Entscheidungsstichwort (Thema)

Geringfügigkeit von Anrechten beim Versorgungsausgleich

 

Leitsatz (amtlich)

Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung können sowohl nach § 18 Abs. 1 VersAusglG als auch nach § 18 Abs. 2 VersAusglG vom Ausgleich ausgenommen werden. Beide Regelungen schließen sich nicht gegenseitig aus.

 

Normenkette

VersAusglG § 18 Abs. 1-2

 

Verfahrensgang

AG Brandenburg (Beschluss vom 10.08.2010; Aktenzeichen 40 F 241/09)

 

Tenor

I. Auf die Beschwerden der Deutschen Rentenversicherung (DRV) B. und der Deutschen Rentenversicherung (DRV) K. wird der Beschluss des AG - Familiengerichts - Brandenburg an der Havel vom 10.8.2010 (40 F 241/09) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Im Wege der internen Teilung werden von Versicherungskonto der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung B. (Kto-Nr ...) Anrechte i.H.v. 0,2064 Entgeltpunkten sowie 1,4376 Entgeltpunkten (Ost) auf das Versicherungskonto des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung K. (Kto-Nr ...) übertragen.

2. Im Wege der internen Teilung werden von Versicherungskonto des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung K. (Versicherungskonto Nummer ...) Anrechte i.H.v. 0,1556 Entgeltpunkten sowie 0,1720 Entgeltpunkten (Ost) auf das Versicherungskonto der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung B. (Kto-Nr ...) übertragen.

3. Von den Kosten des Verfahrens der 1. Instanz tragen die Antragstellerin und der Antragsgegner jeweils die Hälfte.

II. Für das Beschwerdeverfahren werden Gerichtskosten nicht erhoben; außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

Wert des Beschwerdeverfahrens: 1.645 EUR

III. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin hat die deutsche, der Antragsgegner die türkische Staatsangehörigkeit. Sie haben am 30.6.2005 die Ehe geschlossen und seitdem ihren gemeinsamen Wohnsitz in Deutschland. Der Scheidungsantrag der Antragstellerin wurde dem Antragsgegner am 12.12.2008 zugestellt; das AG hat die Ehe mit Urteil vom 16.7.2009 geschieden, nachdem es die Folgesache Versorgungsausgleich aus dem Scheidungsverbund abgetrennt hatte. Das Scheidungsurteil ist rechtskräftig.

In dem wiederaufgenommenen Verfahren über den Versorgungsausgleich hat das AG Auskünfte der Versorgungsträger über die in der versorgungsrechtlichten Ehezeit (1.6.2005 bis 30.11.2008; § 3 Abs. 1 VersAusglG) erworbenen Versorgungsanwartschaften eingeholt. Danach haben beide Parteien ausschließlich Anrechte der allgemeinen gesetzlichen Rentenversicherung erworben, und zwar in folgender Höhe:

Der Antragsgegner nach Auskunft der Deutschen Rentenversicherung (DRV) K. vom 14.4.2010

(1) 0,3111 Entgeltpunkte(West);

der vom Versorgungsträger vorgeschlagene Ausgleichswert (1/2 = 0,1556 Entgeltpunkte) hat gem. § 47 VersAusglG einen korrespondierenden Kapitalwert von 931,53 EUR;

(2) 0,3439 Entgeltpunkte (Ost);

der vom Versorgungsträger vorgeschlagene Ausgleichswert (1/2 = 0,1720 Entgeltpunkte (Ost)) hat gem. § 47 VersAusglG einen korrespondierenden Kapitalwert von 870,65 EUR;

Die Antragstellerin nach Auskunft der DRV B. vom 16.12.2009 in erster Instanz (anders im Beschwerdeverfahren, s. unten) 93,2678 Entgeltpunkte;

der Ausgleichswert (1/2 = 1,6339 Entgeltpunkte) hat gem. § 47 VersAusglG einen korrespondierenden Kapitalwert von 9.781,70 EUR.

Die Einbeziehung der Anrechte des Antragsgegners in den Versorgungsausgleich hat das Familiengericht wegen Geringfügigkeit der Ausgleichswerte nach § 18 Abs. 2 und 3 VersAusglG abgelehnt. Es hat lediglich die Anrechte der Antragstellerin ausgeglichen und im Wege der internen Teilung auf dem Versicherungskonto des Antragsgegners ein Anrecht i.H.v. 1,6339 Entgeltpunkten übertragen.

Gegen diesen Beschluss haben beide Versorgungsträger form- und fristgerecht Beschwerde eingelegt.

Die DRV K. macht geltend, ein Ausgleich des (West-)Anrechts des Antragsgegners sei zu Unrecht unterblieben. Beide Ehegatten hätten (West-)Anrechte in der allgemeinen Rentenversicherung erworben. Die Differenz der kapitalisierten Ausgleichswerte dieser Anrechte übersteige die Bagatellgrenze des § 18 Abs. 3 VersAusglG, so dass die Voraussetzung nach § 18 Abs. 1 VersAusglG, von einem Ausgleich dieser Anrechte abzusehen, nicht vorlägen. Die Regelung in § 18 Abs. 1 verdränge die des § 18 Abs. 2 VersAusglG; deswegen dürfe letztere Vorschrift nicht mehr geprüft werden.

Die DRV B. macht geltend, die in 1. Instanz erteilte Auskunft sei wegen einer zum 1.1.2010 eingetretenen Rechtsänderung überholt. Richtigerweise ergäben sich nunmehr folgende Anrechte der Antragstellerin:

(1) 0,4128 Entgeltpunkte (West);

der Ausgleichswert solle (1/2 =) 0,2064 Entgeltpunkte betragen, was gem. § 47 VersAusglG einem Kapitalwert von 1.235,66 EUR entspricht;

(2) 2,8751 Entgeltpunkte (Ost);

der Ausgleichswerte solle (1/2 =) 1,4376 Entgeltpunkte (Ost) betragen, was gem. § 47 VersAusglG einem Kapitalwert von 7.277 EUR entspricht.

II. Der Versorgungsausgleich ist gem. Art. 17 Abs. 1 S. 1; Abs. 3 S. 1; 14 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB nach deutschem ...

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