Leitsatz (amtlich)
Eine Ausführungsform, die anstelle eines im Patentanspruch vorgesehenen Merkmals eine abweichende Gestaltung aufweist, kann nicht ohne Weiteres deshalb als gleichwirkend angesehen werden, weil der vom Patent angestrebte Schutz einer Schlauchleitung zwar nicht in dem im Patentanspruch vorgesehenen Abschnitt der Leitung erzielt wird, wohl aber in einem anderen Abschnitt.
Normenkette
PatG § 14; EPÜ Art. 69 Abs. 1
Verfahrensgang
OLG München (Urteil vom 17.05.2018; Aktenzeichen 6 U 997/17) |
LG München I (Entscheidung vom 03.02.2017; Aktenzeichen 21 O 23358/14) |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des OLG München vom 17.5.2018 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Die Klägerin ist Inhaberin des am 3.4.2006 angemeldeten und am 9.9.2009 mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 889 808 (Klagepatents), das einen Kranarm mit einer Befestigungsvorrichtung für Arbeitsgeräte betrifft. Der einzige Patentanspruch des Klagepatents lautet in der Verfahrenssprache:
Kranarm mit einer Befestigungsvorrichtung für Arbeitsgeräte, wobei die Befestigungsvorrichtung entlang einer vertikalen Achse beabstandete Drehgelenke mit einem kranarmseitigen Drehgelenk und einem arbeitsgeräteseitigen Drehgelenk nach Art eines Kardangelenks aufweist, deren Drehachsen senkrecht zueinander angeordnet sind, wobei vom Kranarm Schlauchleitungen zu Anschlüssen an einem zwischen Arbeitsgerät und arbeitsgeräteseitigem Drehgelenk angeordneten Rotator führen und wobei das kranarmseitige Drehgelenk entlang seiner Drehachse zwei beabstandete Drehlager aufweist und die Schlauchleitungen vom Kranarm zu den Anschlüssen zwischen den beiden Drehlagern verlaufen, dadurch gekennzeichnet, dass die Anschlüsse (8) für die Schlauchleitungen (7) an der dem Kranarm (1) zugewandten Seite (1a) der Befestigungsvorrichtung (2) angeordnet sind und die Schlauchleitungen (7) in Richtung der Drehachse des arbeitsgeräteseitigen Drehgelenks versetzt an diesem Drehgelenk vorbeilaufen.
Rz. 2
Die Beklagte zu 1), deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2) ist, vertreibt in Deutschland Kranarme.
Rz. 3
Ein u.a. auf der Messe Interforst 2014 angebotener Kranarm (angegriffene Ausführungsform 1) weist ein Drehgelenk auf, das in den nachfolgend wiedergegebenen Fotografien und Schemazeichnungen dargestellt ist.
Rz. 4
Ein u.a. auf der Messe Elmia 2013 angebotener Kranarm (angegriffene Ausführungsform 2) weist ein Drehgelenk auf, das in den nachfolgend wiedergegebenen Fotografien dargestellt ist.
Rz. 5
Bei beiden Ausführungsformen wird der Raum zwischen den beiden Lagerbuchsen des kranarmseitigen Drehgelenks von einem - von der Klägerin als Drehachse oder zylinderförmiges Element und von den Beklagten als Hülse bezeichneten - Bauteil eingenommen, das die beiden Drehlager miteinander verbindet und sich von beiden Seiten her zur Mitte hin verjüngt. Die angegriffene Ausführungsform 1 weist außerdem unterhalb des die beiden Drehlager verbindenden Bauteils ein weiteres Bauteil auf, das von der Klägerin als Hülse und von den Beklagten als Bolzen bezeichnet wird. Die Hydraulikschlauchleitungen, die bei der angegriffenen Ausführungsform 2 ummantelt sind, werden bei beiden Ausführungsformen um das die beiden Drehlager verbindende Bauteil herumgeführt. In diesem Abschnitt verlaufen die Leitungen auf der dem Kranarm abgewandten Seite der Befestigungsvorrichtung (außen). Im Anschluss hieran werden sie auf der dem Kranarm abgewandten Seite der Befestigungsvorrichtung (innen) weitergeführt. Bei der Ausführungsform 1 laufen sie auf dieser Seite an der unterhalb des Drehgelenks befindlichen Hülse vorbei.
Rz. 6
Die Klägerin hat geltend gemacht, die angegriffenen Ausführungsformen verwirklichten alle Merkmale des Patentanspruchs des Klagepatents wortsinngemäß, jedenfalls aber durch äquivalente Mittel.
Rz. 7
Das LG hat die auf Unterlassung, Rechnungslegung, Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten, Feststellung der Schadensersatzpflicht und gegen die Beklagte zu 1) zusätzlich auf Vernichtung und Rückruf gerichtete Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht die Beklagten im Wesentlichen antragsgemäß verurteilt. Dagegen wenden sich die Beklagten mit der vom Senat zugelassenen Revision, der die Klägerin entgegentritt.
