Leitsatz (amtlich)
Die durch blickfangmäßige Herausstellung eines Preises dem Verbraucher vermittelte fehlerhafte Vorstellung, dieser beziehe sich auf das werbemäßig herausgestellte Gesamtpaket (hier: PC mit Monitor), wird nicht dadurch aufgehoben, daß es an anderer Stelle im Zusammenhang mit der Produktbeschreibung heißt, der Preis gelte nur für einen Teil der beworbenen Geräte.
Normenkette
UWG § 3
Verfahrensgang
OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 04.04.2000) |
LG Darmstadt (Urteil vom 12.07.1999) |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 12. Zivilsenats in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 4. April 2000 aufgehoben.
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Darmstadt – 7. Kammer für Handelssachen – vom 12. Juli 1999 abgeändert.
Der Beklagten wird unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, letztere zu vollziehen an den Geschäftsführern der persönlich haftenden Gesellschafterin der Beklagten, untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Computerartikel mit zugeordnetem blickfangartig hervorgehobenem Preis zu bewerben, soweit nicht sämtliche abgebildeten Artikel zu diesem Preis abgegeben werden, insbesondere wie dies im „D. E.” vom 26. April 1999 erfolgt ist.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Gebiet des Handels mit Geräten der Unterhaltungs- und Kommunikationselektronik.
Die Beklagte bot in der Tageszeitung „D. E.” vom 26. April 1999 Computer und Monitore wie nachstehend verkleinert wiedergegeben zum Kauf an:
Die Klägerin hat die Werbeanzeige als irreführend beanstandet, weil die Beklagte die angesprochenen Verkehrskreise über ihr Angebot täusche. Der Verbraucher werde davon ausgehen, daß in den blickfangmäßig hervorgehobenen Preisen die in der Anzeige abgebildeten Monitore enthalten seien, was tatsächlich nicht der Fall sei.
Die Klägerin hat beantragt,
der Beklagten unter Androhung von näher bezeichneten Ordnungsmitteln zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Computerartikel mit zugeordnetem blickfangartig hervorgehobenem Preis zu bewerben, soweit nicht sämtliche abgebildeten Artikel zu diesem Preis abgegeben werden, insbesondere wie dies im „D. E.” vom 26. April 1999 erfolgt ist.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten und hat gemeint, eine Irreführung sei schon dadurch ausgeschlossen, daß im abgebildeten Monitor selbst der Hinweis enthalten sei, daß dieser in den Preisen von 1.499,– DM bzw. 2.999,– DM nicht enthalten sei. Gerade weil sich der Hinweis in der letzten Zeile der Aufzählung im Monitorbildschirm befinde, könne selbst ein flüchtiger Leser nicht darüber hinwegsehen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung ist erfolglos geblieben.
Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihr Unterlassungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe
I. Das Berufungsgericht hat eine relevante Irreführung der mit der Werbeanzeige angesprochenen Verkehrskreise verneint. Dazu hat es ausgeführt:
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften müsse bei der Beurteilung der Frage, ob eine Werbung irreführend sei, auf die mutmaßliche Erwartung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers abgestellt werden. Zu berücksichtigen seien alle in der Werbung enthaltenen Bestandteile. Bei Zugrundelegung eines solchen Verbraucherbildes ergebe sich, daß einem aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher nicht entgangen sein könne, daß in den von der Beklagten beworbenen Preisen die Monitore nicht enthalten seien. Das folge zwanglos aus dem Satz „Preis ohne Monitor 1499,– Mark”. Sofern ein Adressat der Werbung doch einem Irrtum unterliege, sei dies ein Risiko, das der betreffende Verbraucher selbst zu tragen habe. Dies ergebe sich aus seiner Aufmerksamkeitspflicht und der gebotenen Gesamtbetrachtung einer Werbeaussage.
