Leitsatz (amtlich)
a) Der Inhaber eines Geschmacksmusterrechts kann bereits für das Anbieten eines rechtsverletzenden Gegenstands (hier: einer Damenarmbanduhr im Katalog eines Versandhandelsunternehmens) einen nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie zu berechnenden Schadensersatz verlangen.
b) Zu den bei der Bemessung einer entsprechenden Lizenz zu berücksichtigenden Umständen.
Normenkette
GeschmMG § 14 a.F., § 14a a.F., § 38 Abs. 1 S. 2; BGB § 251 Abs. 1; ZPO § 287 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 6. Zivilsenats des OLG Frankfurt v. 15.8.2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin ist eine bekannte Herstellerin hochwertiger Armbanduhren. Sie ist Inhaberin des bei der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) unter der Nr. DM/039 375 registrierten und auch für die Bundesrepublik Deutschland geschützten Geschmacksmusters für eine Damenarmbanduhr mit Zeitrang v. 18.10.1996. Seit 1996 produziert und vertreibt die Klägerin dem Muster entsprechende Uhren unter der Bezeichnung "Catwalk", wobei deren Preis je nach Ausstattung zwischen 1.000 EUR und 7.500 EUR liegt.
Die Beklagte zu 1) betreibt ein Versandhaus und bietet ihre Waren zweimal jährlich in einem ca. 1.400 Seiten starken Katalog an. In ihrem im Juni 1999 in einer Auflage von 4,27 Mio. Stück erschienenen Winterkatalog 1999/2000 bewarb sie auf der S. 778 13 Uhren und bot unter der Nr. 12 eine dem Muster der Klägerin entsprechende Damenarmbanduhr zum Preis von 39,95 DM an. Ihren Angaben zufolge hatte sie 230 Exemplare dieser Uhr zum Stückpreis von 18,95 DM von der Beklagten zu 2) erworben, wobei sie 164 Stück verkaufte und den Rest an die Beklagte zu 2) zurückgab.
Die Klägerin hat hierin eine Verletzung ihres Geschmacksmusterrechts erblickt. Sie behauptet, das Verbreiten des das Plagiat enthaltenden Katalogs habe den Prestigewert des Originals herabgesetzt. Die Klägerin errechnet den ihr dadurch entstandenen Schaden auf der Grundlage fiktiver Lizenzgebühren von 0,02 DM je Katalogexemplar mit 85.400 DM.
Sie hat beantragt,
I. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 85.400 DM nebst 9,26 % Zinsen ab Klagezustellung zu zahlen,
II. festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, als Gesamtschuldner allen Schaden zu ersetzen, welcher der Klägerin daraus entstanden ist oder noch entstehen wird, dass die Beklagte zu 1) Uhren der in der Klageschrift auf S. 3 abgebildeten Art, welche sie von der Beklagten zu 2) bezogen hat, angekündigt, feilgeboten und in den Verkehr gebracht hat.
Soweit ursprünglich noch ein Auskunftsanspruch im Hinblick auf die Mitteilung des bei dem Vertrieb der Imitate erzielten Gewinns geltend gemacht worden ist, haben die Parteien den Rechtsstreit für erledigt erklärt.
Das LG hat die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung von 2.540,36 DM (164x 15,49 DM) - das ist der von der Beklagten zu 1) mitgeteilte Gewinn aus dem Verkauf der Uhren - verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen.
Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben (OLG Frankfurt GRUR-RR 2003, 204).
Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte zu 1) beantragt, verfolgt die Klägerin ihren in den Vorinstanzen erfolglosen Zahlungsantrag weiter. Die Beklagte zu 2) ist in der Revisionsverhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht vertreten gewesen.
Entscheidungsgründe
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
Das LG habe mit Recht festgestellt, dass die Beklagten gemeinschaftlich handelnd durch das Angebot und den Vertrieb der streitbefangenen Uhr die Geschmacksmusterrechte der Klägerin verletzt und dieser deshalb den dadurch entstandenen Schaden zu ersetzen hätten. Es sei mit Recht auch davon ausgegangen, dass der Klägerin durch den Verkauf der Plagiate ein Vermögensschaden entstanden sei. Der Umstand, dass die Verkaufsaktion der Beklagten kein wirtschaftlicher Erfolg geworden sei, widerspreche nicht der Annahme, dass die Klägerin Kunden verloren habe, weil einzelne potentielle Erwerber ihre Bedürfnisse schon durch den Erwerb der billigen Imitate hätten befriedigen können. Da die Klägerin den insoweit eingetretenen Schaden naturgemäß nicht näher habe konkretisieren können, habe das LG den Schaden zu Recht objektiv nach dem Verletzergewinn berechnet.
