Entscheidungsstichwort (Thema)
Bemessungsgrundlage der Minderung. Berechnung der Kaution bei geminderter Miete
Leitsatz (amtlich)
Bemessungsgrundlage der Minderung nach § 536 BGB ist die Bruttomiete einschließlich einer Nebenkostenpauschale oder einer Vorauszahlung auf die Nebenkosten. Dies gilt auch, wenn der zur Minderung führende Mangel auf einer Abweichung der Wohnfläche von der im Mietvertrag angegebenen Fläche um mehr als 10 % beruht.
Ist die Miete auf Grund eines Mangels nach § 536 Abs. 1 BGB gemindert, so bleibt dieser Umstand für die Berechnung der zulässigen Höhe einer Mietsicherheit nach § 551 Abs. 1 BGB außer Betracht. Maßgeblich für die Höchstgrenze ist die vereinbarte, nicht die geminderte Miete. Unter Miete i.S.d. § 551 Abs. 1 BGB ist jedoch dann die auf Grund des Mangels geminderte Miete zu verstehen, wenn im Zeitpunkt der Vereinbarung über die Mietsicherheit ein unbehebbarer Mangel vorliegt.
Normenkette
BGB § 536 Abs. 1, § 551 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Rechtsmittel der Kläger werden das Urteil der Zivilkammer 63 des LG Berlin v. 14.9.2004 aufgehoben und das Urteil des AG Schöneberg v. 19.2.2004 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 2.734,23 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 540,33 EUR seit dem 29.3.2003 und aus weiteren 2.193,90 EUR seit dem 24.10.2003 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weiter gehenden Rechtsmittel der Kläger werden zurückgewiesen.
Von den Kosten des ersten Rechtszuges haben die Kläger 5 %, die Beklagte 95 % zu tragen. Im Übrigen trägt die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Kläger mieteten von der Beklagten mit Mietvertrag v. 20.1.2002 eine Wohnung im Hause B. Straße in B. . Als Miete war ein Betrag von 1.288 EUR vereinbart nebst einer monatlichen Vorauszahlung von 194 EUR auf die Betriebskosten, somit insgesamt 1.482 EUR. Bei Vertragsschluss leisteten die Kläger eine Mietsicherheit i.H.v. 3.864 EUR, die dem Dreifachen der vereinbarten Nettomiete entsprach. Entgegen der Angabe im Mietvertrag, nach der die Größe der Wohnung "ca. 180 qm" beträgt, hat die Wohnung tatsächlich eine Fläche von 154,83 qm.
Die Kläger haben im Hinblick auf die Flächenabweichung Rückzahlung der anteiligen Miete für die Zeit von März 2002 bis März 2003 verlangt und vorgetragen, die vereinbarte Bruttokaltmiete von 1.482 EUR sei auf 1.274,25 EUR herabzusetzen, so dass ihnen Rückzahlungsansprüche von monatlich 207,75 EUR zuständen. Abzgl. eines Betrages von 499,44 EUR haben die Kläger eine Forderung von 2.201,31 EUR errechnet. Weiterhin haben sie teilweise Rückzahlung der geleisteten Mietsicherheit i.H.v. 540,33 EUR nebst Zinsen begehrt und gemeint, Maßstab für die zulässige Höhe der Sicherheitsleistung nach § 551 Abs. 1 BGB sei nicht die vereinbarte, sondern die auf Grund der geringeren Wohnungsgröße tatsächlich geschuldete Nettokaltmiete von 1.107,89 EUR. Damit habe die Beklagte den drei Monatsmieten übersteigenden Betrag zurückzuzahlen. Einen weiter gehenden Feststellungsantrag haben die Kläger zurückgenommen.
Das AG hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Kläger hat das LG der Klage unter Abänderung des angefochtenen Urteils i.H.v. 1.843,03 EUR stattgegeben.
Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihren ursprünglichen Zahlungsantrag weiter, soweit das Berufungsgericht die weiter gehende Klage abgewiesen hat.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung ausgeführt:
Die Kläger hätten einen Anspruch aus § 812 Abs. 1 BGB auf teilweise Rückzahlung der geleisteten Miete i.H.v. 1.843,03 EUR. Die von den Klägern geschuldete Miete sei auf Grund der tatsächlich geringeren Wohnungsgröße, die von der Angabe im Mietvertrag um 13,98 % abweiche, gemindert. Der Betrag sei jedoch nicht ausgehend von der Bruttomiete, sondern anhand der Nettomiete zu berechnen. Dies gelte jedenfalls bei einer Minderung auf Grund einer Flächenabweichung. Zwar seien auch gezahlte Vorschüsse auf die Nebenkosten grundsätzlich Teil der Miete und stellten ein Entgelt für die Überlassung der Wohnung dar. Würde man aber diese Vorauszahlungen zur Berechnung des Minderungsbetrages einbeziehen, ergäbe sich eine doppelte Anrechnung. Denn die geringere Fläche einer Wohnung führe schon zu einem geringeren Anteil der auf Grund der Abrechnung nach Wohnfläche zu tragenden Nebenkosten. Es sei deshalb nicht gerechtfertigt, zusätzlich unter Berücksichtigung der Nebenkostenvorschüsse einen höheren Minderungsbetrag anzunehmen. Danach belaufe sich die Minderung nur auf 180,19 EUR monatlich, so dass den Klägern abzgl. eines Betrages von 499,44 EUR für die Zeit von März 2002 bis März 2003 ein Rückforderungsanspruch i.H.v. 1.843,03 EUR zustehe.
Dagegen könnten die Kläger nicht teilweise Rückzahlung der geleisteten Kaution aus § 812 Abs. 1 BGB verlangen. Die Vereinbarung im Mietvertrag stelle hierfür einen Rechtsgrund dar. Der Umstand, dass die vereinbarte Miete wegen eines Mangels der Mietsache gemindert sei, führe nicht zur Unzulässigkeit der Vereinbarung über die Miete selbst.
II.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
Die Kläger haben einen Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 BGB auf Rückzahlung eines Betrages von 2.193,94 EUR wegen überzahlter Mieten im Zeitraum März 2002 bis März 2003. Ferner können sie einen weiteren Betrag von 540,33 EUR verlangen, da die Kautionsvereinbarung in dieser Höhe unwirksam und die Beklagte insoweit zur Rückgewähr verpflichtet ist.
1. Zutreffend ist das Berufungsgericht von einer Minderung der monatlichen Miete nach § 536 Abs. 1 S. 2 BGB und von einem Anspruch auf Rückzahlung der deshalb zu viel gezahlten Miete ausgegangen, da die tatsächliche Wohnungsgröße von 154,83 qm um 13,98 % von der im Mietvertrag mit ca. 180 qm angegebenen Fläche abweicht.
a) Weist eine gemietete Wohnung eine Wohnfläche auf, die mehr als 10 % unter der im Mietvertrag angegebenen Fläche liegt, stellt dieser Umstand einen Mangel der Mietsache i.S.d. § 536 Abs. 1 S. 1 BGB dar, der den Mieter zur Minderung berechtigt (BGH, Urt. v. 24.3.2004 - VIII ZR 295/03, MDR 2004, 933 = BGHReport 2004, 1005 = NJW 2004, 1947). Bemessungsgrundlage der Minderung ist grundsätzlich die Bruttomiete, da als Gegenleistung für die vom Vermieter geschuldete Gesamtleistung sämtliche vom Mieter zu erbringenden Leistungsentgelte (Nettomiete und Nebenkostenpauschale oder Vorauszahlungen auf die Nebenkosten) anzusehen sind (BGH, Urt. v. 6.4.2005 - XII ZR 225/03, BGHReport 2005, 895 m. Anm. Lützenkirchen = MDR 2005, 979 = NJW 2005, 1713). Der Senat hält diese Ansicht auch für den Bereich der Wohnraummiete aus den Gründen des genannten Urteils für zutreffend.