Entscheidungsgründe
Rz. 8
Die zulässige Revision ist begründet und führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Rz. 9
I. Das Klagepatent betrifft einen Kranarm mit einer Befestigungsvorrichtung für Arbeitsgeräte.
Rz. 10
1. Nach den Ausführungen in der Klagepatentschrift werden solche Kranarme im mobilen Einsatz typischerweise zum Verladen von sperrigem Ladegut wie Baumstämmen oder Rohrleitungen und im stationären Einsatz häufig in Verschrottungsanlagen, Müllverbrennungsanlagen oder in der Bauindustrie verwendet.
Rz. 11
Meistens würden der Rotator und das Arbeitsgerät über eine Hydraulikeinrichtung betrieben. Daher führten Hydraulikschläuche vom Kranarm zum Rotator, während sich die eigentliche Steuerungseinheit, das Hydraulikreservoir, Hydraulikpumpen und sonstige Bestandteile der Einrichtung am anderen Ende des Kranarms befänden, von wo aus auch die Steuerung durch einen Benutzer erfolge. Bei dem in der US-amerikanischen Patentanmeldung 2005/0017528 offenbarten Kranarm bestehe der Vorteil darin, dass die vom Kranarm zur Rotationseinrichtung führenden Schlauchleitungen nicht ohne Weiteres von außen beschädigt werden könnten und so ein Auslaufen der Hydraulikflüssigkeit und eine damit einhergehende Beeinträchtigung der Funktion des Kranarms verhindert werden könne.
Rz. 12
2. Das Klagepatent betrifft das technische Problem, das Kardangelenk insgesamt möglichst stabil auszubilden und die Anschlüsse für die Schlauchleitungen gut zugänglich zu machen, ohne dass der Schutz der Schlauchleitungen vor Beschädigungen von außen beeinträchtigt wird.
Rz. 13
3. Zur Lösung dieses Problems schlägt das Klagepatent einen Kranarm vor, dessen Merkmale sich wie folgt gliedern lassen (abweichende Gliederung des Berufungsgerichts in eckigen Klammern):
1. Der Kranarm [0] weist eine Befestigungsvorrichtung für Arbeitsgeräte [1] auf. 2. Die Befestigungsvorrichtung weist auf: 2.1 ein kranarmseitiges und ein arbeitsgeräteseitiges Drehgelenk nach Art eines Kardangelenks [2.1; 2.2; 2.3], 2.1.1 die entlang einer vertikalen Achse beabstandet sind [2], 2.1.2 deren Drehachsen senkrecht zueinander angeordnet sind [2.4], 2.1.3 wobei das kranarmseitige Drehgelenk entlang seiner Drehachse zwei beabstandete Drehlager aufweist [4]; 2.2 einen Rotator, der zwischen Arbeitsgerät und arbeitsgeräteseitigem Drehgelenk angeordnet ist [3]; 2.3 Anschlüsse für Schlauchleitungen, die an der dem Kranarm zugewandten Seite der Befestigungseinrichtung angeordnet sind [6]; 3. Vom Kranarm zu den Anschlüssen am Rotator verlaufen Schlauchleitungen [3], und zwar 3.1 zwischen den beiden Drehlagern des kranarmseitigen Drehgelenks [5] und 3.2 in Richtung der Drehachse des arbeitsseitigen Drehgelenks versetzt an diesem Drehgelenk vorbei [7].
Rz. 14
4. Ein Ausführungsbeispiel ist in der nachfolgend wiedergegebenen Figur 4 dargestellt.
Rz. 15
Besondere Bedeutung für das Erreichen der oben genannten Ziele misst die Beschreibung des Klagepatents dem Anordnen der Anschlüsse für die Schlauchleitungen und dem Vorbeiführen der Schlauchleitungen auf der dem Kranarm zugewandten Seite zu, also den Merkmalen 2.3 und 3.1. Diese dienen dazu, die Schlauchleitungen vor externen Einflüssen abzuschirmen und beispielsweise davor zu schützen, an einem Baum hängen zu bleiben oder durch einen scharfen Gegenstand beschädigt zu werden (Abs. 6).
