Leitsatz (amtlich)
Der Anfechtung eines Gesellschafterbeschlusses durch einen zum Zeitpunkt der Beschlussfassung nicht mehr als Inhaber eines Geschäftsanteils eingetragenen Gesellschafter einer GmbH steht grundsätzlich die negative Legitimationswirkung des § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG entgegen.
Fehlt dem Kläger die Anfechtungsbefugnis, weil er nicht als Inhaber eines Geschäftsanteils in der Gesellschafterliste eingetragen ist, fehlt ihm auch die materielle Berechtigung zur Geltendmachung von auf positive Beschlussfeststellung gerichteten Klageanträgen.
Die Anfechtung des Beschlusses der Gesellschafterversammlung einer GmbH kann analog § 244 Satz 1 AktG nicht mehr geltend gemacht werden, wenn die Gesellschafterversammlung den anfechtbaren Beschluss durch einen neuen Beschluss bestätigt hat und dieser Beschluss nicht fristgerecht angefochten oder die Anfechtung rechtskräftig zurückgewiesen worden ist.
Normenkette
GmbHG § 16 Abs. 1 S. 1, § 47 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
A. Auf die Revision der Beklagten wird unter Zurückweisung ihrer weitergehenden Revision das Urteil des 18. Zivilsenats des OLG Köln vom 18.10.2018 im Kostenpunkt und hinsichtlich folgender Urteilsformeln aufgehoben:
I. 2. a) und b), die Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 10.10.2014 betreffend.
II. 2. a) und b), die Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 25.8.2015 betreffend.
IV. 2. a), die Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 14.3.2016 betreffend, soweit unter Tagesordnungspunkt 1 die Bestätigung der Beschlüsse vom 10.10.2014 zu Tagesordnungspunkt 2 und 4, die Kündigung des Geschäftsführerdienstvertrags mit dem Kläger und die Ermächtigung zur Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Kläger betreffend, für nichtig erklärt wurde.
IV. 2. b), die Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 14.3.2016 betreffend, soweit unter Tagesordnungspunkt 2 die Bestätigung der Beschlüsse vom 25.8.2015 zu Tagesordnungspunkt 2 und 4, die Kündigung des Geschäftsführerdienstvertrags mit dem Kläger und die Ermächtigung zur Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Kläger betreffend, für nichtig erklärt wurde.
IV. 2. c) bis j), die Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 14.3.2016 betreffend.
IV. 2. k) und l), die Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 14.3.2016 betreffend, soweit die Beschlüsse zu Tagesordnungspunkt 12 die erneute Kündigung des Geschäftsführerdienstvertrags des Klägers und zu Tagesordnungspunkt 14 die Ermächtigung zur Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Kläger betreffend, für nichtig erklärt wurden.
V. 1. bis 6., die Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 14.3.2016 betreffend.
VI. 1. bis 3., die Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 19.4.2016 betreffend, soweit die Nichtigerklärung von Beschlüssen über die nach Rücknahme der Berufung durch die Beklagte rechtskräftige Nichtigerklärung in erster Instanz hinausgeht.
VII. 1., die Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 25.5.2016 betreffend, soweit unter Tagesordnungspunkt 2 die Bestätigung der Beschlüsse vom 10.10.2014 zu Tagesordnungspunkt 2 und 4, die Kündigung des Geschäftsführerdienstvertrags mit dem Kläger und die Ermächtigung zur Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Kläger betreffend, für nichtig erklärt wurde.
VII. 2., die Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 25.5.2016 betreffend, soweit unter Tagesordnungspunkt 3 die Bestätigung der Beschlüsse vom 25.8.2015 zu Tagesordnungspunkt 2 und 4, die Kündigung des Geschäftsführerdienstvertrags mit dem Kläger und die Ermächtigung zur Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Kläger betreffend, für nichtig erklärt wurde.
VII. 3., die Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 25.5.2016 betreffend, soweit unter Tagesordnungspunkt 4 die Bestätigung der Beschlüsse vom 14.3.2016 zu Tagesordnungspunkt 1, 2, 12 und 14, die Kündigung des Geschäftsführerdienstvertrags mit dem Kläger und die Ermächtigung zur Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Kläger betreffend, für nichtig erklärt wurde.
VII. 4., die Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 25.5.2016 betreffend, soweit unter Tagesordnungspunkt 5 die Bestätigung der Beschlüsse vom 19.4.2016 zu Tagesordnungspunkt 1, 2, 12 und 14, die Kündigung des Geschäftsführerdienstvertrags mit dem Kläger und die Ermächtigung zur Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Kläger betreffend, für nichtig erklärt wurde.
B. Das Urteil des 18. Zivilsenats des OLG Köln vom 18.10.2018 wird wie folgt teilweise abgeändert und insgesamt neu gefasst:
I. Auf die Berufungen des Klägers und der Beklagten wird unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel das Urteil der 7. Kammer für Handelssachen des LG Köln vom 3.3.2017 (87 O 114/14) abgeändert und neu gefasst:
Es wird festgestellt, dass der zu Tagesordnungspunkt 3 gefasste Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 10.10.2014 über die Einziehung des Geschäftsanteils des Gesellschafters R. nichtig ist.
Es wird festgestellt, dass der zu Tagesordnungspunkt 3 gefasste Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 25.8.2015 über die Einziehung des Geschäftsanteils des Gesellschafters R. nichtig ist.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 156.623,84 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 8.243,36 EUR seit dem 4.9.2014,
- aus brutto 8.243,36 EUR seit dem 4.10.2014,
- aus brutto 8.243,36 EUR seit dem 4.11.2014,
- aus brutto 8.243,36 EUR seit dem 4.12.2014,
- aus brutto 8.243,36 EUR seit dem 4.1.2015,
- aus brutto 8.243,36 EUR seit dem 4.2.2015,
- aus brutto 8.243,36 EUR seit dem 4.3.2015,
- aus brutto 8.243,36 EUR seit dem 4.4.2015,
- aus brutto 8.243,36 EUR seit dem 4.5.2015,
- aus brutto 8.243,36 EUR seit dem 4.6.2015,
- aus brutto 8.243,36 EUR seit dem 4.7.2015,
- aus brutto 8.243,36 EUR seit dem 4.8.2015,
- aus brutto 8.243,36 EUR seit dem 4.9.2015,
- aus brutto 8.243,36 EUR seit dem 4.10.2015,
- aus brutto 8.243,36 EUR seit dem 4.11.2015,
- aus brutto 8.243,36 EUR seit dem 4.12.2015,
- aus brutto 8.243,36 EUR seit dem 4.1.2016,
- aus brutto 8.243,36 EUR seit dem 4.2.2016,
- aus brutto 8.243,36 EUR seit dem 4.3.2016,
abzgl. dagegen mit Wirkung zum 1.1.2015 aufgerechneter 30.178,56 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 6 % für die Zeit vom 1.1.2012 bis zum 31.12.2014 wiederum abzgl. hiergegen zum 8.12.2012 verrechneter 1.487,50 EUR, zum 12.5.2013 verrechneter 1.249,50 EUR, zum 14.6.2013 verrechneter 1.666 EUR sowie zum 10.7.2013 verrechneter 985,22 EUR zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel der Parteien das Urteil der 7. Kammer für Handelssachen des LG Köln vom 3.3.2017 (87 O 33/16) abgeändert und neu gefasst:
Es wird festgestellt, dass der zu Tagesordnungspunkt 1 gefasste Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 14.3.2016, durch den der Gesellschafterbeschluss vom 10.10.2014 zu Tagesordnungspunkt 3 bestätigt wurde, mit dem der Geschäftsanteil des Klägers aus wichtigem Grund eingezogen wurde, nichtig ist.
Es wird festgestellt, dass der zu Tagesordnungspunkt 2 gefasste Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 14.3.2016, durch den der Gesellschafterbeschluss vom 25.8.2015 zu Tagesordnungspunkt 3 bestätigt wurde, mit dem der Geschäftsanteil des Klägers aus wichtigem Grund eingezogen wurde, nichtig ist.
Es wird festgestellt, dass der zu Tagesordnungspunkt 13 gefasste Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 14.3.2016 mit dem Inhalt, "der Geschäftsanteil von Herrn R. ist damit (erneut) eingezogen", nichtig ist.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
III. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 7. Kammer für Handelssachen des LG Köln vom 3.3.2017 (87 O 47/16) wird zurückgewiesen.
IV. Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel der Parteien das Urteil der 7. Kammer für Handelssachen des LG Köln vom 3.3.2017 (87 O 57/16) abgeändert und neu gefasst:
Es wird festgestellt, dass der zu Tagesordnungspunkt 2 gefasste Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 25.5.2016, durch den der Gesellschafterbeschluss vom 10.10.2014 zu Tagesordnungspunkt 3 bestätigt wurde, mit dem der Geschäftsanteil des Klägers aus wichtigem Grund eingezogen wurde, nichtig ist.
Es wird festgestellt, dass der zu Tagesordnungspunkt 3 gefasste Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 25.5.2016, durch den der Gesellschafterbeschluss vom 25.8.2015 zu Tagesordnungspunkt 3 bestätigt wurde, mit dem der Geschäftsanteil des Klägers aus wichtigem Grund eingezogen wurde, nichtig ist.
Es wird festgestellt, dass der zu Tagesordnungspunkt 4 gefasste Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 25.5.2016, durch den die Gesellschafterbeschlüsse vom 14.3.2016 bestätigt wurden, mit denen der Geschäftsanteil des Klägers unter Tagesordnungspunkt 13 eingezogen sowie die Einziehungsbeschlüsse vom 10.10.2014 und vom 25.8.2015 unter Tagesordnungspunkt 1 und 2 bestätigt wurden, nichtig ist.
Es wird festgestellt, dass der zu Tagesordnungspunkt 5 gefasste Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 25.5.2016, durch den die Gesellschafterbeschlüsse vom 19.4.2016 bestätigt wurden, nichtig ist, soweit es die Einziehung des Geschäftsanteils des Klägers betrifft.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
C. Die Kosten des Rechtsstreits werden wie folgt verteilt:
1. Von den Kosten des Verfahrens LG Köln 87 O 114/14 tragen der Kläger 11 % und die Beklagte 89 %.
2. Von den Kosten des Verfahrens LG Köln 87 O 33/16 tragen der Kläger 80 % und die Beklagte 20 %.
3. Bei der Kostenentscheidung in dem Urteil des LG Köln in dem Verfahren 87 O 47/16 verbleibt es.
4. Von den Kosten des Verfahrens LG Köln 87 O 57/16 tragen der Kläger 33 % und die Beklagte 67 %.
5. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger 28 % und die Beklagte 72 %.
6. Die Gerichtskosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens trägt die Beklagte. Von den Gerichtskosten des Revisionsverfahrens tragen der Kläger 57 % und die Beklagte 43 %.
Von den außergerichtlichen Kosten des Revisions- und Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens tragen der Kläger 29 % und die Beklagte 71 %.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Der Kläger sowie E. und B. waren Gründungsgesellschafter und Geschäftsführer der Beklagten, die früher unter dem Namen P. GmbH firmierte.
Rz. 2
Am 13.3.2007 befreiten die Gesellschafter den Kläger u.a. für seine Einzelfirma "B. R." von dem gesellschaftsvertraglichen Wettbewerbsverbot, soweit Tätigkeiten, welche "B. R." betrafen, nicht in Konkurrenz zur Beklagten standen. Im Juli 2014 warfen seine Mitgesellschafter dem Kläger vor, er betreibe unerlaubte Konkurrenztätigkeiten. Am 10.7.2014 forderte E. den Kläger auf, die Räume der Beklagten zu verlassen. Das geschah am 11.7.2014.
