Leitsatz (amtlich)

1. Verfahrenskostenhilfe für den Beschwerdegegner: Hat der Beschwerdegegner die ihn begünstigende Entscheidung in vorwerfbarer Weise herbeigeführt bzw. diese stellt sich als offensichtlich falsch dar, kann ihm trotz § 119 Abs. 1 Satz 2 ZPO die begehrte Verfahrenskostenhilfe versagt werden.

2. Zur Berücksichtigung des sog. Kinderzuschlags als unterhaltsrechtliches Einkommen.

 

Verfahrensgang

AG Bad Liebenwerda (Beschluss vom 21.08.2012; Aktenzeichen 21 F 233/10)

 

Tenor

1. Unter Zurückweisung des weitergehenden Antrages vom 20.9.2012 wird dem Antragsgegner ratenfreie Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin S für folgenden Antrag bewilligt:

Der Beschluss des AG Bad Liebenwerda vom 21.8.2012 (Az. 21 F 233/10) wird teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

In Abänderung der Urkunde des Jugendamtes des Landeskreises Elbe-Elster vom ... wird der Antragsteller verpflichtet, an den Antragsgegner zu Händen dessen gesetzlicher Vertreterin folgenden Unterhalt zu zahlen:

  • von Oktober 2009 bis November 2009 monatlich 40 EUR
  • im Dezember 2009 monatlich 47 EUR
  • in 2010 monatlich 124 EUR
  • von Januar 2011 bis November 2011 monatlich 111 EUR
  • von Dezember 2011 bis Dezember 2012 monatlich 105 EUR
  • ab Januar 2013 monatlich laufend 88 EUR.

2. Unter Zurückweisung des weitergehenden Antrages vom 12.12.2012 wird dem Antragsteller ratenfreie Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin SK in Finsterwalde bewilligt, soweit er sich gegen die Beschwerde wehrt, als der Antragsgegner die Zurückweisung des Änderungsantrags über die zuvor genannten Unterhaltsbeträge hinaus begehrt.

3. Es wird die Entscheidung im schriftlichen Verfahren angekündigt sowie Gelegenheit zur Stellungnahme binnen einer Frist von zwei Wochen gewährt.

 

Gründe

Die Zurückweisung des weitergehenden Antrags des Antragsgegners auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe beruht auf der mangelnden Erfolgsaussicht für die Durchführung der eingelegten Beschwerde, soweit er die Zurückweisung des Änderungsantrages über die im Tenor des Senatsbeschlusses hinausgehenden Unterhaltsbeträge begehrt.

Die Zurückweisung des weitergehenden Antrages auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe des Antragstellers beruht darauf, dass seine besondere Schutzbedürftigkeit hinsichtlich des gegen ihn gerichteten Rechtsmittels (§§ 113 Abs. 1 FamFG, 119 Abs. 1 Satz 2 ZPO hier entfällt. Denn der nach derzeitigem Stand feststellbare teilweise Erfolg der Beschwerde des Antragsgegners beruht auf den Umstand, dass der Antragsteller seine Einkünfte nicht korrekt dargetan hat. Insbesondere der durch ihn und seine Gattin bezogene Kinderzuschlag für beide weiteren Kinder ist erstmals im Rahmen der Beschwerdeinstanz ausreichend dargelegt worden. Da dies der wesentliche Umstand für die teilweise Begründetheit der Beschwerde des Antragsgegners ist, hat der Antragsteller die ihn begünstigende Entscheidung in vorwerfbarer Weise herbeigeführt bzw. diese stellt sich als offensichtlich falsch dar (vgl. dazu insgesamt Horndasch-Viefhues/Götsche, FamFG, 2. Aufl. 2010, § 77 Rz. 49).

I. Laufende Einkünfte des Antragstellers

1. Erwerbseinkünfte

In tatsächlicher Höhe bestehen nach derzeitigem Stand unstreitig monatliche laufende Einkünfte des Antragstellers, wie sie in der nachfolgenden Tabelle aufgeführt sind. Dabei ist zwar zu berücksichtigen, dass der Antragsteller in der Hauptsache ab 2011 seine Einkünfte nicht ordnungsgemäß dargetan hat. Andererseits fehlt insoweit beiderseits jeglicher näherer Sachvortrag; auch geht aus den Unterlagen zur Verfahrenskostenhilfe des Antragstellers hervor, dass der zuletzt durch das AG angesetzte Betrag von 1.020 EUR monatlicher Nettoeinkünfte eher überhöht sein dürfte. Demgemäß hat es derzeit bei den entsprechenden Ausführungen des AG zu verbleiben.

2. Kinderzuschlag

Erstmals zu berücksichtigen ist aber, dass der Antragsteller für seine weiteren 2 Kinder DE und PE den sog. Kinderzuschlag (§ 6a BKGG) bezogen hat. Diesen Kinderzuschlag erhalten Eltern, die zwar ihren eigenen sozialrechtlichen Bedarf, nicht aber denjenigen minderjährigen Kinder decken können. Grundlage dessen ist, dass zusammenlebende Eltern und Kinder eine Bedarfsgemeinschaft bilden (§ 7 Abs. 3 Nr. 2 SGB II), weshalb allein die Hilfebedürftigkeit des oder der Kinder die Hilfebedürftigkeit auch der Eltern im Sinne des SGB II auslösen würde (§ 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II). Folge dessen wäre insbesondere, dass dem Kind ein Anspruch auf Sozialgeld (§ 23 SGB II) zustünde. Um damit einen Bezug der gesamten Familie nach dem SGB II zu vermeiden, wird der sog. Kinderzuschlag gezahlt (Schmidt, FuR 2005, 290, 295; Hauß, FamRB 2005, 146; Klinkhammer, FamRZ 2004, 1909, 1912). Demgemäß ist der Kinderzuschlag aus unterhaltsrechtlicher Sicht Einkommen der Eltern (Klinkhammer, a.a.O.; Haus, FamRB 2005, 146, 148; vgl. bereits zum früheren Rechtszustand des § 11a BKGG OLG Hamburg, FamRZ 2004, 1809).

Nach dem eigenen Vorbringen des Antragstellers aus der Beschwerdeerwiderung wird der Kindeszuschlag nach wie vor g...

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