Leitsatz (amtlich)
a) Die Bewertung der Leistungen der Notarassessoren während des Anwärterdienstes nach § 3 Abs. 3 Satz 1 NotAssAusbV NW stellt ausschließlich eine Äußerung über die Eignung des Notarassessors für das Amt des Notars auf der Grundlage von Erkenntnissen aus dem Verhalten des Notarassessors während des Anwärterdienstes ohne Berücksichtigung der Ergebnisse der zweiten juristischen Staatsprüfung dar.
b) Die Gewichtung des Examensergebnisses im Verhältnis zur dienstlichen Beurteilung obliegt ausschließlich der die Auswahlentscheidung nach § 6 Abs. 3 Satz 1 BNotO treffenden Justizverwaltung.
Normenkette
BNotO § 6 Abs. 3 S. 1; NotAssAusbV NW § 3 Abs. 3 S. 1
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Senats für Notarsachen des OLG Köln vom 20.12.2011 abgeändert und neu gefasst.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Der Kläger wendet sich gegen die Überbeurteilung der Beklagten vom 27.5.2011 zu der dienstlichen Beurteilung der Beigeladenen vom 11.5.2011. Der am 14.1.1975 geborene Kläger legte am 18.12.1999 die erste juristische Staatsprüfung mit der Note "gut" (13 Punkte) und am 6.11.2003 die zweite juristische Staatsprüfung gleichfalls mit der Note "gut" (12,26 Punkte) ab. Mit Verfügung vom 27.4.2006 wurde er in den Anwärterdienst für das Amt des Notars übernommen. Er befand sich von Dezember 2006 bis April 2008 bei einem Notar in Ausbildung. Von Mai 2008 bis Oktober 2010 war er beim Deutschen Notarinstitut in W. tätig. Seit Oktober 2010 ist er zur Ausbildung Notar Dr. K. zugewiesen. Im Januar 2008 wurde der Kläger in einer dienstlichen Beurteilung mit "vollbefriedigend" (10 Punkte) bewertet, im Juni 2008 mit "vollbefriedigend" (11 Punkte) und im Januar 2011 mit "sehr gut" (16 Punkte). Der Kläger bewarb sich auf eine im Justizministerialblatt für Nordrhein-Westfalen vom 15.3.2011 ausgeschriebene Notarstelle. Aus diesem Anlass erstellte die Beigeladene die dienstliche Beurteilung vom 11.5.2011, der die Beklagte in der Überbeurteilung vom 27.5.2011 nicht entgegentrat und die lautet:
Rz. 2
"Unter Bezugnahme auf den Beurteilungsbeitrag von Notar Dr. K. aus D. vom 2.5.2011 und im Einvernehmen mit dem Ausschuss für Personal- und Standesangelegenheiten der Rheinischen Notarkammer beurteile ich die Fähigkeiten und fachlichen Leistungen des Notarassessors mit der Note "sehr gut" (16 Punkte). Das Dienstalter des Notarassessors beläuft sich bis zum Ablauf der Bewerbungsfrist am 15.4.2011 auf vier Jahre und vier Monate. Ausweislich des vorliegenden Beurteilungsbeitrags hat er sich als Mitarbeiter und Vertreter seines Ausbildungsnotars bestens bewährt. Ich halte den Notarassessor für das Notaramt für besonders geeignet."
Rz. 3
Dieser Beurteilung ist der Kläger in einer Gegenäußerung vom 25.5.2011 entgegengetreten, weil sie die positive Einschätzung des Notars Dr. K., die im Einklang mit früheren Beurteilungen stehe und durch die Referententätigkeit für das Deutsche Notarinstitut, für die Beigeladene und das Institut des Deutschen Anwaltsinstituts gestützt werde, nicht nachvollziehe. Die Beklagte nahm die folgende Überbeurteilung vom 27.5.2011 zur Personalakte:
Rz. 4
"Der vorstehenden Beurteilung trete ich nach Anhörung des Präsidenten des LG D. nicht entgegen."