Rz. 16
II. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
Rz. 17
Zutreffend habe das LG eine wortsinngemäße Verletzung des Klagepatents verneint. Bei den angegriffenen Ausführungsformen verliefen die Schlauchleitungen nicht - wie nach Merkmal 3.1 vorausgesetzt - zwischen den beiden Drehlagern des kranarmseitigen Drehgelenks. Der Fachmann werde, auch wenn der Pfeil des Bezugszeichens 4b in Figur 4 des Klagepatents insoweit nicht eindeutig sei, den Begriff des Drehlagers auf das eigentliche Drehlager des Drehgelenks beziehen, mithin nur auf das Bauteil, das die Drehbewegung von Lasche und Stange um eine Drehachse ermögliche, und nicht auch auf weitere Bauteile wie die plattenförmigen Trägereinrichtungen, die vertikal zur Drehachse des Drehgelenks verliefen. So werde sowohl in Anspruch 1 als auch in der Beschreibung des Klagepatents zwischen den Begriffen Drehachse, Drehgelenk und Drehlager differenziert. Nach der Aufgabe des Klagepatents solle eine möglichst zentrierte Führung der Schlauchleitungen - wie beispielhaft in Figuren 3 und 4 des Klagepatents dargestellt - erreicht und zugleich vermieden werden, dass die Schlauchleitungen auf der dem Kranarm abgewandten Seite verlaufen, um sie vor einer Beschädigung durch äußere Einwirkungen zu schützen. Dementsprechend sei Merkmal 3.1 mit dem LG funktionsorientiert dahin auszulegen, dass die Schlauchleitungen durch den Bereich verlaufen müssten, der durch den Querschnitt der beiden beabstandeten Drehlager des kranarmseitigen Drehgelenks bestimmt werde und sich als zylindrischer Raum von dem einem Drehlager zum anderen erstrecke. Der Fachmann entnehme dies auch der Beschreibung des Klagepatents, wo unter Verweis auf Figur 3 ausgeführt sei, dass die Schlauchleitungen zwischen den beiden auf der Drehachse des kranarmseitigen Drehgelenks angeordneten Drehlagern durchragen bzw. verlaufen. Dies sei nicht mit einem Durchragen bzw. Verlauf der Leitungen zwischen dem Drehgelenk im Übrigen, einschließlich seiner plattenförmigen Trägereinrichtungen oder Laschen, gleichzusetzen. Bei den angegriffenen Ausführungsformen würden die Schlauchleitungen um das in dem Raum zwischen den beiden Drehlagern befindliche - von der Klägerin als Drehachse und von den Beklagten als Hülse bezeichnete - Bauteil herumgeführt. Damit verliefen sie gerade nicht durch diesen Raum selbst.
Rz. 18
Die angegriffenen Ausführungsformen verwirklichten Anspruch 1 des Klagepatents indessen mit äquivalenten Mitteln. Die dafür erforderliche Gleichwirkung liege - anders als das LG angenommen habe - vor. Dadurch, dass bei den angegriffenen Ausführungsformen die Schlauchleitungen um das gesonderte Bauteil zwischen den beiden Drehlagern herumgeführt werde, werde der u.a. mit Merkmal 3.1 bezweckte Schutz der Schlauchleitungen zwar insofern eingeschränkt, als die Schlauchleitungen über eine kurze Strecke auf der dem Kranarm abgewandten Seite der Befestigungsvorrichtung geführt würden. Auch werde der Vorteil der erfindungsgemäßen Lösung, wonach die zwischen den beiden Drehlagern geführten Schlauchleitungen frei beweglich und flexibel sind, um Hindernissen besser ausweichen und drohenden Beschädigungen entgehen zu können, nur eingeschränkt erreicht, da die Schlauchleitungen bei den angegriffenen Ausführungsformen nicht flexibel seien. Dies stehe der Bejahung einer Gleichwirkung jedoch nicht entgegen, da die erfindungsgemäße Wirkung einer verbesserten Zugänglichkeit unter Beibehaltung des Schutzes der Schlauchleitungen vor Beschädigungen durch äußere Einwirkungen bei den angegriffenen Ausführungsformen noch in maßgeblicher Weise dadurch erreicht werde, dass die Schlauchleitungen, nachdem sie um das Bauteil zwischen den Drehlagern herumgeführt seien, anschließend wieder auf der dem Kranarm zugewandten Seite der Befestigungsvorrichtung zwischen den beiden vertikal zur Drehachse verlaufenden plattenförmigen Trägereinrichtungen geführt würden. Dass bei den angegriffenen Ausführungsformen die Schlauchleitungen nicht auf das maximal erreichbare Maß verkürzt seien und die Schlaufenbildung bei Drehbewegungen nicht so weit wie möglich minimiert sei, führe entgegen der Auffassung des LG nicht zu einer anderen Beurteilung, da diese Vorteile im Klagepatent keinen Niederschlag gefunden hätten.
Rz. 19
Der Fachmann habe die abgewandelten Ausführungsformen zum Prioritätszeitpunkt ohne erfinderische Überlegungen als gleichwirkend auffinden können. Er habe der US-amerikanischen Patentanmeldung 2005/0017528 entnehmen können, dass die Führung der Schlauchleitungen auf der dem Kranarm zugewandten Seite der Befestigungsvorrichtung zu deren Schutz beitrage. Es habe für ihn daher nahegelegen, die patentgemäßen Wirkungen dadurch zu erreichen, dass die Schlauchleitungen zunächst um das die Drehlager verbindende Bauteil herum-, im Übrigen aber, wie beim Klagepatent vorgesehen, auf der dem Kranarm zugewandten Seite der Befestigungsvorrichtung geführt werden. Die angegriffene Ausführungsform 1 verwirkliche dies besonders augenfällig dadurch, dass die Hülse eine Gegenführung ermögliche und somit eine besonders enge Führung der Schläuche auf der dem Kranarm zugewandten Seite gewährleiste. Aber auch die angegriffene Ausführungsform 2 zeige eine radial und axial enge Führung der Schlauchleitungen auf der dem Kranarm zugewandten Seite der Befestigungsvorrichtung.
