Leitsatz (amtlich)
a) Die Verjährung des Anspruchs des Leasinggebers auf Zahlung von Leasingraten ist gem. § 205 BGB während eines auf Rückabwicklung des Kaufvertrages gerichteten Rechtsstreits des Leasingnehmers, dem - leasingtypisch - unter Ausschluss der Sachmängelhaftung im Rahmen des Leasingvertrages kaufrechtliche Gewährleistungsansprüche und -rechte gegen den Lieferanten übertragen worden sind, gehemmt. Denn das Recht des Leasingnehmers, die Zahlung der Leasingraten vorläufig einzustellen, wenn er ihm übertragene Ansprüche und Rechte gegen den Lieferanten klageweise geltend macht, ist ein leasingvertraglich vereinbartes vorübergehendes Leistungsverweigerungsrecht (Fortführung und Fortentwicklung von BGH, Urt. v. 19.2.1986 - VIII ZR 91/85, BGHZ 97, 135; v. 16.6.2010 - VIII ZR 317/09, NJW 2010, 2798).
b) Die Verjährung ist auch dann gehemmt, wenn der Leasingnehmer formularvertraglich verpflichtet ist, die zurückbehaltenen Leasingraten während des Gewährleistungsprozesses zu Sicherungszwecken (§§ 232 ff. BGB) bei Gericht zu hinterlegen.
Das den Verzug ausschließende Recht zur vorläufigen Einstellung der Zahlung der Leasingraten gem. § 205 BGB entfällt rückwirkend, wenn die auf Rückabwicklung des Kaufvertrages gerichtete Klage gegen den Lieferanten rechtskräftig abgewiesen wird. Erweist sich der Rücktritt des Leasingnehmers als unberechtigt, steht fest, dass der Anspruch des Leasinggebers auf Zahlung von Leasingraten insgesamt begründet und nicht etwa zeitweilig unbegründet war (Fortführung von BGH, Urt. v. 19.2.1986 - VIII ZR 91/85, BGHZ 97, 135, 145).
Die durch das Recht des Leasingnehmers zur vorläufigen Einstellung der Leasingraten erfolgte Hemmung der Verjährung des Anspruchs des Leasinggebers auf Zahlung der Leasingraten nach § 205 BGB wirkt auch gegen den Bürgen, der sich verpflichtet hat, für die Verbindlichkeiten des Leasingnehmers aus dem Leasingvertrag einzustehen.
Normenkette
BGB §§ 205, 286 Abs. 1, § 765 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird - unter deren Zurückweisung im Übrigen - das Urteil des 5. Zivilsenats des OLG Koblenz vom 9.4.2014 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht die Klage i.H.v. 44.321,42 EUR nebst Zinsen auf die rückständigen Leasingraten von Mai 2005 bis Juni 2007 jeweils ab dem dritten Kalendertag des Monats abgewiesen hat.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 16. Zivilkammer des LG Koblenz vom 11.9.2013 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Leasingraten von Mai 2005 bis Juni 2007 jeweils ab dem dritten Kalendertag des Monats zu verzinsen sind; der weitergehende Zinsantrag wird abgewiesen.
Die Kosten der Rechtsmittelverfahren haben die Beklagten zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Die Klägerin, eine Leasinggesellschaft, verlangt von der Beklagten zu 1) aus einem Leasingvertrag und von dem Beklagten zu 2) aus einer von ihm übernommenen Bürgschaft Zahlung rückständiger Leasingraten nebst Verzugszinsen. Die Parteien streiten darum, ob die Ansprüche verjährt sind.
Rz. 2
Die Klägerin schloss am 8.6.2004 mit der Beklagten zu 1) für deren physiotherapeutische Praxis einen Leasingvertrag über eine EDV-Anlage mit einer Vertragsdauer von 36 Monaten. Die Leasingraten waren monatlich im Voraus zu entrichten und am zweiten Kalendertag eines jeden Monats fällig. Die von der Klägerin verwendeten Leasingbedingungen bestimmen unter § 3 Abs. 3 Satz 3 und 4:
"Darüber hinaus steht dem M [= Mieter] ein Zurückbehaltungsrecht zu, sobald er wegen eines Mangels des MG [= Mietgegenstand] Wandlungsklage gegenüber dem Lieferanten des MG erhoben hat. Die zurückbehaltenen Mieten sind bei Gericht zu hinterlegen."
