunge (9) mit dem Widerlagerteil (8) über einen im Wesentlichen freiliegenden, am Spalt (11) unterbrochenen Kunststoffring (10) verbunden ist, dessen Querschnitt um mindestens 100 %, vorzugsweise 200 % größer ist als der Querschnitt des Ober- oder Untergurtes (4, 5) des Wäschebügels, und der die Zunge (9) mit Vorspannung gegen das Widerlagerteil (8) drückt.
[3]Die Beklagte gehört zur weltweit tätigen K./B. -Gruppe. Sie stellt Wäschebügel her und vertreibt sie. Die Beklagte stellte im Dezember 1993 einen Bügel XXX dem Textilhandelsunternehmen C. vor, der daraufhin unter Hinweis auf "K./." als ausschließlicher Bezugsquelle in die Listung von C. aufgenommen wurde. Um C. beliefern zu können, müssen die Wäschehersteller ihre Ware auf gelistete Bügel hängen. Die Wäschehersteller fragen deshalb bei den auf ihrem jeweiligen regionalen Markt tätigen Bügelherstellern entsprechende Bügel nach. Die Beklagte hat vorgetragen, der Bügel XXX sei 1989 von der schwedischen K. & C. Aktiebolag entwickelt und zum Patent angemeldet worden, woraufhin Konstruktion und Herstellungs-Know-how den jeweiligen Unternehmen der K./B. -Gruppe vermittelt wurden.
[4]Die Klägerin macht geltend, die Beklagte habe während der Schutzdauer des Klagegebrauchsmusters Wäschebügel hergestellt und vertrieben, die von der Lehre des Klagegebrauchsmusters Gebrauch machten. Sie hat dazu zunächst auf einen als Anlage 6 überreichten Bügel verwiesen. Das LG hat auf die Anträge auf Rechnungslegung und Feststellung der Schadenersatzpflicht antragsgemäß erkannt.
[5]Der Berufung der Beklagten hat sich die Klägerin mit dem Ziel angeschlossen, die Verurteilung der Beklagten zur Rechnungslegung und zum Schadensersatz auf eine Vielzahl weiterer, näher bezeichneter und vorgelegter Wäschebügel zu erstrecken. Die Klägerin hat vorgetragen, die Wäschebügel im Recycling-Müll deutscher Verkaufshäuser von C. im Sommer/Herbst 1996 gefunden zu haben. Die Beklagte hat eingeräumt, dass Wäschebügel mit der Typenbezeichnung XXX, die in der linken unteren Nase (im sog. Formnest) eine der Nr. 10 bis 13 aufweisen, von ihr stammen.
[6]Die Klägerin hat vorgetragen, die angegriffenen Bügel mit den Formnestern 20 bis 23 seien von der K./B. Srl in Italien hergestellt worden, diejenigen mit den Formnestern 15 bis 18 von der K./B. Ltd. in Hongkong und diejenigen mit den Formnestern 7 und 8 von einer K./B. -Lizenznehmerin in Indonesien.
[7]Nachdem die Klägerin ihre Klage beim LG Düsseldorf eingereicht hatte, hat die Beklagte im Dezember 1996 gegenüber C. eine Freistellungserklärung für gegen C. wegen Verletzung des Klagegebrauchsmusters erhobene Ansprüche abgegeben. Nach bestrittenem Vortrag der Beklagten soll sich diese Freistellungserklärung nur auf von ihr hergestellte, mit der Klage angegriffene Bügel beziehen.
[8]Durch das angefochtene Teilurteil hat das Berufungsgericht der Klage hinsichtlich der Wäschebügel mit dem Formnest 12 stattgegeben. Die Entscheidung über die Ansprüche hinsichtlich der von der Beklagten hergestellten Wäschebügel mit den Formnestern 10, 11 und 13 hat es dem Schlussurteil vorbehalten. Die Ansprüche der Klägerin wegen Wäschebügeln mit den Formnestern 3 D, 4 D, 5 bis 8, 14 bis 18 und 20 bis 23 hat das Berufungsgericht abgewiesen.