Rz. 3
An 10.10.2014, 25.8.2015, 14.3.2016, 19.4.2016 und am 25.5.2016 wurden Gesellschafterversammlungen der Beklagten abgehalten, in denen die Einziehung des Geschäftsanteils des Klägers, dessen Abberufung als Geschäftsführer, die fristlose Kündigung von dessen Geschäftsführerdienstvertrag und die Ermächtigung zur Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Kläger beschlossen bzw. entsprechende Beschlüsse wiederholt oder bestätigt wurden. Auf der Gesellschafterversammlung vom 14.3.2016 wurden zudem Beschlussvorschläge des Klägers, wonach seine beiden Mitgesellschafter als Geschäftsführer abberufen, deren Geschäftsanteile eingezogen und Schadensersatzansprüche wegen der Kündigung des Markennutzungsvertrags am 29.7.2015 gegen diese geltend gemacht werden sollten, abgelehnt.
Rz. 4
Am 24.10.2014 erstellte die Beklagte eine Gesellschafterliste. In dieser waren die Namen der drei Gründungsgesellschafter sowie der jeweils zugeordnete Geschäftsanteil mit den Nr. 1 bis 3 im Nennwert von 8.350 EUR durchgestrichen. Neu eingetragen mit B. und E. als Inhaber waren die Geschäftsanteile mit den laufenden Nr. 1 und 2 mit einem Nennbetrag von je 12.525 EUR. In der Veränderungsspalte befand sich der Vermerk, "Aufstockung durch Einziehung lfd. Nr. 3". Die Liste wurde vor dem 25.8.2015 in den Registerordner eingestellt.
Rz. 5
Der Kläger hat gegen die ihm nachteiligen Beschlussfassungen Nichtigkeitsfeststellungs- und Anfechtungsklagen und wegen der Ablehnung seiner Beschlussvorschläge zur Gesellschafterversammlung vom 14.3.2016 positive Beschlussfeststellungsklage erhoben. Zudem hat der Kläger die Zahlung von ausstehendem Geschäftsführergehalt verlangt, nachdem diese im August 2014 eingestellt worden war. Die insgesamt vier Klagen hatten vor dem LG teilweise Erfolg. Der Kläger und die Beklagte haben dagegen Berufungen eingelegt. Das Berufungsgericht hat die Verfahren nach Eingang der Berufungsbegründungen zur gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Die Berufung des Klägers hat überwiegend Erfolg gehabt. Die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Mit der vom Senat teilweise zugelassenen Revision begehrt die Beklagte weiter die Abweisung der Klagen.
Entscheidungsgründe
Rz. 6
Die Revision der Beklagten hat Erfolg, soweit nicht die Anfechtung der Beschlüsse über die Einziehung des Geschäftsanteils des Klägers betroffen ist.
Rz. 7
I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
Rz. 8
Die Beschlüsse über die Einziehung des Geschäftsanteils des Klägers seien entsprechend § 241 Nr. 3 AktG nichtig, weil feststehe, dass der aus der Einziehung folgende Abfindungsanspruch des Klägers nicht aus freiem Kapital der Beklagten beglichen werden könne.
Rz. 9
Die Beschlüsse über die fristlose Kündigung des Anstellungsvertrags des Klägers aus wichtigem Grund seien rechtswidrig, weil die Beklagte die Frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht eingehalten habe. Anders als das LG gemeint habe, lasse sich der am 10.10.2014 gefasste Beschluss nicht als Beschluss auch über eine hilfsweise ordentliche Kündigung auslegen oder gar umdeuten. Einen wirksamen Beschluss über die ordentliche Kündigung des Anstellungsvertrags des Klägers habe die Gesellschafterversammlung der Beklagten erst am 25.8.2015 gefasst. Die Beschlüsse über eine Ermächtigung zur Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Kläger litten sämtlich unter ihrer mangelnden Bestimmtheit.
Rz. 10
Begründet seien die Rechtsmittel des Klägers, soweit er sich gegen Bestätigungen im Zusammenhang mit der Einziehung, mit der fristlosen Kündigung und mit der Ermächtigung wende. Zum einen könnten nichtige Beschlüsse entsprechend § 244 AktG nicht wirksam bestätigt werden, zum anderen könnten Inhaltsmängel nicht durch eine Bestätigung geheilt werden.
Rz. 11
Mit der Anfechtungsklage gegen die Ablehnungen seiner Beschlussanträge am 14.3.2016 habe der Kläger Erfolg, weil die betreffenden Beschlüsse gesetzeswidrig i.S.d. § 243 Abs. 1 AktG gefasst worden seien. Die Mitgesellschafter des Klägers seien an der Stimmabgabe durch Stimmverbote gehindert gewesen. Der damit verbundenen im Wesentlichen erfolgreichen positiven Beschlussfeststellungsklage bleibe der Erfolg versagt, soweit der Beklagte seinerseits die Feststellung von Einziehungsbeschlüssen begehre. In diesem Zusammenhang wirke sich der oben zugunsten des Klägers erwähnte Gesichtspunkt mangelnden Eigenkapitals zu seinen Lasten aus.
Rz. 12
II. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nur stand, soweit sie Beschlüsse über die Einziehung des Geschäftsanteils des Klägers bzw. die Bestätigung dieser Beschlüsse betreffen. Im Übrigen scheitert eine inhaltliche Überprüfung der angefochtenen Gesellschafterbeschlüsse daran, dass dem Kläger die Anfechtungsbefugnis fehlt, weil er bereits vor der Gesellschafterversammlung vom 25.8.2015 nicht mehr als Inhaber eines Geschäftsanteils in der Gesellschafterliste der Beklagten eingetragen war. Soweit es die Beschlüsse vom 10.10.2014 über die Kündigung des Geschäftsführerdienstvertrags des Klägers und über die Ermächtigung zur Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Kläger betrifft, wurden diese in der Gesellschafterversammlung vom 14.3.2016 bestandskräftig bestätigt, weil dem Kläger auch hinsichtlich dieser Bestätigungsbeschlüsse die Anfechtungsbefugnis fehlt. Da dem Kläger die Anfechtungsbefugnis fehlt, fehlt ihm auch die materielle Berechtigung zur Geltendmachung von auf positive Beschlussfeststellung gerichteten Klageanträgen, so dass die Revision gegen die Stattgabe dieser Anträge durch das Berufungsgericht ebenfalls Erfolg hat.
Rz. 13
1. Der Revision bleibt der Erfolg versagt, soweit das Berufungsgericht die Nichtigkeit der Beschlüsse über die Einziehung des Geschäftsanteils des Klägers festgestellt sowie die Beschlüsse über die Bestätigung der Einziehung bzw. über die Bestätigung von die Einziehung betreffenden Bestätigungsbeschlüssen für nichtig erklärt hat, weil das Einziehungsentgelt nicht aus freiem Vermögen der Beklagten bezahlt werden kann bzw. weil nichtige Beschlüsse nicht bestätigt werden können. Die Revision ist daher zurückzuweisen, soweit sie sich gegen die Feststellung der Nichtigkeit bzw. der Nichtigerklärung der die Einziehung betreffenden Beschlüsse der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 25.8.2015 (Urteilsformel II. 1.), vom 14.3.2016 (Urteilsformel IV. 1., 2. a) und b)) und vom 25.5.2016 (Urteilsformel VII. 1., 2., 3. und 4.) wendet, wobei der Tenor des Berufungsgerichts klarstellend dahin zu berichtigen ist, dass die Bestätigungsbeschlüsse nicht für nichtig erklärt werden, sondern deren Nichtigkeit festgestellt wird.
Rz. 14
a) Die Revision wendet sich ohne Erfolg gegen die Feststellung des Berufungsgerichts, der unter dem Tagesordnungspunkt 3 gefasste Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 25.8.2015 über die Einziehung des Geschäftsanteils des Klägers sei nichtig (Urteilsformel II. 1.), weil die Beklagte bei Fassung des Einziehungsbeschlusses nicht über das zur Zahlung der geschuldeten Abfindung notwendige freie Vermögen verfügt habe.
Rz. 15
aa) Der Kläger ist zur Erhebung der Anfechtungsklage gegen den Einziehungsbeschluss vom 25.8.2015 befugt, obwohl er im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Einziehung nicht mehr als Inhaber eines Geschäftsanteils in der Gesellschafterliste der Beklagten eingetragen war.
Rz. 16
Es ist in der Rechtsprechung des BGH anerkannt, dass dem Gesellschafter die Anfechtungsbefugnis für die Klage gegen seinen Ausschluss oder die Einziehung seines Geschäftsanteils trotz sofortiger Wirksamkeit erhalten bleibt, um der verfassungsrechtlich gebotenen Rechtsschutzmöglichkeit Geltung zu verschaffen (BGH, Urt. v. 24.1.2012 - II ZR 109/11, BGHZ 192, 236 Rz. 24; Urt. v. 2.7.2019 - II ZR 406/17, BGHZ 222, 323 Rz. 41; beide m.w.N.). Diese Rechtsschutzmöglichkeit hängt nicht von der Eintragung des materiell berechtigten, von einem Einziehungsbeschluss betroffenen Gesellschafters als Inhaber eines Geschäftsanteils in der Gesellschafterliste ab (vgl. BGH, Beschl. v. 29.1.2019 - II ZR 234/18, juris; Urt. v. 2.7.2019 - II ZR 406/17, BGHZ 222, 323 Rz. 41). Das gilt nicht nur dann, wenn zwischen der Einziehung und der Erhebung der Anfechtungsklage eine von der Gesellschaft eingereichte geänderte Gesellschafterliste, in der der betroffene Gesellschafter nicht mehr eingetragen ist, im Handelsregister aufgenommen worden ist. Der Rechtsschutz muss auch dann gewährleistet werden, wenn der Geschäftsanteil bereits im Zeitpunkt der Einziehung in der Gesellschafterliste nicht mehr geführt wird, da der Gesellschafter in gleicher Weise in seiner materiellen Gesellschafterstellung betroffen ist wie ein Gesellschafter, dessen Geschäftsanteil nach der Einziehung, aber vor Klageerhebung aus der Gesellschafterliste gestrichen wurde (BGH, Urt. v. 10.11.2020 - II ZR 211/19 ZIP 2020, 2513 Rz. 35).
Rz. 17
bb) Der Einziehungsbeschluss vom 25.8.2015 ging nicht deshalb ins Leere, weil der Geschäftsanteil des Klägers bereits am 10.10.2014 eingezogen worden war. Das Berufungsgericht hat die Nichtigkeit dieses Beschlusses festgestellt (Urteilsformel I. 1.). Da die Revision gegen das Berufungsurteil nicht zugelassen wurde, steht die Nichtigkeit dieses Einziehungsbeschlusses rechtskräftig fest (vgl. BGH, Urt. v. 17.2.1997 - II ZR 41/96, BGHZ 134, 364, 366; Urt. v. 13.10.2008 - II ZR 112/07 ZIP 2008, 2215 Rz. 8; Urt. v. 10.11.2020 - II ZR 211/19 ZIP 2020, 2513 Rz. 10).
