Leitsatz (amtlich)
a) Der von dem Verleger festgesetzte Endpreis ist der beim Bücherkauf sogleich zu entrichtende Barzahlungspreis. Die Einräumung eines Barzahlungsrabatts ist ein Verstoß gegen die Buchpreisbindung.
b) Wer nicht Normadressat der Buchpreisbindung ist, kann entsprechend den deliktsrechtlichen Teilnahmeregeln als Störer auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wenn er einen Buchhändler oder Verleger vorsätzlich zu einem Verstoß gegen das Buchpreisbindungsgesetz (hier: Einräumung von Preisnachlässen oder Barzahlungsrabatten) zu bewegen sucht.
Normenkette
BuchpreisbindG §§ 3, 5, 7, 9; BGB § 830 Abs. 2, § 1004
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des beklagten Landes und die Anschlussrevision der Klägerinnen wird das Urteil des Kartellsenats des KG v. 23.5.2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Das Bezirksamt Steglitz des beklagten Landes beabsichtigte, im Jahr 1999 die Schulbücher für die Schulen seines Bezirks zentral zu beschaffen. Es fragte deswegen bei verschiedenen Buchhandlungen an, welche Nachlässe bei bestimmten Auftragswerten eingeräumt werden könnten. In dem Schreiben heißt es weiter:
"Wir weisen nochmals ausdrücklich darauf hin, dass wir gehalten sind, auch bei Schulbüchern 2 % Skonto abzuziehen."
Damit nimmt das Bezirksamt Bezug auf die "Zusätzlichen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Leistungen", welche die Beschaffungsstellen des Landes Berlin einer Auftragsvergabe zugrunde legen. Sie bestimmen in
"Nr. 9 Zahlungen
(1) Der Auftraggeber zahlt nach Erfüllung der Leistung binnen eines Monats nach Eingang der prüfbaren Rechnung bargeldlos auf das vom Auftragnehmer anzugebende Konto ...
(2) Bei Zahlung innerhalb von 14 Tagen wird ein Skonto von 2 v. H. des Rechnungsbetrages abgezogen. Gewährt der Auftragnehmer anderen Auftraggebern einen größeren Skontoabzug oder eine längere Frist, so gilt dies als vereinbart."
Diesem Vorbild des Bezirksamtes Steglitz folgten weitere Berliner Bezirksämter für ihren Bereich.
In Deutschland war auf der Grundlage des § 15 GWB in der bis zum In-Kraft-Treten des Gesetzes zur Regelung der Preisbindung der Verlagserzeugnisse v. 2.9.2002 (BGBl. 2002 I, 3448) geltenden Fassung durch den Sammelrevers 2000 bzw. durch Einzelrevers flächendeckend die Buchpreisbindung in der Weise eingeführt, dass sämtliche Buchhändler die Verpflichtung übernahmen, die "Endabnehmerpreise ('Ladenpreise' = Barzahlungspreise) allen Kunden in Deutschland" in Rechnung zu stellen. Für Schulbücher ist in den allgemeinen Bedingungen des Sammelrevers 2000 u. a. bestimmt:
"3.
Ebenfalls gebunden bin ich an Schulbuch-Nachlässe, die die Verlage festgesetzt haben für Sammelbestellungen von öffentlichen oder solchen Auftraggebern, deren Ausgaben überwiegend von der öffentlichen Hand getragen werden, sofern die Bestellung im Rahmen gesetzlicher Lernmittelfreiheit und zur unmittelbaren Verwendung im Unterricht erfolgt. Vorbehaltlich einer abweichenden Festsetzung in den Preislisten oder Preismitteilungen der Verlage, auf die hiermit Bezug genommen wird, sind die folgenden Nachlässe zu gewähren: ...
Barzahlungsnachlässe (Skonti) sind unzulässig. Ausnahmen nur lt. Sonderbedingungen einzelner Verlage (siehe B 2)."
