Leitsatz (amtlich)
Ist die Firmierung eines Unternehmens zur Irreführung geeignet (hier: Führung des Firmenbestandteils „gemeinnützig”, ohne daß die Voraussetzungen dafür im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz vorlagen), ist ein dagegen gerichteter Unterlassungsanspruch nach § 3 UWG nicht deshalb ausgeschlossen, weil das Unternehmen die Firmenbezeichnung zu einem früheren Zeitpunkt zulässigerweise geführt hat.
Normenkette
UWG § 3; EGHGB Art. 22 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 22. Dezember 2000 im Kostenpunkt und im übrigen teilweise aufgehoben und insgesamt wie folgt neu gefaßt:
Auf die Berufung der Klägerin wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Halle vom 24. Mai 2000 teilweise aufgehoben und insgesamt wie folgt neu gefaßt:
Die Beklagte wird unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,– EUR oder einer an ihrem gesetzlichen Vertreter zu vollziehenden Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, Ordnungshaft auch für den Fall, daß das Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann, verurteilt, es zu unterlassen, als „Gemeinnützige Wohnungsgesellschaft H. mbH” zu firmieren.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin ¼ und die Beklagte ¾.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Parteien sind Wohnungsgesellschaften, die in der Stadt H. Wohnungen vermieten.
Die Beklagte, eine GmbH, entstand durch Umwandlung des VEB Gebäudewirtschaft H.. Die Eintragung der Beklagten in das Handelsregister erfolgte aufgrund der Umwandlungserklärung vom 2. Mai 1990 und des Gesellschaftsvertrages vom selben Tage am 15. Juni 1990. Seitdem führt die Beklagte in ihrer Firma die Bezeichnung „Gemeinnützige Wohnungsgesellschaft H. „.
In § 2 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages vom 2. Mai 1990 war als Zweck des Unternehmens eine sichere und sozial verantwortbare Wohnungsversorgung breiter Schichten der Bevölkerung und in § 24 Abs. 2 eine Begrenzung des auszuschüttenden Gewinns auf 4 % der eingezahlten Stammeinlage vorgesehen.
In dem neu gefaßten Gesellschaftsvertrag der Beklagten vom 19. März 1992 heißt es:
„§ 2
Zweck der Gesellschaft
Zweck des Unternehmens ist eine sichere und sozial verantwortbare Wohnungsversorgung breiter Schichten der Bevölkerung. Dazu gehört auch die angemessene Wohnungsversorgung einkommenschwacher Bevölkerungskreise.
§ 3
Gegenstand der Gesellschaft
Die Gesellschaft bewirtschaftet, verwaltet, betreut und errichtet Bauten in allen Rechts- und Nutzungsformen, insbesondere Mietwohnungen sowie Eigentumswohnungen und Eigenheime.
Bei der Bereitstellung von Mietwohnungen sind in angemessener Weise soziale Belange zu berücksichtigen. Die Gesellschaft kann alle im Bereich der Wohnungswirtschaft, des Städtebaus und der Infrastruktur anfallenden Aufgaben übernehmen, bebaute und unbebaute Grundstücke erwerben, belasten und veräußern sowie Erbbaurechte ausgeben, soweit die Ertragslage des Unternehmens dies zuläßt.
Sie kann Gemeinschaftsanlagen und Folgeeinrichtungen, Läden und Gewerbebauten für soziale, wirtschaftliche und kulturelle Einrichtungen sowie Dienstleistungen bereitstellen, soweit die Ertragslage des Unternehmens dies zuläßt.
- …
§ 21
Gewinnverteilung und Verlustdeckung
- Der Bilanzgewinn kann an die Gesellschafterin als Gewinnanteil ausgeschüttet werden. Er kann zur Bildung von anderen Gewinnrücklagen verwandt oder auf neue Rechnung vorgetragen werden.