Rz. 18
Dass bei der Beschlussfassung am 25.8.2015 noch unklar war, ob der vorangehende Einziehungsbeschluss wirksam war und der Geschäftsanteil noch bestand, steht der erneuten Einziehung nicht entgegen. Der neue Beschluss ist erkennbar für den Fall gefasst, dass die Unwirksamkeit des früheren Einziehungsbeschlusses festgestellt wird und der Kläger damit entgegen der im Parallelprozess vertretenen Auffassung der Beklagten noch Inhaber des Geschäftsanteils ist. In der neuerlichen Beschlussfassung liegt kein widersprüchliches Verhalten der Beklagten. Vielmehr hat sie ein anerkennenswertes Interesse, Zweifel an der Wirksamkeit eines Einziehungsbeschlusses durch die Neuvornahme des Beschlusses auszuräumen oder für den Fall des Fehlschlagens eines Einziehungsversuchs wegen neu aufgetretener oder bekannt gewordener Einziehungsgründe den Geschäftsanteil vorsorglich noch einmal einzuziehen (BGH, Urt. v. 10.11.2020 - II ZR 211/19 ZIP 2020, 2513 Rz. 11).
Rz. 19
cc) Der Einziehungsbeschluss vom 25.8.2015 ging auch nicht deshalb ins Leere, weil in der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste im Zeitpunkt der Einziehung der eingezogene Geschäftsanteil mit der Nr. 3 durchgestrichen und nur noch die Mitgesellschafter des Klägers B. und E. als Inhaber der Geschäftsanteile mit den laufenden Nr. 1 und 2 ausgewiesen waren. Es war nicht erforderlich, dass die Beklagte vor der Einziehung eine korrigierte Gesellschafterliste zum Handelsregister einreichte, in der der materiell berechtigte Kläger wieder als Inhaber des einzuziehenden Geschäftsanteils eingetragen war. Jedenfalls nach einem möglicherweise gescheiterten Einziehungsversuch kann die Gesellschaft vorsorglich erneut die Einziehung eines Geschäftsanteils beschließen, auch wenn dieser Geschäftsanteil nicht mehr in der Gesellschafterliste eingetragen oder einem Gesellschafter zugeordnet ist (BGH, Urt. v. 10.11.2020 - II ZR 211/19 ZIP 2020, 2513 Rz. 12 ff.).
Rz. 20
dd) Das Berufungsgericht durfte die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückweisen, dass der Beschluss zwar nicht für nichtig zu erklären sei, aber seine Nichtigkeit festzustellen ist.
Rz. 21
Zu Recht sah sich das Berufungsgericht bei der Feststellung der Nichtigkeit auf den Anfechtungsantrag des Klägers hin nicht durch § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO gehindert. Die Norm verbietet es dem Gericht, einer Partei etwas zuzusprechen, was sie nicht beantragt hat. Stellt das Gericht auf den Anfechtungsantrag des Gesellschafters einer GmbH hin die Nichtigkeit des angefochtenen Beschlusses fest, anstatt ihn für nichtig zu erklären, verstößt das aber nicht gegen § 308 Abs. 1 ZPO, weil mit diesem Urteilsausspruch der Antragsumfang nicht verlassen wird. Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage verfolgen dasselbe materielle Ziel, nämlich die richterliche Klärung der Nichtigkeit des Gesellschafterbeschlusses mit Wirkung für und gegen jedermann (BGH, Urt. v. 17.2.1997 - II ZR 41/96, BGHZ 134, 364, 366 f.; Urt. v. 20.11.2018 - II ZR 12/17, BGHZ 220, 207 Rz. 68). Nach § 241 Nr. 5 AktG führt die rechtskräftige Nichtigerklärung eines Beschlusses zu seiner Nichtigkeit. Soweit diesen Klagen derselbe Lebenssachverhalt zugrunde liegt, ist es eine vom Gericht durch Subsumtion zu beantwortende, revisible Rechtsfrage, ob § 248 AktG oder § 249 AktG (analog) Anwendung findet, und liegt, unabhängig von der Antragstellung, derselbe Streitgegenstand vor (vgl. BGH, Urt. v. 17.2.1997 - II ZR 41/96, BGHZ 134, 364, 366 f.; Urt. v. 20.11.2018 - II ZR 12/17, BGHZ 220, 207 Rz. 68). Der Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit erfasst damit die Nichtigerklärung, umgekehrt der Antrag auf Nichtigerklärung die Nichtigkeitsfeststellung. Der Senat hat auch nach einem Antrag auf Nichtigerklärung die Unwirksamkeit bzw. Nichtigkeit festgestellt (vgl. BGH, Urt. v. 20.9.1999 - II ZR 345/97 ZIP 1999, 1843, 1844; BGH vom 20.11.2018 - II ZR 12/17, BGHZ 220, 207 Rz. 68).
Rz. 22
ee) Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht die Nichtigkeit des Einziehungsbeschlusses festgestellt, weil die Beklagte bei Beschlussfassung nicht über das zur Zahlung der geschuldeten Abfindung notwendige freie Vermögen verfügt hat.
Rz. 23
(1) Auszahlungen an ausgeschiedene Gesellschafter dürfen nicht zur Entstehung oder Vertiefung einer Unterbilanz führen (BGH, Urt. v. 4.8.2020 - II ZR 171/19 ZIP 2020, 1757 Rz. 31 m.w.N.). Nach der Rechtsprechung des Senats ist ein Einziehungsbeschluss entsprechend § 241 Nr. 3 AktG wegen eines Verstoßes gegen §§ 30 Abs. 1 Satz 1, 34 Abs. 3 GmbHG nichtig, wenn bereits bei Beschlussfassung feststeht, dass das Einziehungsentgelt nicht aus freiem, die Stammkapitalziffer nicht beeinträchtigenden Vermögen der Gesellschaft gezahlt werden kann (BGH, Urt. v. 24.1.2012 - II ZR 109/11, BGHZ 192, 236 Rz. 7 m.w.N.; Urt. v. 10.5.2016 - II ZR 342/14, BGHZ 210, 186 Rz. 13; Urt. v. 26.6.2018 - II ZR 65/16 ZIP 2018, 1540 Rz. 13).
Rz. 24
(2) Die Feststellung des Berufungsgerichts, die Beklagte sei nicht in der Lage, aus einem nach §§ 34 Abs. 3, 30 Abs. 1 GmbHG freien Vermögen die Abfindung zu zahlen, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Ohne Erfolg wendet die Revision ein, das Berufungsgericht hätte nicht ohne eine Klageänderung durch den Kläger die Nichtigkeit des Einziehungsbeschlusses gem. § 241 Nr. 3 AktG analog feststellen dürfen. Das Berufungsgericht hat die Voraussetzungen, aus denen sich die Zulässigkeit einer Klageänderung in zweiter Instanz und die Berücksichtigungsfähigkeit des neuen Vorbringens ergibt, ohne Rechtsfehler festgestellt.
Rz. 25
(a) Zu Recht macht die Revision allerdings geltend, in dem Wechsel von dem erstinstanzlich allein geltend gemachten Anfechtungsgrund des fehlenden rechtfertigenden Grunds für die Einziehung auf den erstmals in zweiter Instanz geltend gemachten Nichtigkeitsgrund der fehlenden Deckung des Einziehungsentgelts bei Beschlussfassung liege eine Klageänderung.
Rz. 26
Bei der erstmaligen Geltendmachung des Nichtigkeitsgrunds der fehlenden Deckung des Einziehungsentgelts bei Beschlussfassung in zweiter Instanz handelt es sich um eine Klageänderung in der Form der Änderung des Klagegrunds, da der Kläger sein Begehren auf einen anderen Lebenssachverhalt stützt. Nach der Rechtsprechung des BGH wird der Streitgegenstand der Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage durch den auf einen konkreten Beschluss bezogenen Antrag (BGH, Urt. v. 30.6.2015 - II ZR 142/14, BGHZ 206, 143 Rz. 44) und die jeweils geltend gemachten Beschlussmängelgründe als Teil des zugrunde liegenden Lebenssachverhalts bestimmt (BGH, Urt. v. 6.4.2009 - II ZR 255/08, BGHZ 180, 221 Rz. 32 - Schiedsfähigkeit II; Beschl. v. 7.12.2009 - II ZR 63/08 ZIP 2010, 879 Rz. 3; Beschl. v. 31.5.2010 - II ZR 105/09 ZIP 2010, 1898 Rz. 4; Urt. v. 8.2.2011 - II ZR 206/08 ZIP 2011, 637 Rz. 10 a.E.; ebenso BGH, Urt. v. 10.7.2015 - V ZR 198/14 NJW 2015, 3371 Rz. 7). Die Klage kann daher auf einzelne Anfechtungsgründe mit der Folge begrenzt werden, dass nach Ablauf der Klagefrist nachgeschobene Gründe nicht mehr berücksichtigt werden können (BGH, Urt. v. 14.3.2005 - II ZR 153/03 ZIP 2005, 706, 708 in Klarstellung zu BGHZ 152, 1 Rz. 17; Beschl. v. 7.12.2009 - II ZR 63/08 ZIP 2010, 879 Rz. 3; Beschl. v. 31.5.2010 - II ZR 105/09 ZIP 2010, 1898 Rz. 4; Urt. v. 22.3.2011 - II ZR 229/09, BGHZ 189, 32 Rz. 13 m.w.N.).
Rz. 27
Der Wechsel der Klagebegründung in zweiter Instanz war nicht verspätet. Anders als beim Nachschieben von Anfechtungsgründen, deren Geltendmachung entsprechend § 246 Abs. 1 AktG fristgebunden ist (BGH, Urt. v. 14.3.2005 - II ZR 153/03 ZIP 2005, 706, 708), können Nichtigkeitsgründe grundsätzlich fristungebunden geltend gemacht werden (vgl. BGH, Urt. v. 23.5.1960 - II ZR 89/58, BGHZ 32, 318, 324; Urt. v. 26.9.1994 - II ZR 236/93 ZIP 1994, 1857, 1858; Urt. v. 8.2.2011 - II ZR 206/08 ZIP 2011, 637 Rz. 12; Urt. v. 22.3.2011 - II ZR 229/09, BGHZ 189, 32 Rz. 13). Dem steht § 10 Nr. 6 des Gesellschaftsvertrags der Beklagten nicht entgegen, wonach die Unwirksamkeit eines Gesellschafterbeschlusses nur innerhalb einer Ausschlussfrist von einem Monat nach Erhalt des Protokolls gegen die Gesellschaft geltend gemacht werden kann und nach Anlauf der Frist ein etwaiger Mangel als geheilt gilt. Eine statutarische Frist für die Geltendmachung von Nichtigkeitsgründen wird zu Recht für unzulässig gehalten. Die gesetzlichen Vorschriften über die Nichtigkeit von Gesellschafterbeschlüssen sind zwingend und können durch die Satzung nicht abgeändert, insb. kann die Geltendmachung der Nichtigkeit nicht eingeschränkt werden. Eine Einschränkung in diesem Sinne würde es bedeuten, wenn die Nichtigkeit nur innerhalb einer Ausschlussfrist von einem Monat geltend gemacht werden könnte (vgl. Altmeppen, GmbHG, 10. Aufl., Anh. § 47 Rz. 91; Rensen in Saenger/Inhester, GmbHG, 4. Aufl., Anh. § 47 Rz. 104; Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, GmbHG, 22. Aufl., Anh. § 47 Rz. 29; Römermann in Michalski/Heidinger/Leible/J. Schmidt, GmbHG, 3. Aufl., Anh. § 47 Rz. 254; MünchKomm/GmbHG/Wertenbruch, 3. Aufl., Anh. § 47 Rz. 299; Scholz/K. Schmidt, GmbHG, 11. Aufl., § 45 Rz. 146).