[9]Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin, die in dem Teilurteil ausgesprochene teilweise Klageabweisung aufzuheben und die Beklagte auch hinsichtlich der dort genannten Bügel zu verurteilen. Die Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen.
Entscheidungsgründe
[10]Die Revision hat Erfolg und führt im Umfang der Aufhebung zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.
[11]Hinsichtlich der Bügel mit den Formnestern 3 D, 4 D, 5 bis 8, 14 bis 18 und 20 bis 23, die allein Gegenstand der Revision sind, hat es das Berufungsgericht offen gelassen, ob sie das Klagegebrauchsmuster verletzen und während dessen Laufzeit nach Deutschland geliefert worden sind. Es hat die Klage insoweit schon deshalb abgewiesen, weil weder eigene Benutzungshandlungen der Beklagten vorlägen noch eine Haftung der Beklagten für Benutzungshandlungen Dritter als Anstifter oder Gehilfe anzunehmen sei. Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
[12]1. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass das Vorstellen eines gebrauchsmusterverletzenden Bügels zum Zweck der Aufnahme in die Listung des Handelshauses C. ein Anbieten i.S.v. § 11 GebrMG ist. Denn durch die Listung werden die Wäschelieferanten von C. dazu veranlasst, Bügel des gelisteten Typs nachzufragen und für ihre Lieferungen insb. auch an deutsche Verkaufshäuser von C. zu verwenden. Zwar könnte je nach den Umständen des Einzelfalls eine Benutzung des deutschen Gebrauchsmusters ausscheiden, wenn die Listung ausdrücklich und eindeutig auf Lieferungen der Bügel zur Benutzung im Ausland beschränkt wäre. Daran fehlt es aber. Wie in § 9 PatG umfasst der Begriff des "Anbietens" auch in § 11 GebrMG vorbereitende Handlungen, die das Zustandekommen eines späteren Geschäfts über einen unter Schutz stehenden Gegenstand ermöglichen oder fördern sollen, das die Benutzung dieses Gegenstands einschließt. Nicht anders als das Verteilen eines Werbeprospekts ist die Listung dazu bestimmt und geeignet, Interesse an dem gelisteten Gegenstand zu wecken und diesen betreffende Geschäftsabschlüsse zu ermöglichen (vgl. Sen.Urt. v. 16.9.2003 - X ZR 179/02, GRUR 2003, 1031, 1032 - Kupplung für optische Geräte). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des Senats vom 18.12.1969 (X ZR 52/67, GRUR 1970, 358, 359 - Heißläuferdetektor). Dort hat der Senat ausgeführt, die Ausstellung patentgeschützter Gegenstände auf einer Leistungsschau, die einen Überblick über den Stand der Technik auf einem bestimmten Gebiet gebe und nicht den Charakter einer Verkaufsausstellung habe, reiche nicht schlechthin für die Annahme einer schutzrechtsverletzenden Benutzung aus. Abgesehen davon, dass die Verneinung einer Benutzung danach nur auf der Grundlage einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls möglich ist, ist die hier zu beurteilende Listung schon deshalb nicht mit der Teilnahme an einer Leistungsschau vergleichbar, weil die Wäschelieferanten verpflichtet sind, die gelisteten Bügel für Lieferungen an C. zu benutzen, und es fernliegt, die Listung als Überblick über den Stand der Technik auf dem Gebiet der Bügelfabrikation aufzufassen.