Rz. 5
Mit Bescheid vom 20.6.2011 lehnte die Beklagte eine Abänderung der Überbeurteilung ab.
Rz. 6
Mit der Klage verlangt der Kläger, die Beklagte zu verurteilen, die Überbeurteilung vom 27.5.2011 und den Bescheid vom 20.6.2011 aufzuheben und ihn unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut dienstlich zu beurteilen. Dazu hat er in einem Parallelverfahren (NotZ(Brfg) 4/12) gegen den Bescheid des Präsidenten des OLG K. vom 27.6.2011 geklagt. In dem Bescheid ist ihm mitgeteilt worden, dass beabsichtigt sei, die ausgeschriebene Notarstelle einem Mitbewerber zu übertragen. Der Kläger sei gegenüber dem Mitbewerber bei weniger guter dienstlicher Beurteilung - "sehr gut" (16 Punkte) gegenüber "sehr gut" (17 Punkte) - aber um 1,07 Punkte und einer Notenstufe besserem Ergebnis im zweiten juristischen Staatsexamen - "gut" (12,26 Punkte) gegenüber "vollbefriedigend" (11,19 Punkte) - fachlich annähernd gleich geeignet, so dass dem Mitbewerber wegen seiner insgesamt längeren Dienstzeit der Vorrang zu geben sei.
Rz. 7
Zum Streitfall meint der Kläger, ihm hätten "17 Punkte" zugebilligt werden müssen. Das Beurteilungssystem sei generell unbrauchbar und werde rechtswidrig schematisch gehandhabt. Die Beigeladene habe wegen der Fertigung der Beurteilung durch die "drei Weisen", die der Überbeurteilung der Beklagten zugrunde liege, die Zuständigkeitsregelung nach § 69 BNotO verletzt. Seine Vortragstätigkeit, seine Veröffentlichungen und seine Tätigkeit für das Deutsche Notarinstitut seien sachwidrig nicht berücksichtigt worden. Der für eine Benotung mit "17 Punkten" von der Beklagten geforderte Eignungsvorsprung sei von § 3 Abs. 3 der Verordnung über die Ausbildung von Notarassessorinnen und Notarassessoren vom 18.10.1999 (NotAssAusbV NW) nicht gedeckt.
Rz. 8
Das OLG hat die Klage zugesprochen. Mit der vom OLG zugelassenen Berufung verfolgt die Beklagte die Abänderung des Urteils und die Klageabweisung.
Entscheidungsgründe
I.
Rz. 9
Das OLG hat ausgeführt, die Überbeurteilung der Beklagten sei rechtswidrig, weil die Beklagte der Beurteilung der Beigeladenen folgend, von einem anderen Eignungsbegriff als dem der Bundesnotarordnung zugrunde liegenden ausgehe und das Ergebnis des zweiten Staatsexamens nicht berücksichtige. Weder nach dem Wortlaut noch nach dem Sinn und Zweck der Regelungen in § 6 Abs. 3 BNotO und § 3 NotAssAusbV NW könne angenommen werden, dass das zweite Staatsexamen als objektives und jederzeit greifbares Kriterium erst bei der Auswahlentscheidung eine Rolle spiele und den Vorschriften verschiedene Eignungsbegriffe zugrunde lägen. Für die gleiche Terminologie der Verordnung über die Ausbildung der Notarassessorinnen und Notarassessoren und die der Bundesnotarordnung spreche entscheidend, dass die Ausbildungsverordnung auf § 7 Abs. 5 Satz 2 BNotO basiere. Dies gelte insb. für Begriffe, denen im Zusammenspiel beider Normen eine wesentliche Bedeutung zukomme, wie hier dem Begriff der "Eignung" für das Amt des Notars, der an der Schnittstelle zu der die Ausbildung des Notarassessors beendenden Bestellung zum