Entscheidungsstichwort (Thema)
Werklohn für Reparatur eines Kraftfahrzeugs. Haftung des Franchisegebers nach Rechtsscheingrundsätzen. Haftung anderer Franchisenehmer nach Rechtsscheingrundsätzen. Rechtsscheinvollmacht
Leitsatz (amtlich)
Sofern bei Vertragsschluss nicht weitere Umstände vorliegen, führt allein der Umstand, dass innerhalb eines Franchisesystems Marken oder sonstige Kennzeichen einheitlich als Bestandteil zur Bildung von weitere Bestandteile enthaltenden Firmen oder sonstigen geschäftlichen Bezeichnungen verwendet werden, nicht zur Verpflichtung des Franchisegebers oder anderer Franchisenehmer nach Rechtsscheingrundsätzen.
Normenkette
BGB § 164
Verfahrensgang
LG Halle (Saale) (Urteil vom 20.08.2004; Aktenzeichen 1 S 96/04) |
AG Weißenfels (Urteil vom 07.04.2004; Aktenzeichen 1 C 656/03) |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten zu 1) und 3) wird das Urteil der 1. Zivilkammer des LG Halle vom 20.8.2004 im Kostenpunkt und, soweit zum Nachteil der Beklagten zu 1) und 3) erkannt worden ist, aufgehoben.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des AG Weißenfels wird zurückgewiesen, soweit sie gegen die Abweisung der Klage gegen die Beklagten zu 1) und 3) gerichtet ist.
Von den durch die Rechtsmittel veranlassten außergerichtlichen Kosten hat die Klägerin diejenigen der Beklagten zu 1) und 3) zu tragen. Im Übrigen bleibt die Kostenentscheidung dem Schlussurteil vorbehalten.
Von Rechts wegen
Tatbestand
[1] Die Klägerin nimmt die Beklagte zu 1), eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, und die Beklagten zu 2) und 3), Gesellschafter der Beklagten zu 1), als Gesamtschuldner auf Zahlung von Werklohn für die Reparatur eines Kraftfahrzeugs in Anspruch. Das Kraftfahrzeug war auf die "F." zugelassen. Der Auftrag zur Reparatur des Kraftfahrzeugs war von dem unter der Bezeichnung "F. und R. W." handelnden Zeugen W. erteilt worden. Zwischen der Beklagten zu 1) und dem Zeugen W. besteht ein die Bezeichnung "F.R." betreffender Franchisevertrag. Mit der Klage war zunächst auch der Zeuge W. als weiterer Gesamtschuldner auf Zahlung der Reparaturkosten in Anspruch genommen worden. Das Verfahren gegen ihn hat das AG abgetrennt und in dem abgetrennten Verfahren durch Versäumnisurteil entschieden.
[2] Das AG hat die Klage gegen die Beklagten zu 1) bis 3) abgewiesen, das LG hat diese Beklagten antragsgemäß verurteilt. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten, der die Klägerin entgegengetreten ist.
[3] Im Zuge des Revisionsverfahrens ist über das Vermögen des Beklagten zu 2) das Insolvenzverfahren eröffnet worden, dessen Abschluss nicht abzusehen ist.
Entscheidungsgründe
[4] I. Auf die vom Berufungsgericht zugelassene und im Übrigen zulässig eingelegte Revision der Beklagten zu 1) und 3) ist durch Teilurteil zu entscheiden. Dem steht nicht entgegen, dass das Verfahren hinsichtlich des Beklagten zu 2) durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens unterbrochen ist (§§ 62, 240 ZPO).
[5] Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts führt nicht zur Unterbrechung des Prozesses gegenüber anderen Gesellschaftern und der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, wenn diese neben dem insolventen Gesellschafter als Gesamtschuldner auf Zahlung einer Gesellschaftsschuld in Anspruch genommen werden. Insoweit besteht eine einfache Streitgenossenschaft, so dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters das Verfahren gegen die Gesellschaft bürgerlichen Rechts und die übrigen Gesellschafter nicht unterbricht. Das Verfahren gegen die anderen Gesellschafter und die Gesellschaft bürgerlichen Rechts kann daher regelmäßig durch Teilurteil abgeschlossen werden (BGH, Urt. v. 19.12.2002 - VII ZR 176/02, NJW-RR 2003, 1002).