- …”
Die Klägerin hat die Bezeichnung der Beklagten als „Gemeinnützig” in der Firma als irreführend beanstandet. Hierzu hat sie vorgetragen, die Beklagte erwecke durch den Hinweis auf die Gemeinnützigkeit bei den angesprochenen Verkehrskreisen den Eindruck, es handele sich um eine für das Gemeinwohl tätige Gesellschaft, deren Leistungen wegen der sich daraus ergebenden Steuervorteile und der fehlenden Absicht, Gewinn zu erzielen, besonders günstig seien. Tatsächlich erfülle die Beklagte aber nicht die an eine gemeinnützige Tätigkeit zu stellenden Anforderungen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, als Gemeinnützige Wohnungsgesellschaft H. mbH und/oder GWG zu firmieren.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie hat geltend gemacht, die Zulässigkeit ihrer Firma beurteile sich nach dem Zeitpunkt der Eintragung in das Handelsregister. Nach dem zu diesem Zeitpunkt maßgebenden Recht der ehemaligen DDR sei sie berechtigt gewesen, die Bezeichnung „Gemeinnützig” zu führen. An ihrer rechtmäßig erworbenen Firma genieße sie Bestandsschutz. Zudem habe sie sich nach den im Bereich der Wohnungswirtschaft an die Führung dieses Begriffs zu stellenden Anforderungen ebenfalls zulässigerweise als „Gemeinnützig” bezeichnen dürfen.
Die Bevölkerung im Gebiet der früheren DDR verbinde mit dem Begriff der Gemeinnützigkeit nur, daß ein so bezeichnetes Unternehmen seriös und sozial verantwortlich handele.
Der Unterlassungsanspruch nach § 3 UWG sei verjährt.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin zusätzlich hilfsweise beantragt,
die Beklagte unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, den Begriff „Gemeinnützige” als Firmenbestandteil im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken zu verwenden und/oder verwenden zu lassen.
Das Berufungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen (OLG Naumburg OLG-Rep 2001, 198).
Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie ihre Klageanträge weiterverfolgt. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
I. Das Berufungsgericht hat einen Anspruch aus § 3 UWG auf Unterlassung der Verwendung des Begriffs „Gemeinnützige” in der Firma der Beklagten verneint. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Die Bezeichnung als „Gemeinnützig” dürfe zwar grundsätzlich nur erfolgen, wenn das Unternehmen von der Finanzverwaltung nach § 52 AO als gemeinnützig anerkannt sei. Zudem erwarte der Verkehr von einem als gemeinnützig bezeichneten Unternehmen, daß es nur die Selbstkosten deckende Entgelte fordere und keine Kapitalverzinsung und Verstärkung der Betriebsmittel anstrebe. Das Publikum bringe derartigen Unternehmen ein gesteigertes Vertrauen entgegen und erwarte, daß die Unternehmen ihre Leistungen zu einem geringeren Preis als die Wettbewerber anböten. Die Beklagte erfülle keine dieser Voraussetzungen. Eine Berechtigung zur Führung der Bezeichnung „Gemeinnützig” könne die Beklagte auch nicht aus dem Gesetz über die Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen – Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz – ableiten. Selbst wenn auch nach Außerkrafttreten dieses Gesetzes zum 1. Januar 1990 der in diesem Gesetz maßgebliche Gemeinnützigkeitsbegriff in der Auffassung der maßgeblichen Verkehrskreise fortgelte, bleibe die Firmierung der Beklagten irreführend, weil es an einer – nicht mehr möglichen – Anerkennung als gemeinnützig nach dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz fehle und der Gesellschaftsvertrag der Beklagten nicht, wie in § 9 lit. a des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes vorgesehen, eine auf 4 % des eingezahlten Kapitals beschränkte Auszahlung des Gewinns enthalte.
Gleichwohl sei die Beklagte aufgrund von Besonderheiten im Zusammenhang mit ihrer Umwandlung von einem VEB in eine GmbH nach der Rechtslage vor dem Beitritt der ehemaligen DDR zur Bundesrepublik Deutschland berechtigt, den Begriff „Gemeinnützig” in ihrer Firma weiter zu führen. Der Gesetzgeber der DDR habe für den Bereich der umzuwandelnden Wohnungswirtschaftsbetriebe nach Eintragung der Beklagten in das Handelsregister einen eigenen Gemeinnützigkeitsbegriff geschaffen. Aus dem Gesetzgebungsverfahren zum Gesetz über die Umwandlung volkseigener Wohnungswirtschaftsbetriebe in gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaften und zur Übertragung des Grundeigentums an die Wohnungsgenossenschaften vom 20. Juli 1990 (GBl. DDR I, S. 901) folge, daß jedes Wohnungswirtschaftsunternehmen in der Form einer GmbH, das einer Kommune gehörte, den Gemeinnützigkeitsbegriff erfüllte. Im Zeitpunkt des Beitritts der DDR zur Bundesrepublik Deutschland habe die Firma der Beklagten, deren alleiniger Gesellschafter eine Gemeinde sei, daher dem Recht der DDR entsprochen. In analoger Anwendung des Art. 22 EGHGB sei die Beklagte berechtigt, ihre Firma beizubehalten.