Notar oder Entlassung aus dem Dienst stehe. Die "Eignung" nach den Vorschriften in §§ 7 Abs. 6, Abs. 7 Satz 2 Nr. 1, 6 Abs. 1 und 3 BNotO beziehe sich jeweils auf das Amt des Notars. Sie enthalte eine persönliche und eine fachliche Komponente, § 6 Abs. 1 BNotO. Wesentliche Gesichtspunkte bei der Beurteilung der fachlichen Eignung nach § 6 BNotO seien zum einen die bei der Vorbereitung auf den Notarberuf gezeigten Leistungen und zum anderen das Ergebnis des zweiten Staatsexamens. Dass abweichend hiervon die Eignungsbeurteilung nach § 3 Abs. 3 NotAssAusbV NW nur eingeschränkt, nämlich hinsichtlich der fachlichen Seite ohne Berücksichtigung des zweiten Staatsexamens erfolgen solle, ergebe sich aus dem Wortlaut der Verordnung nicht und sei auch sonst nicht begründbar. Aus der das Anwaltsnotariat betreffenden Regelung in § 6 Abs. 3 Satz 3 BNotO lasse sich nichts anderes herleiten. Die notarielle Fachprüfung beschränke sich zwar auf eine Feststellung der fachlichen Leistung des Assessors. Die Beurteilung nach § 3 Abs. 3 NotAssAusbV NW solle sich hingegen nicht nur über die fachlichen Leistungen des Notarassessors verhalten, sondern darüber hinaus über seine Persönlichkeit, die im Beurteilungszeitraum wahrgenommenen Aufgaben, seine Fähigkeiten, seine Kenntnisse sowie über seine Eignung für das Notaramt. Das spätere Besetzungsverfahren würde für die Bewerber berechenbarer und akzeptabler, wenn in der Eignungsbeurteilung alle tragenden Kriterien angeführt und abschließend bewertet würden. Die Konkurrenten könnten dann ihre eigene Stellung im Bewerberfeld vorab sicherer einschätzen. Gebe die Beigeladene ihre Eignungsbeurteilungen generell und nicht jeweils bezogen auf ein konkretes Besetzungsverfahren ab, bleibe sie bei anderen Besetzungsverfahren an ihre eigenen Bewertungen gebunden und entfalle mithin der Verdacht der unzulässigen "Handsteuerung".
II.
Rz. 10
Die zulässige Berufung (§ 111d Satz 1 BNotO) der Beklagten hat Erfolg. Entgegen der Auffassung des OLG ist die dienstliche Beurteilung des Klägers durch die Beklagte in Gestalt der Überbeurteilung zur dienstlichen Beurteilung der Beigeladenen nicht rechtswidrig. Sie entspricht den rechtlichen Vorgaben und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Rz. 11
1. Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des OLG, dass die Eignung eines Bewerbers für das Amt des Notars einheitlich zu beurteilen ist. § 6 Abs. 1 Satz 1 BNotO legt fest, dass für die Eignung neben der Persönlichkeit die Leistungen des Bewerbers bestimmend sind. Die fachliche Eignung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 BNotO ist Voraussetzung für die Einbeziehung in die Auswahl mehrerer grundsätzlich geeigneter Bewerber (vgl. BGH, Senat für Notarsachen, Beschl. v. 13.12.1993 - NotZ 56/92, BGHZ 124, 327 [331 f.]). Die Eignungsprognose nach § 6 Abs. 3 Satz 1 BNotO betrifft hingegen die Auswahl nach der besseren Eignung aus einem Kreis von i.S.d. § 6 Abs. 1 Satz 1 BNotO geeigneten Bewerbern (vgl. BGH, Senat für Notarsachen, Beschl. v. 13.12.1993 - NotZ 56/92, BGHZ 124, 327 [330]).
