Leitsatz (amtlich)
a) Die Vertragsübernahme durch einen Dritten kann unter § 17 KO fallen.
b) Zu den Wirkungen einer Konkurseröffnung, wenn der spätere Gemeinschuldner Verträge veräußert hat und nicht alle Vertragspartner der Vertragsübernahme durch den Erwerber bis zur Konkurseröffnung zugestimmt haben.
Normenkette
KO §§ 15, 17; BGB §§ 398, 415
Verfahrensgang
Tenor
Auf die beiderseitigen Rechtsmittel werden – unter deren Zurückweisung im übrigen – das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 9. März 2000 teilweise aufgehoben und das der 21. Zivilkammer des Landgerichts München I vom 28. April 1999 in Nr. II bis V des Tenors teilweise geändert und insoweit wie folgt neu gefaßt:
Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang er im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs das in den angefochtenen Urteilen wiedergegebene Schreiben vom 2. Juni 1998 versandt hat.
Es wird die Verpflichtung des Beklagten zum Ersatz des Schadens festgestellt, welcher der Klägerin dadurch entstanden ist oder noch entstehen wird, daß der Beklagte in dem Schreiben vom 2. Juni 1998 gegenüber allen Adressaten erklärt hat, Wartungsentgelte stünden ab sofort ausschließlich und ungekürzt den Aufzugswerken M. zu. Ferner wird die Verpflichtung des Beklagten zum Ersatz des Schadens festgestellt, welcher der Klägerin dadurch entstanden ist oder noch entstehen wird, daß der Beklagte in dem genannten Schreiben gegenüber den Adressaten, die dem Übergang der Wartungsverträge bis zum 27. Mai 1998 zugestimmt hatten, erklärt hat, die zwischen der Klägerin und der Gemeinschuldnerin am 11. Februar 1998 getroffene Vereinbarung sei gegenstandslos, er empfehle, direkt und unmittelbar mit den Aufzugswerken M. einen neuen Wartungsvertrag abzuschließen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten der ersten Instanz trägt die Klägerin zu 1/5 und der Beklagte zu 4/5.
Die Kosten der zweiten Instanz werden gegeneinander aufgehoben. Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt die Klägerin zu 1/3 und der Beklagte zu 2/3.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin kaufte durch schriftlichen Vertrag vom 11. Februar 1998 gegen ein Entgelt in Höhe von 14 Mio. DM von der L. (im folgenden: L. oder Gemeinschuldnerin) mindestens 2.600 Verträge, die diese mit ihren Kunden über die Wartung von Aufzugsanlagen geschlossen hatte. L. verpflichtete sich, die Wartungsverträge auf die Klägerin mit Wirkung zum 1. März 1998 zu übertragen und die dazu notwendige Zustimmung der Vertragspartner einzuholen. Mit Schreiben vom Februar und März 1998 wiesen die Klägerin und L. die Kunden auf die Übertragung der Wartungsverträge hin. Am 27. Mai 1998 wurden der Konkurs über das Vermögen der L. eröffnet und der Beklagte, der zuvor als Sequester tätig gewesen war, zum Konkursverwalter bestellt. Der Beklagte lehnte mit Schreiben vom selben Tag den Eintritt in den Vertrag vom 11. Februar 1998 ab. Mit Rundschreiben vom 2. Juni 1998 teilte er „nahezu allen” ihm bekannten Wartungskunden seinen Entschluß mit, in die bestehenden Wartungsverträge der Gemeinschuldnerin einzutreten. Er schrieb unter anderem, die zwischen der Klägerin und der Gemeinschuldnerin getroffene Vereinbarung vom 11. Februar 1998 sei gegenstandslos; Vertragspartner der Wartungskunden sei er bzw. die von ihm mit der Durchführung von Reparaturen und Wartung beauftragte Aufzugstechnik M., der auch ab sofort ausschließlich und ungekürzt die Wartungsentgelte zustünden.
