Tenor

Die sofortige Beschwerde der Beklagten zu 1 gegen den Beschluss der 6. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 25.05.2022, Az. 6 O 184/21, wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin, zuständig für die Lagerung, Sicherung und Verwertung von Abfällen an vier Standorten im Land Brandenburg, nimmt die Beklagten auf Rückzahlung zu viel gezahlter Vergütung bzw. Schadensersatz in Höhe von 5.152.157,44 EUR mit der Begründung in Anspruch, der Beklagte zu 3 - früherer Geschäftsführer der Klägerin - habe in den Jahren 2015 bis 2019 von den Beklagten zu 1 und 2 Schmiergeldeinnahmen in erheblichem Umfang erhalten und als Gegenleistung die Beklagte zu 1 und damit auch die Beklagte zu 2 als deren Subunternehmerin bei Vergabe von Aufträgen ohne sachliche Rechtfertigung bevorzugt. Bei der Staatsanwaltschaft Neuruppin ist unter dem Aktenzeichen 365 Js 15676/17 ein unter anderem gegen den früheren Geschäftsführer der Beklagten zu 1 geführtes Ermittlungsverfahren anhängig.

Auf Antrag der Beklagten hat das Landgericht zunächst mit Beschluss vom 15.02.2022 das Verfahren für die Dauer von einem Jahr, jedoch nicht länger als bis zur Abschlussverfügung der Staatsanwaltschaft Neuruppin ausgesetzt. Die gegen diesen Beschluss gerichtete sofortige Beschwerde der Klägerin ist mit Beschluss des erkennenden Senats vom 05.05.2022 (12 W 12/22) verworfen worden, nachdem zwischenzeitlich die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen abgeschlossen sind und Anklage vor dem Landgericht Neuruppin unter anderem auch gegen den früheren Geschäftsführer der Beklagten zu 1 erhoben worden ist.

Die Beklagten zu 1 und 2 haben mit Schriftsätzen vom 14.04.2022 bzw. 02.05.2022 erneut beantragt, das Verfahren nach § 149 Abs. 1 ZPO solange auszusetzen, bis das bei der Staatsanwaltschaft Neuruppin gegen den ehemaligen Geschäftsführer der Beklagten zu 1 und den Geschäftsführer der Beklagten zu 2, K... H... A..., geführte Strafverfahren zum Aktenzeichen 365 Js 15676/17 abgeschlossen ist. Zur Begründung haben sie sich im Wesentlichen darauf berufen, dass ihnen bislang von der Staatsanwaltschaft keine Akteneinsicht in die Ermittlungsakte gewährt worden sei, während die Klägerin umfassend auf der Grundlage des aktuellen Stands der Ermittlungsakte vortrage. Die Klägerin ist den Aussetzungsanträgen entgegengetreten.

Mit Beschluss vom 25.05.2022 hat das Landgericht die Aussetzungsanträge der Beklagten zu 1 und der Beklagten zu 2 zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Voraussetzungen der Aussetzung lägen aus den fortbestehenden Gründen des Beschlusses des Senats vom 05.05.2022 nicht vor. Hinzu trete, dass den Beklagten mittlerweile eine Anklageschrift vorliege, das Ermittlungsverfahren mithin weiter fortgeschritten sei, was den Beklagten voraussichtlich die Erwiderung auf die Klage noch erleichtern werde.

Gegen diesen ihren Prozessbevollmächtigten am 31.05.2022 zugegangenen Beschluss hat die Beklagte zu 1 sofortige Beschwerde eingelegt, mit der sie weiterhin begehrt, das Verfahren nach § 149 Abs. 1 ZPO bis zum Abschluss des gegen den früheren Geschäftsführer der Beklagten zu 1 geführten Strafverfahrens auszusetzen. Sie beruft sich weiterhin darauf, dass sie auf vielfache Anträge bislang keine Einsicht in die gegenständliche Ermittlungsakte erhalten habe, während die Klägerin extensiv aus der Ermittlungsakte zitiere und hieraus ihre eigenen Schlüsse ziehe. Sie habe damit einen Kenntnisvorsprung gegenüber der Beklagten zu 1, der nach dem Grundsatz der Waffengleichheit nur durch eine Aussetzung des Verfahrens bis zum Abschluss des gegen den ehemaligen Geschäftsführer geführten Strafverfahrens behoben werden könne. Bei einer unterbliebenen Aussetzung liege ein Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens auf der Hand. Die anwaltlichen Vertreter der Klägerin berieten diese auch im Strafprozess und hätten daher auch Kenntnis von der Ermittlungsakte, während die anwaltlichen Vertreter der Beklagten zu 1 diese ausschließlich in zivilrechtlicher Hinsicht berieten.

Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 03.06.2022 nicht abgeholfen und dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die sofortige Beschwerde der Beklagten zu 1 ist gemäß §§ 252, 567 Nr. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. In der Sache bleibt sie ohne Erfolg.

Der Senat geht bei interessengerechter Auslegung des Beschwerdebegehrens davon aus, dass die Aussetzung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens gegen den früheren Geschäftsführer begehrt wird und nicht nur bis zum Abschluss des Ermittlungsverfahrens, da bereits Anklage erhoben wurde.

Gemäß § 149 Abs. 1 ZPO kann das Gericht, wenn sich im Verlauf eines Rechtsstreits der Verdacht einer Straftat ergibt, deren Ermittlung auf die Entscheidung von Einfluss ist, die Aussetzung der Verhandlung bis zum Abschluss des Strafverfahrens anordnen. Die Vorschrift findet auch dann Anwendung, wenn der Verdacht der Straftat bereits vor dem oder zu Beginn des Verfahrens best...

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