Rz. 12
a) § 6 Abs. 3 Satz 1 BNotO greift den Eignungsbegriff in § 6 Abs. 1 Satz 1 BNotO auf und macht das Maß, in dem seine Merkmale bei dem einzelnen Bewerber ausgeprägt sind, mithin auch dessen Leistungen, zum umfassenden Auswahlkriterium. Nach § 6 Abs. 3 Satz 1 BNotO richtet sich die für das Auswahlverfahren entscheidende fachliche Eignung ausdrücklich nach den bei der Vorbereitung auf den Notarberuf gezeigten Leistungen und den Ergebnissen der zweiten juristischen Staatsprüfung. Für das Auswahlverfahren hat der Gesetzgeber die Ausbildungsleistungen des Bewerbers für den juristischen Beruf als solchen, die sich im Ergebnis der zweiten juristischen Staatsprüfung widerspiegeln, ausdrücklich abgesetzt gegenüber den Vorbereitungsleistungen des Bewerbers auf den Notarberuf (vgl. BGH, Senat für Notarsachen, Beschl. v. 13.12.1993 - NotZ 56/92, BGHZ 124, 327 juris Rz. 23; BVerfGE 110, 304, juris Rz. 71). Die Vorbereitungsleistungen auf den Notarberuf sind Gegenstand der dienstlichen Beurteilung, die gemäß der Regelung in § 3 Abs. 3 NotAssAusbV NW über den aufgrund der Vorbereitung auf das Amt des Notars aktuellen Leistungsstand Aufschluss zu geben hat. In ihr ist die Tätigkeit des Notarassessors während des Anwärterdienstes in den Blick zu nehmen. Die Bewertung der Leistungen der Notarassessoren während des Anwärterdienstes nach § 3 Abs. 3 Satz 1 NotAssAusbV NW stellt ausschließlich eine Äußerung über die Eignung des Notarassessors für das Amt des Notars auf der Grundlage von Erkenntnissen aus dem Verhalten des Notarassessors während des Anwärterdienstes ohne Berücksichtigung der Ergebnisse der zweiten juristischen Staatsprüfung dar. Auch wenn die dienstliche Eignung nicht selten in den bei der zweiten juristischen Staatsprüfung gezeigten Leistungen angelegt erscheinen kann, weil sie regelmäßig eine gute allgemeine juristische Befähigung widerspiegeln, die für die erfolgreiche Wahrnehmung der Aufgaben eines Notars zentrale Bedeutung hat, lässt mit zunehmender beruflicher Tätigkeit und fortschreitendem zeitlichen Abstand die Aussagekraft der Staatsexamensergebnisse für den für die Stellenbesetzung maßgeblichen aktuellen Leistungsstand im Allgemeinen nach (vgl. Senatsbeschluss vom 18.7.2011 - NotZ (Brfg) 1/11, NJW-RR 2012, 53, Rz. 28; vom 11.8.2009 - NotZ 4/09, DNotZ 2010, 467 juris Rz. 23; v. 9.12.2008 - NotZ 25/07, juris Rz. 24; BVerfGE 110, 304 [333 ff.]). Ihre Einbeziehung schon in die dienstliche Beurteilung würde den Blick auf den zwischenzeitlich erreichten berufsspezifischen Leistungsstand verunklaren. Die Beurteilung allein der dienstlichen Leistungen im Anwärterdienst ist deshalb unverzichtbare Grundlage für die differenzierende vergleichende Bewertung des aktuellen Leistungsstandes der einzelnen Bewerber. Die Gewichtung des Examensergebnisses im Verhältnis zur dienstlichen Beurteilung obliegt danach ausschließlich der die Auswahlentscheidung nach § 6 Abs. 3 Satz 1 BNotO treffenden Justizverwaltung.
Rz. 13
b) Folgte man der Auffassung des OLG, käme den Notarkammern und Präsidenten der OLG über die dienstlichen Beurteilungen ein Gewicht im Rahmen des Auswahlverfahrens zu, das der Verteilung der Zuständigkeiten im Besetzungsverfahren nicht entspricht. Die Auswahlentscheidung nach § 6 Abs. 3 Satz 1 BNotO steht allein der für die Besetzung der Notarstellen zuständigen Justizverwaltung und nicht der Notarkammer zu.