Rz. 28
(b) Die Klageänderung war zulässig, weil die erstmals in zweiter Instanz aufgestellte Behauptung, die Beklagte habe bei Fassung des Einziehungsbeschlusses nicht über das zur Zahlung der geschuldeten Abfindung notwendige freie Vermögen verfügt, nach den tatbestandlichen Feststellungen des Berufungsgerichts unstreitig geblieben ist (§§ 138 Abs. 2 und 3, 314 ZPO).
Rz. 29
Nach § 533 Nr. 2 ZPO ist eine Klageänderung nur zulässig, wenn diese auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat. Inwieweit dies bei neuem Vorbringen der Fall ist, bestimmt sich nach §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 ZPO. Ungeachtet des § 531 ZPO ist neues unstreitiges Vorbringen stets zuzulassen (vgl. BGH, Urt. v. 18.11.2004 - IX ZR 229/03, BGHZ 161, 138, 141; Beschl. v. 23.6.2008 - GSZ 1/08, BGHZ 177, 212 Rz. 10; Beschl. v. 8.5.2018 - XI ZR 538/17, NJW 2018, 2269 Rz. 25; Urt. v. 27.10.2020 - II ZR 355/18 ZIP 2020, 2453 Rz. 28).
Rz. 30
Nach den tatbestandlichen Feststellungen des Berufungsgerichts ist es unstreitig, dass die Beklagte bei Fassung des Einziehungsbeschlusses nicht über das zur Zahlung der geschuldeten Abfindung notwendige freie Vermögen verfügte. Der Beurteilung durch das Revisionsgericht unterliegt das Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist, § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Grundsätzlich liefert der Tatbestand des Urteils Beweis für das Parteivorbringen, § 314 Satz 1 ZPO. Das Berufungsgericht hat im Zusammenhang mit der Einziehung vom 10.10.2014 ausgeführt, der Kläger habe sich nach Erörterung seitens des Vorsitzenden und des Berichterstatters in der mündlichen Verhandlung nicht nur das allgemeine Vorbringen der Beklagten zu einer Überschuldung ausdrücklich hilfsweise zu Eigen gemacht, sondern darüber hinaus gestützt auf dieses Vorbringen behauptet, die Beklagte habe bei Fassung des Einziehungsbeschlusses nicht über das zur Zahlung der geschuldeten Abfindung notwendige freie Vermögen verfügt. Weder sei die Beklagte diesem Vorbringen unter der gebotenen konkreten Darlegung ihrer Vermögensverhältnisse entgegengetreten, noch habe die Beklagte insofern die Gewährung eines Schriftsatznachlasses oder eine Vertagung zwecks Ergänzung ihres Vorbringens beantragt. Das Berufungsgericht hat weiter, von der Revision unbeanstandet, ausgeführt, das Vorbringen des Klägers sei allgemein gehalten. Deshalb sei es so zu verstehen, dass der Kläger nicht lediglich das Fehlen des notwendigen freien Vermögens am 10.10.2014, sondern auch am 25.8.2015 bzw. zu den jeweiligen Fälligkeitszeitpunkten der Abfindung behauptet habe. Danach habe es der Beklagten auch in diesem Zusammenhang oblegen, ihre Vermögensverhältnisse und das Vorhandensein hinreichenden freien Vermögens zu dem maßgebenden Zeitpunkt konkret darzulegen.
Rz. 31
Nach diesem, mit der Wirkung des § 314 ZPO festgestellten mündlichen Parteivorbringen, ist der vom Kläger behauptete Nichtigkeitsgrund unstreitig, da die Beklagte den Vortrag des Klägers nicht substantiiert bestritten hat (§ 138 Abs. 2 und 3 ZPO). Die Beklagte war zur substantiierten Darlegung verpflichtet. Der Kläger konnte die maßgeblichen Tatsachen zum Zeitpunkt der Beschlussfassung am 25.8.2015 nicht kennen und hatte auch keine Möglichkeit zur weiteren Sachaufklärung, weil er nach Aufforderung seiner Mitgesellschafter vom 10.7.2014 bereits am Tag darauf die Räume der Beklagten verlassen hatte. Die Beklagte kannte alle wesentlichen Tatsachen und es war ihr unschwer möglich und zumutbar, nähere Angaben zu ihrer handelsbilanziellen Situation zu machen (vgl. BGH, Urt. v. 11.6.1990 - II ZR 159/89 NJW 1990, 3151, 3152; Beschl. v. 25.3.2014 - VI ZR 271/13 NJW-RR 2014, 830 Rz. 7; Urt. v. 18.1.2018 - I ZR 150/15 NJW 2018, 2412 Rz. 30; Urt. v. 25.5.2020 - VI ZR 252/19 ZIP 2020, 1179 Rz. 37). Die Tatbestandswirkung i.S.v. § 314 ZPO kann nicht außerhalb eines Tatbestandsberichtigungsverfahrens (§ 320 ZPO) in Zweifel gezogen werden (BGH, Urt. v. 8.1.2007 - II ZR 334/04 NZG 2007, 428 Rz. 11 m.w.N.; Urt. v. 1.12.2008 - II ZR 102/07, BGHZ 179, 71 Rz. 16 - MPS; Urt. v. 16.12.2010 - I ZR 161/08 NJW 2011, 1513 Rz. 12 - Satan der Rache; Beschluss vom 2.12.2015 - VII ZB 48/13, NJW-RR 2016, 396 Rz. 14). Da es im vorliegenden Fall hinsichtlich der tatbestandlichen Feststellung des beiderseitigen Parteivortrags an einer Urteilsberichtigung nach § 320 ZPO fehlt, sind diese tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts für das weitere Verfahren bindend, §§ 314, 559 ZPO, und der Senat hat sie seiner Beurteilung zugrunde zu legen.
Rz. 32
Keinen Erfolg hat die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe die richterliche Hinweispflicht verletzt. Ein Rechtsmittelführer, der die Verletzung einer gerichtlichen Hinweispflicht gem. § 139 ZPO geltend macht, muss darlegen, wie er auf einen entsprechenden Hinweis reagiert, insb. was er hierauf im Einzelnen vorgetragen hätte, und wie er weiter vorgegangen wäre (BGH, Beschl. v. 11.2.2003 - XI ZR 153/02 NJW-RR 2003, 1003, 1004; Beschl. v. 18.5.2011 - IV ZB 6/10, juris Rz. 12; Urt. v. 15.2.2018 - I ZR 243/16 NJW-RR 2018, 1003 Rz. 13 - Gewohnt gute Qualität). Die Behauptung der Revision, die Beklagte hätte ihre Bilanz vorgelegt und dargelegt, dass der Ausgleichsanspruch des Klägers kleiner gewesen wäre als das verfügbare Eigenkapital, stellt lediglich die Rechtsverteidigung ihrer äußeren Form nach dar, ohne diese inhaltlich mit Vortrag zu füllen. Dieses Vorbringen der Revision lässt keine Rückschlüsse auf die handelsbilanzielle Situation der Beklagten zu, die zur Bestimmung des freien Vermögens maßgebend ist (vgl. BGH, Urt. v. 5.4.2011 - II ZR 263/08 ZIP 2011, 1104 Rz. 17 m.w.N.; Urt. v. 26.6.2018 - II ZR 65/16 ZIP 2018, 1540 Rz. 15).
Rz. 33
(c) Unabhängig davon ist die Zulassung einer in der Berufungsinstanz vorgenommenen Klageänderung durch das Berufungsgericht nach § 533 ZPO mit der Revision nicht anfechtbar (BGH, Urt. v. 27.4.2009 - II ZR 167/07 ZIP 2009, 1158 Rz. 22; Urt. v. 20.8.2009 - VII ZR 205/07, BGHZ 182, 158 Rz. 71; Urt. v. 17.10.2012 - XII ZR 101/10 NJW 2012, 3722 Rz. 11). Dabei kann dahinstehen, ob das Berufungsgericht erkannt hat, dass eine Klageänderung vorliegt. Nach dem Zweck des Berufungsrechts dient die Berufungsinstanz in erster Linie der Fehlerkontrolle der erstinstanzlichen Entscheidung. § 533 ZPO verhindert deshalb, dass sich das Berufungsgericht im Rahmen neuer Streitgegenstände mit neuem Streitstoff befassen und hierzu eine Sachentscheidung treffen muss. Dieser Zweck kann nicht mehr erreicht werden, wenn das Berufungsgericht eine Klageänderung zugelassen und hierüber sachlich entschieden hat. In diesem Zusammenhang spielt es keine Rolle, ob das Berufungsgericht zu einer Sachentscheidung gelangt ist, weil es die Voraussetzungen des § 533 ZPO bejaht oder dessen Anwendbarkeit im Einzelfall verneint hat. In beiden Fällen würde eine revisionsrechtliche Überprüfung der Sachentscheidung des Berufungsgerichts möglicherweise die Grundlage entziehen, ohne dass hierfür noch ein Bedürfnis besteht. Nichts anderes gilt, wenn das Berufungsgericht eine Klageänderung gar nicht erkannt und über den geänderten Streitgegenstand sachlich entschieden hat.
Rz. 34
b) Ohne Erfolg bleibt die Revision auch, soweit das Berufungsgericht festgestellt hat, dass der zum Tagesordnungspunkt 13 anlässlich der Gesellschafterversammlung vom 14.3.2016 gefasste Beschluss mit dem Inhalt, "der Geschäftsanteil von Herrn R. ist damit (erneut) eingezogen", nichtig ist (Urteilsformel IV. 1.). Der Kläger ist zur Erhebung der Anfechtungsklage gegen den Beschluss über die erneute Einziehung befugt, obwohl er im Zeitpunkt der Beschlussfassung am 14.3.2016 nicht mehr als Inhaber eines Geschäftsanteils in der Gesellschafterliste der Beklagten eingetragen war (vgl. II. 1. a) aa)). Der Einziehungsbeschluss ist entsprechend § 241 Nr. 3 AktG wegen eines Verstoßes gegen §§ 30 Abs. 1 Satz 1, 34 Abs. 3 GmbHG nichtig (vgl. II. 1. a) ee)).
Rz. 35
c) Die Revision wendet sich ohne Erfolg dagegen, dass das Berufungsgericht den Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 14.3.2016 zu Tagesordnungspunkt 1 mit dem Inhalt "die Gesellschafterbeschlüsse vom 10. Oktober 2014 zu den Tagesordnungspunkten 1 bis 4 sind mit 2:1 Stimmen wirksam bestätigt", für nichtig erklärt hat (Urteilsformel IV. 2. a)), soweit es den Einziehungsbeschluss vom 10.10.2014 (Tagesordnungspunkt 3) betrifft. Die Nichtigkeit dieses Einziehungsbeschlusses ist rechtskräftig festgestellt. Ein nichtiger Beschluss kann nicht bestätigt werden. Der Bestätigungsbeschluss ist gleichfalls nichtig.
Rz. 36
aa) Der Kläger ist zur Erhebung der Anfechtungsklage gegen den Beschluss über die Bestätigung der Einziehung befugt, obwohl er im Zeitpunkt der Beschlussfassung am 14.3.2016 nicht mehr als Inhaber eines Geschäftsanteils in der Gesellschafterliste der Beklagten eingetragen war (vgl. II. 1. a) aa)).