Rz. 3
§ 4 der Leasingbedingungen sieht u.a. vor, dass die Klägerin der Beklagten zu 1) Nacherfüllungs- und Schadensersatzansprüche gegen die Lieferantin wegen etwaiger Mängel der Leasingsache abtritt und die Beklagte zu 1) die Abtretung annimmt. Dieser wurde die Verpflichtung auferlegt, diese Ansprüche unmittelbar gegenüber der Lieferantin geltend zu machen. Weiter erhielt die Beklagte zu 1) die Ermächtigung, Rücktritts- und Minderungsrechte gegenüber der Lieferantin geltend zu machen. Im Gegenzug wurde eine Mängelhaftung der Klägerin im Rahmen des Leasingvertrages ausgeschlossen.
Rz. 4
Der Beklagte zu 2) übernahm am 11.6.2004 die selbstschuldnerische Bürgschaft für alle Ansprüche, die der Klägerin aus dem Leasingvertrag gegen die Beklagte zu 1) zustehen.
Rz. 5
Ab Mai 2005 stellte die Beklagte zu 1) die Zahlung der Leasingraten unter Berufung auf von ihr behauptete Sachmängel der EDV-Anlage ein. Am 13.5.2005 erklärte sie den Rücktritt vom Kaufvertrag. Mit der am 8.7.2005 eingegangenen und am 23.7.2005 zugestellten Klage verlangte die Beklagte zu 1) von der Lieferantin der EDV-Anlage die Rückabwicklung des Kaufvertrages. Gegenüber der Klägerin berief die Beklagte zu 1) sich mit Anwaltsschreiben vom 8.8.2005 darauf, dass die Zahlungspflicht nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin ruhe, sobald gerichtliche Maßnahmen gegen die Lieferantin eingeleitet seien; die Beklagte zu 1) gehe davon aus, dass dies abgewartet werde.
Rz. 6
Die Klage der Beklagten zu 1) gegen die Lieferantin wurde in zweiter Instanz durch Urteil des OLG Koblenz vom 9.10.2011 abgewiesen. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision wurde durch Senatsbeschluss vom 16.10.2012 (VIII ZR 350/11) zurückgewiesen.
Rz. 7
Mit der am 2.12.2011 erhobenen Klage verlangt die Klägerin Zahlung der ab Mai 2005 ausstehenden 26 Leasingraten nebst Verzugszinsen. Die Beklagten haben die Einrede der Verjährung erhoben. Die Klage hat in erster Instanz i.H.v. 44.321,42 EUR nebst Verzugszinsen Erfolg gehabt. Auf die Berufung beider Beklagten hat das OLG die Klage abgewiesen.
Rz. 8
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
Rz. 9
Die Revision hat - mit Ausnahme eines geringen Teils der Zinsforderung - Erfolg.
I.
Rz. 10
Das Berufungsgericht (OLG Koblenz, Urt. v. 9.4.2014 - 5 U 1247/13, juris) hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
Rz. 11
Die von den Beklagten erhobene Verjährungseinrede sei begründet. Die geltend gemachten Leasingraten seien in der Zeit von Mai 2005 bis Juni 2007 entstanden. Damit sei die regelmäßige Verjährungsfrist spätestens mit Ablauf des 31.12.2010 vollendet gewesen (§§ 195, 199 Abs. 1 BGB). Die Verjährung der Leasingforderungen hindere nicht nur die Inanspruchnahme der Beklagten zu 1) (§ 214 Abs. 1 BGB), sondern auch die des Beklagten zu 2) als Bürgen (§ 768 Abs. 1 Satz 1 BGB).
Rz. 12
Die Klageforderung sei nicht gem. § 205 BGB durch die Rückabwicklungsklage der Beklagten zu 1) gegen die Lieferantin der EDV-Anlage gehemmt worden. Diese Vorschrift setze eine vertraglich eingeräumte Befugnis des Schuldners voraus, die Leistung vorübergehend zu verweigern. Daran fehle es hier.