[6] II. Die Revision der Beklagten zu 1) und 3) hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückweisung der Berufung, soweit mit ihr die Verurteilung der Beklagten zu 1) und 3) zur Zahlung von Werklohn erstrebt wird.
[7] 1. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Reparaturauftrag für das Kraftfahrzeug sei von dem Zeugen W. im Namen der Beklagten zu 1) erteilt worden. Der Zeuge sei unter der Bezeichnung "F. und R." aufgetreten, was - bis auf das "und" - Bestandteil sowohl der Firma der Beklagten zu 1) als auch der Firma des Zeugen W. sei. Bei der Verwendung der Firma eines Franchisenehmers könne für den Regelfall davon ausgegangen werden, dass ein Kunde keine Kenntnis von der Existenz des Franchisesystems habe, wenn die Organisationsform des Franchising gegenüber Kunden durch keine spezifischen Bezeichnungen oder Zusätze in Erscheinung trete. Deshalb könne die Erklärung des Zeugen W. nur als Erklärung im Namen der Beklagten zu 1) angesehen werden, zumal bei Auftragserteilung der Kraftfahrzeugschein vorgelegt worden sei, der auf die Beklagte zu 1) ausgestellt sei. Die Behauptung der Beklagten, der Zeuge W. habe bei Auftragserteilung klargestellt, dass der Auftrag von ihm und nicht für die Beklagte zu 1) erteilt werde, sei nicht bewiesen. Die Aufforderung des Zeugen, die Rechnung an ihn zu übersenden, sei auch dann sinnvoll und verständlich, wenn es sich bei dem Zeugen um einen Mitarbeiter oder Filialleiter der "F." gehandelt hätte, der zur Vereinfachung der Abwicklung darum gebeten hätte, die Rechnung gleich an die zuständige Filiale zu übersenden. Zwar habe die Beklagte zu 1) dem Zeugen keine Vollmacht erteilt. Die Beklagte zu 1) müsse sich die Erklärungen des Zeugen aber nach den Grundsätzen der Anscheinsvollmacht zurechnen lassen. Sie hätte erkennen können, dass der Zeuge ein Verhalten an den Tag gelegt habe, von welchem ein Vertragspartner habe annehmen dürfen, die Beklagte zu 1) billige und dulde ein solches Handeln in ihrem Namen. Das gesamte Franchiseverhältnis sei darauf angelegt, dass der Franchisenehmer die Kennzeichen des Franchisegebers herausstelle und ihnen seinen Namen oder seine Firma unterordne. Gerade durch diese Animation zu einheitlichem Auftreten innerhalb des Franchisenetzes ohne gebührende Differenzierung und Herausstellung der Selbständigkeit des Franchisenehmers setzte der Franchisegeber in zurechenbarer Weise den Rechtsschein einer Vollmacht im Rahmen der jeweiligen Geschäftstätigkeit.
[8] 2. Dies hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
[9] a) Die Annahme des Berufungsgerichts, der Zeuge W. habe den Reparaturauftrag namens der Beklagten zu 1) erteilt, wird von seinen Feststellungen nicht getragen.
[10] Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass der Reparaturauftrag für das Kraftfahrzeug von dem Zeugen W. unter der Bezeichnung "F. und R." erteilt worden ist. "F.R. W." ist ausweislich des Rubrums des Berufungsurteils die Bezeichnung, unter der W. eine Autovermietung betreibt und am Geschäftsverkehr teilnimmt. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Zeuge bei Auftragserteilung sich als Rechnungsadressaten angegeben.
