Entscheidungsstichwort (Thema)
Übersendung von Gerichtsakten in Anwaltskanzlei
Normenkette
ZPO § 299
Verfahrensgang
LG Frankfurt (Oder) (Beschluss vom 26.01.2007; Aktenzeichen 32 O 76/06) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 1.2.2007 gegen den Beschluss des Vorsitzenden der 2. Kammer für Handelssachen des LG Frankfurt/Oder vom 26.1.2007 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Beschwerde trägt die Beklagte.
Gründe
I. Die Klägerin erhob unter dem 24.10.2006 Klage auf Zahlung von 6.43 1,91 EUR nebst Zinsen. Die Zustellung der Klage erfolgte am 14.12.2006. Durch Versäumnisurteil vom 8.1.2007 wurde die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Das Urteil wurde der Beklagten am 16.1.2007 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 18.1.2007, bei Gericht eingegangen am 22.1.2007, legte die Beklagte Einspruch ein.
In der Einspruchsschrift hat die Beklagte die Gewährung von Akteneinsicht durch Übersendung der Gerichtsakte an ihre Prozessbevollmächtigten beantragt und die Verlängerung der Einspruchsbegründungsfrist um zwei Wochen ab dem Eingang bei jenen erbeten. Der Vorsitzende der angerufenen Kammer für Handelssachen hat das Akteneinsichtsgesuch unter dem 26.1.2007 abgelehnt. Die Entscheidung ist den Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 31.1.2007 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 1.2.2007, bei Gericht eingegangen am 5.2.2007, hat die Beklagte gegen die Versagung der Akteneinsicht sofortige Beschwerde eingelegt und ausgeführt, das Rechtsmittel richte sich vorsorglich auch gegen die Verweigerung der Verlängerung der Einspruchsbegründungsfrist.
Das LG hat durch Beschluss vom 14.2.2007 der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II. Gegen die richterliche Versagung von Akteneinsicht ist nach der Rechtsprechung des Senats (NJW-RR 2000, 1454 f.; vgl. auch: Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., § 299, Rz. 5; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 27. Aufl., § 299, Rz. 1) die sofortige Beschwerde statthaft, die hier zulässig, insb. fristgerecht, eingelegt worden ist.
Das Rechtsmittel ist jedoch unbegründet, da dem Akteneinsichtsbegehren der Beklagten eine Berechtigung nicht beigemessen werden kann. Zwar ist die Versendung der Gerichtsakten an den Prozessbevollmächtigten der Partei zur Durchführung der Akteneinsicht nach § 299 Abs. 1 ZPO zumeist sachdienlich und daher wünschenswert (vgl. Zöller/Greger, a.a.O., § 299, Rz. 4a). Gleichwohl besteht ein Anspruch der Partei auf Übersendung der Akten an den Prozessbevollmächtigten nicht (BGH NJW 1961, 559 f.; OLG Brandenburg, [1. Zivilsenat] NJW-RR 2000, 1091; Musielak/Huber, ZPO, 5. Aufl., § 299, Rz. 2; Zöller/Greger, a.a.O.). Ein Anspruch besteht nur auf die Einsicht in die Akten auf der Geschäftsstelle des Gerichts (BGH a.a.O.; Zöller/Greger a.a.O.; unklar: Thomas/Putzo/Reichold a.a.O.). Da die Beklagte ausschließlich die Akteneinsicht durch Übersendung der Gerichtsakten an ihren Prozessbevollmächtigten und nicht - etwa hilfsweise - eine Akteneinsicht an Gerichtsstelle beantragt hat, kann die sofortige Beschwerde in der Sache keinen Erfolg haben, und zwar ohne dass es auf die von der Beklagten angesprochene (Bl. 63) Frage der Erkennbarkeit einer Ermessensausübung durch den Kammervorsitzenden ankommt.
Ebenso bedarf es der begehrten Fristverlängerung nicht, da jene auf den Zeitpunkt des Eingangs der Gerichtsakten bei dem Prozessbevollmächtigten abgestimmt sein soll. Ungeachtet dessen hat die Beklagte unter dem 22.2.2007 vorgetragen, dass sich der Fristverlängerungsantrag inzwischen erledigt habe.
Für die noch ausstehende Entscheidung des LG über den unter dem 18.1.2007 weiter gestellten Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Versäumnisurteil, auf dessen bisherige Nichtbescheidung sowohl in der Beschwerdeschrift als auch im Schriftsatz vom 22.2.2007 (Bl. 64 d.A.) abgehoben wird, weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass gegen die zu treffende Entscheidung nach §§ 719 Abs. 1, 707 Abs. 2 Satz 2 ZPO ein Rechtsmittel nicht stattfindet.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Fundstellen
NJW-RR 2008, 512 |
OLGR-Ost 2008, 260 |