Weitergehende Ersatzansprüche wegen der Bewerbung des streitgegenständlichen Imitats in dem Katalog der Beklagten zu 1) stünden der Klägerin dagegen nicht zu. Anders als in dem Rechtsstreit "Tchibo/Rolex II", wo angesichts von knapp 500.000 verkauften Plagiaten "handfeste Indizien" für eine Vermögenseinbuße der Verletzten vorgelegen hätten, fehlten im vorliegenden Fall ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin schon durch das Angebot des Imitats im Katalog der Beklagten zu 1) Kunden verloren und Umsätze eingebüßt habe. Dagegen spreche, dass in dem Katalog eine Vielzahl unterschiedlicher Waren angeboten worden sei, Versandhauskataloge erfahrungsgemäß selektiv nach den benötigten Waren durchgesehen würden und daher nicht jeder der 4,27 Mio. Empfänger die streitbefangene Uhr wahrgenommen haben dürfte, die nicht besonders hervorgehoben, sondern als eine von ca. 170 Uhren auf den 16 "Uhrenseiten" des Katalogs dargestellt worden sei. Zudem seien die Käufer der Beklagten zu 1) angesichts des Preisniveaus ihrer Art. in erster Linie am Gebrauchswert der Uhren interessiert und zählten daher weniger zu den Kunden der Klägerin. Für den nur eingeschränkten Öffentlichkeitseffekt des Katalogs spreche auch, dass die Abmahnung der Klägerin erst ein Jahr später erfolgt sei. Der Hinweis der Klägerin, in vergleichbaren Fällen hätten Versandhandelsunternehmen pauschale Abstandssummen gezahlt, die nach einer Stücklizenz verteilter Kataloge kalkuliert gewesen seien, lasse ebenfalls nicht auf eine entsprechende Vermögenseinbuße der Klägerin schließen. Die Versandunternehmen hätten in diesen Fällen oft unter der Bedrohung eines Verbreitungsverbots gehandelt. Außerdem sei nicht anzunehmen, dass potentielle Schutzrechtsverletzer bei freien Vertragsverhandlungen allein für die Ablichtung eines Imitats im Katalog Lizenzgebühren zu zahlen bereit wären. Eine (fiktive) Lizenz für den Vertrieb eines nachgebildeten Produkts würde als selbstverständliche Nebenfolge im Interesse beider Lizenzvertragsparteien auch das Recht des Lizenznehmers einschließen, für den Vertrieb des Produkts Werbung zu betreiben.
Die Grundsätze der Senatsentscheidung "Verhüllter Reichstag" ließen sich nicht auf den Streitfall übertragen, weil die Abbildung eines geschmacksmusterrechtlich geschützten Produkts in der Werbung als bloße Vorstufe für den nachfolgenden Vertrieb keinen eigenständigen "Lizenzwert" habe. Dem Urheber eines Werkes der bildenden Kunst wie auch eines geschmacksmusterrechtlich geschützten Gegenstandes eröffne sich zwar bei entsprechendem Publikumsinteresse die Möglichkeit, auch Abbildungen seines Werkes selbständig kommerziell zu verwerten. Im Gegensatz dazu sei die Abbildung eines geschmacksmusterrechtlich geschützten Produktes in der Werbung für dessen Verkauf grundsätzlich nur die Vorstufe für den nachfolgenden Vertrieb und habe damit keinen eigenständigen Lizenzwert.
Bei einer daher allenfalls gegebenen, das Image der klägerischen Produkte beeinträchtigenden Marktverwirrung komme eine objektive Schadensberechnung nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie nicht in Betracht. Eine solche Schadensberechnung könne die zunächst notwendige Feststellung eines Vermögensnachteils nicht ersetzen; eine Lizenzierung für die Abbildungen der Imitate wäre aber nicht in Betracht gekommen, weil die Werbung und der Vertrieb eines geschmacksmusterrechtlich geschützten Produkts eine wirtschaftliche Einheit darstellten, die nicht getrennt vergütet würden.
II. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Klägerin kein nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie berechenbarer Schadensersatzanspruch zusteht.
1. a) Die Schutzwirkungen des Klagegeschmacksmusters v. 18.10.1996 bestimmen sich gem. § 66 Abs. 2 GeschmMG grundsätzlich nach den Vorschriften des am 1.6.2004 in Kraft getretenen Gesetzes über den rechtlichen Schutz von Mustern und Modellen v. 12.3.2004 (BGBl. I, 390; Eichmann in Eichmann/v. Falckenstein, GeschmMG, 3. Aufl., § 66 Rz. 2 [4], mit Hinweis auf die Begründung zu § 66 des Regierungsentwurfs zur Reform des Geschmacksmusterrechts, BT-Drucks. 15/1075, 1). Nach § 38 Abs. 1 GeschmMG gewährt das Geschmacksmuster seinem Inhaber das ausschließliche Recht, es zu benutzen und Dritten zu verbieten, es ohne seine Zustimmung zu benutzen, wobei eine Benutzung insb. das Anbieten eines Erzeugnisses einschließt, bei dem das Muster verwendet wird.
b) Gemäß § 66 Abs. 1, Abs. 2 S. 2 GeschmMG können Rechte aus Geschmacksmustern, die - wie das Klagegeschmacksmuster - nach dem 30.6.1988 angemeldet und vor dem 28.10.2001 eingetragen oder angemeldet worden sind, allerdings nicht geltend gemacht werden, soweit sie Handlungen i.S.v. § 38 Abs. 1 GeschmMG betreffen, die vor dem 28.10.2001 begonnen wurden und die der Verletzte vor diesem Tag nach den Vorschriften des Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Mustern und Modellen v. 11.1.1876 (RGBl. S. 11 - GeschmMG a.F.) in der zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung nicht hätte verbieten können. Dasselbe gilt angesichts der im am 1.6.2004 in Kraft getretenen Geschmacksmustergesetz vorausgesetzten grundsätzlichen Rückwirkung seiner Regelungen (vgl. zu vorstehend a)) auch für solche Handlungen, die in dem genannten Zeitraum nicht nur begonnen, sondern auch vollendet, d.h. begangen worden sind.
c) Hinsichtlich des Anbietens enthält das Geschmacksmustergesetz a.F. zwar keine dem § 38 Abs. 1 S. 2 GeschmMG (und dem § 17 Abs. 1 UrhG) entsprechende ausdrückliche Bestimmung, dass das Benutzungsrecht des Rechtsinhabers insb. das der Öffentlichkeit gegenüber erfolgende Anbieten von Vervielfältigungsstücken des Musters oder Modells umfasst. Jedoch war auch unter der Geltung des Geschmacksmustergesetzes a.F. anerkannt, dass der Begriff des - wie sich zwar weder aus § 1 Abs. 1 GeschmMG a.F. noch aus § 5 GeschmMG a.F., wohl aber aus §§ 14, 14a GeschmMG a.F. ergibt (vgl. v. Gamm, Geschmacksmustergesetz, 2. Aufl., § 5 Rz. 21; Nirk/Kurtze, Geschmacksmustergesetz, 2. Aufl., § 5 Rz. 3) - dem Rechtsinhaber vorbehaltenen Verbreitens neben dem Inverkehrbringen auch das Anbieten umfasst (BGH, Urt. v. 15.6.1977 - I ZR 140/75 - Pinguin, GRUR 1977, 796 [798]; Urt. v. 21.1.1982 - I ZR 196/79 - Scandinavia, MDR 1982, 728 = GRUR 1982, 371 [372]).
2. Das Berufungsgericht hat seine Annahme, die Beklagten hätten (auch schon) durch das Anbieten der streitbefangenen Uhr die Geschmacksmusterrechte der Klägerin verletzt, damit begründet, dass diese Uhr eine Nachbildung des klägerischen Musters sei, da sie die für dessen ästhetischen Gesamteindruck wesentlichen und dessen Eigentümlichkeit begründenden Gestaltungsmerkmale nahezu identisch übernehme. Diese Beurteilung lässt einen Rechtsfehler nicht erkennen und wird auch von der Revisionserwiderung nicht mit Gegenrügen angegriffen. Dasselbe gilt, soweit das Berufungsgericht - wie auch schon das LG - von einem schuldhaften Verhalten der Beklagten ausgegangen ist.