b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts gilt dies auch, wenn die Minderung der Miete auf einer zu geringen Fläche der angemieteten Wohnung beruht. Auch eine solche Beeinträchtigung ist stets ein Mangel der geschuldeten Gesamtleistung des Vermieters mit der Folge, dass die gesamte Gegenleistung des Mieters gemindert ist, um die Gleichwertigkeit der Leistungen beider Vertragsparteien wieder herzustellen (BGH, Urt. v. 6.4.2005 - XII ZR 225/03, BGHReport 2005, 895 m. Anm. Lützenkirchen = MDR 2005, 979 = NJW 2005, 1713). Das Argument des Berufungsgerichts, in diesem Fall führe die Heranziehung der Nebenkostenvorauszahlungen bei der Berechnung des Minderungsbetrages zu einer doppelten Anrechnung der abweichenden Wohnungsgröße, ist nicht richtig. Zwar wird die geringere Fläche bei der Ermittlung der tatsächlich entstandenen Betriebskosten, soweit diese nach der Wohnfläche berechnet und auf den Mieter umgelegt werden, berücksichtigt. Eine "doppelte Anrechnung" erfolgt jedoch nicht dadurch, dass die Höhe der geschuldeten Nebenkostenvorauszahlungen gemindert ist. Leistet der Mieter auf Grund der Minderung nur geringere Nebenkostenvorauszahlungen, werden bei der Abrechnung der Betriebskosten auch nur die Zahlungen in der verminderten Höhe berücksichtigt, so dass ein eventuelles Guthaben des Mieters geringer bzw. eine Nachforderung des Vermieters höher ausfällt, als wenn der Mieter die Nebenkostenvorauszahlungen in der ursprünglich vereinbarten Höhe erbracht hätte. Dies gilt auch, wenn - wie hier - der Mieter Rückzahlung bereits geleisteter Nebenkostenvorauszahlungen verlangt.
2. Die Kläger haben ferner einen Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 BGB auf anteilige Rückzahlung der erbrachten Kaution von 540,33 EUR. In dieser Höhe haben die Kläger die Mietsicherheit ohne Rechtsgrund geleistet, da die Kautionsvereinbarung insoweit unwirksam ist (§ 551 Abs. 4 BGB).
a) Nach § 551 Abs. 1 BGB darf eine Mietsicherheit höchstens das Dreifache der auf einen Monat entfallenden Miete ohne die als Pauschale oder als Vorauszahlung ausgewiesenen Betriebskosten betragen. Maßgeblich für die zulässige Höhe der Sicherheit ist die im Zeitpunkt der Kautionsvereinbarung geschuldete Miete (BT-Drucks. 9/2079, 13; von Martius in Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., III A Rz. 756; Emmerich in Emmerich/Sonnenschein, Miete, 8. Aufl., § 551 Rz. 6), spätere Erhöhungen oder Ermäßigungen bleiben außer Betracht (Kossmann, Handbuch der Wohnraummiete, 6. Aufl., § 39 Rz. 10; Schmid, Mietkaution und Vermieterpfandrecht, Rz. 2030).
b) Dies gilt grundsätzlich auch bei einer Mietminderung. Ist die Miete auf Grund von Mängeln der vermieteten Wohnung nach § 536 Abs. 1 BGB gemindert, so hat dieser Umstand im Allgemeinen keinen Einfluss auf die Berechnung der dreifachen Monatsmiete nach § 551 Abs. 1 BGB. Die zulässige Obergrenze der Mietsicherheit kann nicht jeweils davon abhängen, ob und ggf. welche Mängel vorliegen, in welchem Umfang der Mieter Mängel dem Vermieter nach § 536a BGB anzeigt und inwieweit der Vermieter Abhilfe schafft. Denn die Kaution verfolgt gerade den Zweck, dem Vermieter Sicherheit auch im Falle streitiger Ansprüche, insb. auf Grund von Mängeln, zu geben (KG GE 2003, 525).