Rz. 37
bb) Das Berufungsgericht hat die Nichtigkeit des Beschlusses der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 10.10.2014 über die Einziehung des Geschäftsanteils des Klägers festgestellt (Urteilsformel I. 1.). Da die Revision gegen das Berufungsurteil insoweit nicht zugelassen wurde, steht die Nichtigkeit rechtskräftig fest (vgl. BGH, Urt. v. 17.2.1997 - II ZR 41/96, BGHZ 134, 364, 366; Urt. v. 13.10.2008 - II ZR 112/07 ZIP 2008, 2215 Rz. 8; Urt. v. 10.11.2020 - II ZR 211/19 ZIP 2020, 2513 Rz. 10). Ein nichtiger Beschluss kann nicht bestätigt werden. Wie schon der Wortlaut von § 244 Satz 1 AktG zeigt, können nur anfechtbare Beschlüsse bestätigt werden (BGH, Urt. v. 15.12.2003 - II ZR 194/01, BGHZ 157, 206 Rz. 8 f.; Urt. v. 20.9.2004 - II ZR 288/02, BGHZ 160, 253 Rz. 13; Urt. v. 12.12.2005 - II ZR 253/03 ZIP 2006, 227 Rz. 16; Urt. v. 22.3.2011 - II ZR 229/09, BGHZ 189, 32 Rz. 27). Insbesondere nach § 241 Nr. 3 AktG nichtige Beschlüsse sind der Bestätigung nicht zugänglich (BGH, Urt. v. 26.6.2012 - II ZR 30/11 ZIP 2012, 1753 Rz. 10). Die Nichtigkeit des Einziehungsbeschlusses vom 10.10.2014 führt zur Nichtigkeit des Bestätigungsbeschlusses, weil dem Bestätigungsbeschluss der materiell-rechtliche Mangel des Ausgangsbeschlusses ebenfalls anhaftet (vgl. BGH, Urt. v. 26.6.2012 - II ZR 30/11 ZIP 2012, 1753 Rz. 10 m.w.N.).
Rz. 38
d) Aus denselben Gründen hat die Revision keinen Erfolg, soweit sie sich dagegen wendet, dass das Berufungsgericht die weiteren die Einziehung betreffenden Bestätigungsbeschlüsse für nichtig erklärt hat, nämlich den Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 14.3.2016 zu Tagesordnungspunkt 2 (Urteilsformel IV. 2. b)) mit dem Inhalt "die Gesellschafterbeschlüsse vom 25. August 2015 zu den Tagesordnungspunkten 1 bis 4 sind mit 2:1 Stimmen wirksam bestätigt", soweit es den Einziehungsbeschluss vom 25.8.2015 (Tagesordnungspunkt 3) betrifft, den Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 25.5.2016 zu Tagesordnungspunkt 2 (Urteilsformel VII. 1.) mit dem Inhalt "die Gesellschafterbeschlüsse vom 10. Oktober 2014 zu den Tagesordnungspunkten 1 bis 4 sind mit 2:1 Stimmen erneut wirksam bestätigt", soweit es den Einziehungsbeschluss vom 10.10.2014 (Tagesordnungspunkt 3) betrifft, den Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 25.5.2016 zu Tagesordnungspunkt 3 (Urteilsformel VII. 2.) mit dem Inhalt "die Gesellschafterbeschlüsse vom 25. August 2015 zu den Tagesordnungspunkten 1 bis 4 sind mit 2:1 Stimmen erneut wirksam bestätigt", soweit es den Einziehungsbeschluss vom 25.8.2015 (Tagesordnungspunkt 3) betrifft, den Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 25.5.2016 zu Tagesordnungspunkt 4 (Urteilsformel VII. 3.) mit dem Inhalt "die Gesellschafterbeschlüsse vom 14. März 2015 zu den Tagesordnungspunkten 1 und 2 sowie 11 bis 14 sind einstimmig bestätigt", womit tatsächlich die Gesellschafterbeschlüsse vom 14.3.2016 gemeint sind, soweit die Einziehung des Geschäftsanteils des Klägers betroffen ist und den Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 25.5.2016 zu Tagesordnungspunkt 5 (Urteilsformel VII. 4.) mit dem Inhalt "die Gesellschafterbeschlüsse vom 19. April 2015 zu den Tagesordnungspunkten 1 und 2 sowie 11 bis 14 sind einstimmig bestätigt", womit tatsächlich die Gesellschafterbeschlüsse vom 19.4.2016 gemeint sind, soweit die Einziehung des Geschäftsanteils des Klägers betroffen ist. Die Bestätigungsbeschlüsse sind jeweils nichtig. Der Urteilsausspruch des Berufungsurteils, mit dem die Bestätigungsbeschlüsse für nichtig erklärt wurden, war insoweit klarstellend zu ändern.
Rz. 39
2. Die Revision hat dagegen Erfolg, soweit das Berufungsgericht die Beschlüsse über die Kündigung des Geschäftsführerdienstvertrags des Klägers, über die Ermächtigung zur Verfolgung von Ansprüchen gegen den Kläger und die Ablehnung von Beschlussanträgen des Klägers sowie die Bestätigung dieser Beschlüsse bzw. die Bestätigung von Bestätigungsbeschlüssen für nichtig erklärt hat. Der Kläger ist zur Anfechtung der Beschlüsse der Beklagten, die in den Gesellschafterversammlungen vom 25.8.2015 und danach gefasst wurden, nicht befugt, weil er bereits vor dem 25.8.2015 nicht mehr als Inhaber eines Geschäftsanteils der Beklagten in der Gesellschafterliste eingetragen war. Durch die deshalb bestandskräftige Bestätigung der in der Versammlung vom 10.10.2014 gefassten Gesellschafterbeschlüsse sind auch diese der Anfechtung entzogen. Da dem Kläger die Anfechtungsbefugnis fehlt, fehlt ihm auch die materielle Berechtigung zur Geltendmachung von auf positive Beschlussfeststellung gerichteten Klageanträgen, so dass die Revision gegen die Stattgabe dieser Anträge durch das Berufungsgericht ebenfalls Erfolg hat.
Rz. 40
a) Die Revision hat Erfolg, soweit das Berufungsgericht den Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 14.3.2016 zu Tagesordnungspunkt 1 mit dem Inhalt "die Gesellschafterbeschlüsse vom 10. Oktober 2014 zu den Tagesordnungspunkten 1 bis 4 sind mit 2:1 Stimmen wirksam bestätigt" für nichtig erklärt hat, soweit der Beschluss nicht die Bestätigung der Entscheidung über die Abberufung des Klägers (Tagesordnungspunkt 1) zum Gegenstand hat (Urteilsformel IV. 2. a)), und führt insoweit zur Aufhebung des Berufungsurteils.
Rz. 41
Die vom Kläger erhobene Anfechtungsklage ist unbegründet, weil ihm die Anfechtungsbefugnis als materiell-rechtliche Voraussetzung der gesellschaftsrechtlichen Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage fehlt (vgl. BGH, Urt. v. 24.4.2006 - II ZR 30/05, BGHZ 167, 204 Rz. 15; Beschl. v. 11.6.2007 - II ZR 152/06 ZIP 2007, 2122 Rz. 6; Urt. v. 13.10.2008 - II ZR 112/07 ZIP 2008, 2215 Rz. 9; Urt. v. 16.3.2009 - II ZR 302/06, BGHZ 180, 154 Rz. 23 - Wertpapierdarlehen; Beschl. v. 17.7.2012 - II ZR 216/10 ZIP 2013, 117 Rz. 7). Der Kläger ist ungeachtet seiner materiell-rechtlichen Gesellschafterstellung, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts, zur Erhebung der Anfechtungsklage nicht befugt, weil er im Zeitpunkt der Beschlussfassung nicht mehr als Inhaber eines Geschäftsanteils in der Gesellschafterliste der Beklagten eingetragen war. Der Anfechtung eines Gesellschafterbeschlusses durch einen zum Zeitpunkt der Beschlussfassung nicht mehr als Inhaber eines Geschäftsanteils eingetragenen Gesellschafters einer GmbH steht grundsätzlich die negative Legitimationswirkung des § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG entgegen.
Rz. 42
aa) Zur Erhebung der gesellschaftsrechtlichen Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage ist grundsätzlich nur der in der Gesellschafterliste eingetragene Inhaber eines Geschäftsanteils befugt (vgl. BGH, Urt. v. 21.10.1968 - II ZR 181/66, NJW 1969, 133 zu § 16 GmbHG a.F.; Wiegand-Schneider in Born/Ghassemi-Tabar/Gehle, MünchHdbGesR VII, 6. Aufl., § 39 Rz. 30, 38; Drescher in Henssler/Strohn, GesR, 4. Aufl., § 245 AktG Rz. 20, § 249 AktG Rz. 6; Wicke, GmbHG, 4. Aufl., Anh. § 47 Rz. 18; Altmeppen, GmbHG, 10. Aufl., Anh. § 47 Rz. 75; Rensen in Saenger/Inhester, GmbHG, 4. Aufl., Anh. § 47 Rz. 85; Teichmann in Gehrlein/Born/Simon, GmbHG, 5. Aufl., Anh. § 47 Rz. 57; Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 20. Aufl., Anh. § 47 Rz. 70; Ganzer in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, 6. Aufl., Anh. § 47 Rz. 45; Römermann in Michalski/Heidinger/Leible/J. Schmidt, GmbHG, 3. Aufl., Anh. § 47 Rz. 390; MünchKomm/GmbHG/Wertenbruch, 3. Aufl., Anh. § 47 Rz. 243; Raiser/Schäfer in Habersack/Casper/Löbbe, GmbHG, 3. Aufl., Anh. § 47 Rz. 155).
Rz. 43
§ 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG entfaltet eine negative Legitimationswirkung zu Lasten des nach der Einziehung seines Geschäftsanteils nicht mehr in die Gesellschafterliste eingetragenen Gesellschafters. Der Gesellschafter kann ab dem Zeitpunkt der Aufnahme einer ihn nicht mehr aufführenden Gesellschafterliste zum Handelsregister seine mitgliedschaftlichen Rechte nicht länger ausüben (BGH, Urt. v. 2.7.2019 - II ZR 406/17, BGHZ 222, 323 Rz. 35; Urt. v. 10.11.2020 - II ZR 211/19 ZIP 2020, 2513 Rz. 14). Die Anfechtungsbefugnis ist ein aus der Mitgliedschaft unmittelbar folgendes Verwaltungsrecht (BGH, Urt. v. 25.2.1965 - II ZR 287/63, BGHZ 43, 261, 267; Urt. v. 24.4.2006 - II ZR 30/05, BGHZ 167, 204 Rz. 14; Urt. v. 9.10.2006 - II ZR 46/05, BGHZ 169, 221 Rz. 15). Die negative Legitimationswirkung erfasst daher auch die Anfechtungsbefugnis (vgl. BGH, Beschl. v. 29.1.2019 - II ZR 234/18, juris; Urt. v. 2.7.2019 - II ZR 406/17, BGHZ 222, 323 Rz. 41 m.w.N.; Urt. v. 10.11.2020 - II ZR 211/19 ZIP 2020, 2513 Rz. 35).