3. Die Klägerin kann den ihr danach zustehenden Schadensersatzanspruch nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie berechnen.
a) Der bei der schuldhaften Verletzung von gewerblichen Schutzrechten und daher namentlich auch von Geschmacksmusterrechten wahlweise neben dem Verlangen nach Ersatz des entgangenen Gewinns (§ 42 Abs. 2 S. 1 und 3 GeschmMG; § 252 BGB) und der Gewinnherausgabe (§ 42 Abs. 2 S. 2 GeschmMG) zulässigen Schadensberechnung nach der Lizenzanalogie (vgl. BGHZ 145, 366 [376] - Gemeinkostenanteil) liegt die Überlegung zu Grunde, dass der Verletzer grundsätzlich nicht anders stehen soll als ein vertraglicher Lizenznehmer, der eine Lizenzgebühr entrichtet hätte (BGH v. 17.6.1992 - I ZR 107/90 - Tchibo/Rolex II, BGHZ 119, 20 [27] = MDR 1992, 1139 = CR 1992, 725; Urt. v. 14.3.2000 - X ZR 115/98 - Formunwirksamer Lizenzvertrag, MDR 2000, 1448 = CR 2000, 816 = GRUR 2000, 685 [688] = WRP 2000, 766; Eichmann in Eichmann/v. Falckenstein, GeschmMG, 3. Aufl., § 42 Rz. 15). Angesichts der normativen Zielsetzung dieser Schadensberechnungsmethode ist es unerheblich, ob es bei korrektem Verhalten des Verletzers im konkreten Fall tatsächlich zu einer entsprechenden Lizenzerteilung gekommen wäre (BGH BGHZ 44, 372 [379 f.] - Meßmer-Tee II; v. 17.6.1992 - I ZR 107/90 - Tchibo/Rolex II, BGHZ 119, 20 [26] = MDR 1992, 1139 = CR 1992, 725, m.w.N.); entscheidend ist vielmehr allein, dass der Verletzte die Nutzung nicht ohne Gegenleistung gestattet hätte (BGH, Urt. v. 24.6.1993 - I ZR 148/91 - Dia-Duplikate, MDR 1993, 1193 = GRUR 1993, 899 [900 f.]; Urt. v. 2.2.1995 - I ZR 16/93 - Objektive Schadensberechnung, MDR 1995, 921 = GRUR 1995, 349 [351] = WRP 1995, 393). Zulässig ist die Schadensberechnung auf der Grundlage einer angemessenen Lizenzgebühr überall dort, wo die Überlassung von Ausschließlichkeitsrechten zur Benutzung durch Dritte gegen Entgelt rechtlich möglich und verkehrsüblich ist (BGH BGHZ 44, 372 [374] - Meßmer-Tee II; BGHZ 60, 206 [211] - Miss Petite; Urt. v. 22.3.1990 - I ZR 59/88 - Lizenzanalogie, MDR 1990, 986 = GRUR 1990, 1008 [1009]). Der Sache nach handelt es sich bei dieser Berechnung um einen dem Bereicherungsanspruch nach § 812 Abs. 1 S. 1 2. Altern., § 818 Abs. 2 BGB entsprechenden Anspruch (BGH v. 6.3.1980 - X ZR 49/78 - Tolbutamid, BGHZ 77, 16 [25] = MDR 1980, 752).
