Tenor

I. Auf die Beschwerde des Antragstellers und unter Zurückweisung der Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts Strausberg vom 26.02.2019 abgeändert:

Der Antragsgegner wird verpflichtet,

1. ab 01.03.2019 an den Antragsteller, das minderjährige Kind ..., geboren am ... 2009, zu Händen der Kindesmutter und gesetzlichen Vertreterin, Frau ..., 100 % des Mindestunterhaltes der jeweiligen Altersstufe gemäß den §§ 1612a ff. BGB abzüglich des jeweiligen hälftigen staatlichen Kindergeldes monatlich im Voraus jeweils zum Ersten eines jeden Monats zu zahlen, derzeit 304 EUR;

2. rückständigen Kindesunterhalt für die Zeit

vom 01.05.2018 bis 13.09.2018 in Höhe von insgesamt 436,50 EUR,

vom 14.09.2018 bis 31.12.2018 in Höhe von insgesamt 1 057 EUR und

vom 01.01.2019 bis 28.02.2019 in Höhe von insgesamt 618 EUR

nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 287 BGB ab 05.02.2019 an den Antragsteller zu Händen der Kindesmutter zahlen;

Von den Kosten des Verfahrens der I. Instanz haben der Antragsteller 5 % und der Antragsgegner 95 % zu tragen. Die Kosten der II. Instanz hat der Antragsgegner zu tragen.

Dieser Beschluss ist für Unterhaltsverpflichtungen ab 01.09.2019 sofort wirksam.

Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren beträgt bis zu 4 000 EUR.

II. Der Antrag des Antragstellers auf Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.

Der Antrag des Antragsgegners auf Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten mit wechselseitigen Beschwerden über Mindestunterhalt.

Der am ... 2009 geborene Antragsteller lebt einkommens- und vermögenslos bei seiner Mutter, die für ihn in wechselndem Umfang Unterhaltsvorschuss bezogen hat, und beansprucht vom Antragsgegner, seinem Vater, Mindestunterhalt.

Der Antragsgegner hat Leistungsunfähigkeit eingewendet sowie eine weitere Unterhaltsverpflichtung für seine am ... 2017 geborene Tochter, mit deren Mutter er in einer Haushaltsgemeinschaft lebt.

Mit dem angefochtenen Beschluss, auf den der Senat wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes verweist, hat das Amtsgericht den Antragsgegner gegenüber dem Antragsteller zur Zahlung laufenden Unterhalts in Höhe von 241 EUR sowie näher bezifferter Rückstände verpflichtet. Der Antragsgegner habe seine Arbeitskraft bestmöglich einzusetzen, könne als gelernter KFZ-Mechatroniker 1 414 EUR netto monatlich verdienen und sei bei einem verminderten Selbstbehalt von 972 EUR in Höhe von 442 EUR leistungsfähig, woraus sich ein quotierter Unterhalt von 241 EUR für den Antragsteller ergebe.

Mit ihren hiergegen gerichteten Beschwerden verfolgen die Beteiligten im Umfang ihres jeweiligen Unterliegens ihre erstinstanzlichen Begehren uneingeschränkt weiter.

Der Antragsteller meint, das Amtsgericht habe das dem Antragsgegner mögliche Einkommen deutlich zu niedrig veranschlagt und erweitert seinen Antrag für zwischenzeitlich aufgelaufen Rückstände in Ansehung entfallener Unterhaltsvorschussleistungen.

Er beantragt,

wie erkannt.

Der Antragsgegner beantragt neben der Zurückweisung der gegnerischen Beschwerde,

die Zahlungsbegehren des Antragstellers unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses abzuweisen.

Er hält sich in Ansehung seiner derzeitigen Beschäftigung im Umfang von 30 Wochenstunden zum Mindestlohn weiterhin für leistungsunfähig und wendet sich gegen die Antragserweiterung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Sach- und Streitstandes verweist der Senat auf den Schriftsatzwechsel im Beschwerderechtszug. Er entscheidet, wie angekündigt (141), ohne mündliche Verhandlung (§§ 117 Abs. 3, 68 Abs. 3 S 2 FamFG), von der weitere Erkenntnisse nicht zu erwarten waren.

II. Von den nach §§ 58 ff FamFG statthaften und auch im Übrigen zulässigen Beschwerden hat nur die des Antragstellers Erfolg.

Gegenüber seinen Kindesunterhaltsansprüchen (§§ 1601, 1602, 1610, 1612a, 1612b BGB) greift der Einwand der Leistungsunfähigkeit (vgl. § 1603 BGB) nicht durch.

Auf sein tatsächliches Einkommen kann sich der Antragsgegner nicht zurückziehen, da ihn gegenüber dem Antragsteller eine nach § 1603 Abs. 2 BGB verschärfte Erwerbsobliegenheit trifft. Diese rechtfertigt die Zurechnung eines erzielbaren Einkommens, wenn der Unterhaltsschuldner hinreichende Erwerbsbemühungen unterlässt (vgl. Nr. 9 der Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, fortan auch: LL). Die nach § 1603 Abs. 2 BGB gesteigerte Obliegenheit, seine Arbeitskraft so gut wie möglich einzusetzen und einträgliche Erwerbstätigkeiten auszuüben, trifft auch den berufstätigen Unterhaltsschuldner, dessen vorhandenes Einkommen zur Erfüllung der Unterhaltspflichten nicht ausreicht, und legt ihm auf, sich um besser bezahlte Beschäftigungsmöglichkeiten zu bemühen (vgl. Wendl/Klinkhammer, Unterhaltsrecht, 9. Aufl. § 2 Rn. 244 m.w.N.), wobei ihm auch eine Tätigkeit über 40 Wochenarbeitsstunden hinaus bis zu 48 Stunden nach Maßgabe von §§ 3, 9 Abs. 1 ArbZG eins...

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