Entscheidungsstichwort (Thema)
Vormundschaft: Notwendigkeit der Anordnung einer Ergänzungspflegschaft zur Regelung des Nachlasses einer tödlich verunglückten Kindesmutter bzw. zur Geltendmachung von Ansprüchen aus dem tödlichen Verkehrsunfall
Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Einrichtung einer Ergänzungspflegschaft handelt es sich um eine Kindschaftssache i.S.d. § 151 Nr. 5 FamFG, die insoweit eine Endentscheidung darstellt und der Beschwerde unterliegt.(Rz. 7)
2. Die Regelung des Nachlasses einer verstorbenen Kindesmutter nebst einer Prüfung der Geltendmachung von Ansprüchen für das Kind aus dem Verkehrsunfallsgeschehen, anlässlich dessen die Kindesmutter verstarb, gehören bereits zum Aufgabegebiet des als Amtsvormunds bestellten Jugendamts, so dass diesbezüglich grundsätzlich keine Ergänzungspflegschaft anzuordnen ist.(Rz. 10)
3. Einen etwaigen Mangel an rechtlichen Kenntnissen kann der Vormund durch Hinzuziehung fachlichen Rates ausgleichen.(Rz. 13)
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei der Anordnung einer Ergänzungspflegschaft handelt es sich um eine Kindschaftssache i.S.d. § 151 Nr. 5 FamFG, die insoweit eine Endentscheidung darstellt und der Beschwerde unterliegt.
2. Die Regelung des Nachlasses einer verstorbenen Kindesmutter nebst einer Prüfung der Geltendmachung von Ansprüchen für das Kind aus dem Verkehrsunfallgeschehen, anlässlich dessen die Kindesmutter verstarb, gehören bereits zum Aufgabengebiet des als Amtsvormund bestellten Jugendamtes, so dass diesbezüglich grundsätzlich keine Ergänzungspflegschaft anzuordnen ist.
3. Einen etwaigen Mangel an rechtlichen Kenntnissen kann der Vormund durch Hinzuziehung fachlichen Rates ausgleichen.
Normenkette
FamFG §§ 26, 151 Nr. 5; BGB §§ 1793, 1833, 1909 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Neuruppin (Beschluss vom 02.12.2010; Aktenzeichen 52 F 518/10) |
Tenor
Die Beschwerde vom 6.12.2010 gegen den Beschluss des AG Neuruppin vom 2.12.2010 - 52 F 518/10 - zurückgewiesen.
Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei, außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Geschäftswert beträgt: 1.000 EUR.
Gründe
I. Nachdem die Kindesmutter S. S., die allein für das Kind L ... sorgerechtsberechtigt war, am 20.11.2010 infolge eines Verkehrsunfalles verstorben ist, hat das AG - Familiengericht - Neuruppin mit Beschl. v. 23.11.2010 - 52 F 518/10 - die Vormundschaft angeordnet und zum Vormund für das Kind das Jugend- und Betreuungsamt des Landkreises ... bestellt.
Mit Schreiben vom 29.11.2010 hat der Vormund ggü. dem AG - Familiengericht - beantragt, für das Kind L ... einen Ergänzungspfleger mit dem Wirkungskreis der Vertretung des Kindes zur Regelung des Nachlasses und zur Geltendmachung der Versicherungsansprüche zu bestellen. Zur Begründung hat der Vormund angeführt, auf Grund des tödlichen Unfalles der Kindesmutter sei es erforderlich, für das Kind L ... etwaige Forderungen ggü. der Haftpflichtversicherung des potentiellen Unfallverursachers zu prüfen und diese gegebenenfalls auch gerichtlich durchzusetzen. Für die zu besorgende Angelegenheit fehle es dem Vormund an erforderlicher Sachkunde und Erfahrung, so dass von einem tatsächlichen Verhinderungsgrund des Vormundes auszugehen sei.
Das AG - Familiengericht - hat dem Vormund mit Schreiben vom 30.11.2010 mitgeteilt, es bedürfe der Bestellung eines Ergänzungspflegers mit dem vorgenannten Wirkungskreise nicht, da eine bloße rechtliche Unkenntnis die Bestellung eines Ergänzungspflegers nicht rechtfertige; vielmehr obliege es dem Vormund, einen entsprechenden Fachmann zu Rate zu ziehen.
Mit Beschluss vom 2.12.2010 hat das AG - Familiengericht - Neuruppin, den Antrag des Vormundes vom 29.11.2010 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen angeführt: Es sei insbesondere nicht nachvollziehbar, weshalb die Anordnung einer Ergänzungspflegschaft mit dem Wirkungskreis Regelung des Nachlasses erforderlich sein solle. Das Jugend- und Betreuungsamt des Landkreises ... sei bereits in einer Vielzahl von Verfahren zum Vormund bestellt worden und sei in diesem Zusammenhang auch oftmals mit Angelegenheiten der Erbausschlagung befasst gewesen. Von einer mangelnden Sachkenntnis könne mithin nicht ausgegangen werden. Mögliche Haftungsfolgen des Vormundes rechtfertigten nicht die Bestellung eines Ergänzungspflegers. Vielmehr sei es in erster Linie Sache des Sorgerechtsinhabers, einen etwaigen Mangel an Eignung in eigener Verantwortung auszugleichen, so etwa durch die Inanspruchnahme sachkundiger Beratung und gegebenenfalls durch Bestellung eines geeigneten Vertreters.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die fristgerecht eingelegte Beschwerde des Vormundes. Er hält weiter an seiner Ansicht fest, die Einrichtung einer Ergänzungspflegschaft sei gerechtfertigt.
II. Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.
1. Das Rechtsmittel ist zulässig. Bei der Einrichtung einer Ergänzungspflegschaft handelt es sich um eine Kindschaftssache i.S.v. § 153 Nr. 5 FamFG, die insoweit eine Endentscheidung darstellt und der Beschwerde gem. § 58 ff. FamFG unterliegt. Das Rechtsmittel...