Die Klägerin sieht in dem Rundschreiben ein wettbewerbswidriges Verhalten sowie einen rechtswidrigen Eingriff in ihren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Mit ihrer Klage begehrt sie noch die Feststellung der Ersatzpflicht des Beklagten für die Schäden, die ihr dadurch entstanden sind und noch entstehen werden, daß der Beklagte gegenüber (ehemaligen) Wartungskunden der L. behauptet hat, die von dieser und der Klägerin am 11. Februar 1998 getroffene Vereinbarung sei gegenstandslos, dies gelte auch für den angeblichen Eintritt der Klägerin in bestehende Wartungspflichten, und Wartungsentgelte stünden ab sofort ausschließlich und ungekürzt der Aufzugswerke M. zu, sowie daß er den Wartungskunden empfohlen hat, mit diesem Unternehmen direkt und unmittelbar einen neuen Wartungsvertrag abzuschließen. Außerdem verlangt die Klägerin Auskunft über den Umfang der Versendung des Schreibens.
Das Landgericht hat dem Auskunftsantrag voll stattgegeben, dem Feststellungsantrag indes nur mit der Maßgabe, daß eine Verpflichtung zum Schadensersatz wegen der Empfehlung, einen neuen Wartungsvertrag mit den Aufzugswerken M. abzuschließen, nur hinsichtlich der Kunden bestehe, die bis zum 27. Mai 1998 der Übernahme der Wartungsverträge durch die Klägerin zugestimmt gehabt hätten. Auf die Berufung beider Parteien hat das Berufungsgericht dieses Urteil dahin abgeändert, daß der Beklagte der Klägerin in vollem Umfang zum Ersatz des durch das Schreiben vom 2. Juni 1998 entstandenen und noch entstehenden Schadens verpflichtet ist. Mit seiner Revision erstrebt der Beklagte die Abweisung der Klage, soweit diese noch im Streit ist.
Entscheidungsgründe
Das zulässige Rechtsmittel hat hinsichtlich der Schadensersatzpflicht teilweise Erfolg.
A.
Das Berufungsgericht hat sein Urteil wie folgt begründet: Der Beklagte habe den durch die Versendung seines Schreibens vom 2. Juni 1998 der Klägerin entstandenen Schaden zu ersetzen, weil er sich zu Zwecken des Wettbewerbs und in fahrlässig wettbewerbswidriger Weise an deren gegenwärtige und potentielle Kunden gewandt habe. Dabei habe er rechtlich unzutreffende Ansichten geäußert. Die Veräußerung der Wartungsverträge an die Klägerin sei nicht „gegenstandslos” gewesen; auch hätten die Wartungsentgelte nicht der Aufzugswerke M. zugestanden. Durch diese Äußerungen habe er die Wartungskunden verunsichert und so möglicherweise ihr „Abspringen” bewirkt. Der Beklagte habe weder die Wartungskunden, die bei Konkurseröffnung der Vertragsübernahme bereits zugestimmt gehabt hätten, noch diejenigen, die sich noch nicht entschieden gehabt hätten, in der geschilderten Weise anschreiben dürfen. Bezüglich der zuletzt genannten Kunden habe ein Schwebezustand bestanden, weil sie der Vertragsübernahme immer noch – rückwirkend – hätten zustimmen können. Daran hätten weder die Ablehnung der Erfüllung des Veräußerungsvertrages durch den Beklagten noch dessen Eintritt in die Wartungsverträge etwas geändert.
Demgegenüber rügt die Revision, das Berufungsgericht habe die rechtlichen Wirkungen verkannt, welche die Konkurseröffnung gemäß §§ 15, 17 KO bei den Wartungsverträgen sowie dem Übernahmevertrag ausgelöst habe. Verfehlt sei insbesondere die Ansicht, die Wartungskunden hätten die Vertragsübernahme durch die Klägerin auch noch nach der Konkurseröffnung genehmigen können. Das Berufungsgericht habe außerdem ein erhebliches Mitverschulden der Klägerin verkannt. Schließlich sei der Auskunftsanspruch nicht begründet, weil die Klägerin die von ihr geltend gemachten Schadensersatzansprüche auch ohne die Angaben des Beklagten zum Adressatenkreis berechnen und geltend machen könne.