Rz. 13
Zwar sei anerkannt, dass ein Leasingnehmer, der sich Gewährleistungsansprüche des Leasinggebers gegen den Lieferanten unter Verzicht auf eigene Mängelrechte abtreten lasse, für die Zeit seiner Prozessführung gegen den Lieferanten regelmäßig berechtigt sei, die Zahlung der Leasingraten einzustellen. Diese Berechtigung sei jedoch im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1) im Leasingvertrag dahin modifiziert worden, dass das Entgelt nicht einbehalten werden dürfe, sondern bei Gericht zu hinterlegen sei. Damit sei die Beklagte zu 1) ungeachtet des Rechtsstreits mit der Lieferantin weiter zahlungspflichtig geblieben und müsse die geschuldeten Beträge aus der Hand geben, damit diese dem Zugriff der Klägerin offen stünden, wenn der Rückabwicklungsprozess scheitere. Im Hinblick darauf sei das in § 313 Abs. 1 BGB angelegte Recht zur Anspruchsabwehr auf eine bloße Sicherung der Beklagten zu 1) für den Fall reduziert worden, dass die Klägerin nach einem Erfolg des Rückabwicklungsprozesses mangels Leistungsfähigkeit nicht mehr auf Auskehr zwischenzeitlich vereinnahmter Leasingraten in Anspruch genommen werden könne.
Rz. 14
Die sich aus dem Vertragsverhältnis ergebende Belastung der Beklagten zu 1) sei mithin nicht grundlegend geändert worden. Die ihr eingeräumten Möglichkeiten ließen sich nicht als Leistungsverweigerungsrecht gem. § 205 BGB begreifen. Der formale Gesichtspunkt, dass der Leasingvertrag von einem Zurückbehaltungsrecht spreche, vermöge daran nichts zu ändern. § 205 BGB trage der Erwägung Rechnung, dass dem Gläubiger verjährungshemmende Maßnahmen solange nicht zumutbar seien, wie der Schuldner eine Inanspruchnahme abwehren könne. Der Klägerin sei es jedoch unbenommen gewesen, die Beklagte zu 1) auf Hinterlegung zu verklagen.
Rz. 15
Anders wäre es, wenn die der Beklagten zu 1) formularmäßig auferlegte Hinterlegungspflicht der Inhaltskontrolle am Maßstab des § 307 BGB nicht standhielte. Dies sei jedoch nicht der Fall, denn von der Beklagten zu 1) sei nicht verlangt worden, die Leasingraten in das Vermögen der Klägerin zu überführen. Vielmehr stünden diese - frei von einem Insolvenzrisiko - nach einem erfolgreichen Rückabwicklungsprozess gegen die Lieferantin dem Zugriff der Beklagten zu 1) offen.
II.
Rz. 16
Diese Beurteilung hält rechtlicher Prüfung nicht stand. Die Klägerin hat gegen die Beklagte zu 1) nach § 535 Abs. 2 BGB in Verbindung mit dem Leasingvertrag und gegen den Beklagen zu 2) nach § 765 Abs. 1 BGB Anspruch auf Zahlung der rückständigen Leasingraten i.H.v. 44.321,42 EUR nebst Verzugszinsen. Rechtsfehlerhaft ist das Berufungsgericht zu der Auffassung gelangt, die Ansprüche der Klägerin, deren Umfang nicht im Streit ist, seien verjährt (§ 214 Abs. 1 BGB).
Rz. 17
1. Die Verjährung des Anspruchs gegen die Beklagte zu 1) auf Zahlung rückständiger Leasingraten, der der dreijährigen Regelverjährung nach § 195 BGB unterfällt, war bei Erhebung der vorliegenden Klage am 2.12.2011 wegen Verjährungshemmung (§ 205 BGB) noch nicht eingetreten und wurde durch die vorgenannte Klageerhebung zusätzlich gehemmt (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB).