Rz. 44
Das Berufungsgericht hat die Nichtigkeit des Beschlusses der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 10.10.2014 über die Einziehung des Geschäftsanteils des Klägers festgestellt (Urteilsformel I. 1.). Da die Revision gegen das Berufungsurteil insoweit nicht zugelassen wurde, steht die Nichtigkeit rechtskräftig fest (vgl. BGH, Urt. v. 17.2.1997 - II ZR 41/96, BGHZ 134, 364, 366; Urt. v. 13.10.2008 - II ZR 112/07 ZIP 2008, 2215 Rz. 8; Urt. v. 10.11.2020 - II ZR 211/19 ZIP 2020, 2513 Rz. 10). Die nach der Streichung des Geschäftsanteils in der Gesellschafterliste von § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG ausgehende negative Legitimationswirkung gilt indes ungeachtet der Wirksamkeit des Einziehungsbeschlusses (BGH, Urt. v. 2.7.2019 - II ZR 406/17, BGHZ 222, 323 Rz. 35; Urt. v. 10.11.2020 - II ZR 211/19 ZIP 2020, 2513 Rz. 14).
Rz. 45
bb) Die negative Legitimationswirkung gilt nicht uneingeschränkt. Der Senat hat bereits entschieden, dass die Gesellschaft nach Treu und Glauben gehindert sein kann, sich auf die formelle Legitimationswirkung des § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG zu berufen (vgl. BGH, Urt. v. 2.7.2019 - II ZR 406/17, BGHZ 222, 323 Rz. 42). Für eine solche Beschränkung der Beklagten sind keine Anhaltspunkte ersichtlich. Überdies bejaht der Senat die Anfechtungsbefugnis des Gesellschafters einer GmbH gegen die Einziehung seines Geschäftsanteils, auch wenn er im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Einziehung nicht mehr als Inhaber eines Geschäftsanteils in der Gesellschafterliste eingetragen ist, um effektiven Rechtsschutz im Hinblick auf den bei Entzug der Mitgliedschaft gegebenen Eingriff in Art. 14 Abs. 1 GG zu gewährleisten. Diese Rechtsprechung ist auf die streitgegenständliche Beschlussanfechtung nicht übertragbar, weil die Kündigung des Geschäftsführerdienstvertrags des Klägers dessen Mitgliedschaft ebenso wenig verletzt wie die Ermächtigung zur Geltendmachung von Ansprüchen gegen ihn.
Rz. 46
(1) Es ist in der Rechtsprechung des BGH anerkannt, dass dem Gesellschafter die Anfechtungsbefugnis für die Klage gegen seinen Ausschluss oder die Einziehung seines Geschäftsanteils trotz sofortiger Wirksamkeit erhalten bleibt, um der verfassungsrechtlich gebotenen Rechtsschutzmöglichkeit Geltung zu verschaffen (BGH, Urt. v. 2.7.2019 - II ZR 406/17, BGHZ 222, 323 Rz. 41; Urt. v. 10.11.2020 - II ZR 211/19 ZIP 2020, 2513 Rz. 35). Deshalb hängt die Rechtsschutzmöglichkeit auch nicht von der Eintragung des materiell berechtigten, von einem Einziehungsbeschluss betroffenen Gesellschafters als Inhaber eines Geschäftsanteils in der Gesellschafterliste ab (vgl. BGH, Beschl. v. 29.1.2019 - II ZR 234/18, juris; Urt. v. 2.7.2019 - II ZR 406/17, BGHZ 222, 323 Rz. 41; Urt. v. 10.11.2020 - II ZR 211/19 ZIP 2020, 2513 Rz. 35). Um den Gesellschafter nicht rechtlos gegen die Einziehung zu stellen, ist seine Mitgliedschaft in der beklagten Gesellschaft, deren Erhaltung letztlich das Ziel der Klage ist, für diese Klage als fortbestehend anzusehen (BGH, Urt. v. 19.9.1977 - II ZR 11/76, NJW 1977, 2316; Urt. v. 22.3.2011 - II ZR 229/09, BGHZ 189, 32 Rz. 7 ff. zur AG; Urt. v. 24.1.2012 - II ZR 109/11, BGHZ 192, 236 Rz. 24). Denn der Entzug der Mitgliedschaft greift in das Grundrecht des Gesellschafters aus Art. 14 Abs. 1 GG ein. Damit ein solcher Eingriff einer verfassungsrechtlichen Überprüfung standhält, muss mit ihm ein legitimer Zweck verfolgt werden. Zudem ist sicherzustellen, dass der Gesellschafter vollen Wertersatz für den Verlust seiner Mitgliedschaft erhält, und schließlich ist effektiver Rechtsschutz gegen den Ausschluss oder die Einziehung zu gewährleisten (vgl. BVerfG ZIP 2010, 571, 574 zur AG).
Rz. 47
(2) Die Beschlüsse über die Kündigung des Geschäftsführerdienstvertrags und über die Ermächtigung zur Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Kläger verletzen sein Anteilseigentum nicht, so dass es nicht verfassungsrechtlich geboten ist, ihm entgegen der negativen Legitimationswirkung des § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG die Anfechtungsbefugnis zu erhalten.
Rz. 48
Nach der Rechtsprechung des BVerfG und des BGH fällt das in der Aktie verkörperte Anteilseigentum unter den Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG (BGH, Urt. v. 22.1.2013 - II ZR 80/10 ZIP 2013, 263 Rz. 16 m.w.N.). Dies gilt in gleicher Weise für den Geschäftsanteil des Gesellschafters einer GmbH (Lieder/Becker, GmbHR 2019, 505, 506; Wicke, GmbHG, 4. Aufl., § 14 Rz. 2; Winter in Gehrlein/Born/Simon, GmbHG, 5. Aufl., § 14 Rz. 20; Scholz/Seibt, GmbHG, 12. Aufl., § 14 Rz. 1; MünchKomm/GmbHG/Reichert/Weller, 3. Aufl., § 14 Rz. 53; Raiser in Habersack/Casper/Löbbe, GmbHG, 3. Aufl., § 14 Rz. 22). Der Schutzbereich der Eigentumsgarantie umfasst die Substanz des Anteilseigentums in seiner mitgliedschaftsrechtlichen und vermögensrechtlichen Ausgestaltung. Er ist beispielsweise betroffen bei einem Ausschluss des Aktionärs (BGH, Urt. v. 22.1.2013 - II ZR 80/10 ZIP 2013, 263 Rz. 16 m.w.N.) oder bei dem Ausschluss eines GmbH-Gesellschafters oder der Einziehung seines Geschäftsanteils (BGH, Urt. v. 2.7.2019 - II ZR 406/17, BGHZ 222, 323 Rz. 41; Urt. v. 10.11.2020 - II ZR 211/19 ZIP 2020, 2513 Rz. 35). Die Anstellung des Klägers als Geschäftsführer der Beklagten und die Ermächtigung zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen den Kläger berühren die Substanz seines Anteilseigentums in seiner mitgliedschaftsrechtlichen und vermögensrechtlichen Ausgestaltung nicht.
Rz. 49
Die Anfechtungsbefugnis ist auch nicht erforderlich, um dem Kläger Rechtsschutz gegen eine Beeinträchtigung seiner nicht unmittelbar die Mitgliedschaft betreffenden Vermögensrechte zu gewährleisten. Durch die wegen fehlender Anfechtungsbefugnis eintretende Bestandskraft der Beschlüsse über die Kündigung des Geschäftsführerdienstvertrags und über die Ermächtigung zur Geltendmachung von Ansprüchen ist der Kläger weder an der Verfolgung seiner Vergütungsansprüche noch an der Verteidigung gegen die von der Gesellschaft erhobenen Ansprüche gehindert.
Rz. 50
cc) Der Kläger ist auch nicht anfechtungsbefugt, wenn die Beklagte durch die Ladung zur Gesellschafterversammlung und die vorsorgliche Beteiligung des Klägers an der Abstimmung diesen ungeachtet der negativen Legitimationswirkung des § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG weiter als Gesellschafter behandelt hat.
Rz. 51
(1) Es bedarf keiner Entscheidung, ob die negative Legitimationswirkung des § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG infolge des Streichens in der Gesellschafterliste nur bedeutet, dass die Gesellschaft dem Gesellschafter keine Mitgliedschaftsrechte gewähren muss, oder ob sie ihn nicht mehr als Gesellschafter behandeln darf (vgl. BGH, Urt. v. 10.11.2020 - II ZR 211/19 ZIP 2020, 2513 Rz. 15). Zu § 16 GmbHG a.F. hat der Senat allerdings die Auffassung, die Norm diene nur dem Schutz der Gesellschaft, der es überlassen bleiben müsse, ob sie sich auf die Vorschrift berufen wolle, abgelehnt (vgl. BGH, Urt. v. 21.10.1968 - II ZR 181/66, NJW 1969, 133).
Rz. 52
Jedenfalls bei der Willensbildung in der Gesellschafterversammlung ist die GmbH durch den Normzweck des § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG gehindert, einen nicht als Inhaber eines Geschäftsanteils Eingetragenen wie einen Gesellschafter zu behandeln, weshalb aus einer solchen gesetzwidrigen Beteiligung auch keine Anfechtungsbefugnis des nicht als Inhaber eines Geschäftsanteils in der Gesellschafterliste Eingetragenen hergeleitet werden kann. Dies gilt auch dann, wenn die Gesellschaft Zweifel hat, ob der nicht mehr als Inhaber eines Geschäftsanteils Eingetragene materiell Inhaber des Geschäftsanteils ist. Die Regelung des § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG soll zum einen zur Missbrauchs- und Geldwäschebekämpfung Transparenz über die Anteilseigner bewirken und damit Vermögensverschiebungen mit kriminellem Hintergrund auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage verhindern. Zum anderen dient sie der Rechtssicherheit und -klarheit, indem innerhalb der Gesellschaft eindeutige Verhältnisse geschaffen werden, wer im Verhältnis zur Gesellschaft berechtigt und verpflichtet ist (vgl. BGH, Beschl. v. 24.2.2015 - II ZB 17/14 ZIP 2015, 732 Rz. 20; Beschl. v. 26.6.2018 - II ZB 12/16 ZIP 2018, 1591 Rz. 21; Urt. v. 20.11.2018 - II ZR 12/17, BGHZ 220, 207 Rz. 35, 41; Urt. v. 10.11.2020 - II ZR 211/19 ZIP 2020, 2513 Rz. 25; BT-Drucks. 16/6140, 37; Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie, BT-Drucks. 18/11555, 173). Dieser Gesetzeszweck verbietet es der Gesellschaft, einem nicht in der Gesellschafterliste Eingetragenen in der Gesellschafterversammlung eine Gesellschafterstellung einzuräumen und so unter Umständen für längere Zeit neben der rechtssicheren und nach außen erkennbaren Gesellschafterzusammensetzung eine zweite, jedenfalls nach außen verborgene Gesellschafterzusammensetzung zu etablieren, die die Geschicke der Gesellschaft lenkt.
Rz. 53
(2) Davon abgesehen hat die Beklagte den Kläger in der Gesellschafterversammlung vom 14.3.2016 nicht als Gesellschafter behandelt. Die Beteiligung des Klägers an der Versammlung kann nicht als Anerkennung seiner Gesellschafterstellung gewertet werden. Die Gesellschafter B. und E. gingen ausweislich des Protokolls der Gesellschafterversammlung davon aus, dass sie zusammen 100 % der Geschäftsanteile hielten. Zudem wurde zu Beginn der Versammlung die Teilnahme des Klägers beanstandet, da dieser nicht in der Gesellschafterliste aufgeführt sei.