B.
Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten einer rechtlichen Überprüfung nicht in vollem Umfang stand.
I.
Zum Schadensersatz
1. Zutreffend haben die Vorinstanzen angenommen, daß sich der Beklagte durch dieMitteilung in dem Rundschreiben vom 2. Juni 1998,Wartungsentgelte stünden ab sofort ausschließlich und ungekürztden Aufzugswerken M. zu, gemäß §§ 3, 13 Abs. 6 Nr. 1 UWG schadensersatzpflichtig gemacht hat.
a) Wie das Landgericht ausgeführt hat, war diese Mitteilung des Beklagten irreführend i.S.d. § 3 UWG – und zwar in bezug aufalle Wartungskunden.
aa) Entgegen der Ansicht der Revision konnte sich der Hinweis auf die „ab sofort” gegebene Forderungszuständigkeit bei verständiger Würdigung nicht nur auf Wartungsleistungen beziehen, welche die Gemeinschuldnerin oder das vom Beklagten eingesetzte Unternehmen erbringen sollte. Vielmehr konnten die Wartungskunden dem Irrtum erliegen, von der Klägerin zwischen dem 1. März und der Konkurseröffnung am 27. Mai 1998 im eigenen Namen erbrachte Wartungsleistungen seien nicht ihr, sondern den Aufzugswerken M. zu vergüten.
bb) Ungeachtet des Konkurses der Gemeinschuldnerin stand diese Vergütung der Klägerin zu.
Hatten die Kunden die entsprechenden Leistungen der Klägerin in der Meinung entgegengenommen, diese erbringe sie im eigenen Namen „als Nachfolgerin der L.”, lag darin die stillschweigend erteilte Zustimmung zu der Vertragsübernahme (vgl. Staudinger/Busche, BGB 13. Bearb. 1999, Einl. zu §§ 398 ff Rn. 201; Palandt/Heinrichs, BGB 60. Aufl. § 415 Rn. 5). Dann – und erst recht im Falle einer ausdrücklich erteilten Zustimmung – fielen die Rechte aus den betreffenden Verträgen nicht in die Masse, weil die Vertragsübernahme wirksam blieb, soweit sie bis Konkurseröffnung bereits vollzogen war (vgl. unten 2 a aa). Hinsichtlich der wirksam übernommenen Wartungsverträge war die Gemeinschuldnerin bei Konkurseröffnung nicht mehr Vertragspartnerin.
Soweit es an einer Zustimmung zur Vertragsübernahme fehlt, werden die Gegenleistungen für die vor Konkurseröffnung erbrachten Wartungsleistungen nicht von der Erfüllungswahl des Beklagten betroffen. Allerdings fallen – wie die Revision mit Recht geltend macht – die entsprechenden Wartungsverträge grundsätzlich unter § 17 KO. Es handelt sich bei ihnen um auf Dauer angelegte, bei Konkurseröffnung beiderseits noch nicht vollständig erfüllte Werkverträge. Die Gemeinschuldnerin sollte die Anlagen der Kunden über den 27. Mai 1998 hinaus warten; jedenfalls für diese noch zu erbringenden Leistungen standen die Vergütungen der Kunden noch aus. Es ist indessen anerkannt, daß bei gegenseitigen Verträgen, die auf den Austausch teilbarer Leistungen gerichtet sind, vor Konkurseröffnung erbrachte Leistungen des Gemeinschuldners und deren Gegenleistungen im Falle einer Erfüllungswahl des Konkursverwalters nicht von § 17 KO erfaßt werden. Eine vorkonkursliche Abtretung durch den Schuldner bleibt insofern wirksam (BGHZ 129, 336, 340; 135, 25, 26 f.). Eine solche Abtretung war hier mit Wirkung zum 1. März 1998 erfolgt. Dies ergibt sich zum einen aus der im Vertrag vom 11. Februar 1998 übernommenen Verpflichtung, „bis zum 1.3.1998 sämtliche vertragsgegenständlichen Wartungsverträge im Original sowie die vorhandenen für die laufende Betreuung der Anlagen erforderlichen kaufmännischen und technischen Unterlagen … der Käuferin zu übergeben …”, und zum anderen aus der Mitteilung der L. in ihrem Schreiben vom 12. März 1998, bei einer Zahlung auf das angegebene Konto der Klägerin würde der Kunde „von bestehenden Zahlungsverpflichtungen uns gegenüber aus Ihrem Wartungsvertrag entlastet”.