[13]2. Das Berufungsgericht meint jedoch, in dem Bemühen der Beklagten um die Listung bei C. sei nur ein Anbieten entsprechender Produkte der Beklagten und nicht ein Anbieten solcher Produkte aller Unternehmen des K./B. -Konzerns zu sehen. Die insoweit darlegungs- und beweispflichtige Klägerin habe nicht im Einzelnen dargelegt und unter Beweis gestellt, dass die Beklagte bei der Listung im Namen und in Vollmacht der gesamten K./B. -Gruppe gehandelt habe und dass sich die Listung nicht nur auf Produkte aus dem Hause der Beklagten bezogen habe, sondern ganz generell auf ein "derartiges Produkt", sofern es nur von einem Unternehmen des K./B. -Konzerns stamme. Das Berufungsgericht verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass die Gesellschaften der K./B. -Gruppe nach dem Vortrag der Beklagten völlig selbständig seien und eigenverantwortlich produzierten. Auch die von der Beklagten gegenüber C. abgegebene Freistellungserklärung gebe für ein Handeln der Beklagten mit Wirkung für andere Konzerngesellschaften nichts her, da insoweit von dem Vortrag der Beklagten auszugehen sei, die Freistellungserklärung beziehe sich nur auf von ihr hergestellte, mit der Klage angegriffene Bügel.
[14]a) Mit diesen Ausführungen hat das Berufungsgericht den Tatbestand des "Anbietens" in § 11 GebrMG zu eng ausgelegt und den Prozessstoff nicht erschöpft. Das "Anbieten" ist eine selbständige Benutzungsform (vgl. BGH, Urt. v. 6.7.1954 - I ZR 166/52, GRUR 1955, 87, 89 - Bäckereimaschine; Sen.Urt. v. 28.5.1968 - X ZR 42/66, GRUR 1969, 35, 36 - Europareise). Es ist deshalb ohne Bedeutung, wenn der Anbieter die angebotene Ausführungsform nicht selbst herstellt, sondern von Dritten bezieht. Im Interesse des nach dem Gesetzeszweck gebotenen effektiven Rechtsschutzes für den Schutzrechtsinhaber ist der Begriff des Anbietens im wirtschaftlichen Sinne zu verstehen. Entscheidend ist, ob eine im Inland begangene Handlung nach ihrem objektiven Erklärungsgehalt einen schutzrechtsverletzenden Gegenstand der Nachfrage zur Verfügung stellt. Ebenso wenig wie das Anbieten im Sinne des Gebrauchsmuster- und Patentgesetzes ein Angebot i.S.d. § 145 BGB voraussetzt, ist es deshalb erforderlich, dass der Anbietende bevollmächtigt oder beauftragt ist, für den Abschluss von Geschäften über den schutzrechtsverletzenden Gegenstand mit Dritten zu werben. Unerheblich ist auch, ob sich das Anbieten auf Gegenstände bezieht, die von einem dritten Unternehmen auf die infolge des Anbietens generierte Nachfrage hin erst noch hergestellt werden müssen. Denn die Beeinträchtigung der Interessen des Schutzrechtsinhabers ist dabei nicht geringer als beim Anbieten bereits hergestellter Gegenstände.
[15]b) Auf der Grundlage des Berufungsurteils ist für die revisionsrechtliche Beurteilung davon auszugehen, dass die Beklagte den Bügel XXX im Dezember 1993 bei C. vorgestellt hat. Wie von der Beklagten beabsichtigt, wurde er daraufhin in die Listung von C. aufgenommen. Dies erfolgte in der Listung gemäß Anlage Ax 16b mit dem Hinweis auf "K./B." als alleinige Bezugsquelle, wobei sich diese englischsprachige Listung nicht nur an deutsche Wäschelieferanten richtete und keinen Bezug zu einem bestimmten Unternehmen der K./B. -Gruppe, etwa der Beklagten, aufwies. Eine Beschränkung auf Bügel mit bestimmten Formnestangaben ist der Listung ebenso wenig zu entnehmen. Die Wäschelieferanten von C. im In- und Ausland, insb. auch in Asien, wurden infolge der Listung unter Angabe von "K./B." als alleiniger Bezugsquelle dazu veranlasst, Bügel XXX für C. nicht etwa nur bei der Beklagten, sondern bei beliebigen Unternehmen der K./B. -Gruppe nachzufragen, also auch bei den Schwestergesellschaften der Beklagten und den als Teil der Gruppe auftretenden Lizenznehmern des Konzerns. Diese Gruppenunternehmen waren für die Bügel XXX lieferfähig, da ihnen das entsprechende Herstellungs-Know-how - wie auch die Beklagte wusste - zugänglich war. Damit hat die Beklagte nicht nur angeboten, selbst an C. "K./B." -Bügel XXX zu liefern. Sie hat durch ihr Einverständnis mit der Listung C. ebenfalls erklärt, dass die anderen Unternehmen der K. /B. -Gruppe die Wäschelieferanten von C. mit Bügeln XXX für C. beliefern könnten. Die Beklagte hat C. damit auch eine Belieferung mit Bügel XXX durch die anderen Unternehmen der K./B. -Gruppe i.S.v. § 11 Abs. 1 GebrMG angeboten.