Rz. 20
Die erforderliche Gleichwertigkeit der Mittel sei ebenfalls gegeben. Die angegriffenen Ausführungsformen orientierten sich an der im Patentanspruch geschützten Lehre, da sie die erfindungsgemäße Lösung, zum Schutz der Schlauchleitungen vor Beschädigungen von außen sowohl die Führung der Leitungen als auch die Anordnung der Anschlüsse am Rotator auf der dem Kranarm zugewandten Seite der Befestigungsvorrichtung vorzusehen, übernommen hätten.
Rz. 21
Der von den Beklagten erhobene "Formstein"-Einwand sei unbegründet. Der Zeuge V. habe zu der unter Beweis gestellten Behauptung der Beklagten, der Harvester A91 mit den Merkmalen der angegriffenen Ausführungsformen sei im August 2003 auf einer Messe in Luzern öffentlich ausgestellt gewesen, keine Angaben aus eigener Wahrnehmung machen können. Soweit der Zeuge sich auf Äußerungen von Mitarbeitern der M. AG betreffend die Ausgestaltung des Harvesters A91 berufen habe, könnte diesen - unterstellt, der Zeuge V. habe diese Äußerungen auch wahrgenommen - als Angaben vom Hörensagen zwar Indizwirkung für die zu beweisende Tatsache zukommen. Es fehle indessen an hinreichenden zusätzlichen Anknüpfungspunkten, um eine solche Indizwirkung zu stützen. Die Beklagten hätten keine Unterlagen vorgelegt, die die Ausgestaltung des Harvesters A91 vor dem Prioritätszeitpunkt des Klagepatents dokumentierten. Weder den von den Beklagten erstinstanzlich vorgelegten Unterlagen noch den im Berufungsverfahren eingereichten Anlagen B3 und B4 sei zu entnehmen, wie der Harvester A91 in den im Streitfall entscheidenden Merkmalen ausgestaltet sei. Soweit die Beklagten den Inhalt der vom Zeugen V. vorgelegten Erklärung des Mitarbeiters L. der M. AG in der mündlichen Verhandlung zum Gegenstand ihres Vortrags gemacht hätten, genüge dies ebenfalls nicht zum Nachweis, dass der Harvester A91 im Jahr 2003 auf der Messe ausgestellt worden und entsprechend den behaupteten Merkmalen ausgestaltet gewesen sei, da die Klägerin dies bestritten habe. Zwar könne die Erklärung eines Zeugen im Wege des Urkundenbeweises verwertet und gewürdigt werden. Indessen sei der Beweiswert einer solchen Erklärung gering, wenn sie eine nicht in einem formellen Verfahren gewonnene, sondern gegenüber einer Partei getätigte Äußerung eines Zeugen wiedergebe. Sei die Urkunde zum Zwecke der Vorlage bei Gericht erstellt worden, könne die Erklärung den Zeugenbeweis ohnehin nicht ersetzen. Als unmittelbare Zeugen in Betracht kommende Mitarbeiter der M. AG habe die Beklagtenseite nicht benannt.
Rz. 22
III. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Überprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
Rz. 23
1. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht eine wortsinngemäße Verletzung des Klagepatents verneint.
Rz. 24
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist für die Auslegung eines Patents nicht die sprachliche oder logisch-wissenschaftliche Bedeutung der im Patentanspruch verwendeten Begriffe maßgeblich, sondern deren technischer Sinn, der unter Berücksichtigung von Aufgabe und Lösung, wie sie sich objektiv aus dem Patent ergeben, zu bestimmen ist (vgl. nur BGH, Urt. v. 12.11.1974 - X ZR 76/68, GRUR 1975, 422, 424 - Streckwalze; Urt. v. 2.3.1999 - X ZR 85/96 GRUR 1999, 909, 912 - Spannschraube).
Rz. 25
Maßgeblich sind dabei der Sinngehalt eines Patentanspruchs in seiner Gesamtheit und der Beitrag, den die einzelnen Merkmale zum Leistungsergebnis der patentierten Erfindung beitragen. Bei der Ermittlung des Sinngehalts des Patentanspruchs sind auch die Beschreibung und die Zeichnungen heranzuziehen (Art. 69 Abs. 1 EPÜ), die die technische Lehre des Patentanspruchs erläutern und veranschaulichen (vgl. BGH, Urt. v. 17. Juli 2012 - , BGHZ 194, 107 Rz. 27 = GRUR 2012, 1124 - Polymerschaum I; Urt. v. 24.9.2019 - X ZR 62/17 GRUR 2020, 159 Rz. 18 - Lenkergetriebe).
Rz. 26
b) Die Auslegung des Patentanspruchs durch das Berufungsgericht wird diesen rechtlichen Anforderungen gerecht.