Rz. 18
a) Zwar entstanden die von der Klägerin geltend gemachten Forderungen, wie das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend angenommen hat, in der Zeit von Mai 2005 bis Juni 2007 (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB), so dass die Verjährungsfrist bei ungestörtem Verlauf spätestens mit Verstreichen des 31.12.2010 abgelaufen wäre. Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts war die Verjährung der Leasingraten jedoch gem. § 205 BGB vom Eingang der Klageschrift im Gewährleistungsprozess gegen die Lieferantin am 8.7.2005 (§ 167 ZPO) bis zu dessen rechtskräftigem Abschluss durch Zustellung des Senatsbeschlusses vom 16.10.2012 (VIII ZR 350/11) an die damalige Prozessbevollmächtigte der Beklagten zu 1) am 22.10.2012 gehemmt. Wird die Nichtzulassungsbeschwerde gegen ein Berufungsurteil zurückgewiesen, so tritt dessen Rechtskraft mit der Zustellung des Zurückweisungsbeschlusses ein (BGH, Urt. v. 19.10.2005 - VIII ZR 217/04, BGHZ 164, 347, 350 ff.). Der vorgenannte Zeitraum wird nicht in die Verjährungsfrist eingerechnet (§ 209 BGB).
Rz. 19
aa) Gemäß § 205 BGB ist die Verjährung gehemmt, solange der Schuldner aufgrund einer Vereinbarung mit dem Gläubiger vorübergehend zur Verweigerung der Leistung berechtigt ist. Ein vereinbartes vorübergehendes Leistungsverweigerungsrecht, wie es von der Vorschrift erfasst wird (vgl. Begründung des Entwurfs des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes, BT-Drucks. 14/6040, 118), stand der Beklagten zu 1) während des auf Rückabwicklung des Kaufvertrages gerichteten Rechtsstreits zu.
Rz. 20
Nach der Rechtsprechung des Senats folgt aus der gebotenen, nach beiden Seiten hin interessengerechten Auslegung eines Leasingvertrages, dass der Leasingnehmer, dem der Leasinggeber unter Ausschluss einer mietrechtlichen Sachmängelhaftung die gegen den Lieferanten bestehenden kaufrechtlichen Sachmängelansprüche leasingtypisch abgetreten hat, bei Mängeln des Leasinggegenstands berechtigt ist, die Zahlung der Leasingraten vorläufig einzustellen, wenn er die ihm übertragenen Ansprüche und Rechte gegen den Lieferanten bei dessen Weigerung klageweise geltend macht (BGH, Urt. v. 19.2.1986 - VIII ZR 91/85, BGHZ 97, 135, 141 ff.; vom 16.6.2010 - VIII ZR 317/09, NJW 2010, 2798 Rz. 19 f., 24 ff.; vom 13.11.2013 - VIII ZR 257/12, NJW 2014, 1583 Rz. 16).
Rz. 21
Auch im Schrifttum besteht kein Streit darüber, dass das dem Leasingnehmer für die Dauer des Rückabwicklungsprozesses gegen den Lieferanten zustehende Recht zur vorläufigen Einstellung der Zahlung der Leasingraten ein die Verjährungshemmung nach § 205 BGB bewirkendes vertraglich vereinbartes Recht zur vorübergehenden Verweigerung der Leistung ist (Grothe in MünchKomm/BGB, 6. Aufl., § 205 Rz. 9, Henrich in BeckOK/BGB, Stand: 1.8.2015, § 205 Rz. 6; Beckmann in Beckmann/Scharff, Leasingrecht, 4. Aufl., § 13 Rz. 79, § 15 Rz. 13, 24; Redeker, IT-Recht, 5. Aufl., Rz. 623; zu § 202 BGB a.F. s. bereits OLG Koblenz CR 2001, 160, 161).
Rz. 22
bb) Dieses im Leasingvertrag wurzelnde und in § 3 Abs. 3 Satz 3 der Leasingbedingungen ausdrücklich vorgesehene zeitweise Leistungsverweigerungsrecht ist, wie schon das LG mit Recht angenommen hat, nicht dadurch entfallen, dass der Leasingnehmer gem. § 3 Abs. 3 Satz 4 der Leasingbedingungen verpflichtet sein soll, die zurückbehaltenen Leasingraten bei Gericht zu hinterlegen.
Rz. 23
Dabei kann dahinstehen, ob die dem Leasingnehmer formularmäßig auferlegte Verpflichtung, die Leasingraten während der Dauer des Rechtsstreits mit dem Lieferanten über die Rückabwicklung des Kaufvertrags zu hinterlegen, überhaupt einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB standhält (zum Streitstand: BeckOGK/Ziemßen, Stand: 1.6.2015, § 535 BGB Rz. 909 ff.). Selbst wenn eine solche Verpflichtung wirksam begründet worden wäre, ließe dies entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts das in § 3 Abs. 3 Satz 3 der Leasingbedingungen vorgesehene zeitweilige Leistungsverweigerungsrecht unberührt.