[11] Angesichts dieser Feststellungen fehlt es an einem Handeln des Zeugen namens der Beklagten zu 1). Diese führt ausweislich des Rubrums des Berufungsurteils die Bezeichnung "F.R. GbR K. und H.", mit dieser Bezeichnung ist auch der Kraftfahrzeugschein den Feststellungen des Berufungsgerichts zufolge auf die Beklagte zu 1) ausgestellt. Damit fehlt der Annahme des Berufungsgerichts, der Zeuge habe den Reparaturauftrag namens der Beklagten zu 1) erteilt, die tatsächliche Grundlage. Da der Zeuge den Reparaturauftrag für die von ihm betriebene Autovermietung erteilt hat, handelt es sich um ein unternehmensbezogenes Geschäft. Rechtsgeschäfte im Rahmen eines Unternehmens oder einer freiberuflichen Tätigkeit deuten regelmäßig auf ein Handeln im Namen des Inhabers (BGHZ 62, 216, 220; BGH, Urt. v. 18.5.1998 - II ZR 355/95, NJW 1998, 2897; vgl. nur Schramm in Münchner Kommentar/BGB, 5. Aufl., § 164 BGB Rz. 23 m.w.N.). Die Tatsache, dass ein Geschäft unternehmensbezogen ist, spricht im Zweifel dafür, dass das Geschäft mit dem Inhaber des jeweiligen Unternehmens abgeschlossen wird (BGH, Beschl. v. 28.2.1985 - III ZR 183/83, NJW 1986, 1675 m.w.N.). Inhaber der F.R. W. ist nicht die Beklagte zu 1), sondern der Zeuge W., so dass nach dieser Regel der Zeuge W. nicht in fremdem, sondern in eigenem Namen aufgetreten und damit Vertragspartei des Werkvertrags geworden ist. Hat der Zeuge W. danach nicht in fremdem, sondern in eigenem Namen gehandelt, oblag es der ein Handeln des Zeugen im Namen der Beklagten zu 1) behauptenden Klägerin darzulegen und zu beweisen, dass der Zeuge nicht in eigenem Namen gehandelt hat, sondern namens der Beklagten zu 1) (BGH, Beschl. v. 28.2.1985, a.a.O.). Derartiger Sachvortrag und entsprechende Beweisantritte sind dem Berufungsurteil zufolge seitens der Klägerin nicht erfolgt; die Revisionserwiderung erhebt insoweit auch keine Gegenrügen.
[12] Dem steht nicht entgegen, dass der Zeuge bei Erteilung des Reparaturauftrags den auf die Beklagte zu 1) ausgestellten Kraftfahrzeugschein vorgelegt hat. Der Kraftfahrzeugschein dient dem Nachweis der erfolgten Zulassung eines Kraftfahrzeugs und ist daher beim Betrieb des Kraftfahrzeugs mitzuführen (vgl. § 24 Abs. 1 S. 1 und 2 StVZO, jetzt § 11 Abs. 1, 5 Fahrzeug-Zulassungsverordnung); zudem dient er dem Nachweis des berechtigten Besitzes des Fahrzeugs. Im Rahmen eines Reparaturauftrags wird anhand des Kraftfahrzeugscheins die genaue Typbestimmung vorgenommen. Aus der Vorlage des Kraftfahrzeugscheins bei der Erteilung eines Reparaturauftrags durch eine andere Person als den in dem Schein ausgewiesenen Halter kann daher nicht auf ein Handeln namens und in Vollmacht des Halters des Kraftfahrzeugs geschlossen werden.
[13] b) Dem Berufungsgericht kann auch nicht in der Annahme gefolgt werden, die Beklagte zu 1) sei nach den Grundsätzen über die Anscheinsvollmacht Vertragspartei des Werkvertrages geworden, weil der Zeuge W. als Franchisenehmer der Beklagten zu 1) den Bestandteil "F. (und) R." in seiner geschäftlichen Bezeichnung führe, diesen Bestandteil seinem Namen oder seiner Firma untergeordnet habe und unter dieser Bezeichnung den Reparaturauftrag erteilt habe.