Rz. 14
Zutreffend weist der Beklagte darauf hin, dass die Gefahr bestünde, die Auswahlentscheidung der Justizverwaltung in unzulässiger Weise mit der dienstlichen Beurteilung zu präjudizieren, würden die Eignungsprognose nach § 6 Abs. 3 BNotO und die dienstliche Beurteilung der Beigeladenen und der Beklagten auf denselben Anknüpfungstatsachen beruhen und im Aussagegehalt gleich sein. Der Beurteilungsspielraum der Besetzungsbehörde würde eingeengt werden auf die Besetzung gemäß der Vorgabe der dienstlichen Beurteilung. Dies ist nicht damit vereinbar, dass die Auswahlentscheidung von der Justizverwaltung im Hinblick auf eine bestimmte Stelle zu treffen ist. Die dienstliche Beurteilung der Beigeladenen und die ihr folgende Überbeurteilung der Beklagten sollen den aktuellen Leistungsstand des Bewerbers aufzeigen. Sie vermögen keine Bindung oder auch nur eine künftige Erfolgsaussicht für weitere Bewerbungsverfahren zu begründen. Schon der unterschiedliche Bewerberkreis für die jeweilige Notarstelle fordert die Möglichkeit einer freien Besetzungsentscheidung der Justizverwaltung, der - im Rahmen der Auswahl nach § 6 Abs. 3 Satz 1 BNotO - die Eignungsprognose aufgrund der dienstlichen Beurteilung zugrunde liegt.
Rz. 15
c) Mit Recht macht die Beklagte hierzu geltend, dass das OLG nicht hinreichend zwischen den verschiedenen Aufgaben der Beigeladenen differenziert. Die Aufgabe der Notarkammern, die Notarassessoren zu beurteilen, ist zu unterscheiden von der Aufgabe, Besetzungsvorschläge zu unterbreiten und sich in Entlassungsverfahren zu äußern. Weichen Besetzungsvorschläge von dienstlichen Beurteilungen ab, wird dadurch nicht die Vermutung der Berücksichtigung sachwidriger Gesichtspunkte begründet. Auswahlentscheidungen haben den aktuellen Leistungsstand des einzelnen Bewerbers zu berücksichtigen, aber auch dem Bewerberkreis für die jeweilige Notarstelle Rechnung zu tragen.
Rz. 16
Der Einwand der mangelnden Transparenz, auf den das OLG seine Auffassung stützt, dass dienstliche Beurteilungen sich in den Besetzungsentscheidungen für freie Notarstellen nicht kontinuierlich widerspiegeln, greift dagegen nicht. Dies erweist sich auch bei Betrachtung des vom OLG beispielhaft herangezogenen Besetzungsverfahrens betreffend eine Notarstelle in D., in dem der gegenüber dem Kläger nunmehr vorgezogene Bewerber Dr. L. gegenüber einem anderen ebenso wie der Kläger beurteilten Bewerber H. hätte zurücktreten müssen. Darin läge nicht zwingend ein Widerspruch zu der hier getroffenen Auswahlentscheidung. Im Bezirk der Beigeladenen stehen offenbar mehrere - sowohl nach dem Ergebnis des zweiten juristischen Staatsexamens wie nach den im Anwärterdienst gezeigten Leistungen - besonders hoch qualifizierte Notarassessoren für die Ernennung zum Notar an. Wenn die Justizverwaltung in dem nach § 6 Abs. 3 Satz 1 BNotO gebotenen Auswahlverfahren zu dem Ergebnis kommt, Bewerber seien annähernd gleich geeignet und dann anhand des Kriteriums "Dauer des Anwärterdienstes" (§ 6 Abs. 3 Satz 2 BNotO) weiter differenziert, kann dies grundsätzlich nicht als rechtlich bedenklich angesehen werden (vgl. Senat, Beschl. v. 22.3.2004 - NotZ 20/03, DNotZ 2004, 883 [885]). Die angemessene Berücksichtigung der Dauer des Anwärterdienstes trägt auch der nach § 4 Satz 2 BNotO gebotenen Wahrung einer geordneten Altersstruktur des Notarberufs Rechnung (vgl. Schmitz-Valckenberg in Eylmann/Vaasen, BNotO BeurkG, 3. Aufl. 2011, § 6 BNotO Rz. 46b, s. auch Rz. 46 f.). Die Beklagte weist zudem darauf hin, dass sich weder die Notarkammer in ihrem Besetzungsvorschlag noch die Beklagte mit der Frage befasst haben, ob dem Kläger gegenüber dem bei der Notarstelle in D. zum Zuge gekommenen Bewerber der Vorrang hätte eingeräumt werden müssen, weil sich der Kläger auf diese Stelle nicht beworben habe. Zu einer Entscheidung gegen den im Streitfall erfolgreichen Bewerber Dr. L. sei es nicht gekommen, weil er seine Bewerbung zurückgenommen habe.