b) Der Beklagte handelte schuldhaft, weil er erkennen konnte und mußte, daß seine Mitteilung irreführend war (vgl. § 13 Abs. 6 Nr. 1 Satz 1 UWG). Er kannte den Vertrag vom 11. Februar 1998 und die darin erfolgte Abtretung, und er mußte die Rechtsprechung zur Nichtanwendung des § 17 KO im Falle vorkonkurslicher Teilleistungen kennen.
c) Die Ansicht der Revision, es sei nicht hinreichend wahrscheinlich, daß die Klägerin durch die Mitteilung über die Forderungszuständigkeit geschädigt worden sei, ist unzutreffend. Grundsätzlich werden im Falle der Verletzung des § 3 UWG in der Rechtsprechung keine hohen Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts gestellt. Es genügt, daß nach der Lebenserfahrung der Eintritt eines Schadens in der Zukunft mit einiger Sicherheit zu erwarten ist; einer hohen Wahrscheinlichkeit bedarf es nicht (BGH, Urt. v. 24. Mai 2000 – I ZR 222/97, WRP 2000, 1402, 1403). Hier war die Mitteilung geeignet, Kunden zu veranlassen, der Klägerin zustehende Leistungen für Wartungen, welche vor Konkurseröffnung vorgenommen worden waren, nicht zu erbringen. Darin lag zumindest eine Marktverwirrung. Diese darf die Klägerin auf Kosten des Beklagten beseitigen, indem sie den Kunden die wahre Rechtslage schildert (vgl. BGH, Urt. v. 17. Mai 2001 – I ZR 291/98, LM UWG § 1 Nr. 847 m. Anm. Teplitzky; Köhler, in Großkomm. UWG 1991 vor § 13 B Rn. 312 ff. m.w.N.).
2. Durch die weiter in dem Rundschreiben vom 2. Juni 1998 enthalteneErklärung, der zwischen der Gemeinschuldnerin und der Klägerin geschlosseneÜbernahmevertrag und der Eintritt der Klägerin in die bestehenden Wartungsverpflichtungen seien „gegenstandslos”, und dieEmpfehlung, mit den Aufzugswerken M. direkt und unmittelbareinen neuen Wartungsvertrag abzuschließen, hat sich der Beklagte nur in eingeschränktem Umfang gemäß §§ 3, 13 Abs. 6 Nr. 1 UWG schadensersatzpflichtig gemacht.
a) Haftbar ist der Beklagte, soweit das Rundschreiben an Wartungskunden gerichtet wurde, die im Zeitpunkt der Konkurseröffnung am 27. Mai 1998 dem Eintritt der Klägerin anstelle der Gemeinschuldnerin in die Wartungsverträge bereits zugestimmt hatten.
aa) Gegenüber diesem eingeschränkten Kundenkreis stellte die bezeichnete Erklärung eine irreführende Angabe über geschäftliche Verhältnisse i.S.d. § 3 UWG dar. Die Angabe war geeignet, bei den Wartungskunden unrichtige Vorstellungen über ihren Vertragspartner zu wecken und sie zu Dispositionen zu veranlassen, die sich zu Lasten der Klägerin auswirken konnten.