[14] Dass sowohl in der von dem Zeugen verwendeten Bezeichnung als auch in der geschäftlichen Bezeichnung der Beklagten zu 1) den jeweiligen bürgerlichen Namen der Bestandteil "F.R." vorangestellt ist, begründet zwar eine gewisse Ähnlichkeit der jeweils benutzten Bezeichnungen. Daraus kann jedoch nicht hergeleitet werden, die F.R. W. sei für die F.R. K. und H. aufgetreten und habe den Reparaturauftrag in deren Namen erteilt. Sofern bei Vertragsschluss nicht weitere Umstände vorliegen, führt der Umstand, dass innerhalb eines Franchisesystems Marken oder sonstige Kennzeichen einheitlich als Bestandteil zur Bildung von weitere Bestandteile enthaltenden Firmen oder sonstigen geschäftlichen Bezeichnungen verwendet werden, nicht zur Verpflichtung des Franchisegebers oder anderer Franchisenehmer nach Rechtsscheingrundsätzen (vgl. Ullmann, NJW 1994, 1255, 1256). Die bloße Verwendung ähnlicher Bezeichnungen setzt keinen entsprechenden Rechtsschein. Vielmehr finden die Grundsätze über unternehmensbezogene Geschäfte Anwendung, wonach namens desjenigen Unternehmens gehandelt wird, für welches das fragliche Geschäft abgeschlossen werden soll, mag dessen Inhaber der Gegenseite auch namentlich nicht bekannt sein. Nehmen verschiedene jeweils selbständige Unternehmen unter lediglich ähnlichen Bezeichnungen im Rahmen eines Franchisesystems am Rechtsverkehr teil, wird nach diesen Grundsätzen regelmäßig der Inhaber desjenigen Unternehmens berechtigt und verpflichtet, in dessen Tätigkeitsbereich das rechtsgeschäftliche Handeln vorgenommen wird. Ob eine andere rechtliche Beurteilung in Betracht kommen kann, wenn Unternehmen im Rahmen eines Franchisesystems - anders als im Streitfall - unter identischen Bezeichnungen auftreten, ohne dass ersichtlich wird, dass es sich jeweils um rechtlich selbständige Unternehmen handelt (so wohl im Falle OLG Jena OLGReport Jena 1999, 357 f.), braucht der Senat nicht zu entscheiden. Denn der Zeuge W. ist bei der Erteilung des Auftrags nicht namens der "F.R. K. und H." aufgetreten, sondern lediglich unter einer ähnlichen Bezeichnung, und hat nach den Feststellungen des Berufungsgericht zudem darauf hingewiesen, dass er Rechnungsadressat ist.
[15] c) Entgegen der in der mündlichen Verhandlung geäußerten Auffassung der Klägerin ist die gegen die Beklagten zu 1) und 3) geltend gemachte Forderung auch nicht aus § 951 BGB zu begründen. Der Eigentumsverlust der Klägerin an den bei der Reparatur in das Kraftfahrzeug eingebauten Teilen lässt für sich allein einen Anspruch nach § 951 Abs. 1 BGB nicht entstehen. Denn § 951 Abs. 1 BGB enthält eine Rechtsgrundverweisung auf die Vorschriften über ungerechtfertigte Bereicherung und setzt daher voraus, dass die Reparaturleistung ohne rechtlichen Grund erfolgt und dadurch der Eigentumsverlust eingetreten ist (BGHZ 40, 272, 276; vgl. nur Füller in Münchner Kommentar/BGB, 4. Aufl., § 951 Rz. 3). Daran fehlt es, da die Leistung aufgrund des unbestritten wirksamen Werkvertrages der Klägerin mit dem Zeugen W. erbracht worden ist; nur in diesem Verhältnis käme bei fehlerhaftem Kausalverhältnis ein bereicherungsrechtlicher Ausgleich nach § 951 Abs. 1 BGB in Betracht (vgl. Füller, a.a.O., § 951 Rz. 16).
[16] III. Da weitere Sachaufklärung nicht zu erwarten ist, kann der Senat über die gegen die Beklagten zu 1) und 3) gerichtete Klage abschließend durch Teilurteil entscheiden, so dass die Berufung der Klägerin gegen die erstinstanzliche Abweisung der Klage im Verhältnis zu den Beklagten zu 1) und 3) zurückzuweisen ist. Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten der Rechtsmittel im Verhältnis zu den Beklagten zu 1) und 3) folgt aus §§ 91, 97, 100 ZPO, im Übrigen ist die Kostenentscheidung dem Schlussurteil vorzubehalten.
Fundstellen
Haufe-Index 1917726 |
BB 2008, 341 |
DB 2008, 812 |
BGHR 2008, 440 |
EBE/BGH 2008 |
JA 2008, 644 |
ZGS 2008, 84 |
Mitt. 2008, 191 |