Rz. 17
d) Entgegen der Auffassung des Klägers leidet die Beurteilung der Beigeladenen in Gestalt der Überbeurteilung der Beklagten auch im Übrigen nicht unter einem durchgreifenden formellen oder materiellen Rechtsmangel. Dazu ist - soweit veranlasst - noch zu bemerken:
Rz. 18
aa) Der Senat teilt die grundsätzlichen Bedenken des Klägers gegen die verfassungsrechtlich gebotene Bestimmtheit der Regelungen in § 3 der Verordnung über die Ausbildung der Notarassessorinnen und Notarassessoren nicht. Auch erweist sich der Vorwurf des Klägers, die Beigeladene habe rechtswidrig ein eigenes Beurteilungsrecht dadurch geschaffen, dass die Art und Weise der Durchführung der Beurteilung aufgrund von Vorgaben der Beigeladenen an die Ausbildungsnotare nach kammereigenen Regelungen durchgeführt werde, als haltlos. Den für die Beurteilung zuständigen Stellen steht es frei, im Interesse der Gleichbehandlung der Bewerber Hinweise zur Beurteilung (vgl. "Vermerk Beurteilung von Notarassessorinnen und Notarassessoren" vom 9.7.2009) zu geben. Bei diesem Vermerk handelt es sich auch nicht um eine Rechtsnorm, die einer gesetzlichen Ermächtigungsnorm bedürfte. Er soll lediglich den Ausbildungsnotaren als Orientierungshilfen dienen.
Rz. 19
Die Beurteilung durch die Beigeladene wird entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht von drei ausgewählten Mitgliedern der Notarkammer gefertigt. Diese haben im Interesse der Gleichbehandlung lediglich bei der Vorbereitung der Beurteilung beratende Funktion. Darauf hat der Präsident der Beigeladenen in den Stellungnahmen vom 14.6.2011 und vom 19.8.2011 hingewiesen.
Rz. 20
bb) Mit Recht weist die Beklagte darauf hin, dass die sich aus den Beurteilungen ergebende ähnliche Leistungsentwicklung der Notarassessorinnen und Notarassessoren, die der Kläger unter dem Vorwurf einer fehlenden Differenzierung in den Blick nimmt, auf einem sorgfältigen Auswahlverfahren und der hohen Qualifikation der Bewerber beruht. Das Differenzierungserfordernis ergibt sich aus § 3 Abs. 3 NotAssAusbV NW und dem Wesen einer Beurteilung. Es bedarf keiner weiteren gesetzlichen Regelung.
Rz. 21
cc) Auch die Angriffe des Klägers gegen die konkrete Beurteilung gehen ins Leere.
Rz. 22
(1) Mit Recht weist die Beklagte darauf hin, dass abweichende Wertungen in einzelnen Beurteilungsbeiträgen keiner Begründung bedürfen. Die einzelnen Beiträge sind lediglich Hilfsmittel für die Bildung der dem Beurteiler zustehenden abschließenden Wertung. Einer "Abweichungsbegründung" bedurfte es im Streitfall im Übrigen schon mangels einer Abweichung nicht. Der Präsident der Beigeladenen hat aufgrund der sehr positiven Beurteilungsbeiträge, so dem Beitrag des Ausbildungsnotars vom 30.12.2010, die fachlichen Fähigkeiten und Leistungen des Klägers mit der Note "sehr gut" (16 Punkte) und "besonders geeignet" bewertet. Er hat wegen fehlender Anhaltspunkte für eine innerhalb der letzten vier Monate außergewöhnlich angestiegene Eignung des Notarassessors im Mai 2011 an der Beurteilung vom 12.1.2011 festgehalten und den Kläger punktemäßig und im Eignungsurteil "besonders geeignet" gleich, aber unter Hinweis darauf, dass er sich "bestens" bewährt habe, beurteilt. Eine begründungsbedürftige Abweichung ergibt sich daraus nicht. Sie wird auch nicht deshalb erforderlich, weil nunmehr der mit dem Kläger konkurrierende Bewerber Dr. L. im Hinblick auf seine Leistungssteigerungen mit 17 Punkten beurteilt worden ist.