Rz. 27
Das Berufungsgericht hat zu Recht berücksichtigt, dass sowohl der Anspruch als auch die Beschreibung des Klagepatents zwischen den Begriffen Drehlager, Drehgelenk und Drehachse differenzieren und als Drehlager lediglich ein Bestandteil des Drehgelenks bezeichnet wird, das daneben weitere Bauteile wie Laschen, Stangen und Bolzen umfassen kann. Es hat daraus zutreffend abgeleitet, dass als Drehlager im Sinne dieser Ausführungen nur das eigentliche Lager und damit dasjenige Bauteil des Drehgelenks anzusehen ist, das die Drehbewegung von Lasche und Stange um eine Drehachse ermöglicht.
Rz. 28
Ebenfalls zutreffend hat das Berufungsgericht die in der Klagepatentschrift enthaltenen Angaben zur Aufgabenstellung und zur Funktion der Merkmale in die Betrachtung einbezogen. Seine hieraus abgeleitete Schlussfolgerung, dass es zur Verwirklichung von Merkmal 3.1 nicht ausreicht, wenn die Schlauchleitungen nicht zwischen den beiden Drehlagern verlaufen, sondern nur zwischen sonstigen Bestandteilen des kranarmseitigen Drehgelenks, ist vor dem aufgezeigten Hintergrund nicht zu beanstanden.
Rz. 29
Dieses Verständnis steht zudem in Einklang mit den Zeichnungen in der Klagepatentschrift, in denen die Schlauchleitungen ausnahmslos durch den Bereich zwischen den beiden Lagerbuchsen verlaufen.
Rz. 30
Vor diesem Hintergrund hat das Berufungsgericht dem Umstand, dass in Figur 3 der Klagepatentschrift der Pfeil der Bezugsziffer 4b und in Figur 4 die Striche der Bezugsziffern 4a und 4b nicht bis zu den Lagerbuchsen durchgezogen sind, zu Recht keine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen. Die in den Zeichnungen gewählte Darstellungsform bietet keinen Anhaltspunkt für die Annahme, dass jeder Pfeil oder Strich exakt bis zu dem mit dem jeweiligen Bezugszeichen gekennzeichneten Teil führt.
Rz. 31
c) Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung brauchte das Berufungsgericht zu der Frage, wie Merkmal 3.1 auszulegen ist, nicht das von der Klägerin angebotene Sachverständigengutachten einzuholen.
Rz. 32
Wie ein Patent auszulegen ist, ist eine Rechtsfrage. Deshalb ist die Auslegung vom Revisionsgericht in vollem Umfang nachprüfbar (vgl. nur BGH, Urt. v. 18.5.1999 - X ZR 156/97, BGHZ 142, 7, 15 - Räumschild). Der Tatrichter darf die richterliche Aufgabe der Auslegung des Patentanspruchs nicht einem gerichtlichen Sachverständigen überlassen.
Rz. 33
Wie die Revisionserwiderung im Ansatz zutreffend geltend macht, bildet das Verständnis des Fachmanns von den im Patentanspruch verwendeten Begriffen und vom Gesamtzusammenhang des Patentanspruchs zwar die Grundlage der Auslegung. Das bedeutet jedoch nur, dass sich der Tatrichter ggf. sachverständiger Hilfe bedienen muss, wenn es um die Frage geht, welche objektiven technischen Gegebenheiten, welches Vorverständnis der auf dem betreffenden Gebiet tätigen Sachkundigen, welche Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen und welche methodische Herangehensweise dieser Fachleute das Verständnis des Patentanspruchs und der in ihm verwendeten Begriffe bestimmen oder jedenfalls beeinflussen können (BGH, Urt. v. 11.10.2005 - X ZR 76/04, BGHZ 164, 261 = GRUR 2006, 131 Rz. 19 - Seitenspiegel).
Rz. 34
Im Streitfall ist das Berufungsgericht von dem unter Beweis gestellten Vorbringen nur hinsichtlich der Frage abgewichen, ob der Begriff des Drehlagers im Streitpatent in einem vom Grundverständnis des Fachmanns abweichenden Sinne benutzt wird. Diese Frage ist eine Rechtsfrage und deshalb dem Sachverständigenbeweis nicht zugänglich.
Rz. 35
d) Ebenfalls zu Unrecht rügt die Revisionserwiderung, aus den Feststellungen des Berufungsgerichts ergebe sich nicht, dass bei den angegriffenen Ausführungsformen der Raum zwischen den beiden Drehlagern vollständig durch die Drehachse bzw. Hülse ausgefüllt wird.
Rz. 36
Bereits das LG, dem das Berufungsgericht insoweit beigetreten ist, hat festgestellt, dass das in Rede stehende Bauteil den Raum zwischen den beiden Drehlagern vollständig ausfüllt.
Rz. 37
Diese Feststellung steht entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung in Einklang mit den oben wiedergegebenen Fotografien. Daraus ist zwar ersichtlich, dass sich der Durchmesser des die beiden Drehlager verbindenden, von der Klägerin als Drehachse und von den Beklagten als Hülse bezeichneten Bauteils zur Mitte hin verjüngt. Hieraus kann aber nicht die Schlussfolgerung gezogen werden, dass der Durchmesser des Drehlagers mit dem Durchmesser übereinstimmt, den die Drehachse bzw. Hülse an ihren beiden Enden aufweist. Alle Darstellungen deuten vielmehr darauf hin, dass die Drehachse bzw. Hülse die Drehlager in diesem Bereich überdeckt, also einen größeren Durchmesser aufweist.
