Leitsatz (amtlich)
1. Ist der Partei bereits Prozesskostenhilfe bewilligt worden, so sind bei der Entscheidung über eine Reisekostenerstattung die Voraussetzungen der §§ 114 f. ZPO (Bedürftigkeit, Erfolgsaussicht) nicht erneut zu prüfen.
2. Das Gericht entscheidet nur über die Bewilligung einer Reisekostenerstattung an die arme Partei. Die konkrete Festsetzung der Höhe der erstattungsfähigen Kosten ist nicht Teil der gerichtlichen Entscheidung, diese obliegt dem Beamten der Geschäftsstelle.
Verfahrensgang
AG Bad Liebenwerda (Beschluss vom 20.01.2005; Aktenzeichen 22 F 317/04) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird dahingehend abgeändert, dass der Antragsgegnerin die notwendigen Reisekosten für sich und ihre Kinder C und K zur mündlichen Verhandlung am 9.2.2005 zu erstatten sind.
Gründe
I. Der in der Schweiz lebenden Antragsgegnerin ist im vorliegenden Verfahren mit Beschl. v. 16.8.2004 ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihrer bestellten Rechtsanwältin bewilligt worden. Nachdem das AG die Antragsgegnerin zur anberaumten mündlichen Verhandlung geladen und dabei die Bitte, die Kinder zum Termin mitzubringen, ausgesprochen hatte, hat die Antragsgegnerin die Festsetzung einer Reiseentschädigung zwecks Wahrnehmung des Termins beantragt. Diesen Antrag hat das AG mit dem angefochtenen Beschluss unter Hinweis auf veränderte wirtschaftliche Verhältnisse der Antragsgegnerin abgewiesen und sich zugleich eine Überprüfung der bewilligten Prozesskostenhilfe vorbehalten. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin, der sie eine Preisbestätigung für eine Bahnfahrt von Aarau nach Leipzig für drei Erwachsene über insgesamt 1.092 EUR beigefügt hat. Der Beschwerde hat das AG mit Beschl. v. 16.2.2005 nicht abgeholfen und dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die sofortige Beschwerde ist statthaft. Die Entscheidung über die Bewilligung einer Reiseentschädigung der Partei ist ein Akt der Rechtsprechung im Rahmen der Prozesskostenhilfe und als solcher nach § 127 ZPO beschwerdefähig (OLG Brandenburg v. 4.8.2003 - 9 WF 133/03, OLGReport Brandenburg 2004, 67 = NJW-RR 2004, 63 [64] m.w.N.).
Die sofortige Beschwerde ist in zulässiger Weise eingelegt. Sie hat in der Sache Erfolg. Das AG hat seine Befugnisse bei Überprüfung der Bewilligung einer Reisekostenentschädigung der armen Partei überschritten, indem es einerseits die (veränderten) wirtschaftlichen Verhältnisse auf Seiten der Antragsgegnerin bei seiner Entscheidung berücksichtigt und zudem hinsichtlich der Höhe der Reisekosten Zweifel angemeldet hat.
1. Eine Überprüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse der mittellosen Partei erfolgt im Verfahren auf Bewilligung einer Reisekostenentschädigung nicht, soweit die mittellose Partei bereits Prozesskostenhilfe bewilligt erhalten hat und dieser Bewilligungsbeschluss fortgilt.
a) Wie bereits ausgeführt, ist die Entscheidung über die Reisekostenentschädigung Teil der Bewilligung der Prozesskostenhilfe. Die Erstattungsfähigkeit der Reisekosten beruht auf demjenigen Beschluss, mit welchem der Partei die Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist. Im Rahmen der Entscheidung über die - nachfolgend begehrte - Reisekostenentschädigung hat das Gericht dann allein zu prüfen, ob die Bereitstellung dieser Mittel zur Prozessführung notwendig ist (Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl., 2005 § 122 Rz. 27), das heißt ob die Wahrnehmung des Termins einer ordnungsgemäßen Prozessführung entspricht. Ist der Partei also bereits Prozesskostenhilfe bewilligt worden, findet eine erneute Überprüfung der Gewährung der Prozesskostenhilfe weder hinsichtlich der Bedürftigkeit (Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl., 2005 § 122 Rz. 27; Küntzel/Koller, Prozesskostenhilfe, 2. Aufl. 2003) noch hinsichtlich der weiteren Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe (vgl. Kalthoener/Büttner/Wrobel/Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 3. Aufl., 2003, Rz. 623), also auch nicht hinsichtlich der Frage der Erfolgsaussicht i.S.d. § 114 ZPO, statt.
Etwas anderes gilt nur, soweit der die Reisekostenentschädigung begehrenden Partei noch keine Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist. Dann hat das Gericht zunächst zu prüfen, ob die Bewilligung der Prozesskostenhilfe überhaupt in Betracht kommt. Im Allgemeinen wird daher zunächst über die begehrte Prozesskostenhilfe zu entscheiden sein, bevor sodann die sich weiter stellende Frage der Notwendigkeit der Reisekosten beantwortet wird. Diese Konstellation ist hier aber aufgrund der bereits zuvor bewilligten Prozesskostenhilfe gerade nicht mehr gegeben.
Im Übrigen bestehen an der Notwendigkeit der Reisekosten für die Prozessführung keine Bedenken. Reiseentschädigungen der Partei rechnen zu den gerichtlichen Auslagen i.S.d. § 122 Abs. 1 Nr. 1a ZPO, soweit sie durch eine gerichtliche Maßnahme veranlasst worden sind, was insb. bei der Anordnung des persönlichen Erscheinens der Fall ist (OLG Brandenburg v. 4.8.2003 - 9 WF 133/03, OLGReport Brandenburg 2004, 67 = NJW-RR 2004, 63 [64] m.w.N.). Aus der gerichtlicherseits angeordne...