Die Klägerin zu 1) ist Buchhändlerin und verkauft auch Schulbücher, die Klägerinnen zu 2) und 3) sind Schulbuchverlage. Sie sind der Ansicht, das Vorgehen der Berliner Behörden sei mit den Regeln der Buchpreisbindung unvereinbar. Sie verlangen von dem beklagten Land die Beachtung des in den Buchpreisbindungsregeln zulasten der Buchhändler niedergelegten Verbots, Barzahlungsnachlass zu gewähren, und verfolgen dies in erster Linie auf dem Wege der Unterlassungs-, hilfsweise auf dem der Feststellungsklage.
Das LG hat dem Hauptantrag entsprochen, die hiergegen eingelegte Berufung des beklagten Landes hatte nur insofern Erfolg, als das KG den Hauptantrag abgewiesen, die hilfsweise angetragene Feststellung aber getroffen hat.
Das Berufungsgericht hat die Revision des beklagten Landes zugelassen, das mit seinem Rechtsmittel die vollständige Klageabweisung begehrt. Die Klägerinnen haben sich fristgerecht der Revision angeschlossen und verfolgen ihren Hauptantrag - nunmehr gestützt auf das nach Erlass des Berufungsurteils am 1.10.2002 in Kraft getretene Gesetz über die Preisbindung für Bücher (Buchpreisbindungsgesetz) - im Wesentlichen weiter.
Entscheidungsgründe
Beide Rechtsmittel führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Die Anschlussrevision ist entgegen der Auffassung des beklagten Landes zulässig. Die Klägerinnen sind durch das Berufungsurteil, das ihren Hauptantrag abgewiesen hat, beschwert. Einer Zulassung des Rechtsmittels - sei es durch das Berufungsgericht, sei es auf Nichtzulassungsbeschwerde durch das Revisionsgericht - bedarf die Anschließung nach dem hier anwendbaren neuen Recht (§ 554 Abs. 2 S. 1 ZPO i. d. F. des G. zur Reform des Zivilprozesses v. 27.7.2001) nicht. Damit ist zugleich der entscheidende Grund - die Unterbindung der Umgehung der Zulassungsbeschränkung (vgl. Wenzel in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., Erg.Bd., § 554 Rz. 6; Hannich in ZPO-Reform 2002, § 554 Rz. 8) - dafür entfallen, die Zulässigkeit der Anschlussrevision bei einer nur zugunsten einer Partei ausgesprochenen oder auf einen bestimmten Teil des Streitgegenstandes beschränkten Zulassung der Revision davon abhängig zu machen, ob sie allein den Streitstoff betrifft, auf den sich die Zulassung bezieht (Ball in Musielak, ZPO, 3. Aufl., § 554 Rz. 4; Wenzel in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., Erg.Bd., § 554 Rz. 6; a. A., den Paradigmenwechsel der Anschließungsregeln außer Acht lassend, Gummer in Zöller, ZPO, 23. Aufl., § 554 Rz. 7a; obiter erwogen auch vom BGH v. 21.6.2001 - IX ZR 73/00, BGHZ 148, 156 [161] = MDR 2001, 1381 = BGHReport 2001, 746).
Im neueren zivilprozessualen Schrifttum besteht keine Einigkeit darüber, ob diese Gesetzesänderung darüber hinaus zur Folge hat, dass der Gegner der Hauptrevision sich ohne jede Einschränkung dem Rechtsmittel anschließen kann (so Ball in Musielak, ZPO, 3. Aufl., § 554 Rz. 4; Büttner, MDR 2001, 1201 [1207]), oder ob mit Rücksicht auf die Abhängigkeit der Anschlussrevision von der Hauptrevision wenigstens gefordert werden muss, dass ein rechtlicher oder wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen dem Streitgegenstand der Haupt- und dem der Anschlussrevision bestehen muss (so Wenzel in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., Erg.Bd., § 554 Rz. 6, sachlich anschließend an BGHZ 148, 156 ff.).