Rz. 38
2. Die Begründung, mit der das Berufungsgericht eine Verletzung des Klagepatents mit äquivalenten Mitteln bejaht hat, vermag indessen, wie die Revision zu Recht geltend macht, die angefochtene Entscheidung nicht zu tragen.
Rz. 39
a) Damit eine vom Wortsinn des Patentanspruchs abweichende Ausführung in dessen Schutzbereich fällt, müssen regelmäßig drei Voraussetzungen erfüllt sein:
Rz. 40
Die Ausführung muss das der Erfindung zugrunde liegende Problem mit zwar abgewandelten, aber objektiv gleichwirkenden Mitteln lösen. Ferner müssen seine Fachkenntnisse den Fachmann befähigen, die abgewandelte Ausführung mit ihren abweichenden Mitteln als gleichwirkend aufzufinden. Die Überlegungen, die der Fachmann hierzu anstellen muss, müssen schließlich am Sinngehalt der im Patentanspruch unter Schutz gestellten Lehre orientiert sein (vgl. nur BGH, Urt. v. 12.3.2002 - X ZR 168/00, BGHZ 150, 149, 154 - Schneidmesser I; Urt. v. 17.4.2007 - X ZR 1/05, GRUR 2007, 959, 961 - Pumpeinrichtung).
Rz. 41
b) Im Streitfall kann eine objektive Gleichwirkung mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht bejaht werden.
Rz. 42
aa) Für die Frage der Gleichwirkung ist entscheidend, welche einzelnen Wirkungen die patentgemäßen Merkmale - für sich und insgesamt - zur Lösung der dem Patentanspruch zugrunde liegenden Aufgabe bereitstellen und ob diese Wirkungen bei der angegriffenen Ausführungsform durch andere Mittel erzielt werden.
Rz. 43
Danach ist es erforderlich, den Patentanspruch darauf zu untersuchen, welche der Wirkungen, die mit seinen Merkmalen erzielt werden können, zur Lösung der zugrunde liegenden Aufgabe patentgemäß zusammenkommen müssen. Diese Gesamtheit repräsentiert die patentierte Lösung und stellt deshalb die für den anzustellenden Vergleich maßgebliche Wirkung dar (BGH, Urt. v. 28.6.2000 - X ZR 128/98, GRUR 2000, 1005, 1006 - Bratgeschirr; Urt. v. 17.7.2012 - X ZR 113/11 GRUR 2012, 1122 Rz. 19 - Palettenbehälter III). Als gleichwirkend kann eine Ausführungsform nur dann angesehen werden, wenn sie nicht nur im Wesentlichen die Gesamtwirkung der Erfindung erreicht, sondern gerade auch diejenige Wirkung erzielt, die das nicht wortsinngemäß verwirklichte Merkmal erzielen soll (BGH GRUR 2012, 1122 Rz. 26 - Palettenbehälter III).
Rz. 44
bb) Die mit dem Klagepatent zu erzielende Gesamtwirkung besteht in der verbesserten Zugänglichkeit der Anschlüsse für die Schlauchleitungen und dem Schutz der Leitungen vor Beschädigungen durch Einwirkungen von außen.
Rz. 45
Diese Wirkung wird zum einen dadurch erzielt, dass die Anschlüsse für die Schlauchleitungen gemäß Merkmal 2.3 an einer zwar leicht zugänglichen, aber dennoch vor äußeren Einwirkungen geschützten Stelle angeordnet sind, zum anderen dadurch, dass die Schlauchleitungen gemäß Merkmalsgruppe 3 durch Bereiche geführt werden, die ebenfalls Schutz vor äußeren Einwirkungen bieten, und zwar an den Stellen, die in den Merkmalen 3.1 und 3.2 benannt sind, also im Bereich der beiden Drehgelenke.
Rz. 46
cc) Vor diesem Hintergrund reicht es entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts für eine Gleichwirkung nicht aus, dass die Schlauchleitungen nur im weiteren Verlauf durch Bauteile des Kranarms vor äußeren Einwirkungen geschützt sind, nicht aber im Bereich des kranarmseitigen Drehgelenks.
Rz. 47
Allerdings fällt eine Ausführungsform, die anstelle eines im Patentanspruch vorgesehenen Merkmals eine abweichende Gestaltung aufweist, nicht nur dann in den Schutzbereich eines Patents, wenn sie die erfindungsgemäßen Wirkungen ohne jede Einschränkung erreicht. Für eine Gleichwirkung kann es vielmehr genügen, dass eine nach dem Patentanspruch erforderliche Wirkung durch abgewandelte Mittel nur in eingeschränktem Umfang erzielt wird. Unter dem Gesichtspunkt angemessener Belohnung des Erfinders kann die Einbeziehung in den Schutzbereich eines Patents bereits dann sachgerecht sein, wenn die erfindungsgemäßen Wirkungen im Wesentlichen, also in einem praktisch noch erheblichen Maße, erzielt werden. Hierfür kommt es auf die patentgemäße Wirkung und eine sich hieran orientierende Gewichtung der bei den angegriffenen Ausführungsformen festgestellten Defizite an (BGH, Urt. v. 2.3.1999 - X ZR 85/96 GRUR 1999, 909, 914 - Spannschraube; BGH, GRUR 2005, 1005, 1006 - Bratgeschirr; BGH GRUR 2012, 1122 Rz. 27 - Palettenbehälter III; Urt. v. 13.1.2015 - X ZR 81/13, GRUR 2015, 361 Rz. 25 - Kochgefäß).