II. Diese Beurteilung des Berufungsgerichts hält den Angriffen der Revision nicht in allen Punkten stand. Die Klägerin kann von der Beklagten verlangen, es zu unterlassen, als „Gemeinnützige Wohnungsgesellschaft H. mbH” zu firmieren. Dagegen bleibt die weitergehende Revision ohne Erfolg, mit der sich die Klägerin gegen die Abweisung der Klage im Hinblick auf das Verbot wendet, die Buchstabenkombination „GWG” zu benutzen. Über den Hilfsantrag, der sich gegen die Verwendung des Begriffs „Gemeinnützige” als Firmenbestandteil richtet, ist nicht zu entscheiden.
1. Mit Erfolg wendet sich die Revision dagegen, daß das Berufungsgericht im Streitfall einen Unterlassungsanspruch aus § 3 UWG mit der Begründung verneint hat, die die Bezeichnung „Gemeinnützig” enthaltene Firma der Beklagten habe im Zeitpunkt des Beitritts der DDR zur Bundesrepublik Deutschland dem Recht der DDR entsprochen und die Beklagte könne in entsprechender Anwendung des Art. 22 EGHGB ihre Firma weiterführen.
a) Das Berufungsgericht ist im Ansatz zutreffend davon ausgegangen, daß der Gebrauch einer Firmenbezeichnung irreführend sein kann, wenn ein Bestandteil der Firmierung geeignet ist, beim Verkehr unzutreffende Vorstellungen über die geschäftlichen Verhältnisse des Unternehmens hervorzurufen (st. Rspr.; vgl. BGHZ 44, 16, 19 – de Paris; BGH, Urt. v. 10.8.2000 – I ZR 126/98, GRUR 2001, 73, 74 = WRP 2000, 1284 – Stich den Buben, jeweils m.w.N.).
b) Dagegen kann dem Berufungsgericht nicht darin zugestimmt werden, daß es für die Beurteilung der Zulässigkeit des von der Klägerin beanstandeten Firmenbestandteils der Beklagten auf den Zeitpunkt des Beitritts der DDR zur Bundesrepublik Deutschland ankommt.
In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist anerkannt, daß das Recht zur Führung einer Firma endet, wenn die geschäftlichen Verhältnisse des Unternehmensträgers mit der Firmierung nicht mehr in Einklang stehen und der Verkehr hieraus unzutreffende Schlüsse auf die geschäftlichen Verhältnisse ziehen kann (vgl. BGHZ 10, 196, 201 – DUN-Europa; BGH, Urt. v. 7.4.1965 – Ib ZR 86/63, GRUR 1965, 610, 611 = WRP 1965, 329 – Diplom-Ingenieur; Urt. v. 24.10.1991 – I ZR 271/89, GRUR 1992, 121, 122 = WRP 1992, 101 – Dr. Stein … GmbH; vgl. auch Baumbach/Hefermehl, UWG, 22. Aufl., § 3 Rdn. 55; Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., § 3 Rdn. 125; Großkomm.HGB/Hüffer, 4. Aufl., § 18 Rdn. 34; Baumbach/Hopt, HGB, 30. Aufl., § 18 Rdn. 18). Maßgeblich für die Beurteilung, ob der von der Beklagten nach wie vor benutzte Bestandteil „Gemeinnützig” in ihrer Firma zur Irreführung geeignet ist, ist die Auffassung des angesprochenen Verkehrs im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz.
Dagegen ist es für den Unterlassungsanspruch aus § 3 UWG nicht von Bedeutung, ob die Beklagte (unmittelbar) vor der Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 den in Frage stehenden Firmenbestandteil zulässigerweise in ihrer Firmenbezeichnung geführt hat. Das Berufungsgericht hat seinen gegenteiligen Standpunkt zu Unrecht mit einer analogen Anwendung des Art. 22 Abs. 1 EGHGB begründet.