Rz. 24
(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden (st.Rspr.; vgl. etwa BGH, Urt. v. 3.12.2014 - VIII ZR 224/13, WuM 2015, 80 Rz. 16; vom 9.4.2014 - VIII ZR 404/12, BGHZ 200, 362 Rz. 25 m.w.N.). Gemessen an diesen Maßstäben betrifft ausschließlich § 3 Abs. 3 Satz 3 der Leasingbedingungen den - hier in Frage stehenden - Hauptanspruch der Klägerin auf Zahlung der Leasingraten gem. § 535 Abs. 2 BGB in Verbindung mit dem Leasingvertrag. Dieser Anspruch ist - was in § 3 Abs. 3 Satz 3 der Bedingungen wiederholt und durch die Formulierung in Satz 4 ("die zurückbehaltenen Mieten") bestätigt wird für die Dauer eines gegen den Lieferanten geführten Rückabwicklungsprozesses mit einem Zurückbehaltungsrecht des Leasingnehmers behaftet, so dass die Klägerin in dieser Zeit keine Leistung verlangen kann.
Rz. 25
(a) § 3 Abs. 3 Satz 4 der Leasingbedingungen betrifft dagegen einen anderen Regelungsgegenstand. Er befasst sich nicht mit der Frage der Erfüllung der Hauptleistungspflicht des Leasingnehmers, sondern mit dem Sicherungsbedürfnis der Klägerin. Diese soll während der Dauer des Gewährleistungsprozesses zwischen Leasingnehmer und Lieferanten zwar keine Leasingraten erhalten, andererseits aber auch nicht befürchten müssen, dass der Leasingnehmer nach einem für ihn ungünstigen Ausgang dieses Verfahrens wirtschaftlich nicht mehr in der Lage ist, die Leasingraten aufzubringen. Es handelt sich also, anders als die Revisionserwiderung meint, um eine Hinterlegung zu Sicherungszwecken (§§ 232 ff. BGB), die auch bei Gericht möglich ist (vgl. BGH, Urt. v. 14.2.1985 - IX ZR 76/84, NJW 1986, 1038 unter 2), und nicht um eine Hinterlegung zur Tilgung der ursprünglichen Schuld nach § 372 BGB. Auf die Sicherungshinterlegung finden die §§ 372 ff. BGB weder direkt noch analog Anwendung (BGH, Urt. v. 10.12.2004 - V ZR 340/03, NJW-RR 2004, 712 unter II 2b cc).
Rz. 26
Aus den voneinander zu trennenden Regelungsgegenständen der Sätze 3 und 4 des § 3 Abs. 3 der Leasingbedingungen folgt also, dass eine Hinterlegungsverpflichtung des Leasingnehmers, so sie denn bestünde, dessen vertragliches Leistungsverweigerungsrecht bezüglich seiner Hauptleistungsverpflichtung unberührt lässt. Das Berufungsgericht hat bei seiner gegenteiligen Auslegung nicht hinreichend zwischen den unterschiedlichen rechtlichen Ebenen (Hauptforderung und Sicherung) unterschieden.
Rz. 27
(b) Zudem trägt die Auffassung des Berufungsgerichts, wonach die Verpflichtung zur Hinterlegung der Leasingraten die Verjährungshemmung nach § 205 BGB hindere, der leasingtypischen Interessenlage der Beteiligten nicht Rechnung. Diese Sichtweise liefe darauf hinaus, dass der um die Verjährung seiner Forderung besorgte Leasinggeber gehalten wäre, im Hinblick auf die ausstehenden Leasingraten Rechtsverfolgungsmaßnahmen gegen den Leasingnehmer (sowie unter Umständen gegen den Bürgen) zu ergreifen, obwohl über die Berechtigung zum Rücktritt vom Kaufvertrag noch nicht rechtskräftig entschieden ist. Eine gerichtliche Auseinandersetzung auch zwischen den Parteien des Leasingvertrages ist in diesem Stadium jedoch nicht sachgerecht. Vielmehr entspricht es der Interessenlage aller Beteiligten, eine bestandskräftige gerichtliche Entscheidung über die Rückabwicklung des Kaufvertrages abzuwarten.
