Entscheidungsstichwort (Thema)
Abrechnung eines vorzeitig beendeten Pauschalpreisvertrags. Schlussrechnung. Zugrundelegung der erbrachten geringfügigen Leistungen, Abzug der ersparten Aufwendungen hinsichtlich der Gesamtleistung. Abrechnung als wären bis zur Beendigung des Vertrags keine Leistungen erbracht worden. Zustehende Mindestvergütung. Prübarkeit der Abrechnung
Leitsatz (amtlich)
Der Auftragnehmer, der bis zur vorzeitigen Beendigung eines Pauschalpreisvertrages nur geringfügige Teilleistungen erbracht hat, kann die ihm zustehende Mindestvergütung in der Weise abrechnen, dass er die gesamte Leistung als nicht erbracht zu Grunde legt und von dem Pauschalpreis die hinsichtlich der Gesamtleistung ersparten Aufwendungen absetzt.
Normenkette
VOB/B § 14 Nr. 1
Verfahrensgang
OLG Koblenz (Urteil vom 08.10.2002; Aktenzeichen 3 U 145/02) |
LG Bad Kreuznach |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 3. Zivilsenats des OLG Koblenz v. 8.10.2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
I.
Der Beklagte beauftragte im Januar 2000 die Klägerin mit Heizungs-, Sanitär-, Lüftungs- und Klimaarbeiten an einem Hotel zu einem Pauschalpreis von 1.100.000 DM. Die VOB/B wurde vereinbart.
Nachdem die Klägerin einen geringfügigen Teil der Arbeiten ausgeführt hatte, haben die Parteien das Vertragsverhältnis einvernehmlich aufgehoben.
Die Klägerin verlangt Zahlung des vereinbarten Werklohns abzgl. ersparter Aufwendungen, die sie mit 770.000 DM berechnet.
Die Klägerin hat vorgetragen, sie habe die Arbeiten an zwei Subunternehmer jeweils zu einem Pauschalpreis i.H.v. 490.000 DM und 280.000 DM vergeben. Weitere Kosten wären ihr bei Durchführung des Bauvorhabens nicht entstanden, weil sie die Planungsleistungen schon vor der Auftragsvergabe erbracht habe und weil ihr Geschäftsführer die Koordination zwischen dem Beklagten und den beiden Subunternehmern geleistet habe, so dass keine weiteren Lohnkosten entstanden wären.
Der Beklagte hat beanstandet, dass die Klägerin keine prüfbare Abrechnung vorgelegt und sie ihren Anspruch nicht schlüssig dargelegt habe. Hilfsweise hat der Beklagte mit einer angeblichen Forderung aus einem anderen Bauvorhaben i.H.v. 893.688 DM aufgerechnet.
II.
Das LG hat unter Vorbehalt der Entscheidung über die Aufrechnung den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 330.000 DM nebst Zinsen zu zahlen.
In der zweiten Instanz hat die Klägerin nach wie vor behauptet, dass eine Abrechnung nicht erforderlich sei, hilfsweise hat sie eine Schlussrechnung vorgelegt.
Das Berufungsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Klägerin stehe eine Vergütung zu, diese sei nicht fällig, weil die Klägerin keine prüfbare Abrechnung vorgelegt habe.
Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Anspruch weiter.
Entscheidungsgründe
I.
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Das für das Schuldverhältnis maßgebliche Recht richtet sich nach den bis zum 31.12.2001 geltenden Gesetzen (Art. 229 § 5 S. 1 BGB).
II.
1. Das Berufungsgericht meint, die vorgelegte Abrechnung der Klägerin sei nicht prüfbar. Sie genüge nicht den für die Abrechnung vorzeitig beendeter Pauschalpreisverträge vom BGH entwickelten Grundsätzen. Nach diesen Grundsätzen könne die Klägerin den Werklohn nicht dergestalt geltend machen, dass sie von dem Pauschalpreis ihre ersparten Aufwendungen, die vereinbarte Vergütung für die Subunternehmer, abziehe, die tatsächlich erbrachten Leistungen nach Einheitspreisen abrechne und den Differenzbetrag zuschlage. Dadurch gelange sie zu einem Gesamtbetrag, der die vereinbarte Pauschale übersteige. Die Ausführung einer vertraglich geschuldeten Teilleistung könne nicht dazu führen, dass die Werklohnforderung überschritten werde. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass die Klägerin diesen überschießenden Betrag nicht geltend mache.
2. Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Das Berufungsgericht trifft keine Feststellungen dazu, dass der Einwand der fehlenden Prüfbarkeit innerhalb der Frist von zwei Monaten nach Zugang der Schlussrechnung erhoben worden ist. Ist das nicht der Fall, kann die Klage nicht mit der Begründung als derzeit unbegründet abgewiesen werden, eine prüfbare Schlussrechnung sei nicht erstellt (BGH, Urt. v. 23.9.2004 - VII ZR 173/03, z.V.b.; Urt. v. 27.11.2003 - VII ZR 288/02, MDR 2004, 443 = BGHReport 2004, 359 = BauR 2004, 316 = ZfBR 2004, 262 = NZBau 2004, 216).