Nach dieser Vorschrift kann eine zur Zeit des Inkrafttretens des Handelsgesetzbuches (1. Januar 1900) im Handelsregister eingetragene Firma weitergeführt werden, wenn sie nach den zuvor geltenden Vorschriften zulässig war. Die Bedeutung der Vorschrift liegt im wesentlichen in der (weiteren) Zulassung der Firma eines Einzelkaufmanns ohne ausgeschriebenen oder abgekürzten Vornamen (vgl. Hahn/Mugdan, Die gesamten Materialien zu den Reichsjustizgesetzen, Denkschrift zum Entwurf eines Einführungsgesetzes zum Handelsgesetzbuch, Bd. 6 S. 441; vgl. auch Großkomm.HGB/Hüffer aaO § 18 Rdn. 16).
Es bedarf im Streitfall jedoch keiner Erörterung, ob eine entsprechende Anwendung des Art. 22 Abs. 1 EGHGB im firmenrechtlichen Bereich (§§ 18, 37 HGB) in den Fällen in Betracht kommt, in denen in der früheren DDR ansässige Unternehmen vor dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland eine Firma zulässigerweise führten. Ansprüche aus § 3 UWG wegen einer Täuschung über die Verhältnisse eines Unternehmens durch eine unzutreffende Firmierung werden durch die ausschließlich die Fortführung einer Firma nach handelsrechtlichen Grundsätzen betreffende Vorschrift des Art. 22 Abs. 1 EGHGB nicht berührt. Denn die handelsrechtlichen Bestimmungen über den unzulässigen Gebrauch einer Firma nach §§ 18, 37 HGB und der Unterlassungsanspruch nach § 3 UWG stehen selbständig nebeneinander (vgl. BGHZ 53, 65, 70; BGH GRUR 1992, 121, 122 – Dr. Stein … GmbH; vgl. auch: Begründung zum Entwurf des Handelsrechtsreformgesetzes, BT-Drucks. 13/8444, S. 38; BR-Drucks. 340/97, S. 53; Ebenroth/Boujong/Joost/Zimmer, HGB, § 18 Rdn. 37; Baumbach/Hopt aaO § 18 Rdn. 10; Großkomm.UWG/Teplitzky, § 16 Rdn. 465; vgl. auch Großkomm.HGB/Hüffer aaO § 18 Rdn. 16). Die vom Berufungsgericht vorgenommene entsprechende Anwendung des Art. 22 Abs. 1 EGHGB kommt bei der Prüfung der Voraussetzungen eines Anspruchs nach § 3 UWG nicht in Betracht.
c) Im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz war die Verwendung der den Bestandteil „Gemeinnützige” enthaltenden Firma der Beklagten irreführend i.S. des § 3 UWG. Die an ein Unternehmen zu stellenden Anforderungen, das den Bestandteil „gemeinnützig” in der Firma führt, erfüllt die Beklagte nicht.
Das Berufungsgericht hat angenommen, die angesprochenen Verkehrskreise faßten die Bezeichnung „Gemeinnützig” in der Firmierung eines Unternehmens regelmäßig dahin auf, das Unternehmen sei durch die Finanzverwaltung nach § 52 AO als gemeinnützig anerkannt. Zudem erwarte der Verkehr, daß ein derart bezeichnetes Unternehmen nur ein die Selbstkosten deckendes Entgelt fordere und seine Leistungen zu niedrigeren Preisen anbiete als die Wettbewerber (vgl. hierzu: RG MuW 1929, 445, 446; BGH, Urt. v. 13.5.1981 – I ZR 114/79, GRUR 1981, 670, 671 = WRP 1981, 575 – Gemeinnützig; Baumbach/Hefermehl aaO § 3 Rdn. 402; Großkomm.UWG/Lindacher, § 3 Rdn. 360; Ebenroth/Boujong/Joost/Zimmer aaO § 18 Rdn. 68; MünchKomm.HGB/Bockelmann, § 18 Rdn. 102). Die Feststellungen des Berufungsgerichts, gegen die sich die Revisionserwiderung mit einer Gegenrüge wendet, halten revisionsrechtlicher Nachprüfung stand. Das Berufungsgericht ist, anders als die Revisionserwiderung meint, nicht von der Verkehrsauffassung in der Bundesrepublik Deutschland vor der Wiedervereinigung ausgegangen, sondern hat seiner Entscheidung – ausdrücklich – die heutige Verkehrsauffassung zugrunde gelegt und für das Beitrittsgebiet keine Besonderheiten festgestellt. Solche sind entgegen den Ausführungen der Revisionserwiderung mehr als zehn Jahre nach der Wiedervereinigung auch nicht ersichtlich.