Rz. 28
Sofern sich der Leasingnehmer mit dem Rücktritt vom Kaufvertrag gegenüber dem Lieferanten durchsetzt, fehlt dem Leasingvertrag nämlich von vornherein die Geschäftsgrundlage, so dass dem Leasinggeber von Anfang an keine Ansprüche auf Zahlung von Leasingraten zustehen. Das entspricht der ständigen Rechtsprechung des BGH sowohl vor als auch nach Inkrafttreten des modernisierten Schuldrechts (BGH, Urt. v. 13.11.2013 - VIII ZR 257/12, a.a.O., Rz. 15; v. 16.6.2010 - VIII ZR 317/09, a.a.O., Rz. 21; v. 13.3.1991 - VIII ZR 34/90, BGHZ 114, 57, 61; v. 25.10.1989 - VIII ZR 105/88, BGHZ 109, 139, 142 f.; jeweils m.w.N.). An das Ergebnis des Gewährleistungsprozesses ist der Leasinggeber bei interessengerechter Auslegung des Leasingvertrages gebunden (BGH vom 13.3.1991 - VIII ZR 34/90, a.a.O., S. 65; v. 19.2.1986 - VIII ZR 91/85, a.a.O., S. 143; v. 27.2.1985 - VIII ZR 328/83, BGHZ 94, 44, 48; v. 16.9.1981 - VIII ZR 265/80, BGHZ 81, 298, 305 f.).
Rz. 29
Da während des laufenden Rechtsstreits über den vom Leasingnehmer verfolgten Rückgewähranspruch indes nicht feststeht, ob sich der Rücktritt vom Kaufvertrag als begründet erweist, wäre das Gericht der Zahlungsklage nicht nur befugt, sondern unter Reduzierung des von § 148 ZPO grundsätzlich gewährten Ermessens verpflichtet, den Rechtsstreit zwischen dem Leasinggeber und dem Leasingnehmer über die Verpflichtung zur Zahlung von Leasingraten auszusetzen (BGH, Urt. v. 19.2.1986 - VIII ZR 91/85, a.a.O., S. 145 f.). Vor Abschluss der gerichtlichen Auseinandersetzung des Leasingnehmers mit dem Lieferanten ist dem Leasinggeber daher eine Erfolg versprechende Klage auf Zahlung der Leasingraten verwehrt. Eine Klageerhebung allein zum Zweck der Verjährungshemmung wäre ihm danach nicht zumutbar.
Rz. 30
Zwar ist der Leasinggeber nicht davor geschützt, dass der Leasingnehmer die Klage auf Rückabwicklung des Kaufvertrags erst erhebt, nachdem ihm die Zahlungsklage des Leasinggebers bereits zugestellt worden ist. Das ändert jedoch nichts daran, dass der Leasinggeber, der noch keine Zahlungsklage erhoben hat, den rechtskräftigen Abschluss einer gerichtlichen Auseinandersetzung des Leasingnehmers mit dem Lieferanten über den Rücktritt vom Kaufvertrag abwarten darf, ohne die Verjährung des Anspruchs auf Leasingraten befürchten zu müssen.
Rz. 31
(2) Nach dieser Maßgabe ist entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung kein Raum für die Anwendung der Unklarheitenregel (§ 305c Abs. 2 BGB). Anders wäre es nur, wenn nach Ausschöpfung aller in Betracht kommenden Auslegungsmöglichkeiten Zweifel verblieben und zumindest zwei Auslegungsergebnisse rechtlich vertretbar wären. Auslegungsmöglichkeiten, die - wie hier - zwar theoretisch denkbar, praktisch aber fern liegend sind und für die an solchen Geschäften typischerweise Beteiligten nicht ernsthaft in Betracht kommen, bleiben hingegen außer Betracht (vgl. BGH, Urt. v. 9.5.2012 - VIII ZR 327/11, NJW 2012, 2270 Rz. 28; v. 3.12.2014 - VIII ZR 224/13, a.a.O., Rz. 16; jeweils m.w.N.).