Die Frage bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung, weil auch auf der Grundlage der letztgenannten, strengeren Auffassung - anders als das beklagte Land meint - ein entsprechender Zusammenhang besteht. Die zugelassene Hauptrevision des beklagten Landes wie die von den Klägerinnen eingelegte Anschlussrevision betreffen denselben Sachverhalt, nämlich die Frage, ob es rechtlich zulässig ist, dass das beklagte Land sich an Buchhandlungen mit dem Ziel wendet, im Falle einer Auftragserteilung über die in dem Sammelrevers 2000 niedergelegten Nachlässe für den Bezug von Schulbüchern hinaus Sonderkonditionen zu erlangen und die Erlaubnis zu erhalten, vom Rechnungspreis 2 % Skonto abzuziehen, falls es vor Ablauf der Hälfte der von ihm in Anspruch genommenen Zahlungsfrist von einem Monat die gelieferten Schulbücher bezahlt. Der mit dem Hauptantrag geltend und zum Gegenstand der Anschlussrevision gemachte Unterlassungsanspruch unterscheidet sich von dem Feststellungsanspruch, den das Berufungsgericht für begründet erachtet hat, nicht grundlegend; mit beiden Anträgen streben die Klägerinnen eine Entscheidung darüber an, ob das Vorgehen des beklagten Landes mit der Rechtsordnung in Einklang steht. Das von den Klägerinnen in den Vorinstanzen auf § 1 UWG und §§ 1004, 826 BGB gestützte Unterlassungsbegehren erfordert über die Aussage hinaus, dass das beklagte Land in der geschehenen Weise nicht verfahren darf, zwar die Feststellung, es sei Störer i. S. d. genannten Vorschriften, dieser Umstand zerreißt aber entgegen der Auffassung der Revision nicht den bestehenden wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhang mit dem Feststellungsbegehren. Die von dem Land Berlin vertretene restriktive Behandlung dieser Frage würde die Partei, welche sich mit dem erzielten Teilerfolg abfinden und das Berufungsurteil hinnehmen will, zwingen, vorsorglich Nichtzulassungsbeschwerde einzulegen, um sich die Möglichkeit zu erhalten, ihren abgewiesenen Antrag im Revisionsverfahren weiter zu verfolgen, falls die Gegenpartei entsprechend der Zulassung Revision einlegt (so etwa Hannich in ZPO-Reform 2002, § 554 Rz. 8). Damit indessen würde der Sinn verfehlt, den der Gesetzgeber ausweislich der zu § 554 Abs. 2 S. 1 ZPO gegebenen Begründung (BT-Drucks. 14/4722 S. 108) mit der Neuregelung verfolgt hat, dass die friedfertige Partei, wenn das Revisionsverfahren ohnehin durchgeführt werden muss, keine Nachteile dadurch erleiden soll, dass sie bereit war, die ergangene Entscheidung hinzunehmen. Die Erledigung des Revisionsverfahrens würde zudem unnötig verlängert, weil vor einer Verhandlung und Entscheidung über die zugelassene Revision zunächst das Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde durchgeführt werden müsste.
II. Die Anschlussrevision hat auch in der Sache Erfolg. Die Abweisung des Hauptantrages der Klägerinnen hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand. Da der von den Klägerinnen gestellte Unterlassungsantrag in die Zukunft wirkt, ist die mit dem In-Kraft-Treten des Buchpreisbindungsgesetzes am 1.10.2002 eingetretene Rechtsänderung von dem Senat zu beachten. Die neuen gesetzlichen Vorschriften über die Buchpreisbindung beim Verkauf von Büchern in Deutschland, die auch die Unterlassungspflicht näher regeln, werfen neue - auch auf tatsächlichem Gebiet liegende - Fragen auf, zu denen den Parteien Gelegenheit zum Vortrag und ggf. zur Anpassung ihrer Anträge gegeben werden muss und zu denen auch ergänzende tatrichterliche Feststellungen erforderlich sind. Je nach dem Ergebnis dieser neuen Prüfung hat das Berufungsgericht unter Einbeziehung der von der Revision des beklagten Landes erhobenen Rügen auch über den hilfsweise gestellten Feststellungsantrag der Klägerinnen neu zu befinden.
Die Klägerinnen können als Gewerbetreibende, die Bücher vertreiben, nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 BuchpreisbindG von dem beklagten Land grundsätzlich Unterlassung des in Rede stehenden Vorgehens bei der zentralen Anschaffung von Büchern verlangen.