d) Eine Verjährung des Anspruchs der Klägerin, auf die sich die Beklagte berufen hat, ist nicht eingetreten. Die Verjährungsfrist, die sich nach § 21 UWG richtet, hat nicht zu laufen begonnen, weil die Beklagte die Firma nach wie vor führt und bei einer dauernden Handlung die Verjährung nicht beginnt, solange der Eingriff fortdauert (vgl. BGH, Urt. v. 28.9.1973 – I ZR 136/71, GRUR 1974, 99, 100 = WRP 1974, 30 – Brünova).
e) Die Klägerin hat einen etwaigen Unterlassungsanspruch nach § 3 UWG auch nicht verwirkt. Von der Verwirkung eines Rechts ist auszugehen, wenn es illoyal verspätet geltend gemacht wird und wenn zu dem Zeitablauf besondere auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde den Anspruch nicht mehr geltend machen (vgl. BGHZ 105, 290, 298). In den Fällen des § 3 UWG kommt die Annahme einer Verwirkung nur ausnahmsweise in Betracht, weil das Interesse der Allgemeinheit, vor Irreführung bewahrt zu werden, grundsätzlich vorrangig vor den Individualinteressen des Betroffenen ist (vgl. BGH, Urt. v. 29.9.1982 – I ZR 25/80, GRUR 1983, 32, 34 = WRP 1983, 203 – Stangenglas; Urt. v. 12.12.1996 – I ZR 7/94, GRUR 1997, 537, 539 = WRP 1997, 721 – Lifting-Creme). Vorliegend ist kein Sachverhalt gegeben, der die Annahme einer Verwirkung etwaiger Unterlassungsansprüche der Klägerin rechtfertigen könnte. Die Beklagte konnte nicht davon ausgehen, daß Wettbewerber das Vorliegen der Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit überprüfen würden. Sie konnte daher allein aus dem Umstand, daß nicht zuvor Unterlassungsansprüche geltend gemacht wurden, einen Vertrauenstatbestand nicht ableiten.
2. Demgegenüber erweist sich die Revision als unbegründet, soweit sie das Klagebegehren weiterverfolgt, auch die selbständige Verwendung der Firmenabkürzung „GWG” zu verbieten.
Mit der selbständigen Verwendung dieser Buchstabenkombination ist eine Irreführung des Verkehrs nach § 3 UWG nicht verbunden. Dies kann der Senat – das Berufungsgericht hat sich bei seiner Entscheidung mit der Verwendung der Buchstabenkombination nicht ausdrücklich auseinandergesetzt – selbst beurteilen. Auch wenn der Beklagten untersagt ist, den im Streit stehenden Firmenbestandteil „Gemeinnützig” weiter zu verwenden, läßt die Benutzung der Buchstabenkombination „GWG” für sich genommen keinen ausreichenden Bezug zur Inanspruchnahme einer Gemeinnützigkeit durch die Beklagte erkennen. Die Buchstabenfolge ist ohne Zusammenhang mit der der Beklagten untersagten Verwendung von „Gemeinnützig” nicht geeignet, den Verkehr irrezuführen.
Über den erstmals in der Berufungsinstanz gestellten Hilfsantrag ist nicht zu entscheiden, weil der gegen die Firmierung der Beklagten mit „Gemeinnützige Wohnungsgesellschaft H. mbH” gerichtete Hauptantrag Erfolg hat und dem Hilfsantrag daneben keine selbständige Bedeutung zukommt.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Ullmann, v. Ungern-Sternberg, Starck, Pokrant, Büscher
Fundstellen
DB 2003, 1570 |
BGHR 2003, 616 |
BGHR |
GRUR 2003, 448 |
Nachschlagewerk BGH |
VIZ 2003, 496 |
ZAP 2003, 802 |
ZfIR 2003, 483 |
MDR 2003, 1127 |
WRP 2003, 640 |