Leitsatz (amtlich)
Die Ausstattung einer Wohnung mit Rauchwarnmeldern führt regelmäßig zu einer Verbesserung der Sicherheit, insb. dann, wenn ein Mehrfamilienhaus durch den Vermieter einheitlich mit solchen Geräten ausgestattet wird. Dadurch, dass Einbau und spätere Wartung der Rauchwarnmelder für das gesamte Gebäude "in einer Hand" sind, wird ein hohes Maß an Sicherheit gewährleistet, das zu einer nachhaltigen Verbesserung i.S.v. § 555b Nr. 4 und 5 BGB führt. Dies gilt auch im Vergleich zu einem Zustand, der bereits dadurch erreicht ist, dass der Mieter von ihm ausgewählte Rauchmelder eingebaut hat.
Normenkette
BGB § 555b Nrn. 4-5
Verfahrensgang
LG Halle (Saale) (Urteil vom 30.06.2014; Aktenzeichen 3 S 11/14) |
AG Halle (Saale) (Entscheidung vom 28.01.2014; Aktenzeichen 97 C 2551/13) |
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des LG Halle vom 30.6.2014 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 22.7.2014 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Die Beklagte ist Mieterin einer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus der Klägerin in Halle. Die Klägerin will ihre Wohnungen einheitlich mit funkbetriebenen Rauchwarnmeldern ausstatten und kündigte der Beklagten deshalb Ende des Jahres 2012 an, Rauchwarnmelder im Wohn-, Schlaf- und Kinderzimmer sowie im Flur der Wohnung anbringen zu wollen. Die Beklagte berief sich darauf, die Wohnung bereits mit Rauchwarnmeldern ausgestattet zu haben.
Rz. 2
Die auf Duldung des Anbringens von Rauchwarnmeldern in den vorgenannten Räumlichkeiten gerichtete Klage hat in den Vorinstanzen Erfolg gehabt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Rz. 3
Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
Rz. 4
Das Berufungsgericht (LG Halle, ZMR 2014, 986) hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
Rz. 5
Die Beklagte sei zu Unrecht der Auffassung, Normadressatin des § 47 der Bauordnung des Landes Sachsen-Anhalt (BauO LSA) sei nicht die Klägerin. Für die Einhaltung bauordnungsrechtlicher Vorschriften sei grundsätzlich der Bauherr zuständig. Dies betreffe auch laufende Instandhaltungen und Veränderungen aufgrund von (gesetzlichen) Auflagen. Jedenfalls sei der Mieter umgekehrt nicht Normadressat der Vorschrift, weil er lediglich die Nutzungsberechtigung an einer den maßgeblichen Vorschriften entsprechenden Wohnung habe.
Rz. 6
Wenn ein Mieter eigenmächtig Rauchwarnmelder einbaue, die - wie hier - unstreitig nicht näher nach Art, Standard, Anbringung, Wirksamkeit sowie Wartung definiert seien, erfülle er keine Pflicht des Bauherrn. Soweit der Mieter seinen umgekehrt bestehenden Anspruch auf Einbau von Rauchwarnmeldern nicht geltend mache, könne ein vom Vermieter nicht genehmigter Einbau nicht dazu führen, dessen grundsätzlich weite Dispositionsrechte zur Ausstattung der Wohnung zu schmälern.
Rz. 7
Das Anbringen von Rauchwarnmeldern stelle nämlich eine nach § 555b Nr. 5 und 6 BGB zu duldende Modernisierungsmaßnahme dar, die aufgrund des unstreitig geringfügigen Eingriffs eine Bagatellmaßnahme i.S.v. § 555c Abs. 4 BGB sei und deshalb keiner Modernisierungsankündigung bedürfte. Es handele sich einerseits um eine Maßnahme i.S.d. § 555b Nr. 5 BGB, die die Wohnverhältnisse auf Dauer verbessere, da sie den Sicherheitsstandard gleichermaßen nachhaltig für alle Bewohner erhöhe, und andererseits um eine Maßnahme i.S.d. § 555b Nr. 6 BGB, zu der der Vermieter - jedenfalls im Sinne eines Mindestmaßes - nach § 47 BauO LSA verpflichtet sei.
Rz. 8
Da die (unstreitig) nicht neuwertigen und nicht näher beschriebenen Rauchwarnmelder nur der willkürlichen Wartung und Auswahl der Beklagten unterlägen, könne diese aufgrund des Interesses der Vermieterin an einem eigenen, einheitlichen, von ihr zu kontrollierenden und zu wartenden Rauchwarnsystem nicht einwenden, dass bereits ein hinreichender Sicherheitszuwachs erfolgt sei.
Rz. 9
Die Beklagte könne sich weder auf wirtschaftliche noch personale Härtegründe i.S.d. § 555d Abs. 2 BGB berufen. Ein wirtschaftlicher Härtegrund entfalle mangels Mieterhöhung. Die geringfügige Betriebskostenumlage überwiege weder den Sicherheitszuwachs noch die Befreiung der Beklagten von Kontroll-, Wartungs- sowie ggf. Erneuerungs- oder Reparaturpflichten. Ferner sei zu berücksichtigen, dass es den uneingeschränkten Versicherungsschutz des Gebäudes gefährde, wenn eine ordnungsgemäße Wartung der Rauchwarnmelder nach den maßgeblichen DIN-Vorschriften nicht nachgewiesen sei. Auch habe selbst die Beklagte eingeräumt, dass mit den Rauchwarnmeldern der Klägerin lediglich "lästige Auswirkungen" verbunden seien. Diese stünden in keinem Verhältnis zu der regelmäßig überprüften Sicherheit, so dass es im organisatorischen Ermessen der Klägerin als großer Wohnungsgesellschaft liegen müsse, wann sie Unternehmen zum Einbau von Rauchwarnmeldern einsetze.