1. a) Das Land Berlin ist zwar nicht Normadressat des Preisbindungsgebots des § 3 S. 1 i. V. m. § 5 BuchpreisbindG, weil es nicht selbst gewerbs- oder geschäftsmäßig Bücher an Letztverbraucher verkauft, vielmehr in Erfüllung seiner Pflicht, Lernmittelfreiheit zu gewähren, die Schulbücher für die Schüler zentral beschafft.
Das führt jedoch nicht dazu, dass es den Klägerinnen verwehrt wäre, auch von dem Land Berlin Unterlassung seiner Versuche zu verlangen, Buchhändler zur Einräumung von nach dem Buchpreisbindungsgesetz verbotenen Nachlässen zu veranlassen. Denn nicht nur der Normadressat des gesetzlichen Verbots selbst, sondern auch derjenige, der - ohne selbst dem Gebot, Bücher nicht unter dem von den Verlagen festgesetzten Endpreis an Letztverbraucher zu verkaufen, zu unterliegen - Buchhändler oder Verleger im Wissen um die Buchpreisbindung vorsätzlich zu einem Verstoß gegen das Buchpreisbindungsgesetz veranlasst, kann als Störer in Anspruch genommen werden. Das folgt schon aus den auch für einen zivilrechtlichen Unterlassungsanspruch entsprechend heranzuziehenden deliktischen Teilnahmeregeln (§ 830 Abs. 2 BGB); auf die von dem beklagten Land problematisierte Frage des so genannten weiten Störerbegriffs und seine unter Umständen gebotene Einschränkung kommt es demgegenüber nicht an (vgl. etwa BGH, Urt. v. 10.10.1996 - I ZR 129/94, MDR 1997, 677 = GRUR 1997, 313 [315 f.] - Architektenwettbewerb; s. jetzt aber BGH, Urt. v. 30.1.2003 - I ZR 142/00, WRP 2003, 886 [888] - Kleidersack; ferner Hefermehl in Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., Einl. Rz. 325 ff., 327d m. w. N.; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 8. Aufl., Kap. 14 Rz. 3 f., 10b f.; Köhler WRP 1997, 897 ff.; ders. in Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., Vor § 13 Rz. 68 f.; v. Gierke, WRP 1997, 892 ff.; Schünemann, WRP 1998, 120 ff.; eingehend Fritzsche, Unterlassungsanspruch und Unterlassungsklage, 2000, S. 421 ff., 440 ff.; Wiegand, Die Passivlegitimation bei wettbewerblichen Abwehransprüchen, 1997, S. 121 ff.).
b) Zu Unrecht meint die Revision, die vorstehenden Grundsätze kämen zulasten des Landes Berlin jedenfalls deswegen nicht zum Tragen, weil sein von den Klägerinnen beanstandetes Verhalten von einer Selbstbegünstigungsabsicht geleitet, nämlich allein darauf gerichtet sei, trotz der außerordentlich angespannten Lage des Haushalts des Landes Berlin auf dem Wege möglichst großer Einsparungen bei der Schulbuchbeschaffung die öffentliche Aufgabe der Lernmittelfreiheit noch erfüllen zu können. Dies beruht nicht nur auf einer Verkennung des in § 257 StGB niedergelegten Strafbefreiungstatbestandes, sondern stützt sich auf eine unzutreffende Interpretation von auf andere Fallgestaltungen zugeschnittenen Ausführungen im Schrifttum (vgl. Belling/Eberl-Borges in Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2002, § 830 Rz. 49; Palandt/Thomas, BGB, 62. Aufl., § 830 Rz. 4 a. E.; s. aber schon Mot. bei Mugdan, Bd. II S. 412; Stein in MünchKomm/BGB, 3. Aufl., § 830 Rz. 14, 20); insbesondere berücksichtigt das Land nicht in der gebotenen Weise den in § 830 Abs. 2 BGB zum Ausdruck kommenden Gedanken, dass für die zivilrechtliche Verantwortlichkeit zwischen dem Täter und dem Teilnehmer hinsichtlich des Unrechtsgehalts ihrer Tatbeiträge nicht unterschieden werden