Eine weitere Aufklärung ist nicht notwendig. Die Prüfbarkeit der Schlussrechnung scheitert nicht daran, dass die Klägerin die gesamte Vertragsleistung als nicht erbrachte Leistung abgerechnet und den ausgeführten Teil von dem nicht erbrachten Teil nicht abgegrenzt und den Preisansatz für die erbrachte und nicht erbrachte Leistung nicht dargelegt hat.
a) Zur Abrechnung eines vorzeitig beendeten Pauschalpreisvertrages hat der Auftragnehmer die erbrachten Leistungen vorzutragen, diese von dem nicht ausgeführten Teil abzugrenzen und das Verhältnis der bewirkten Leistungen zur vereinbarten Gesamtleistung sowie des Preisansatzes für die Teilleistung zum Pauschalpreis darzulegen. Die Abrechnung muss auf der Grundlage des Vertrages erfolgen und den Besteller in die Lage versetzen, sich sachgerecht zu verteidigen (BGH, Urt. v. 4.7.2002 - VII ZR 103/01, BGHReport 2002, 1053 = MDR 2002, 1390 = BauR 2003, 1588 = NZBau 2002, 614 = ZfBR 2002, 787; Urt. v. 25.7.2002 - VII ZR 263/01, BGHReport 2002, 1027 = MDR 2002, 1244 = BauR 2002, 1695 = NZBau 2002, 613 = ZfBR 2002, 789; Urt. v. 13.5.2004 - VII ZR 424/02, BGHReport 2004, 1409 = BauR 2004, 1441 = NZBau 2004, 549 = ZfBR 2004, 687).
b) Die Abrechnung der Klägerin genügt diesen Anforderungen, obwohl sie die erbrachten und nicht erbrachten Leistungen nicht abgegrenzt und die Preisansätze für die Teilleistungen nicht dargelegt hat.
(1) Die Klägerin hat den geringfügigen Teil der von ihr erbrachten Leistung in ihrer Schlussrechnung als nicht erbracht zu Grunde gelegt und auch von diesem Teil die ersparten Aufwendungen hinsichtlich der Gesamtleistung abgezogen. Damit hat die Klägerin den Vertrag so abgerechnet, als hätte sie bis zur Beendigung des Vertrages keine Leistung erbracht. Eine solche Abrechnung ist jedenfalls dann zulässig, wenn nur ein kleiner Teil der geschuldeten Leistung erbracht worden ist.
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Klägerin lediglich die Differenz zwischen dem vereinbarten Pauschalpreis und den Auftragssummen aus den beiden Subunternehmerverträgen und keine gesonderte Vergütung für die durchgeführten Arbeiten verlangt. Die Erwägung des Berufungsgerichts, die Klägerin habe eine Vergütung für die erbrachte Leistung, die sie nach Einheitspreisen abgerechnet habe, geltend gemacht, widerspricht der Feststellung, dass die Klägerin diesen Betrag nicht gefordert hat.
Mit dieser Abrechnung hat die Klägerin lediglich die ihr zustehende Mindestvergütung verlangt. Sie hat hinsichtlich der von ihr erbrachten Leistung zu ihren Ungunsten ersparte Aufwendungen berücksichtigt.
(2) Im Hinblick auf die Berechnung der von ihr verlangten Vergütung ist die Abrechnung prüfbar, weil sie auf der Grundlage des Vertrages erfolgt ist und weil sie den Beklagten in die Lage versetzt, sich gegen die geltend gemachte Forderung sachgerecht zu verteidigen.
III.
Der Rechtsstreit wird an das Berufungsgericht zurückverwiesen, damit das Berufungsgericht über die sachliche Richtigkeit der Schlussrechnung und die Begründetheit der Klagforderung entscheiden kann. Die Klägerin ist materiell-rechtlich nicht gehindert, die ihr nach der Beendigung des Vertrages zustehende Mindestvergütung geltend zu machen und in der Weise zu berechnen, dass sie die Vertragsleistung insgesamt ihrer Rechnung als nicht erbracht zu Grunde legt und von dem Pauschalpreis die ersparten Aufwendungen hinsichtlich der gesamten Vertragsleistung absetzt.
Fundstellen
Haufe-Index 1288730 |
DB 2005, 1057 |
BGHR 2005, 416 |
BauR 2005, 385 |
NJW-RR 2005, 325 |
ZAP 2005, 384 |
ZfIR 2005, 160 |
MDR 2005, 501 |
MDR 2007, 256 |
ZfBR 2005, 252 |
BTR 2005, 38 |
BrBp 2005, 202 |
NJW-Spezial 2005, 166 |
NZBau 2005, 147 |
UBB 2005, 20 |
BauRB 2005, 100 |
JbBauR 2006, 365 |