Rz. 32
b) Wegen der rückständigen Leasingraten kann die Klägerin gem. §§ 280 Abs. 1, 2, 286 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB, § 288 Abs. 2 BGB a.F., Art. 229 § 34 EGBGB Verzugszinsen beanspruchen. Da die geltend gemachten Leasingraten gem. § 3 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 der Leasingbedingungen am zweiten Kalendertag eines jeden Monats fällig waren, sind Verzugszinsen ab dem dritten Kalendertag des Monats zuzuerkennen (§ 187 Abs. 1 BGB entsprechend; vgl. BGH, Urt. v. 24.1.1990 - VIII ZR 296/88, NJW-RR 1990, 518 unter I 2c).
Rz. 33
Zwar stand der Beklagten zu 1) vorübergehend, nämlich während der gerichtlichen Auseinandersetzung mit der Lieferantin der EDV-Anlage, gegenüber der Klägerin ein den Verzug ausschließendes Recht zur vorläufigen Einstellung der Zahlung der Leasingraten zu. Dessen Bestand hängt jedoch davon ab, ob der Rücktritt des Leasingnehmers vom Kaufvertrag sachlich begründet ist (BGH, Urt. v. 13.11.2013 - VIII ZR 257/12, a.a.O., Rz. 15 f.; s. auch Koch in MünchKomm/BGB, a.a.O., Leasing Rz. 114; anders Beckmann in Beckmann/Scharff, a.a.O., § 15 Rz. 21). Nachdem die Klage der Beklagten zu 1) gegen die Lieferantin erfolglos geblieben ist, ist somit ihr Zurückbehaltungsrecht rückwirkend entfallen. Erweist sich der Rücktritt des Leasingnehmers als unberechtigt, steht fest, dass der Anspruch des Leasinggebers auf Zahlung von Leasingraten insgesamt begründet und nicht etwa zeitweilig (und damit Verzugsfolgen ausschließend) unbegründet war (vgl. BGH vom 19.2.1986 - VIII ZR 91/85, a.a.O., S. 145).
Rz. 34
2. Aufgrund des Bürgschaftsvertrages ist der Beklagte zu 2) verpflichtet, für die Verbindlichkeiten der Beklagten zu 1) aus dem Leasingvertrag einzustehen (§ 765 Abs. 1 BGB).
Rz. 35
a) Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung kann der Beklagte zu 2) sich nicht mehr auf vermeintliche Mängel der EDV-Anlage berufen. Zwar kann der Bürge die dem Hauptschuldner zustehenden Einreden geltend machen (§ 768 Abs. 1 Satz 1 BGB). Entsprechende Rechte stehen jedoch auch der Beklagten zu 1) nicht (mehr) zu. Das Recht, die Leasingraten vorläufig einzustellen, hat die Beklagte zu 1) verloren. Denn als Leasingnehmerin ist sie an den für sie negativen Ausgang der gewährleistungsrechtlichen Auseinandersetzung gebunden, weil die Parteien des Leasingvertrages ihre gegenseitigen Ansprüche von der Entscheidung dieses Rechtsstreits abhängig gemacht haben (BGH, Urt. v. 7.10.1992 - VIII ZR 182/91, NJW 1993, 122 unter II 1b bb; v. 19.2.1986 - VIII ZR 91/85, a.a.O., S. 146). Der leasingtypische Verlust der Einrede wirkt auch gegenüber dem Bürgen (vgl. Habersack in MünchKomm/BGB, a.a.O., § 768 Rz. 4, 9; Staudinger/Horn, BGB, Neubearb. 2012, § 768 Rz. 4).
Rz. 36
b) Der Beklagte zu 2) kann, anders als die Revisionserwiderung meint, auch nicht geltend machen, dass die Hauptforderung verjährt sei (§ 768 Abs. 1 Satz 1 BGB). Dies ist, wie ausgeführt, aufgrund der Hemmungswirkung des § 205 BGB nicht der Fall.