Rz. 48
Im Streitfall gehört zu den erforderlichen Wirkungen nicht nur, dass die Schlauchleitungen an einzelnen Stellen durch Bauteile des Kranarms vor äußeren Einwirkungen geschützt sind, sondern auch, dass ein solcher Schutz gerade im Bereich des kranarmseitigen Drehgelenks besteht.
Rz. 49
Dass diese Wirkung bei den angegriffenen Ausführungsformen eintritt, ergibt sich aus den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht. Das Berufungsgericht hat vielmehr festgestellt, dass sich die Schlauchleitungen im Bereich des kranarmseitigen Drehgelenks auf der dem Kranarm abgewandten Seite befinden und erst im weiteren Verlauf zwischen Bauteilen des Kranarms hindurchgeführt werden. Ein Schutz an anderen Stellen kann den mit Merkmal 3.1 bewirkten Schutz im Bereich des kranarmseitigen Drehgelenks nicht ersetzen. Er reicht deshalb nicht aus, um eine Gleichwirkung zu bejahen.
Rz. 50
IV. Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif.
Rz. 51
1. Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen kann nicht ausgeschlossen werden, dass ein für eine Gleichwirkung ausreichender Schutz der Schlauchleitungen bei den angegriffenen Ausführungsformen auch im Bereich des kranarmseitigen Drehgelenks erreicht wird.
Rz. 52
Die bereits erwähnte Feststellung, dass sich die Schlauchleitungen im Bereich des kranarmseitigen Drehgelenks auf der dem Kranarm abgewandten Seite befinden, deutet zwar darauf hin, dass in diesem Bereich kein ausreichender Schutz besteht. Das Berufungsgericht hat sich mit dieser Frage - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - aber nicht abschließend befasst, weil es einen Schutz in anderen Bereichen für ausreichend erachtet hat.
Rz. 53
2. Bei dieser Ausgangslage ist eine erneute tatrichterliche Beurteilung geboten.
Rz. 54
a) Eine Aussage darüber, ob eine abweichende Ausführung in den Schutzbereich fällt, kann regelmäßig nur dann getroffen werden, wenn sich der Tatrichter mit den betreffenden Fragen befasst hat. Denn bei der Frage der Gleichwirkung handelt es sich um eine Frage, deren Beantwortung tatrichterlicher Würdigung und Feststellungen bedarf, die in der Revisionsinstanz nicht nachgeholt werden können. Die Frage nach der Gleichwertigkeit des abweichenden Mittels betrifft zwar eine Rechtsfrage, die der revisionsrechtlichen Prüfung zugänglich ist. Sie hängt aber entscheidend von den zunächst in der Tatsacheninstanz zu klärenden tatsächlichen Grundlagen ab (BGH, Urt. v. 14.12.2010 - X ZR 193/03, GRUR 2011, 313 Rz. 36 - Crimpwerkzeug IV).
Rz. 55
Eine Zurückverweisung ist zwar entbehrlich, wenn die wegen Patentverletzung klagende Partei im Revisionsverfahren nicht aufzeigen kann, dass sie auf einen entsprechenden Hinweis im Berufungsverfahren die tatsächlichen Voraussetzungen einer äquivalenten Verletzung dargetan hätte und somit in der Lage ist, diese Voraussetzungen in einem wiedereröffneten Berufungsverfahren darzutun und ggf. zu beweisen (BGH GRUR 2011, 313 Rz. 40 - Crimpwerkzeug IV). Im Streitfall hat die Revisionserwiderung aber Umstände aufgezeigt, die eine erneute tatrichterliche Beurteilung geboten erscheinen lassen.
Rz. 56
b) Die Revisionserwiderung macht geltend, im Bereich der kranarmseitigen Drehgelenke seien die Schlauchleitungen bei beiden angegriffenen Ausführungsformen dadurch geschützt, dass sie eng an das zwischen den Drehlagern angeordnete, diese verbindende zylinderförmige Bauteil angelegt seien und deshalb nicht weit ausladend über beide Drehgelenke hinausragten. Bei der angegriffenen Ausführungsform 1 werde ein zusätzlicher Schutz durch das unterhalb des die Drehlager verbindenden Bauteils eingebrachte weitere Bauteil erzielt, mittels dessen die Schlauchleitungen direkt zu den Anschlüssen am Rotator geführt würden.
Rz. 57
aa) Diese Ausgestaltung kann, wie das Berufungsgericht in anderem Zusammenhang zutreffend ausgeführt hat, nicht schon deshalb als gleichwirkend angesehen werden, weil sie eine kurze Leitungsführung ermöglicht.
