Leitsatz (amtlich)
Zur (beschränkten) Gesamtwirkung eines zwischen dem Gläubiger und einem Gesamtschuldner vereinbarten Erlasses auch für die übrigen Schuldner.
Normenkette
BGB § 423
Tenor
In der Familiensache B. ./. B. weist der Senat darauf hin, dass er beabsichtigt, die Beschwerde ohne mündliche Verhandlung zurückzuweisen.
Gründe
Der Senat beabsichtigt, die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des AG vom 17.12.2013 (2.2 F 4/13) ohne mündliche Verhandlung zurückzuweisen, §§ 117 Abs. 3, 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG. Denn die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Zu Recht ist das AG davon ausgegangen, dass dem Antragsteller gegen die Antragsgegnerin ein Anspruch auf Gesamtschuldnerausgleich gem. § 426 Abs. 1 BGB in der geltend gemachten Höhe zusteht.
1. Im Ergebnis zutreffend hat das AG angenommen, dass die Vereinbarung, welche die Antragsgegnerin mit der Kredit gewährenden Bank, der H. bank AG (H.) getroffen hat, dem Antragsteller nicht verwehrt, gegen die Antragsgegnerin Ausgleichsansprüche als Gesamtschuldner im Innenverhältnis geltend zu machen.
Gemäß § 423 BGB wirkt ein zwischen dem Gläubiger und einem Gesamtschuldner vereinbarter Erlass auch für die übrigen Schuldner, wenn die Vertragschließenden das ganze Schuldverhältnis aufheben wollten. Ob eine Vereinbarung bzw. ein Vergleich zwischen einem Gesamtschuldner und dem Gläubiger eine Gesamtwirkung haben soll, ist durch Auslegung zu ermitteln. Im Zweifel kommt einem solchen Vergleich mit einem Gesamtschuldner grundsätzlich keine Gesamtwirkung zu. Eine Gesamtwirkung kann aber angenommen werden, wenn sich aus dem Vergleich ausdrücklich oder den Umständen nach ergibt, dass der Gläubiger den Willen hatte, auch gegenüber dem nicht an dem Vergleich beteiligten Gesamtschuldner auf weiter gehende Ansprüche zu verzichten und ihn deshalb nicht mehr in Anspruch zu nehmen (BGH NJW 2012, 1071 Rz. 21).
In Betracht kann auch eine beschränkte Gesamtwirkung kommen. Ein Gesamtschuldner kann mit dem Gläubiger gem. § 423 BGB auch zugunsten anderer Gesamtschuldner vereinbaren, dass deren Inanspruchnahme ausgeschlossen ist, soweit sie sich im Wege des Gesamtschuldnerausgleichs bei dem den Vergleich schließenden Gesamtschuldner schadlos halten könnten (BGH NJW 2012, 1071 Rz. 22). Insoweit kommt ein Vertrag zugunsten des am Vergleich nicht beteiligten Gesamtschuldners in Betracht; dieser ist kraft der gesetzlichen Anordnung des § 423 BGB nicht dadurch ausgeschlossen, dass ansonsten gem. § 328 BGB ein Erlassvertrag zugunsten Dritter nicht möglich ist (BGH NJW 2012, 1071 Rz. 22).
Für die Annahme einer solchen beschränkten Gesamtwirkung reicht allein der Umstand, dass der Vergleichspartner im Innenverhältnis allein haftet, nicht aus. Es kommt auf den Willen der Parteien an, ihn auch von dem Risiko zu befreien, dass der Vergleich durch einen Gesamtschuldnerausgleich ganz oder teilweise wertlos wird (BGH NJW 2012, 1071 Rz. 23). Ein entsprechender übereinstimmender Parteiwille muss sich aus dem Inhalt der Willenserklärung durch Auslegung feststellen lassen (BGH NJW-RR 2005, 34, 35 f.; NJW 2000, 1942).
Ohne weitere Anhaltspunkte aus der Vereinbarung oder den ihr zugrunde liegenden Verhandlungen kann von einem solchen Willen nicht ausgegangen werden. Denn der Gläubiger hat grundsätzlich ein Interesse daran, sich bei dem anderen Gesamtschuldner schadlos halten zu können (BGH NJW 2012, 1071 Rz. 23; zu einem Ausnahmefall bei gemeinschaftlich begangener unerlaubter Handlung s. OLG Köln NJW-RR 1994, 1307). Im Zweifel hat der Erlass daher nur Einzelwirkung (BGH NJW-RR 2005, 34, 35 f.; NJW 2000, 1942). So liegt es auch hier.
Ob sich ein Wille der Vergleichsparteien, das Schuldverhältnis insgesamt aufzuheben, im Einzelfall daraus ergeben kann, dass der Erlass gerade mit dem Gesamtschuldner vereinbart wird, der im Innenverhältnis unter den Gesamtschuldnern die Verbindlichkeit allein tragen müsste (so BGH NJW 2000, 1942; OLG Köln NJW-RR 1992, 1398; ebenso OLG Karlsruhe NJW-RR 1998, 601 für den Fall des Abschlusses eines Teilvergleichs zwischen dem Gläubiger und dem dem Schaden näher stehenden Schuldner mit der Folge, dass der dem Schaden ferner stehende Schuldner nicht auf den restlichen Schaden in Anspruch genommen werden kann; strenger BGH NJW 2012, 1071 Rz. 23), kann dahinstehen. Denn ein solcher Fall ist hier nicht gegeben. Anhaltspunkte dafür, dass sie im Innenverhältnis die Verbindlichkeit allein oder auch nur weit überwiegend hätte tragen müssen, hat die Antragsgegnerin nicht dargelegt; solche sind auch sonst nicht ersichtlich.
Soweit vertreten wird, eine beschränkte Gesamtwirkung sei in der Regel anzunehmen, wenn der mit einem Gesamtschuldner abgeschlossene Vergleich dessen Verpflichtung endgültig erledigen soll (Palandt/Grüneberg, BGB, 74. Aufl., § 423 Rz. 4), kann die Antragsgegnerin daraus für sich nichts herleiten. Das gilt auch, soweit sie sich für diesen Rechtssatz auf das Urteil des OLG Oldenburg vom 2.6.1999 - 2 U 37/99 - beruft. Der insoweit veröffentlichte Leitsatz zu dieser Entscheidu...