Rz. 23
(2) Soweit der Kläger bemängelt, dass seine Referententätigkeit im Rahmen eines Fortbildungslehrgangs für fachkundige Notarmitarbeiter und im Rahmen von Vorbereitungskursen für die notarielle Fachprüfung sowie seine fachspezifischen Veröffentlichungen nicht hinreichend in die Beurteilung Eingang gefunden hätten, handelt es sich nicht um nach dem Zweck der Beurteilung zwingend zu erwähnende Umstände. Die Beigeladene hat zu Recht darauf hingewiesen, dass von allen Notarassessorinnen und Notarassessoren ein Engagement im Rahmen der Aus- und Fortbildung der Mitarbeiter erwartet wird, wie dies § 7 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. § 30 BNotO vorsieht. Dass der Kläger dabei in einer Weise hervorgetreten wäre, die auf eine bessere Eignung als die von der Beklagten angenommene besondere Eignung hindeutete, ist nicht erkennbar.
Rz. 24
Die Tätigkeit als Referent des Deutschen Anwaltsinstituts erfolgte außerhalb des Anwärterdienstes. Der Kläger nahm dafür Erholungsurlaub und erhielt unmittelbar vom Deutschen Anwaltsinstitut die Vergütung. Nebentätigkeiten können grundsätzlich nur dann Berücksichtigung finden, wenn sie auf Verlangen des Dienstherrn übernommen werden (vgl. Schnellenbach, Die dienstliche Beurteilung der Beamten und der Richter, 32. Aktualisierung Mai 2010, Rz. 349). Zudem ist wiederum ein Anhalt für eine die sehr hohe Qualifikation des Klägers nochmals steigernde Leistung nicht gegeben.
Rz. 25
Die vom Kläger angeführten Tätigkeiten sind außerdem nicht vollständig unberücksichtigt geblieben, sondern nach dem ihnen zukommenden Gewicht in die Beurteilung eingeflossen. Die Beurteilungen haben allerdings primär den Zweck, Fortschritte in der Ausbildung der Notarassessoren mit Blick auf das Ziel, die Eignung zur Übernahme des Amtes des Notars zu erlangen, zu dokumentieren und zu bewerten. Im Übrigen ist es nach der Rechtsprechung des Senats im Hinblick darauf, dass die Notarassessoren bereits beträchtliches wissenschaftliches Potential einbringen und oft während der Ausbildung mit wissenschaftlichen Aufgaben betraut werden, nicht geboten, Tätigkeiten der Bewerber beim Deutschen Notarinstitut, wissenschaftlichen Veröffentlichungen und steuerrechtlichen Fachkenntnissen ein besonderes, zusätzliches Gewicht beim Leistungsvergleich beizumessen (vgl. Senat, Beschl. v. 22.3.2004 - NotZ 19/03, juris Rz. 18).
Rz. 26
2. Ist nach alledem die Beurteilung durch die Beklagte rechtlich nicht zu beanstanden, ist das Urteil des OLG abzuändern und die Klage abzuweisen.
Rz. 27
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 111d Abs. 1 Satz 1 BNotO, §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.
Rz. 28
Die Wertfestsetzung ergibt sich aus § 111g Abs. 2 Satz 1 BNotO.
Fundstellen
Haufe-Index 3272879 |
EBE/BGH 2012 |