[16]c) Das Berufungsgericht ist zwar der Auffassung, dass Bügel vom Typ XXX nicht zwangsläufig das Klagegebrauchsmuster verletzen mussten, sondern auch Ausführungsformen möglich waren, die nicht alle Merkmale dieses Schutzrechts verwirklichten. Hierauf kommt es jedoch nicht an, um den Erklärungsinhalt des Lieferangebots der Beklagten zu bestimmen. Die Beklagte hat C. u.a. einen Bügel XXX mit der Formnestangabe 12 zur Listung vorgestellt. Bezüglich dieses Bügels hat das Berufungsgericht in dem nicht angefochtenen Teil seiner Entscheidung festgestellt, dass er das Gebrauchsmuster der Klägerin verletzt. Das zeigt, dass der Bügeltyp XXX auch gebrauchsmusterverletzende Ausführungsformen einschloss. Da die Listung nicht auf solche Ausführungsformen beschränkt war, die das Gebrauchsmuster nicht verletzten, bezog sie sich auch auf Verletzungsformen des Bügels XXX.
[17]3. Die Beklagte handelte hinsichtlich der Verletzung des Gebrauchsmusters der Klägerin auch jedenfalls fahrlässig. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts konnte die Beklagte als Fachunternehmen die Gebrauchsmusterverletzung durch Herstellung und Vertrieb der von ihr hergestellten Wäschebügel mit Formnest 12 zumindest erkennen. Dann konnte sie aber auch erkennen, dass die Listung des Bügels XXX und das in dieser enthaltene Lieferangebot gebrauchsmusterverletzende Ausführungsformen umfasste.
[18]4. Da die Beklagte mindestens fahrlässig Bügel angeboten hat, die das Gebrauchsmuster der Klägerin verletzten, ist sie der Klägerin gem. §§ 24 Abs. 2, 11 Abs. 1 GebrMG dem Grunde nach zum Ersatz des aus dieser Gebrauchsmusterverletzung entstandenen Schadens verpflichtet. Soweit es zur Bezifferung des Schadensersatzanspruchs der Klägerin erforderlich ist, steht ihr auch ein Anspruch auf Rechnungslegung gegen die Beklagte zu.
[19]a) Ein die Beklagte nach § 24 Abs. 2 GebrMG zum Ersatz verpflichtender Schaden wird im Streitfall allerdings nur in Betracht kommen, soweit es infolge der von der Beklagten veranlassten Listung tatsächlich in der Beklagten zurechenbarer Weise zu Lieferungen gebrauchsmusterverletzender Bügel an deutsche Filialen von C. gekommen ist. Das unberechtigte Anbieten eines geschützten Gegenstands ist zwar eine eigenständige Benutzungsform, an die sich gem. § 24 Abs. 2 GebrMG eine selbständige Schadensersatzpflicht knüpft. Typischerweise entsteht dem Rechtsinhaber durch das unberechtigte Anbieten als solches jedoch noch kein Schaden. Allerdings wird ein Schaden bei ihm jedenfalls dann eintreten, wenn es infolge des Anbietens tatsächlich zu Geschäftsabschlüssen oder Lieferungen kommt, die den geschützten Gegenstand betreffen. Da der dem Rechtsinhaber durch solche Lieferungen entstandene Schaden durch die gebrauchsmusterverletzende Angebotshandlung adäquat und zurechenbar verursacht ist, wird er von der Ersatzpflicht des anbietenden Verletzers umfasst. Anderenfalls würde die Schadensersatzpflicht für die Benutzungsform des Anbietens auch in der Praxis häufig leer laufen, obwohl auf das Anbieten grundsätzlich auch andere als durch Lieferungen entstandene Schäden zurückzuführen sein können.