c) Jedoch bemisst sich die zulässige Höhe der Mietsicherheit lediglich nach der geminderten Miete, wenn die Minderung auf Mängeln beruht, die bereits im Zeitpunkt der Kautionsvereinbarung vorliegen und nicht behoben werden können. Hat der Vermieter eine Wohnung vermietet, die von Anfang an einen unbehebbaren Mangel aufweist, ist die Miete von vornherein und auf Dauer gemindert. Die Revision weist zu Recht darauf hin, dass in diesem Fall ein anerkennenswertes Sicherungsinteresse des Vermieters an einer Mietkaution in Höhe des Dreifachen der vereinbarten Nettomiete nicht besteht. Vielmehr ist die geminderte Miete bei der Berechnung des Höchstbetrages nach § 551 Abs. 1 BGB zu Grunde zu legen (vgl. ähnlich bei einer Mietpreisüberhöhung nach § 5 WiStG, Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 8. Aufl., § 551 Rz. 42; Lammel, Wohnraummietrecht, 2. Aufl., § 551 Rz. 17). Dies ist auch der Fall, wenn - wie hier - die tatsächliche Wohnungsgröße hinter der im Mietvertrag angegebenen Wohnfläche zurückbleibt und die Miete deshalb gemindert ist. Eine Behebung dieses Mangels ist dem Vermieter nicht möglich. Folglich ist eine Kautionsvereinbarung nur zulässig in Höhe des Dreifachen der geminderten Miete; der darüber hinausgehende Betrag ist vom Mieter nach § 551 Abs. 4 BGB nicht geschuldet.
III.
Das Berufungsurteil ist nach alledem aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Rechtsstreit ist zur Endentscheidung reif, so dass der Senat in der Sache selbst entscheiden kann (§ 563 Abs. 3 ZPO).
Die im Mietvertrag mit 1.482 EUR einschließlich Nebenkostenvorauszahlung vereinbarte Miete ist auf Grund der geringeren Wohnfläche im Vergleich zur Angabe im Mietvertrag um 13,98 % gemindert und beläuft sich deshalb auf 1.274,82 EUR. Die Minderung beträgt damit monatlich 207,18 EUR, für den Zeitraum März 2002 bis März 2003 2.693,34 EUR. Unter Berücksichtigung des von den Klägern abgesetzten Betrages von 499,44 EUR errechnet sich ein Rückzahlungsanspruch von insgesamt 2.193,90 EUR.
Die zulässige Höhe der Kaution gem. § 551 Abs. 1 BGB bemisst sich nach der um 13,98 % geminderten Nettomiete von 1.288 EUR, somit nach dem Betrag von 1.107,89 EUR. Das Dreifache dieser Miete ergibt eine zulässige Kaution von höchstens 3.323,67 EUR. Den darüber hinausgehenden Betrag von 540,33 EUR hat die Beklagte an die Kläger zurückzuzahlen. Die von den Klägern daneben geltend gemachten Zinsen schuldet die Beklagte nach §§ 286 Abs. 1 S. 1, 288 Abs. 1 BGB.
Bei der Kostenentscheidung hat der Senat von der Vorschrift des § 92 Abs. 2 Ziff. 1 ZPO Gebrauch gemacht, da die Zuvielforderung der Kläger verhältnismäßig geringfügig war und keine höheren Kosten veranlasst hat. Soweit die Kläger in erster Instanz die Klage teilweise zurückgenommen haben, ergibt sich ihre Pflicht zur anteiligen Kostentragung aus § 269 Abs. 3 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 1409965 |
DB 2005, 2409 |