Rz. 58
Eine geringe Länge der Leitungen mag zwar zu einem Schutz der Leitungen beitragen. Dieser Aspekt hat in Patentanspruch 1 aber keinen Niederschlag gefunden. Zudem führt die in Merkmalsgruppe 3 vorgesehene Leitungsführung, wie das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend dargelegt hat, gerade nicht zu einer maximalen Verkürzung der Leitungslänge.
Rz. 59
bb) Eine Gleichwirkung kommt aber deshalb in Betracht, weil das enge Anliegen der Leitungen an dem im Bereich der Drehlager angeordneten Bauteil, das bei der angegriffenen Ausführungsform 1 zusätzlich durch das unterhalb dieses Bauteils angeordnete zusätzliche Bauteil unterstützt wird, bewirken könnte, dass die Schlauchleitungen in ausreichendem Maß gegen äußere Einwirkungen geschützt sind. Eine solche Ausgestaltung könnte ggf. am Patentanspruch orientiert sein, weil sie sich ebenfalls den Umstand zunutze macht, dass einzelne Bauteile des Drehgelenks einen guten Schutz gegen äußere Einwirkungen bieten.
Rz. 60
cc) Ob die bei der angegriffenen Ausführungsform 2 zusätzlich vorhandene Ummantelung der Schlauchleitungen einen vergleichbaren Schutz bewirkt, bedarf keiner Entscheidung.
Rz. 61
Selbst wenn diese Frage zu bejahen wäre, fehlte es jedenfalls an einer Orientierung am Patentanspruch, weil der Schutz nicht durch den Verlauf der Leitungen und bestimmte Bauteile des Kranarms erzielt wird, sondern durch eine besondere Ausgestaltung der Schlauchleitungen selbst.
Rz. 62
3. Sollte das Berufungsgericht erneut zu dem Ergebnis gelangen, dass Merkmal 3.1 mit äquivalenten Mitteln verwirklicht ist, wird es sich nochmals mit dem von der Beklagten erhobenen Einwand befassen müssen, die angegriffene Ausführungsform sei durch den Stand der Technik vorweggenommen.
Rz. 63
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die vom Zeugen V. vorgelegte und von der Beklagten aufgegriffene schriftliche Erklärung als Beweismittel nicht schlechthin untauglich.
Rz. 64
Einer Partei steht es grundsätzlich frei, die Beweismittel auszuwählen, mit denen sie eine Behauptung beweisen möchte. Dies schließt die Möglichkeit ein, einen Dritten nicht als Zeugen zu benennen, sondern sich stattdessen im Wege des Urkundenbeweises auf seine in einem anderen Verfahren protokollierte Aussage oder auf eine von ihm gefertigte schriftliche Erklärung zu berufen - selbst dann, wenn die Erklärung zur Vorlage im anhängigen Rechtsstreit gefertigt worden ist. Der möglicherweise geringere Beweiswert im Vergleich zum Zeugenbeweis, der u.a. auf der fehlenden Möglichkeit von Nachfragen, Vorhalten und ggf. Anknüpfungspunkten für eine Beurteilung der Glaubwürdigkeit beruht, ist im Rahmen der Beweiswürdigung zu berücksichtigen. Darüber hinaus steht es der anderen Seite frei, zum Zwecke des Gegenbeweises die Vernehmung des Dritten als Zeugen anzubieten. Nur in der zuletzt genannten Konstellation können schriftliche Erklärungen oder in einem anderen Verfahren protokollierte Aussagen die Vernehmung des Zeugen nicht ersetzen (vgl. nur BGH, Urt. v. 13.2.2007 - VI ZR 58/06 NJW-RR 2007, 1077 Rz. 16 ff.; Urt. v. 30.11.1999 - VI ZR 207/98 NJW 2000, 1420, 1421; Urt. v. 13.6.1995 - VI ZR 233/94 NJW 1995, 2856, 2857; Urt. v. 22.10.1969 - VIII ZR 221/67, MDR 1970, 135).
Rz. 65
Im Streitfall hätte das Berufungsgericht sich deshalb mit der Frage befassen müssen, ob sich aus der schriftlichen Erklärung hinreichende Indizien für die Wahrheit der unter Beweis gestellten Behauptungen ergeben. Hierbei konnte und musste es zwar berücksichtigen, dass der Beweiswert einer Urkunde oft gering ist, wenn sie die nicht in einem formellen Verfahren gewonnene, sondern gegenüber einer Partei gemachte Äußerung eines Zeugen wiedergibt (BGH, Urt. v. 13.2.2007 - VI ZR 58/06 NJW-RR 2007, 1077 Rz. 17). Dieser Gesichtspunkt rechtfertigt es aber nicht, die Urkunde von vornherein unberücksichtigt zu lassen, weil sie nur zur Vorlage bei Gericht erstellt und die erklärende Person nicht als Zeuge benannt worden ist.
Rz. 66
V. Das Berufungsurteil ist demnach aufzuheben, und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Fundstellen