muss. Derjenige, der einen anderen zu einem zivilrechtlich verbotenen Verhalten anstiftet, verletzt die Rechtsordnung nicht weniger als der die Norm missachtende Täter oder Mittäter. Soweit es dadurch zu einem Schaden kommt, ordnet das Gesetz deswegen mit Recht die gesamtschuldnerische Haftung beider Tatbeteiligten an. Derselbe Gedanke beansprucht Geltung auch für den - der Zufügung eines Schadens - vorgelagerten Unterlassungsanspruch. Seiner Befolgung kann der Anstifter nicht dadurch entgehen, dass er allein zur Erhaltung seines Vermögens und nicht - worum es auch bei der Buchpreisbindung geht - aus wettbewerblichen Gründen handelt. Schon die Behandlung der Problematik im Strafrecht (§ 257 Abs. 3 S. 1 StGB) zeigt, dass der in Begünstigungsabsicht Handelnde in jedem Fall wegen der Vortat verantwortlich ist und dass sein Selbstbegünstigungswille ihn nicht vor strafrechtlicher Verfolgung bewahrt, wenn er den Tatentschluss zur Begünstigung bei einer Person hervorruft, die an der Vortat nicht beteiligt war (§ 257 Abs. 3 S. 2 StGB).
2. Die an eine Reihe von Buchhandlungen gerichtete Anfrage des beklagten Landes, welche Nachlässe ihm beim Kauf von Schulbüchern eingeräumt würden, sowie die damit verbundene Ankündigung, im Falle einer Auftragserteilung ein Zahlungsziel von einem Monat in Anspruch zu nehmen, und bei Nichtausschöpfung dieser Frist und einer Ausgleichung der Rechnung binnen 14 Tagen 2 % Skonto vom Rechnungsbetrag abzuziehen, zielt darauf ab, Buchhändler als Normadressaten des § 3 S. 1 BuchpreisbindG zu einem Verstoß gegen die Bestimmungen dieses Gesetzes zu bewegen. Da § 7 Abs. 3 BuchpreisbindG bereits abschließend bestimmt (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Kultur und Medien, BT-Drucks. 14/9422 S. 12), welche Nachlässe dem beklagten Land beim zentralen Kauf von Schulbüchern gewährt werden dürfen, kann die Anfrage aus der Sicht der Buchhändler nur dahingehend verstanden werden, dass das Land Berlin als besonders marktstarker Nachfrager die Einräumung weiter gehender Preisnachlässe erreichen will. Derartige Nachlässe einzuräumen, ist den Buchhändlern indessen ebenso verboten, wie sie sich nicht darauf einlassen dürfen, dass der Käufer abweichend von dem bindenden, als Barzahlungspreis zu verstehenden Endpreis nach § 5 BuchpreisbindG einen Skontobetrag abzieht.
Diese Bestimmung verbietet nach Wortlaut, Entstehungsgeschichte und Sinn des Gesetzes auch, dass der Käufer - statt den sofort fälligen vom Verleger festgesetzten Endpreis zu entrichten - für sich ein Zahlungsziel beansprucht und für den Fall, dass er diese Frist nicht ausschöpft, einen Abzug von dem verbindlichen Endpreis vornimmt. Wie sich u. a. aus § 5 Abs. 4 Nr. 6 BuchpreisbindG ergibt, geht das Gesetz davon aus, dass der Endpreis, der für die gewerbsmäßigen Verkäufer von Büchern an Letztabnehmer bindend ist, der sofort zu entrichtende Preis ist; bei einem kreditweisen Verkauf darf er anders festgesetzt werden, indem der Barzahlungspreis um im Voraus bestimmte Teilzahlungszuschläge erhöht wird. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass der Verzicht des Buchhändlers auf den sofortigen Ausgleich der Rechnung bei Fälligkeit, d. h. bei Auslieferung der Ware, die Einräumung eines Kredits darstellt, der bei fehlender Gegenleistung zu einer verbotenen Unterschreitung des gebundenen Preises führt.