Der Übernahmevertrag und der mit der Zustimmungserklärung der betreffenden Kunden bewirkte Eintritt der Klägerin in die Wartungsverträge waren wirksam – und nicht „gegenstandslos” –, weil beides durch die zeitlich spätere Konkurseröffnung nicht berührt wurde. Allerdings fällt der Übernahmevertrag ebenfalls unter § 17 KO. Es handelt sich um einen zweiseitigen Vertrag zwischen dem ausscheidenden und dem eintretenden Vertragspartner, dem der verbleibende Vertragspartner zustimmen mußte. Zwar wird teilweise die Ansicht vertreten, Sinn und Zweck des § 17 KO erforderten nicht, im Konkurs des aus dem Vertrag hinausstrebenden Teils dem Konkursverwalter ein Wahlrecht einzuräumen, ob er den Vertrag erfüllen wolle oder nicht (Lange ZIP 1999, 1373, 1380). Sinn und Zweck des § 17 KO sprechen jedoch im Grundsatz dafür, daß ein Übernahmevertrag darunter fällt. Oft – so auch hier – hat ein solcher Vertrag kaufähnlichen Charakter. Außerdem enthält er häufig für den Fall, daß der andere Vertragspartner nicht zustimmt, eine Erfüllungsübernahme. So war es auch vorliegend (vgl. Ziffer 2.1.5 des Übernahmevertrages). Jedenfalls in einem solchen Falle muß der Konkursverwalter die Möglichkeit haben, die (weitere) Erfüllung des Vertrages abzulehnen, wenn er sich von ihr für die Masse keine Vorteile verspricht oder sogar Nachteile befürchtet. Der Übernahmevertrag war bis zur Konkurseröffnung von beiden Seiten noch nicht vollständig erfüllt. Wie sich aus der vereinbarten Erfüllungsübernahme ergibt, war L. nicht lediglich gehalten, sich um die Beibringung der Zustimmungserklärungen der Wartungskunden zu bemühen; sie schuldete darüber hinaus auch den Erfolg. L. hatte noch nicht vollständig erfüllt, solange nicht alle Kunden der Vertragsübernahme zugestimmt hatten, und demgemäß hatte die Klägerin den Kaufpreis noch nicht (vollständig) bezahlt. Auch insoweit gilt jedoch das oben zu den Wartungsverträgen Gesagte: Soweit ein unter § 17 KO fallender Vertrag auf teilbare Leistungen gerichtet ist und der Schuldner vor Konkurseröffnung bereits Teilleistungen erbracht hat, werden diese und die entsprechenden Gegenleistungen nicht von § 17 KO berührt. Ob ein Übernahmevertrag auch dann von § 17 KO erfaßt wird, wenn er in der Form eines „dreiseitigen Vertrags im engeren Sinne” geschlossen wird (vgl. hierzu BGHZ 96, 302, 307; 137, 255, 259; BGH, Urt. v. 18. Oktober 1995 – VIII ZR 149/94, WM 1996, 128, 131; v. 3. Dezember 1997 – XII ZR 6/96, ZIP 1998, 391, 392; Staudinger/Busche, Einl. zu § 398 ff Rn. 201), ist hier nicht zu entscheiden.
bb) In dem angegebenen Umfang hat der Beklagte ebenfalls wenigstens einen Marktverwirrungsschaden verursacht. Das Schreiben war geeignet, Kunden, welche die Vertragsübernahme durch die Klägerin schon vor der Konkurseröffnung genehmigt hatten, zu irritieren und zum „Abspringen” zu veranlassen. Auch insofern hat der Beklagte schuldhaft gehandelt (§ 13 Abs. 6 Nr. 1 Satz 1 UWG; vgl. oben 1 b).
