Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozesskostenhilfe: Darlegung der Bedürftigkeit durch Hartz IV-Empfänger. Verwertung einer kapitalbildenden Lebensversicherung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Hartz IV-Empfänger genießen im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe hinsichtlich der Darlegung ihrer Bedürftigkeit grundsätzlich keine besondere Stellung.

2. Zur Verwertung einer kapitalbildenden Lebensversicherung im Rahmen der Prozesskostenhilfe.

 

Normenkette

ZPO § 115 Abs. 3; SGB XII § 90 Nr. 2

 

Verfahrensgang

AG Oranienburg (Beschluss vom 29.06.2009; Aktenzeichen 34 F 74/09)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Die gem. § 127 Abs. 2 ZPO statthafte und in zulässiger Weise eingelegte sofortige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das AG hat aus zutreffenden Erwägungen die Bedürftigkeit der Antragstellerin verneint und deshalb zu Recht die begehrte Prozesskostenhilfe versagt.

1. Dies folgt bereits aus dem Umstand, dass die Antragstellerin - wie das AG in der Nichtabhilfeentscheidung vom 11.8.2009 zu Recht feststellt - weder den Wert des Hausgrundstückes noch die Einkünfte ihres Ehegatten hinreichend dargetan hat. Hinsichtlich des Werts des Hausgrundstückes, das ihr zur hälftigen Miteigentum steht und welches sie nicht mehr selbst bewohnt, sind bislang allein die versicherungstechnischen Werte des Jahres 1914 bekannt; es liegt auf der Hand, dass diese für die Prüfung einer möglichen Beleihung bzw. sonstigen Verwertung nicht maßgebend sind. Ebenso kann derzeit nicht abschließend überprüft werden, ob möglicherweise ein Prozesskostenvorschussanspruch gegen den Ehemann besteht.

Dabei ist zu beachten, dass die Antragstellerin die vollständige Darlegungslast für ihre Bedürftigkeit trägt (allgemein dazu BGH FamRZ 2007, 460, 461; OLG Brandenburg, FamRZ 2005, 1912, 1913).

2. Darüber hinaus ist zu berücksichtigten, dass - wie das AG ebenso zutreffend in der angefochtenen Entscheidung vom 29.6.2009 ausgeführt hat - die Antragstellerin gehalten ist, ihre bei der Allianz Lebensversicherung AG bestehende Lebensversicherung mit einem aktuellen Rückkaufswert von 5.320 EUR (Wert zum Mai 2009) einzusetzen. Da es sich um eine kapitalbildende Lebensversicherung handelt, kommt ein vollständiger Verwertungsschutz gem. § 115 Abs. 3 Satz 2 ZPO, § 90 Abs. 2 Nr. 2 SGB XII nicht in Betracht. Dass bei einer Verwertung der Aufbau einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde, § 115 Abs. 3 Satz 2 ZPO, § 90 Abs. 3 Satz 2 SGB XII, ist nicht erkennbar. Besonderes hierzu hat die - auch insoweit darlegungsbelastete - Antragstellerin nicht vorgetragen.

Eine Verwertungsmöglichkeit kann insb. dann unzumutbar sein, wenn die Lebensversicherung erkennbar der Altersvorsorge dient. Dies setzt im Grundsatz aber voraus, dass die Ausgestaltung des Versicherungsvertrages vergleichbar den staatlich geförderten Altersvorsorgeformen ist (vgl. Horndasch/Viefhues/Götsche, a.a.O., Anhang zu § 76 Rz. 109). Dies ist bei einer kapitalbildenden Lebensversicherung erkennbar nicht der Fall. Dass aber im Übrigen die Antragstellerin angesichts ihrer bisherigen Altersvorsorge zwingend auf das Vorhandensein der kapitalbildenden Lebensversicherung angewiesen sein wird, ist schon mangels eines entsprechenden Vortrages durch sie nicht erkennbar. Dem steht im Übrigen auch entgegen, dass sie mit 42 Lebensjahren noch ausreichend Zeit besitzt, für eine vernünftige Altersvorsorge zu sog.

Soweit die Antragstellerin noch angeführt hat, eine Verwertung sei unter Beachtung dessen, dass sie Hartz IV-Empfängerin ist, unzumutbar, trägt dies nicht. Der Hartz IV-Empfänger genießt im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe keine besondere Stellung. Seine Einkünfte sind beispielsweise Einkommen gem. § 115 Abs. 1 Satz 2 ZPO, auch soweit sie auf dem SGB II (§ 19 ff. SGB II, Arbeitslosengeld II) beruhen (vgl. nur Horndasch/Viefhues/Götsche, FamFG, 2009, Anhang zu § 76 Rz. 41 m. N.). Soweit für Hartz IV-Empfänger Vereinfachungen hinsichtlich der Einzelangaben bei Ausfüllung der Erklärung zur Prozesskostenhilfe bestehen, hat dies keine Auswirkungen hinsichtlich der Verwertbarkeit vorhandenen Vermögens. Erst Recht gilt dies, wenn - wie es hier der Fall war - das AG zu einer näheren Erläuterung auffordert (vgl. auch Horndasch/Viefhues/Götsche, a.a.O., § 76 Rz. 114). Demgemäß ist es auch ohne Belang, dass möglicherweise innerhalb des SGB II ein umfangreicher Verwertungsschutz als im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe dem Hartz IV-Empfänger zur Verfügung steht. Für die Verwertbarkeit im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe gelten allein die insoweit bestehenden Regelungen über die Unzumutbarkeit. Dabei ist zudem zu beachten, dass an die Zumutbarkeit der Verwertung eines Vermögensgegenstandes keine zu hohen Anforderungen zu stellen sind, da es sich um einen Ausnahmetatbestand handelt (vgl. auch Horndasch/Viefhues/Götsche, a.a.O., Anhang zu § 76 Rz. 103).

 

Fundstellen

Haufe-Index 2315345

FamRZ 2010, 1266

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