Rz. 54
dd) Soweit das Berufungsurteil danach aufzuheben ist, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden, da sie zur Endentscheidung reif ist (§§ 562 Abs. 1, 563 Abs. 3 ZPO). Auf die Berufung der Beklagten ist das Urteil des LG aufzuheben, soweit es die Bestätigung des Beschlusses zu Tagesordnungspunkt 2 vom 10.10.2014 über die Kündigung des Geschäftsführerdienstvertrags des Klägers betrifft, und die Klage insgesamt abzuweisen. Soweit es den Beschluss zu Tagesordnungspunkt 4 vom 10.10.2014 über die Ermächtigung zur Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Kläger betrifft, ist das klageabweisende Urteil des LG durch Zurückweisung der Berufung des Klägers wiederherzustellen.
Rz. 55
b) Die Revision hat ebenfalls Erfolg, soweit sie sich gegen die Nichtigerklärung der Beschlüsse der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 10.10.2014 zu Tagesordnungspunkt 2, die Kündigung des Geschäftsführerdienstvertrags mit dem Kläger betreffend (Urteilsformel I. 2. a)) und zu Tagesordnungspunkt 4, die Ermächtigung zur Geltendmachung von Ersatz- und Vertragsstrafenansprüchen gegen den Kläger betreffend (Urteilsformel I. 2. b)) richtet, und führt insoweit zur Aufhebung des Berufungsurteils. Die Anfechtung kann nicht mehr geltend gemacht werden, weil die Bestätigung dieser Beschlüsse in der Gesellschafterversammlung vom 14.3.2016 mit der Senatsentscheidung bestandskräftig wird, da die vom Kläger insoweit erhobene Anfechtungsklage wegen fehlender Anfechtungsbefugnis zurückgewiesen werden muss.
Rz. 56
aa) Die Anfechtung des Beschlusses der Gesellschafterversammlung einer GmbH kann analog § 244 Satz 1 AktG nicht mehr geltend gemacht werden, wenn die Gesellschafterversammlung den anfechtbaren Beschluss durch einen neuen Beschluss bestätigt hat und dieser Beschluss nicht fristgerecht angefochten oder die Anfechtung rechtskräftig zurückgewiesen worden ist (Hüffer, ZGR 2012, 730, 736; Drescher in Henssler/Strohn, GesR, 4. Aufl., § 244 AktG Rz. 1; Wicke, GmbHG, 4. Aufl., Anh. § 47 Rz. 16; Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, GmbHG, 22. Aufl., Anh. § 47 Rz. 131; Teichmann in Gehrlein/Born/Simon, GmbHG, 5. Aufl., Anh. § 47 Rz. 56; Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 20. Aufl., Anh. § 47 Rz. 61; Römermann in Michalski/Heidinger/Leible/J. Schmidt, GmbHG, 3. Aufl., Anh. § 47 Rz. 372; MünchKomm/GmbHG/Wertenbruch, 3. Aufl., Anh. § 47 Rz. 214; Raiser/Schäfer in Habersack/Casper/Löbbe, GmbHG, 3. Aufl., Anh. § 47 Rz. 146; Scholz/K. Schmidt, GmbHG, 11. Aufl., § 45 Rz. 121; vgl. BGH, Urt. v. 14.2.1974 - II ZR 76/72, WM 1974, 392, 393). Mit der Bestandskraft des Bestätigungsbeschlusses entfällt die - tatsächliche oder behauptete - Anfechtbarkeit des Erstbeschlusses. Eine wirksame Bestätigung hat materiell-rechtliche Wirkung, indem sie die gegen den Erstbeschluss gerichtete Anfechtungsklage unbegründet macht (BGH, Urt. v. 15.12.2003 - II ZR 194/01, BGHZ 157, 206, 210; BGH vom 12.12.2005 - II ZR 253/03 ZIP 2006, 227 Rz. 22; Beschl. v. 17.7.2006 - II ZR 189/02, juris Rz. 3; Urt. v. 19.2.2013 - II ZR 56/12, BGHZ 196, 195 Rz. 11). Steht die Anfechtung der Bestätigung gleichzeitig mit der Anfechtung des Ausgangsbeschlusses zur Entscheidung, ist regelmäßig vorrangig über die Anfechtung der Bestätigung zu entscheiden (vgl. BGH, Beschl. v. 11.8.2010 - II ZR 24/10, AG 2010, 709 Rz. 1; Beschluss vom 1.2.2010 - , juris Rz. 1; Goette, DStR 2005, 603, 606; Hüffer, ZGR 2012, 730, 745 f.; Scholz/K. Schmidt, GmbHG, 11. Aufl., § 45 Rz. 167; Heidel/Heidel, AktG, 5. Aufl., § 244 Rz. 12; Hölters/Englisch, AktG, 3. Aufl., § 244 Rz. 15; Schwab in K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Aufl., § 244 Rz. 17; Hüffer in MünchKomm/AktG/Schäfer, 4. Aufl., § 244 Rz. 21).
Rz. 57
bb) Es steht der Wirksamkeit des Bestätigungsbeschlusses nicht entgegen, dass er nach Streichung des Klägers aus der Gesellschafterliste der Beklagten gefasst wurde und dieser ihn deshalb mangels Anfechtungsbefugnis nicht mehr erfolgreich angreifen kann. Eine Beteiligung des ausgeschiedenen Gesellschafters bei der Beschlussfassung ist nicht erforderlich. Der Bestätigungsbeschluss muss nicht von denselben Gesellschaftern gefasst werden, die den Ausgangsbeschluss gefasst haben, sondern ist von der Gesellschafterversammlung in der jeweiligen Zusammensetzung zu fassen (vgl. zur Aktiengesellschaft BGH, Urt. v. 22.3.2011 - II ZR 229/09, BGHZ 189, 32 Rz. 22).
Rz. 58
cc) Es ist ohne Belang, ob das Berufungsgericht zu Recht Inhaltsmängel der Beschlüsse vom 10.10.2014 bejaht hat und die Bestätigungsbeschlüsse denselben Mangel aufweisen. Zwar kann ein Beschluss, der an einem Inhaltsmangel leidet, der diesem unabhängig von Art und Weise seines Zustandekommens anhaften und sich deshalb zwangsläufig auf den (bestätigenden) Zweitbeschluss übertragen würde, nicht wirksam bestätigt werden. Denn Voraussetzung für die Bestätigungswirkung nach § 244 Satz 1 AktG (entsprechend) ist, dass der Bestätigungsbeschluss die behaupteten oder tatsächlich bestehenden Mängel des Ursprungsbeschlusses beseitigt und seinerseits nicht an Mängeln leidet (BGH, Urt. v. 15.12.2003 - II ZR 194/01, BGHZ 157, 206, 210; Urt. v. 12.12.2005 - II ZR 253/03 ZIP 2006, 227 Rz. 12 f.; Urt. v. 9.10.2006 - II ZR 46/05, BGHZ 169, 221 Rz. 25; Beschl. v. 21.7.2008 - II ZR 1/07 ZIP 2009, 913 Rz. 10; Urt. v. 22.3.2011 - II ZR 229/09, BGHZ 189, 32 Rz. 23, 27). Ein bestandskräftig gewordener Bestätigungsbeschluss entfaltet aber Heilungswirkung, selbst wenn er am selben inhaltlichen Mangel wie der Ausgangsbeschluss leidet. Der Bestätigungsbeschluss kann ungeachtet eines Inhaltsmangels bestandskräftig werden. Wie bei jedem Gesellschafterbeschluss wirkt sich der Inhaltsmangel beim Bestätigungsbeschluss nur in dem Umfang aus, in dem die materiellen Anfechtungsgründe innerhalb der Anfechtungsfrist im Wege der Anfechtungsklage gerügt werden. Soweit dies unterbleibt, können somit auch materielle Fehler geheilt werden. Der Wortlaut von § 244 Satz 1 AktG ist zudem klar und es entspricht dem Zweck der Bestätigung, etwaige Zweifel auszuräumen (vgl. Butzke, Festschrift Stilz, 2014, S. 83, 86; Hüffer, ZGR 2012, 730, 738; Kocher, NZG 2006, 1, 2; Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, GmbHG, 22. Aufl., Anh. § 47 Rz. 132; Römermann in Michalski/Heidinger/Leible/J. Schmidt, GmbHG, 3. Aufl., Anh. § 47 Rz. 373; Raiser/Schäfer in Habersack/Casper/Löbbe, GmbHG, 3. Aufl., Anh. § 47 Rz. 152; Drescher in Henssler/Strohn, GesR, 4. Aufl., § 244 AktG Rz. 7; Horcher/Wilk in Born/Ghassemi-Tabar/Gehle, MünchHdbGesR VII, 6. Aufl., § 29 Rz. 176; Grigoleit/Ehmann, AktG, 2. Aufl., § 244 Rz. 8; BeckOGK/AktG/Drescher, Stand: 19.10.2020, § 244 Rz. 24, 27; Heidel/Heidel, AktG, 5. Aufl., § 244 Rz. 12; Schwab in K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Aufl., § 244 Rz. 14 m.w.N.; Hüffer in MünchKomm/AktG/Schäfer, 4. Aufl., § 244 Rz. 10; Noack/Zetzsche in KölnKomm/AktG, 3. Aufl., § 244 Rz. 54; Großkomm/AktG/K. Schmidt, 4. Aufl., § 244 Rz. 9). Dabei macht es keinen Unterschied, aus welchem Grund der Bestätigungsbeschluss bestandskräftig wird, so dass die Heilungswirkung auch eintritt, wenn die Klage gegen den Bestätigungsbeschluss wegen fehlender Anfechtungsbefugnis zurückzuweisen ist.
Rz. 59
dd) Die Klage kann insoweit nicht in eine allgemeine Feststellungsklage umgedeutet werden, da mit dieser nur die Nichtigkeit der Beschlüsse geltend gemacht werden könnte und nicht deren Anfechtbarkeit (vgl. BGH, Urt. v. 25.4.1966 - II ZR 80/65, WM 1966, 614; Urt. v. 15.6.1992 - II ZR 173/91 ZIP 1992, 1391, 1392 f.; Urt. v. 11.2.2008 - II ZR 187/06 ZIP 2008, 757 Rz. 34; Urt. v. 13.10.2008 - II ZR 112/07 ZIP 2008, 2215 Rz. 11; Urt. v. 2.7.2019 - II ZR 406/17, BGHZ 222, 323 Rz. 58). Nichtigkeitsgründe (i.S.d. § 241 AktG) macht die Revisionserwiderung keine geltend.
Rz. 60
ee) Soweit das Berufungsurteil danach aufzuheben ist, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden, da sie zur Endentscheidung reif ist (§§ 562 Abs. 1, 563 Abs. 3 ZPO). Auf die Berufung der Beklagten ist das Urteil des LG aufzuheben, soweit es den Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 10.10.2014 zu Tagesordnungspunkt 2 betrifft, und die Klage insgesamt abzuweisen. Soweit es den Beschluss zu Tagesordnungspunkt 4 betrifft, ist das klageabweisende Urteil des LG durch Zurückweisung der Berufung des Klägers wiederherzustellen.
Rz. 61
c) Wegen Fehlens der Anfechtungsbefugnis hat die Revision hinsichtlich weiterer Gesellschafterbeschlüsse in dem im Folgenden dargestellten Umfang ebenfalls Erfolg und führt jeweils zur Aufhebung des Berufungsurteils. Auch insoweit kann der Senat, da die Sache zur Endentscheidung reif ist, jeweils selbst wie folgt entscheiden.