b) Bei der Beurteilung der Frage, ob die Überlassung von Ausschließlichkeitsrechten verkehrsüblich ist, kommt es im Hinblick auf die Zielsetzung und die Rechtsnatur dieser Schadensberechnungsmethode nicht auf die Verhältnisse gerade in der Branche an, in der die Beteiligten tätig sind, sondern darauf, ob bei einem Ausschließlichkeitsrecht dieser Art ganz allgemein die Erteilung von Lizenzen im Verkehr üblich ist. Das Erfordernis der Üblichkeit soll vorwiegend solche Rechte ausschließen, bei denen mangels Vermögenswerts eine Nutzung auf dem Lizenzwege allgemein nicht in Betracht zu kommen pflegt oder der Gedanke an eine Lizenzerteilung aus besonderen Gründen ausscheidet. Für die Annahme der Verkehrsüblichkeit einer Überlassung genügt es daher regelmäßig, dass ein solches Recht seiner Art nach überhaupt durch die Einräumung von Nutzungsrechten genutzt werden kann und genutzt wird (BGH BGHZ 60, 206 [211] - Miss Petite; v. 1.12.1999 - I ZR 49/97 - Marlene Dietrich, BGHZ 143, 214 [220, 232] = MDR 2000, 1147; OLG München, Urt. v. 8.11.2001 - 6 U 5070/99, OLGReport München 2002, 211 = GRUR 2002, 453 [454]; OLG Hamburg GRUR-RR 2004, 139 [141]; v. 18.9.2003 - 3 U 250/01, OLGReport Hamburg 2004, 335 [337]). Das ist - wie auch das Berufungsgericht nicht verkannt hat - bei Geschmacksmusterrechten der Fall (vgl. § 31 GeschmMG; § 3 GeschmMG a.F.). Hierfür spricht insb. die Erwägung, dass anderenfalls (jedenfalls bislang) unübliche - und möglicherweise gerade aus diesem Grund den Rechtsinhaber besonders belastende - Benutzungshandlungen in schadensersatzmäßiger Hinsicht nicht hinreichend sanktioniert wären. Das wäre insb. dann nicht interessengerecht, wenn derjenige, der das Muster unberechtigt benutzt, dabei dessen besondere Wertschätzung ausnutzt und/oder beeinträchtigt (vgl. auch § 14 Abs. 2 Nr. 3, § 15 Abs. 3 MarkenG; § 4 Nr. 9 Buchst. b UWG).
c) Das Berufungsgericht hat der Klägerin den Schadensersatz über eine Lizenzanalogie demgegenüber maßgeblich mit der Begründung versagt, die Abbildung eines geschmacksmusterrechtlich geschützten Produkts in der Werbung sei grundsätzlich nur die Vorstufe für den nachfolgenden Vertrieb und habe damit keinen eigenständigen "Lizenzwert". Dem kann nicht zugestimmt werden.
Die Auffassung des Berufungsgerichts lässt sich insb. nicht - wie dieses gemeint hat - mit der Erwägung begründen, der Lizenznehmer erhalte mit dem Vertriebsrecht zugleich in aller Regel das Recht, für das geschützte Produkt zu werben, weil sich anderenfalls gar keine Verkaufserfolge erzielen ließen. Zwar wird man Letzteres annehmen und des Weiteren auch davon ausgehen können, dass umgekehrt auch keine Lizenzverträge abgeschlossen werden, die dem Lizenznehmer lediglich das Bewerben, d.h. das Anbieten des Musters, nicht aber zugleich auch dessen Inverkehrbringen gestatten. Darauf aber kann es bei der Schadensberechnung nach der Lizenzanalogie nicht ankommen; denn bei ihr ist, wie zu vorstehend b) ausgeführt wurde, im Blick auf die Verkehrsüblichkeit der Rechtseinräumung eine abstrakte Betrachtungsweise geboten. Dem Anbieten (Bewerben) kommt dabei ein im Verhältnis zum Inverkehrbringen eigenes Gewicht und, wenn es unberechtigt erfolgt, auch ein eigener Unrechtsgehalt zu.
III. Das angefochtene Urteil kann danach keinen Bestand haben; es ist aufzuheben. Da die Berechnung der Höhe der angemessenen Lizenzgebühr die Berücksichtigung aller Umstände des dabei tatrichterlich zu würdigenden Einzelfalls erfordert (§ 287 Abs. 1 ZPO; BGH v. 14.3.2000 - X ZR 115/98 - Formunwirksamer Lizenzvertrag, MDR 2000, 1448 = CR 2000, 816 = GRUR 2000, 685 [687 f.]) und sich das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - weder zu dieser Frage noch auch zu dem Feststellungsantrag geäußert hat, ist die Sache zurückzuverweisen.