[20]b) Die Ansprüche der Klägerin und damit auch ihr Anspruch auf Rechnungslegung können sich damit nur auf solche Ausführungsformen des Bügels XXX beziehen, die das Klagegebrauchsmuster verletzen. Sie sind zudem bereits durch den Antrag der Klägerin zutreffend begrenzt auf Bügel, die von Unternehmen der K./B. -Gruppe (einschließlich deren Lizenznehmern) hergestellt und an Unternehmen des C. -Konzerns in Deutschland geliefert wurden. Denn der territoriale Geltungsbereich eines deutschen Gebrauchsmusters ist auf das Bundesgebiet beschränkt.
[21]c) Das Berufungsgericht hat bislang noch keine Feststellungen dazu getroffen, aus welchem Unternehmen die Bügel mit den Formnestern 7, 8, 15 bis 18 und 20 bis 23 stammen.
[22]aa) Die Klägerin macht geltend, die Bügel mit den Formnestern 20 bis 23 stammten von der K./B. Srl in Italien und diejenigen mit den Formnestern 15 bis 18 von der K./B. Ltd. in Hongkong. Sollte dies zutreffen, setzten die geltend gemachten Ansprüche der Klägerin hinsichtlich dieser Bügel weiter voraus, dass die entsprechenden Ausführungsformen tatsächlich das Klagegebrauchsmuster verletzten und dass sie während dessen Geltungsdauer an deutsche C. -Filialen geliefert wurden. Auch hierzu fehlen bislang Feststellungen des Berufungsgerichts. Sollten die fraglichen Bügel, wie die Klägerin unter Beweisantritt (GA II 249, Zeugnis S. und H.) vorträgt, bei deutschen Verkaufshäusern von C. als Recycling-Müll angefallen sein, könnte die Lebenserfahrung allerdings den Schluss nahelegen, dass diese Bügel auch in den deutschen Verkaufsstätten von C. benutzt wurden.
[23]bb) Hinsichtlich der Bügel mit den Formnestern 7 und 8 trägt die Klägerin vor, sie seien von einer K./B. Lizenznehmerin in Indonesien produziert worden. Auch insoweit wird das Berufungsgericht eigene Feststellungen zur Herkunft der Bügel zu treffen haben. Es wird dabei aufklären müssen, ob Lizenznehmer von K./B. im Allgemeinen oder jedenfalls konkret der indonesische Lizenznehmer ebenso wie die Schwestergesellschaften der Beklagten Bügel XXX herstellen durften. Schließlich sind auch bezüglich der Bügel mit den Formnestern 7 und 8 bislang keine Feststellungen dazu getroffen, ob sie das Klagegebrauchsmuster verletzten und in Deutschland während der Geltungsdauer des Gebrauchsmusters benutzt wurden.
[24]d) Hinsichtlich der Bügel mit den Formnestern 3 D, 4 D, 5, 6 und 14 hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen, weil die Klägerin versäumt habe, darzulegen und unter Beweis zu stellen, von welchem Unternehmen oder welchem Lizenznehmer des K./B. -Konzerns diese Bügel hergestellt worden sein sollen. Vielmehr habe die Klägerin die Behauptung der Beklagten, die Bügel mit der Kennzeichnung "4 D" seien ein Plagiat, lediglich als unglaubwürdig zurückgewiesen (BU 35) und hinsichtlich der Bügel mit den Formnestern 3 D, 5, 6 und 14 nur allgemein die Vermutung geäußert, sie stammten von einer der "K. -Gesellschaften" (BU 36 u.). Bezüglich dieser Bügel habe die Klägerin also keine Benutzungshandlungen der Beklagten dargelegt.