Rz. 62
aa) Soweit sie sich gegen die Nichtigerklärung der Beschlüsse der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 25.8.2015 zu Tagesordnungspunkt 2 über eine außerordentliche Kündigung des Geschäftsführerdienstvertrags mit dem Kläger aus wichtigem Grund (Urteilsformel II. 2. a)) und zu Tagesordnungspunkt 4 über die Geltendmachung von Unterlassungs-, Schadensersatz- und Vertragsstrafenansprüchen gegen den Kläger (Urteilsformel II. 2. b)) richtet.
Rz. 63
Auf die Berufung der Beklagten ist das Urteil des LG aufzuheben, soweit es den Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 25.8.2015 zu Tagesordnungspunkt 2 betrifft, und die Klage abzuweisen. Soweit es den Beschluss zu Tagesordnungspunkt 4 betrifft, ist das klageabweisende Urteil des LG durch Zurückweisung der Berufung des Klägers wiederherzustellen.
Rz. 64
bb) Soweit das Berufungsgericht den Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 14.3.2016 zu Tagesordnungspunkt 2 mit dem Inhalt "die Gesellschafterbeschlüsse vom 25. August 2015 zu den Tagesordnungspunkten 1 bis 4 sind mit 2:1 Stimmen wirksam bestätigt", für nichtig erklärt hat, soweit der Beschluss weder die Bestätigung der Entscheidung über die Abberufung des Klägers (Tagesordnungspunkt 1) noch die Bestätigung der am 25.8.2015 getroffenen Entscheidung über die ordentliche Kündigung des Anstellungsvertrags zwischen dem Kläger und der Beklagten zum Gegenstand hat (Urteilsformel IV. 2. b)).
Rz. 65
Auf die Berufung der Beklagten ist das Urteil des LG aufzuheben, soweit es die Bestätigung des Beschlusses zu Tagesordnungspunkt 2 vom 25.8.2015 über die Kündigung des Geschäftsführerdienstvertrags des Klägers betrifft, und die Klage abzuweisen. Soweit es den Beschluss zu Tagesordnungspunkt 4 vom 25.8.2015 über die Ermächtigung zur Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Kläger betrifft, ist das klageabweisende Urteil des LG durch Zurückweisung der Berufung des Klägers wiederherzustellen.
Rz. 66
cc) Soweit das Berufungsgericht die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 14.3.2016 zu Tagesordnungspunkt 12 (Urteilsformel IV. 2. k)) mit dem Inhalt "der Geschäftsführervertrag von Herrn R. ist damit (erneut) außerordentlich und hilfsweise ordentlich gekündigt" und zu Tagesordnungspunkt 14 (Urteilsformel IV. 2. l)) mit dem Inhalt, der Antrag betreffend die "erneute Geltendmachung von Unterlassungs-, Schadensersatz- und Vertragsstrafenansprüchen gegenüber R. aus allen denkbaren rechtlichen Erwägungen" wird "angenommen" für nichtig erklärt hat.
Rz. 67
Auf die Berufung der Beklagten ist das Urteil des LG aufzuheben, soweit es den Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 14.3.2016 zu Tagesordnungspunkt 12 betrifft, und die Klage abzuweisen. Soweit es den Beschluss zu Tagesordnungspunkt 14 betrifft, ist das klageabweisende Urteil des LG durch Zurückweisung der Berufung des Klägers wiederherzustellen.
Rz. 68
dd) Soweit das Berufungsgericht die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 19.4.2016 zu Tagesordnungspunkt 1, 2 und 3 für nichtig erklärt hat, mit denen Beschlüsse der Gesellschafterversammlungen vom 10.10.2014, vom 25.8.2015 und vom 14.3.2015 (gemeint 2016) bestätigt wurden (Urteilsformel VI. 1., 2. und 3.), wobei dies nach Rücknahme der Berufung der Beklagten jeweils nur die über das landgerichtliche Urteil hinausgehende Stattgabe der Anfechtungsklage auf die Berufung des Klägers hin betrifft. Insoweit ist die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Rz. 69
ee) Soweit das Berufungsgericht den Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 25.5.2016 zu Tagesordnungspunkt 2 (Urteilsformel VII. 1.) mit dem Inhalt "die Gesellschafterbeschlüsse vom 10. Oktober 2014 zu den Tagesordnungspunkten 1 bis 4 sind mit 2:1 Stimmen erneut wirksam bestätigt", für nichtig erklärt hat, soweit der Beschluss nicht die Bestätigung der Entscheidung über die Abberufung des Klägers (Tagesordnungspunkt 1) zum Gegenstand hat.
Rz. 70
Auf die Berufung der Beklagten ist das Urteil des LG aufzuheben, soweit es die Bestätigung des Beschlusses zu Tagesordnungspunkt 2 vom 10.10.2014 über die Kündigung des Geschäftsführerdienstvertrags des Klägers betrifft, und die Klage insgesamt abzuweisen. Soweit es den Beschluss zu Tagesordnungspunkt 4 vom 10.10.2014 über die Ermächtigung zur Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Kläger betrifft, ist das klageabweisende Urteil des LG durch Zurückweisung der Berufung des Klägers wiederherzustellen.
Rz. 71
ff) Soweit das Berufungsgericht den Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 25.5.2016 zu Tagesordnungspunkt 3 (Urteilsformel VII. 2.) mit dem Inhalt "die Gesellschafterbeschlüsse vom 25. August 2015 zu den Tagesordnungspunkten 1 bis 4 sind mit 2:1 Stimmen erneut wirksam bestätigt", für nichtig erklärt hat, soweit der Beschluss weder die Bestätigung der Entscheidung über die Abberufung des Klägers (Tagesordnungspunkt 1) noch die Bestätigung der am 25.8.2015 getroffenen Entscheidung über die ordentliche Kündigung des Anstellungsvertrags zwischen dem Kläger und der Beklagten zum Gegenstand hat.
Rz. 72
Auf die Berufung der Beklagten ist das Urteil des LG aufzuheben, soweit es die Bestätigung des Beschlusses zu Tagesordnungspunkt 2 vom 25.8.2015 über die Kündigung des Geschäftsführerdienstvertrags des Klägers betrifft, und die Klage abzuweisen. Soweit es den Beschluss zu Tagesordnungspunkt 4 vom 25.8.2015 über die Ermächtigung zur Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Kläger betrifft, ist das klageabweisende Urteil des LG durch Zurückweisung der Berufung des Klägers wiederherzustellen.
Rz. 73
gg) Soweit das Berufungsgericht den Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 25.5.2016 zu Tagesordnungspunkt 4 (Urteilsformel VII. 3.) mit dem Inhalt "die Gesellschafterbeschlüsse vom 14. März 2015 zu den Tagesordnungspunkten 1 und 2 sowie 11 bis 14 sind einstimmig bestätigt", womit tatsächlich die Gesellschafterbeschlüsse vom 14.3.2016 gemeint sind, für nichtig erklärt hat, soweit der Beschluss weder die Bestätigung der Entscheidung über die Abberufung des Klägers noch die Bestätigung der am 25.8.2015 getroffenen Entscheidung über die ordentliche Kündigung des Anstellungsvertrages zwischen dem Kläger und der Beklagten zum Gegenstand hat.
Rz. 74
Auf die Berufung der Beklagten ist das Urteil des LG aufzuheben, soweit es die Bestätigung von Beschlüssen, die die Kündigung des Geschäftsführerdienstvertrags des Klägers zum Gegenstand haben, betrifft, und die Klage abzuweisen. Soweit es Beschlüsse über die Ermächtigung zur Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Kläger betrifft, ist das klageabweisende Urteil des LG durch Zurückweisung der Berufung des Klägers wiederherzustellen.
Rz. 75
hh) Soweit das Berufungsgericht den Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 25.5.2016 zu Tagesordnungspunkt 5 (Urteilsformel VII. 4.) mit dem Inhalt "die Gesellschafterbeschlüsse vom 19. April 2015 zu den Tagesordnungspunkten 1 und 2 sowie 11 bis 14 sind einstimmig bestätigt", womit tatsächlich die Gesellschafterbeschlüsse vom 19.4.2016 gemeint sind, für nichtig erklärt hat, soweit der Beschluss weder die Bestätigung der Entscheidung über die Abberufung des Klägers noch die Bestätigung der am 25.8.2015 getroffenen Entscheidung über die ordentliche Kündigung des Anstellungsvertrages zwischen dem Kläger und der Beklagten zum Gegenstand hat.
Rz. 76
Auf die Berufung der Beklagten ist das Urteil des LG aufzuheben, soweit es die Bestätigung von Beschlüssen, die die Kündigung des Geschäftsführerdienstvertrags des Klägers zum Gegenstand haben, betrifft, und die Klage abzuweisen. Soweit es Beschlüsse über die Ermächtigung zur Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Kläger betrifft ist das klageabweisende Urteil des LG durch Zurückweisung der Berufung des Klägers wiederherzustellen.
Rz. 77
3. Die Revision hat schließlich Erfolg, soweit das Berufungsgericht die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 14.3.2016 zu Tagesordnungspunkt 3 (Ablehnung des Antrags auf Abberufung von Frau B. als Geschäftsführerin), zu Tagesordnungspunkt 4 (Ablehnung des Antrags auf Abberufung von Herrn E. als Geschäftsführer), zu Tagesordnungspunkt 5 (Ablehnung des Antrags auf Kündigung des Geschäftsführerdienstvertrags von Frau B.), zu Tagesordnungspunkt 6 (Ablehnung des Antrags auf Kündigung des Geschäftsführerdienstvertrags von Herrn E.), zu Tagesordnungspunkt 7 (Ablehnung des Antrags auf Einziehung des Geschäftsanteils von Frau B.), zu Tagesordnungspunkt 8 (Ablehnung des Antrags auf Einziehung des Geschäftsanteils von Herrn E.), zu Tagesordnungspunkt 9 (Ablehnung des Antrags, Schadensersatzansprüche gegen Frau B. geltend zu machen) und zu Tagesordnungspunkt 10 (Ablehnung des Antrags, Schadensersatzansprüche gegen Herrn E. geltend zu machen) für nichtig erklärt hat (Urteilsformel IV. 2. c) bis j)) und festgestellt hat, dass die Gesellschafterversammlung der Beklagten die zu den Tagesordnungspunkten 3, 4, 5, 6, 9 und 10 beantragten Beschlüsse gefasst hat (Urteilsformel V. 1. bis 6.).
Rz. 78
Der Kläger ist nicht anfechtungsbefugt, weil er im Zeitpunkt der Beschlussfassung nicht mehr als Inhaber eines Geschäftsanteils in der Gesellschafterliste der Beklagten eingetragen war. Fehlt dem Kläger, wie vorliegend, die Anfechtungsbefugnis, weil er nicht als Inhaber eines Geschäftsanteils in der Gesellschafterliste der Beklagten eingetragen ist, fehlt ihm auch die materielle Berechtigung zur Geltendmachung von auf positive Beschlussfeststellung gerichteten Klageanträgen (vgl. zu § 16 Abs. 1 GmbHG aF: BGH, Urt. v. 13.10.2008 - II ZR 112/07 ZIP 2008, 2215 Rz. 11; Beschl. v. 17.7.2012 - II ZR 216/10 ZIP 2013, 117 Rz. 7). Die Revision führt insoweit zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Wiederherstellung des klageabweisenden Urteils des LG durch Zurückweisung der Berufung des Klägers.
Rz. 79
III. Zur Klarstellung hat der Senat das Berufungsurteil insgesamt neu gefasst.
Fundstellen
Haufe-Index 14356111 |
BB 2021, 513 |
BB 2021, 844 |
DB 2021, 501 |
DStR 2021, 1001 |