cc) Der Mitverschuldenseinwand ist unbegründet. Da die Kunden die Vertragsübernahme durch die Klägerin auch stillschweigend – z.B. durch Entgegennahme von Wartungsleistungen seitens der Klägerin (s.o. 1 a) – genehmigen konnten, brauchte sich die Klägerin nicht auf die Aufforderung des Beklagten einzulassen, diejenigen Kunden zu benennen, die bis zur Konkurseröffnung der Vertragsübernahme ausdrücklich zugestimmt hatten.
b) Soweit das Rundschreiben an Kunden adressiert war, die dem Übergang der Wartungsverträge bis zur Konkurseröffnung am 27. Mai 1998 noch nicht zugestimmt hatten, scheidet eine Schadensersatzpflicht jedenfalls mangels Verschuldens (vgl. § 13 Abs. 6 Nr. 1 Satz 1 UWG) des Beklagten aus.
aa) Der Beklagte ist davon ausgegangen, daß die Wartungskunden die Vertragsübernahme durch die Klägerin nach Konkurseröffnung nicht mehr würden genehmigen können. Dies war möglicherweise objektiv falsch.
(1) Allerdings hat der erkennende Senat in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen, daß die Erfüllungsansprüche aus beiderseits noch nicht erfüllten gegenseitigen Verträgen – vorbehaltlich bereits erbrachter Teilleistungen und der entsprechenden Gegenansprüche (vgl. oben 1 a bb) – mit der Eröffnung eines Konkursverfahrens mit Wirkung gegenüber der Konkursmasse „erlöschen” und durch die Erfüllungswahl des Konkursverwalters „neu” entstehen (BGHZ 106, 236, 241 ff.; 116, 156, 158; 129, 336, 338; 135, 25, 26). Danach hätten die Wartungsverträge, deren Übernahme von den Kunden nicht vor Konkurseröffnung genehmigt worden war, wegen § 15 KO nicht mehr übertragen werden können.
(2) Indes könnte die von den Kunden auszusprechende Genehmigung rückwirkende Kraft gehabt haben (vgl. Staudinger/Rieble, § 415 BGB Rn. 76; MünchKomm-BGB/Möschel, 4. Aufl. § 415 Rn. 17). Es ist anerkannt, daß die Genehmigung einer vor Konkurseröffnung vorgenommenen genehmigungsbedürftigen Verfügung des Gemeinschuldners im allgemeinen zurückwirkt. Wird die Verfügung des Gemeinschuldners genehmigt, ist das betreffende Recht schon vor der Eröffnung des Konkursverfahrens aus dem Vermögen des Gemeinschuldners ausgeschieden (BGHZ 137, 267, 280 f; vgl. ferner RGZ 134, 73, 78; BGH, Urt. v. 9. Oktober 1958 – II ZR 229/57, LM Nr. 2 zu § 15 KO; Jaeger/Henckel, KO 9. Aufl. § 15 Rn. 93; Kuhn/Uhlenbruck, KO 11. Aufl. § 15 Rn. 12; Kilger/K. Schmidt, Insolvenzgesetze 17. Aufl. § 15 KO Anm. 4 c). Entsprechendes könnte für den hier zu entscheidenden Fall gelten, daß ein Übernahmevertrag zwischen dem eintretenden und dem ausscheidenden Vertragspartner abgeschlossen wird und der verbleibende Vertragspartner erst nach Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des ausscheidenden Vertragspartners zustimmt.