Diese Auslegung des Gesetzes entspricht nicht nur der Begründung (BT-Drucks. 14/9196 S. 10 zu § 3 und S. 13 zu § 7 Abs. 4; s. ferner BT-Drucks. 14/9422 S. 11 f. speziell zum Nachlass bei Schulbüchern), sondern auch der Entstehungsgeschichte des Gesetzes. Dieses sollte u. a. im Hinblick auf europarechtliche Bedenken die in Jahrzehnten gewachsene Buchpreisbindung in Deutschland auf eine rechtssichere Grundlage stellen. Ein wesentliches Kennzeichen dieser Buchpreisbindung war das an alle Buchhändler gerichtete, durch Sammel- oder Einzelrevers eingeführte Verbot, Bücher ohne Zustimmung des Verlegers unter Gewährung eines Barzahlungsnachlasses zu verkaufen. Dies ist in dem bis zum 30.9.2002 geltenden System durch die Formulierung der Preisbindungsverpflichtung im Sammelrevers 2000 zweifelsfrei zum Ausdruck gebracht worden, wenn dort die Buchhändler an die "Endabnehmerpreise" gebunden wurden, welche als "Ladenpreise = Barzahlungspreise" definiert wurden (vgl. Franzen, Die Preisbindung des Buchhandels, 3. Aufl., Rz. 59, 128, 152). Hinter diesem Rechtszustand hat das Buchpreisbindungsgesetz nicht nur nicht zurückbleiben sollen, sondern der Gesetzgeber hat die Bindungswirkung sogar noch verstärkt, indem das Gesetz - abweichend von den früheren in Teil B 2 des Sammelrevers 2000 niedergelegten Regeln - nunmehr auch die Verleger verpflichtet, sich an der eigenen Festsetzung des Endpreises festhalten zu lassen; der Gesetzgeber hat auf diese Weise nicht nur Markttransparenz schaffen, sondern vor allem das Vorhandensein einer hinreichend großen Zahl von Verkaufsstellen in Deutschland, die gleichmäßige Verbreitung des Buchangebots auch außerhalb der großen Städte und den Schutz des Kulturgutes Buch sicherstellen wollen (vgl. allgemein zu diesen Zielen der Buchpreisbindung Franzen, Die Preisbindung des Buchhandels, 3. Aufl., Rz. 7 ff.).
Zu Unrecht meint das beklagte Land, die von ihm in Anspruch genommene Preisgestaltungsfreiheit lasse sich auf § 7 Abs. 4 Nr. 4 BuchpreisbindG stützen. Dabei kann dahinstehen, ob ein echtes Skonto - also das Recht, den Rechnungsbetrag zu kürzen, falls eine eingeräumte längere Zahlungsfrist nicht ausgeschöpft wird - lediglich eine Geschäftsbedingung darstellt und auch bei einem gebundenen Preis gewährt werden kann (vgl. allgemein zur Beurteilung des Skonto bei der Preisbindung Bechtold, GWB, 3. Aufl., § 15 Rz. 11; Fikentscher/Krauß in Gemeinschaftskommentar zum GWB, 4. Aufl., § 16 Rz. 128; Emmerich in Immenga/Mestmäcker, GWB, 3. Aufl., § 15 Rz. 88, 90). Dagegen, dass ein derartiges Skonto eine nach § 7 Abs. 4 Nr. 4 BuchpreisbindG zugelassene "handelsübliche Nebenleistung" darstellt, spricht nicht nur der in der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 14/9196 S. 13) zum Ausdruck gekommene, mit der vorher geltenden Praxis in Übereinstimmung stehende Wille des Gesetzgebers, sondern vor allem der Umstand, dass nach dem System des Buchpreisbindungsgesetzes - wie oben ausgeführt - der gebundene Endpreis sofort zu entrichten ist, ein Zahlungsziel, das der Käufer unter Kürzung seiner Leistungspflicht unterschreiten könnte, also nicht besteht (vgl. ähnlich BGHZ 36, 370 ff. [373]). Daran ändert auch nichts, dass bis zum In-Kraft-Treten des Buchpreisbindungsgesetzes Buchhändler nicht immer sofort Bezahlung des festgesetzten Preises gefordert, sondern mitunter bis zu 60 Tage zugewartet haben, ehe sie auf einen Ausgleich der Rechnung gedrungen haben. Wenn die Verleger und Wettbewerber gegen diese den vereinbarten Regeln widersprechende Vorgehensweise nicht eingeschritten sind, bedeutet dies weder, dass sich die Buchhändler ordnungsgemäß verhalten haben, noch hat sich daraus die von dem beklagten Land behauptete Übung ergeben können, dass Bücher auf Kredit verkauft und bei sofortiger Bezahlung ein Barzahlungsrabatt gewährt werden durfte.