[25]Es trifft zu, dass die Beklagte eine Benutzungshandlung in Form des Anbietens nur bezüglich Bügeln von Unternehmen der K./B. -Gruppe oder ggf. deren Lizenznehmern vorgenommen hat. Die Listung bei C. bezog sich auf den Bügel XXX von K. (vgl. BU 36 u.). Lieferanten von Bügeln, die diese Angabe nicht zu Recht führen, sind von der Listung nicht erfasst. Die Listung schloss daher "Plagiate" Dritter nicht ein. Das Berufungsgericht hat in diesem Zusammenhang aber den Sachvortrag der Parteien nicht ausgeschöpft. Aus der als Anlage Ax 16b vorgelegten Listung von C. ergibt sich, dass Bügel XXX ausschließlich von Unternehmen der Gruppe K./B. zu beziehen waren. Das spricht jedenfalls zunächst dafür, dass im Recyclingmüll von C. aufgefundene Bügel vom Typ XXX aus dem K. -Konzern stammen. Die Klägerin hat vorgetragen, dass alle diese Bügel mit dem eingeprägten Firmennamen "K." und der Bezeichnung "Artikel XXX" versehen seien. Sie hat zutreffend auch darauf hingewiesen, dass die nahezu durchlaufende Nummerierung der Formnester der bekannt gewordenen Bügel von 1 bis 23 für deren Herkunft aus einem Konzern spricht. Unter Berücksichtigung dieser Umstände wird das Berufungsgericht die Herkunft dieser Bügel aus der K. /B. -Gruppe einschließlich deren Lizenznehmern erneut zu prüfen haben.
[26]e) Das Berufungsgericht wird zudem zu berücksichtigen haben, dass Treu und Glauben auch im Patent- und Gebrauchsmusterverletzungsprozess eine Erleichterung der Beweisführung für die beweisbelastete Partei gebieten können. Dies gilt namentlich für die Spezifizierung von Tatsachen, wenn und soweit diese der mit der Beweisführung belasteten Partei nicht oder nur unter unverhältnismäßigen Erschwerungen zugänglich sind, während ihre Offenlegung für den Gegner ohne Weiteres möglich und zumutbar erscheint (Sen.Urt. v. 30.9.2003 - X ZR 114/00, GRUR 2004, 268 - Blasenfreie Gummibahn II; v. 22.11.2005 - X ZR 81/01, GRUR 2006, 313, 315 - Stapeltrockner). Ein solcher Sachverhalt liegt hier jedenfalls hinsichtlich der Bezeichnungspraxis mit Formnest-Nummern in der K./B. -Gruppe vor. Zu dem Bügel mit der Kennzeichnung "4 D" hat die Beklagte lediglich vorgetragen, eine Kennzeichnung "D" gebe es in der K./B. -Gruppe nicht (BU 35a)). Nachdem die Klägerin diese Behauptung als unsubstantiiert und unglaubwürdig bestritten hatte, hätte das Berufungsgericht prüfen müssen, ob der Beklagten abverlangt werden konnte, die Formnest-Kennzeichnung in der K./B. -Gruppe und die von den verschiedenen Schwestergesellschaften und Lizenznehmern tatsächlich verwendeten Formnester für Bügel des Typs XXX im Einzelnen zu erläutern. Denn die Klägerin war zu einer entsprechenden Darlegung nicht in der Lage.
Fundstellen
BGHZ 2006, 374 |
BGHR 2006, 1314 |
NJW-RR 2006, 1415 |
GRUR 2006, 927 |
WRP 2006, 1141 |
Mitt. 2006, 503 |