Geht es nicht um den Ersatz bereits eingetretener Vertiefungsschäden, sondern darum, dass eine Vertiefung entweder unterbleiben soll oder bei bereits erfolgter Vertiefung die Beseitigung drohender bzw. bereits erfolgter Beeinträchtigungen verlangt wird, dann kann der beeinträchtigte Nachbar (Eigentümer, Erbbauberechtigter, Nießbraucher, Dienstbarkeitsberechtigter und nach herrschender Meinung auch der Besitzer)[1] ein Unterlassen oder die Beseitigung der Vertiefung gemäß § 909 BGB verlangen. Anspruchsgegner sind der Eigentümer und Besitzer des Grundstücks, auf dem die Vertiefung vorgenommen wird, und diejenigen, welche die Vertiefung veranlassen (etwa Bauunternehmer).[2]

Klageantrag

Bei Erhebung der Klage darf im Allgemeinen nicht auf Unterlassung oder Beseitigung der Vertiefung geklagt werden, da die Maßnahme nach dem Gesetz nicht verboten ist, wenn für eine "genügende anderweitige Befestigung" gesorgt ist, wie es § 909 BGB formuliert. Es kann daher im Regelfall nur auf die Herstellung einer ordnungsgemäßen Befestigung geklagt werden, über deren Ausführung der Verpflichtete frei entscheiden kann.[3] Nur wenn diese technisch nicht möglich ist, wird eine Unterlassungs- oder Beseitigungsklage Erfolg haben.

Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB

§ 909 BGB ist ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB[4], dessen schuldhafte Verletzung einen Schadenersatzanspruch aus unerlaubter Handlung begründet. Schuldhaft handelt, wer vorhergesehen hat oder bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte vorhersehen können, dass der Boden des Nachbargrundstücks als Folge der Vertiefung die erforderliche Stütze verliert, und dennoch keine ausreichenden Maßnahmen getroffen hat, um die Beeinträchtigung zu vermeiden. Wer die Vertiefung durchführt, muss beweisen, dass ihn kein Verschulden trifft.[5] Der Anspruch richtet sich gegen alle, die an der Vertiefung beteiligt sind (Grundstückseigentümer, den auch bei Bauvergabe noch eine Überwachungspflicht trifft, Architekt oder Bauingenieur, Bauunternehmer und Statiker).[6]

Liegt kein Verschulden auf Seiten des Vertiefenden vor und konnte der geschädigte Nachbar die Einwirkung auf sein Grundstück nicht rechtzeitig verhindern, weil er etwa die Vertiefung aus öffentlich- rechtlichen Gründen zu dulden hatte oder aufgrund von Erklärungen des Vertiefenden darauf vertrauen konnte, dass die Arbeiten sachgerecht ausgeführt werden, steht ihm in entsprechender Anwendung des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch zu.[7] Dieser Anspruch richtet sich nur gegen den Eigentümer bzw. Benutzer des Grundstücks, auf dem die Vertiefung vorgenommen wird, nicht aber gegen die sonst an dieser Maßnahme Beteiligten.[8]

[1] So Grüneberg/Herrler, BGB, 81. Aufl. 2022, § 909 Rn. 7 f.
[4] Vgl. BGH, Urteil v. 5.11.1976, V ZR 93/73, NJW 1977, 763; BGH, Urteil v. 7.2.1980, III ZR 153/78, NJW 1980, 1679.
[5] So OLG Düsseldorf, Urteil v. 28.6.1976, 22 U 19/96, NJW-RR 1997, 146.
[7] Vgl. BGH, Urteil v. 26.11.1982, V ZR 314/81, NJW 1983, 872; OLG Düsseldorf, Urteil v. 28.6.1996, 22 U 19/96, NJW-RR 1997, 146; BGH, Urteil v. 4.7.1997, V ZR 48/96, MDR 1997, 1021.
[8] So BGH, Urteil v. 7.10.1987, V ZR 285/85, NJW 1987, 2808.

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