3. Eine abschließende Entscheidung über den Hauptantrag ist dem Senat verwehrt. Voraussetzung für die Inanspruchnahme des beklagten Landes als Anstifter ist, dass es zumindest bedingt vorsätzlich auf Buchhändler dahingehend eingewirkt hat, dass diese bei der Schulbuchlieferung vorsätzlich die Regeln über die Buchpreisbindung verletzen (vgl. zur subjektiven S. bei § 830 Abs. 2 BGB: BGH v. 30.1.2003 - I ZR 142/00, WRP 2003, 886 [888] - Kleidersack; Steffen in RGRK z. BGB, 12. Aufl., § 830 Rz. 6; Belling/Eberl-Borges in Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2002, § 830 Rz. 31). Diese Frage hat das Berufungsgericht - auf der Grundlage des bis zur letzten mündlichen Verhandlung geltenden Rechts folgerichtig - nicht geprüft, im Rahmen der von ihm erörterten vorsätzlich sittenwidrigen Aufforderung zum Vertragsbruch (§ 826 BGB) vielmehr angenommen, ein vorsätzliches Verhalten der zuständigen Bediensteten der Bezirksämter, wie es auch für die Teilnehmerhaftung nach § 830 Abs. 2 BGB erforderlich ist, sei nicht festzustellen. Dabei hat der Kartellsenat des KG maßgeblich darauf abgestellt, dass in der Vergangenheit nicht nur der Senator für Wirtschaft, sondern auch die Landeskartellbehörde Berlin und er selbst die Einräumung eines Barzahlungsnachlasses beim Schulbuchkauf nicht schlechthin für unvertretbar gehalten haben. Ob dies revisionsrechtlicher Prüfung standhielte, bedarf keiner Erörterung. Da nunmehr durch das Buchpreisbindungsgesetz eine neue - jetzt gesetzliche und nicht mehr vertragliche - Grundlage für den Schutz des "Kulturguts Buch" geschaffen worden ist, bedarf die Frage, ob die für das beklagte Land tätigen Personen vorsätzlich in dem beschriebenen Sinn handeln, neuer tatrichterlicher Prüfung.
III. Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht die Möglichkeit - nach Ergänzung des Sachvortrags der Parteien und ggf. der Anpassung ihrer Anträge an das neue Recht - die nach In-Kraft-Treten des Buchpreisbindungsgesetzes u. a. Blickwinkel auftretende Frage der Störereigenschaft des beklagten Landes, vor allem diejenige einer vorsätzlichen Anstiftung zu verbotenem Verhalten zu prüfen.
Erst danach stellt sich ggf. die Frage, ob die von der Revision bekämpfte Entscheidung des Berufungsgerichts zum hilfsweise gestellten Feststellungsantrag rechtlich haltbar ist. Insofern weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass die in dem ersten Berufungsurteil getroffene Feststellung auf die Klärung einer abstrakten Rechtsfrage hinausläuft und nicht ohne weiteres ersichtlich ist, dass die besonderen Prozessvoraussetzungen des § 256 ZPO erfüllt sind.
Fundstellen
Haufe-Index 959684 |
BGHZ 2004, 189 |
NJW 2003, 2525 |
BGHR 2003, 1081 |
EWiR 2004, 433 |
GRUR 2003, 807 |
WM 2003, 2020 |
AfP 2003, 428 |
JuS 2003, 1237 |
WRP 2003, 1118 |
ZUM 2003, 773 |
FSt 2004, 483 |
IIC 2004, 226 |
LMK 2003, 189 |
WuW 2003, 931 |