Rz. 37
§ 768 Abs. 2 BGB, wonach der Bürge eine Einrede nicht dadurch verliert, dass der Hauptschuldner auf sie verzichtet, ist im Streitfall nicht anwendbar. Diese Vorschrift bezweckt den Schutz des Bürgen in Fällen, in denen der Hauptschuldner durch sein rechtsgeschäftliches Handeln ohne Mitwirkung des Bürgen eine neue Verjährungsfrist schafft oder die bestehende Verjährungsfrist verlängert (BGH, Urt. v. 18.9.2007 - XI ZR 447/06, WM 2007, 2230 Rz. 18; v. 14.7.2009 - XI ZR 18/08, BGHZ 182, 76 Rz. 22).
Rz. 38
Daran fehlt es hier. Das Recht des Leasingnehmers zur vorläufigen Einstellung der Zahlung der Leasingraten, welches gem. § 205 BGB die Verjährungshemmung des Anspruchs des Leasinggebers bewirkt, ist weder als Verzicht des Leasingnehmers auf die Einrede der Verjährung i.S.v. § 768 Abs. 2 BGB zu werten noch ist es einer rechtsgeschäftlichen Verlängerung der Verjährungsfrist gleichzustellen. Die Hemmungsfolge des § 205 BGB tritt unabhängig vom Parteiwillen kraft Gesetzes ein. Der Bürge ist daher nicht schutzwürdig, denn er muss, wie bereits das LG zutreffend ausgeführt hat, allein schon wegen der leasingtypischen Gegebenheiten mit der Verwirklichung gesetzlicher Hemmungstatbestände rechnen (vgl. BGH, Urt. v. 14.7.2009 - XI ZR 18/08, a.a.O., Rz. 23, zu § 203 BGB; Palandt/Sprau, BGB, 74. Aufl., § 768 Rz. 9).
Rz. 39
c) Auch im Hinblick auf die Bürgschaftsforderung bleibt der Verjährungseinrede des Beklagten zu 2) der Erfolg versagt (§ 214 Abs. 1 BGB). Die von der Klägerin am 2.12.2011 erhobene Bürgschaftsklage konnte die Verjährung der Bürgschaftsforderung, die unabhängig von der Verjährung der Hauptforderung der selbständigen - regelmäßig mit der Fälligkeit der Hauptforderung beginnenden - dreijährigen Regelverjährung nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB unterliegt (BGH, Urt. v. 11.11.2014 - XI ZR 265/13, BGHZ 203, 162 Rz. 21 m.w.N.), nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB hemmen. Denn gem. § 205 BGB war auch die Verjährung der Bürgschaftsforderung für die Dauer des Rechtsstreits der Beklagten zu 1) mit der Lieferantin gehemmt. Der selbstschuldnerische Bürge, der für Forderungen aus einem Leasingvertrag mit leasingtypischem Gewährleistungsausschluss und Übertragung der kaufrechtlichen Gewährleistungsansprüche und -rechte auf den Leasingnehmer haftet, ist bei interessengerechter Auslegung des Bürgschaftsvertrages ebenfalls vorübergehend, nämlich während der Dauer des auf Rückabwicklung des Kaufvertrages gerichteten Rechtsstreits, zur Verweigerung der Leistung berechtigt. Denn sein dahingehendes Interesse gleicht demjenigen des Leasingnehmers, von dem der Leasinggeber, wie ausgeführt (oben 1a aa), vor dem rechtskräftigen Abschluss dieser Auseinandersetzung Leasingraten auch nicht vorläufig fordern kann.
III.
Rz. 40
Das Berufungsurteil kann daher keinen Bestand haben; es ist - mit Ausnahme eines geringen Teils der Zinsforderung - aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat entscheidet in der Sache selbst, da es keiner weiteren Feststellungen bedarf und die Sache daher zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Dies führt - unter geringfügiger Abänderung des Zinsausspruchs im Wesentlichen zur Zurückweisung der Berufung und Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Fundstellen
Haufe-Index 8623336 |
BB 2015, 2625 |
BB 2015, 2959 |
DB 2015, 7 |
NJW 2016, 397 |
EBE/BGH 2015 |
EWiR 2016, 271 |
JurBüro 2016, 108 |
WM 2016, 652 |
ZIP 2015, 2177 |
JZ 2015, 634 |
MDR 2015, 1283 |
VersR 2016, 606 |
ZInsO 2015, 2243 |
ZfS 2016, 323 |
FMP 2016, 113 |
JM 2017, 15 |
Jura 2016, 321 |