(3) Andererseits ist Voraussetzung der Rückwirkung einer Genehmigung, daß im Zeitpunkt ihrer Vornahme überhaupt noch eine genehmigungsfähige Verfügung – oder, wie hier, ein genehmigungsfähiger Übernahmevertrag – vorliegt. Dies hängt davon ab, welche Rechtswirkungen die Konkurseröffnung auf den Übernahmevertrag hat. Sind – gemäß der Senatsrechtsprechung – die gegenseitigen Erfüllungsansprüche aus dem Übernahmevertrag, soweit sie noch nicht erfüllt waren, mit Konkurseröffnung erloschen und mangels Erfüllungsverlangens des Beklagten auch nicht wieder aufgelebt, könnte das Erlöschen der Erfüllungsansprüche einer Änderung oder Aufhebung des Übernahmevertrages i.S.v. § 415 Abs. 1 Satz 3 BGB gleichstehen. Dann ließe sich die Meinung vertreten, eine Zustimmung des Vertragspartners zu einer Vertragsübernahme durch einen Dritten sei nicht mehr möglich (Staudinger/Rieble, § 415 BGB Rn. 65), auch wenn der Übernahmevertrag bis zur Konkurseröffnung in dinglicher Hinsicht so weit vollzogen war, wie das von seiten der Vertragspartner überhaupt möglich und zur Erfüllung erforderlich war. Es kommt hinzu, daß der Beklagte Erfüllung der Wartungsverträge gewählt hatte, so daß die beiderseitigen Erfüllungsansprüche (soweit es an Leistungen vor Konkurseröffnung fehlte) nach der Rechtsprechung des Senats „neu” begründet worden waren.
bb) Wenn der Beklagte bei dieser Sach- und Rechtslage davon ausging, nach Konkurseröffnung sei eine Zustimmung der Vertragspartner zu der Übernahme ihrer Verträge durch die Klägerin nicht mehr möglich, so ist ihm dies nicht als Verschulden vorzuwerfen, auch wenn die Rechtsfrage – was hier einer Entscheidung nicht bedarf – anders zu beantworten sein sollte.
II.
Zum Auskunftsanspruch
Der Beklagte ist zu Recht zur Auskunft verurteilt worden. Eine Auskunftspflicht besteht nach Treu und Glauben, wenn die zwischen den Parteien bestehenden Rechtsbeziehungen es mit sich bringen, daß der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechts im Ungewissen ist, daß er sich die zur Vorbereitung und Durchsetzung seines Anspruchs notwendigen Auskünfte nicht auf zumutbare Weise selbst beschaffen kann und der Verpflichtete sie unschwer, d.h. ohne unbillig belastet zu sein, zu geben vermag (vgl. nur Köhler, aaO vor § 13 B Rn. 401).
Da die Klägerin nicht wissen kann, welche Kunden dem Beklagten bekannt waren, und auch nicht, welche von den ihm bekannten Kunden er nicht angeschrieben hat („nahezu alle” sind nicht alle), besteht das Bedürfnis nach Auskunft nach wie vor. Dem Auskunftsanspruch ist – wie sich aus den Ausführungen zu I.1. ergibt – auch in vollem Umfang und nicht nur insoweit zu entsprechen, als er die Kunden betrifft, die bis zur Konkurseröffnung der Vertragsübernahme bereits zugestimmt hatten.
III.
Soweit die Verurteilung des Beklagten zu Recht erfolgt ist, wird klargestellt, daß der Beklagte nicht persönlich, sondern als Amtswalter der Masse haftet. Das entspricht dem erklärten Willen der Klägerin.
Unterschriften
Kreft, Kirchhof, Fischer, Richter am Bundesgerichtshof Dr. Zugehör ist am 31. August 2001 aus dem aktiven Dienst ausgeschieden und daher verhindert, seine Unterschrift beizufügen. Kreft, Ganter
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 18.10.2001 durch Preuß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 651882 |
NJW 2002, 751 |
BGHR 2002, 260 |
NJW-RR 2002, 191 |
IBR 2002, 15 |
KTS 2002, 123 |
Nachschlagewerk BGH |
WM 2001, 2315 |
WuB 2002, 273 |
ZIP 2001, 2142 |
MDR 2002, 162 |
NZI 2002, 24 |
NZI 2002, 95 |
ZInsO 2001, 1100 |