Bei der Bemessung der Höhe der zu zahlenden Schadenslizenz wird das Berufungsgericht zu berücksichtigen haben, dass die Beklagte zu 1) das Geschmacksmusterrecht der Klägerin, wie zu vorstehend Ziff. II.3.c) ausgeführt wurde, in zweifacher Hinsicht verletzt hat. Es wird daher zu erwägen haben, die Höhe der zu zahlenden Lizenz zum einen nach der von der Beklagten zu 1) in deren Katalog betriebenen Werbung, die bereits für sich gesehen das Geschmacksmusterrecht der Klägerin verletzte, und zum anderen nach der Anzahl der in rechtsverletzender Weise abgesetzten Uhren zu bemessen. Dabei wird es ggf. zu einer - auch bei Lizenzverträgen nicht unüblichen - Kombination einer Pauschallizenz (Einstandszahlung) - hier: für die Werbung - und einer nach der Zahl der verkauften Exemplare berechneten Stücklizenz kommen.
Bei der Bestimmung der Höhe der Lizenzbeträge wird das Berufungsgericht zu berücksichtigen haben, dass der Verletzer bei der Berechnung des Schadens im Wege der Lizenzanalogie zwar weder besser noch schlechter gestellt werden darf als ein vertraglicher Lizenznehmer, aber dem Risiko der Minderung des Prestigewerts des nachgeahmten Produkts durch eine angemessene Erhöhung der normalerweise üblichen Lizenz Rechnung zu tragen ist (BGH v. 17.6.1992 - I ZR 107/90 - Tchibo/Rolex II, BGHZ 119, 20 [26 f.] = MDR 1992, 1139 = CR 1992, 725, m.w.N.). Dementsprechend werden hierbei alle Umstände zu berücksichtigen sein, die auch bei freien Lizenzverhandlungen auf die Höhe der Vergütung Einfluss gehabt hätten (BGH BGHZ 30, 7 [17] - Caterina Valente; v. 24.11.1981 - X ZR 36/80 - Fersenabstützvorrichtung, BGHZ 82, 310 [321] = MDR 1982, 490; v. 14.3.2000 - X ZR 115/98 - Formunwirksamer Lizenzvertrag, MDR 2000, 1448 = CR 2000, 816 = GRUR 2000, 685 [688]). Bei der Bemessung der Höhe der pauschalen Schadenslizenz wird daher neben der von der Klägerin insb. herausgestellten hohen Anzahl der Kataloge, die die rechtsverletzende Abbildung enthielten, mindernd zu berücksichtigen sein, dass die Beklagte zu 1) das Klagemuster nicht identisch übernommen und zudem nicht herausgehoben, sondern in ihrem sehr umfangreichen Versandhandelskatalog als eine unter zahlreichen dort angebotenen Uhren beworben hat. Der von der Klägerin entsprechend der Auflagenhöhe der Kataloge berechnete Lizenzbetrag von 85.400 DM steht bei der gegebenen Sachlage außer Verhältnis. Die für die Katalogwerbung in Betracht kommende (pauschale) Lizenz muss in einem angemessenen Verhältnis zu dem Betrag einer (fingierten) Stücklizenz für die von den Beklagten vertriebenen Uhren stehen. Diesen hat die Klägerin unter Zugrundelegung eines Lizenzsatzes von 12,5 % - dieser kann bei einem Prestigeobjekt bis zu 20 % betragen (BGH v. 17.6.1992 - I ZR 107/90 - Tchibo/Rolex II, BGHZ 119, 20 [26] = MDR 1992, 1139 = CR 1992, 725, m.w.N.) - auf 4,30 DM pro vertriebene Uhr berechnet. Bei der Bemessung dieser etwaigen zusätzlichen Stücklizenz wird zu berücksichtigen sein, dass bei einer vertraglichen Vereinbarung, bei der auch eine Einstandszahlung vereinbart wurde, die Parteien diese bei der Bemessung der Höhe der Stücklizenz entsprechend berücksichtigt und zudem möglicherweise vereinbart hätten, dass eine Stücklizenz daneben erst ab einer bestimmten Anzahl verkaufter lizenzierter Uhren zu zahlen sei.
Fundstellen
GRUR 2006, 143 |
MDR 2006, 462 |
WRP 2006, 117 |