Rz. 10
Der Vermieter könne bestimmen, dass über die in § 47 BauO LSA benannten (Mindest-)Räumlichkeiten hinaus alle Zimmer in dem Umfang mit dem technischen Standard ausgestattet werden, den er für sinnvoll halte. Gerade die Ausstattung des Wohnzimmers, welches von der vorbezeichneten Bestimmung nicht umfasst werde, erscheine sinnvoll und sicherheitserhöhend, weil aufgrund der Lebenswahrscheinlichkeit dort gehäuft Brände aufträten, z.B. durch Kerzen oder eine Vielzahl elektrischer Geräte.
II.
Rz. 11
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand. Die Revision ist daher zurückzuweisen. Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte trotz der von ihr vorgenommenen Ausstattung der Wohnung die Anbringung von Rauchwarnmeldern durch die Klägerin zu dulden hat.
Rz. 12
Der von der Klägerin geltend gemachte Duldungsanspruch steht ihr gem. §§ 555d Abs. 1, 555b Nr. 4 und 5 BGB bezüglich aller Räume unter dem Gesichtspunkt einer nachhaltigen Erhöhung des Gebrauchswerts der Mietsache und der dauerhaften Verbesserung der allgemeinen Wohnverhältnisse zu. Daneben ergibt sich der Duldungsanspruch jedenfalls für den Schlafraum, das Kinderzimmer und den Flur zusätzlich aus §§ 555d Abs. 1, 555b Nr. 6 BGB i.V.m. § 47 Abs. 4 BauO LSA unter dem Gesichtspunkt einer vom Vermieter nicht zu vertretenden Maßnahme (vgl. Senatsurteil vom heutigen Tage - VIII ZR 290/14, unter II 1, zur Veröffentlichung bestimmt); offen bleiben kann, ob dies - wie die Klägerin in den Instanzen geltend gemacht hat - auch für das vom Wortlaut des § 47 Abs. 4 BauO LSA nicht erfasste Wohnzimmer gilt, etwa im Hinblick auf eine mögliche und dem Eigentümer nicht unbedingt bekannte Nutzung als Schlafraum.
Rz. 13
Die Ausstattung einer Wohnung mit Rauchwarnmeldern führt regelmäßig zu einer Verbesserung der Sicherheit und damit auch zu einer nachhaltigen Erhöhung des Gebrauchswerts der Mietsache (Palandt/Weidenkaff, BGB, 74. Aufl., § 555b Rz. 7; BeckOK/BGB/Schlosser, Stand: 1.5.2015, § 555b Rz. 30; BeckOGK/Schepers, Stand: 1.6.2015, § 555b BGB Rz. 47 f.) sowie zu einer dauerhaften Verbesserung der allgemeinen Wohnverhältnisse (Blank in Blank/Börstinghaus, Miete, 4. Aufl., § 555b BGB Rz. 55; Schüller in Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 4. Aufl., Kap. III. A Rz. 2669 "Rauchwarnmelder"). Dies gilt insb. dann, wenn - wie hier - ein Mehrfamilienhaus durch den Vermieter einheitlich mit solchen Geräten ausgestattet wird. Dadurch, dass der Einbau und die spätere Wartung von Rauchwarnmeldern für das gesamte Gebäude "in einer Hand" sind, wird ein hohes Maß an Sicherheit gewährleistet, das auch für die Wohnung der Beklagten ausgehend von dem durch den von ihr selbst vorgenommenen Rauchwarnmeldereinbau erreichten Zustand zu einer nachhaltigen Verbesserung i.S.v. § 555b Nr. 4 und 5 BGB führt. Mit Recht hat das Berufungsgericht deshalb entschieden, dass sich die Klägerin nicht darauf verweisen lassen muss, die Wohnung der Beklagten mit Rücksicht darauf von der beabsichtigten Modernisierung auszunehmen, dass die Beklagte sie mit von ihr ausgewählten Rauchwarnmeldern ausgestattet hat. Das Vorliegen einer unzumutbaren Härte (§ 555d Abs. 2 Satz 1 BGB) hat das Berufungsgericht ebenfalls rechtsfehlerfrei verneint.
Fundstellen
NJW 2015, 2488 |
EBE/BGH 2015 |
JurBüro 2015, 610 |
NZM 2015, 588 |
ZAP 2015, 960 |
ZMR 2015, 2 |
ZMR 2015, 760 |
ZfIR 2015, 4 |
JZ 2015, 460 |
JuS 2015, 10 |
MDR 2015, 819 |
WuM 2015, 497 |
ZfF 2016, 174 |
GV/RP 2016, 214 |
MietRB 2015, 290 |
NJW-Spezial 2015, 546 |
RdW 2015, 668 |
FuBW 2016, 31 |
FuHe 2016, 148 |
FuNds 2016, 112 |
LL 2015, 698 |