II. Die Revision hat Erfolg. Der Beklagten ist die angegriffene Werbung wegen Irreführung gemäß § 3 UWG zu untersagen.
1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß die Frage, in welchem Sinne eine Werbeaussage zu verstehen ist, nach dem Verständnis des durchschnittlich informierten, verständigen und der Situation, in der er mit der Aussage konfrontiert wird, entsprechend aufmerksamen Durchschnittsverbrauchers zu beurteilen ist (vgl. BGH, Urt. v. 20.10.1999 – I ZR 167/97, GRUR 2000, 619, 621 = WRP 2000, 517 – Orient-Teppichmuster; Urt. v. 29.6.2000 – I ZR 155/98, GRUR 2000, 1106, 1108 = WRP 2000, 1278 – Möbel-Umtauschrecht; Urt. v. 3.5.2001 – I ZR 318/98, GRUR 2002, 182, 183 = WRP 2002, 74 – Das Beste jeden Morgen).
2. Mit Recht wendet sich die Revision aber gegen die Annahme des Berufungsgerichts, einem aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher könne nicht entgehen, daß die von der Beklagten genannten Preise für die beworbenen Computer einen Bildschirm nicht umfaßten.
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes darf eine blickfangmäßig herausgestellte Angabe für sich genommen nicht unrichtig oder auch nur für den Verkehr mißverständlich sein. Eine irrtumsausschließende Aufklärung kann in solchen Fällen durch einen klaren und unmißverständlichen Hinweis erfolgen, wenn dieser am Blickfang teilhat und dadurch eine Zuordnung zu den herausgestellten Angaben gewahrt bleibt (vgl. BGHZ 139, 368, 376 – Handy für 0,00 DM; BGH, Urt. v. 17.2.2000 – I ZR 254/97, GRUR 2000, 911, 912 = WRP 2000, 1248 – Computerwerbung I; Urt. v. 24.10.2002 – I ZR 50/00 – Computerwerbung II, zur Veröffentlichung vorgesehen). Das ist hier nicht der Fall.
b) Die durch die blickfangmäßige Herausstellung der Preise von 1.499,– DM und 2.999,– DM dem Verbraucher vermittelte fehlerhafte Vorstellung, diese bezögen sich auf das werbemäßig mit Bildschirm herausgestellte Gerät, wird nicht dadurch aufgehoben, daß es an anderer Stelle im Zusammenhang mit der Produktbeschreibung heißt, daß der Preis ohne Bildschirm sich auf eben diesen Betrag belaufe.
Die Revision weist zu Recht darauf hin, daß diese Angabe keinerlei Bezug zu den hervorgehobenen Werbeangaben aufweist. Die gegenteilige Annahme des Berufungsgerichts, wonach der Satz „Preis ohne Monitor” durch seine Stellung am Ende der Produktinformationen und unmittelbar vor den blickfangartig hervorgehobenen Preisen besonders ins Auge springe, ist erfahrungswidrig und entbehrt zudem einer hinreichenden tatsächlichen Grundlage. Der Hinweis wird nur von denjenigen Interessenten zur Kenntnis genommen, die sich durch die – unrichtige – blickfangartige Herausstellung des Angebots mit den näheren Einzelheiten befassen und dann erst ganz am Ende der Produktinformationen auf diesen klein gedruckten Satz stoßen. Unter diesen Umständen ist die klein gedruckte Angabe, daß der Preis sich ohne Monitor verstehe, nicht geeignet, die durch die herausgehobene bildliche Darstellung der beiden beworbenen Computer-Komplettsysteme nebst Preisangabe geschaffene Irreführung zu beseitigen. Denn die streitgegenständliche Werbung wird in besonderem Maße dadurch geprägt, daß die Beklagte ihr Angebot mit einer blickfangartigen Bilddarstellung zweier Computer-Systeme mit Monitor sowie zwei dieser Darstellung räumlich zugeordneten besonders hervorgehobenen Preisangaben beworben hat. Dies erweckt die Aufmerksamkeit jedes Interessenten, auch des aufmerksamen Lesers.
III. Auf die Revision war danach der Klage stattzugeben. Das Unterlassungsgebot ist anhand der beanstandeten Werbung auszulegen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Ullmann, v. Ungern-Sternberg, Starck, Pokrant, Schaffert
Fundstellen
Haufe-Index 891971 |
BuW 2003, 208 |
BGHR 2003, 394 |
BGHR |
NJW-RR 2003, 404 |
CR 2003, 174 |
GRUR 2003, 249 |
Nachschlagewerk BGH |
ZAP 2003, 336 |
MDR 2003, 705 |
WRP 2003, 379 |
ITRB 2003, 125 |
K&R 2003, 192 |