Tenor

Die sofortige Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers (Beschwerdeführer) gegen den Streitwertbeschluss des Landgerichts Neuruppin vom 23.09.2021 - 6 O 91/21 - wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die gemäß §§ 68 Abs. 1 GKG, 32 Abs. 2 S. 1 RVG zulässige Beschwerde der klägerischen Prozessbevollmächtigten gegen die Streitwertfestsetzung des Landgerichts ist unbegründet.

Zu Recht hat das Landgericht im Streitfall entschieden, dass die klägerseits geltend gemachten Nutzungen als bloße und nicht streitwerterhöhende Nebenforderung anzusehen sind. Werden die in § 43 Abs. 1 GKG genannten Nebenforderungen in Abhängigkeit zu ihrem Hauptanspruch gehäuft geltend gemacht, bleiben sie unberücksichtigt und der Gebührenstreitwert richtet sich alleine nach dem Hauptanspruch (BDZ/Dörndorfer, GKG, 5. Aufl. 2021, § 43 Rn. 4). Dies hat das Landgericht bezogen auf den Streitfall zutreffend entschieden. Zinsen und Nutzungen, die unter dem Gesichtspunkt ungerechtfertigter Bereicherung verlangt werden, gehören nach der zutreffenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur zwar zur Hauptforderung, wenn es um die Herausgabe des zur Begleichung einer Nichtschuld nebst Zinsen aufgewandten Betrages oder um die Zustimmung zur Auszahlung einer aus hinterlegten Betrag und aufgelaufenen Zinsen bestehenden Hinterlegungsmasse geht, nicht aber dann, wenn es sich - wie hier - um Beträge handelt, die als Vergütung für die Nutzung der einem Bereicherungs- oder sonstigem Rückgewährschuldner zugeflossenen Hauptsummen eingeklagt werden (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Beschl. v. 31.08.2022 - 11 W 4/22; Urt. v. 21.12.2012, 11 U 40/12, Rn. 27 unter Hinweis auf BGH, Beschl. v. 15.2.2000, XI ZR 273/99, Rn. 4 f.; Beschl. v. 08.05.2012, XI ZR 261/10, juris Rn. 14; so auch OLG Köln, Beschl. v. 28.01.2015 - 20 W 72/14, Rn. 2, juris OLG Karlsruhe, Beschl. v. 24.07.2017 - 12 U 75/17, Rn. 3, juris; Toussaint/Elzer, GKG, 52. Aufl. 2022, § 43 Rn. 8).

Daran ändert jedenfalls im vorliegenden Falle auch die vom Kläger angeführte Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, Beschl. v. 19.12.2018, IV ZB 10/18, juris) nichts.

Bei der Bemessung des Zuständigkeitsstreitwertes i.S.d. § 2 ZPO gilt das zwar dann, wenn ein Versicherungsnehmer gestützt auf einen Widerspruch nach den Vorschriften des VVG die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung eines Lebens- bzw. Rentenversicherungsversicherungsvertrages verlangt (vgl. Senatbeschl. v. 31.08.2022 - 11 W 4/22). Ein in diesem Rahmen geltend gemachter Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen ist danach stets zu berücksichtigen, um - entsprechend dem Sinn und Zweck des § 4 ZPO - im Einklang mit der Entscheidung des BGH (Beschl. vom 19.12.2018, IV ZB 10/18, a.a.O.) eine praktische, einfache und klare Wertermittlung zu ermöglichen.

Es kann dahinstehen, ob grundsätzlich das Gleiche gilt, wenn es um die Festsetzung des Gebührenstreitwertes gemäß § 63 GKG (ggf. i.V.m. § 23 Abs. 1 S. 1 RVG) geht. Dagegen spricht jedenfalls, dass es im Bereich der Festsetzung des Gebührenstreitwertes gemäß § 63 GKG nicht um die Gewährleistung des Verfahrensgrundrechts auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) geht, welches es den Gerichten verbietet, den Beteiligten den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise zu erschweren (Senat, a.a.O.; BGH, a.a.O., Rn. 5; so schon OLG Celle, Beschl. v. 04.03.2019, 8 U 275/18, Rn. 66 ff. juris; OLG Rostock, Beschl. v. 17.12.2020, 4 U 21/20, Rn. 74 f. juris). Anderes gilt im Bereich der Festsetzung des Gebührenstreitwerts nach § 63 GKG jedenfalls dann, wenn - wie hier - zweifelsfrei feststeht, dass Gegenstand des Rechtsstreits nur solche Nutzungen sind, bei denen es sich um Nebenforderungen i.S.d. § 43 Abs. 1 GKG handelt (Senat, a.a.O.). Denn zumindest in einem solchen Fall gibt es keinerlei Grund, vom klaren Wortlaut des Gesetzes abzuweichen, dass eindeutig ein Additionsverbot regelt. Zu einem solchen Fall hat sich im Übrigen der BGH selbst im Rahmen von § 4 ZPO bislang nicht geäußert (so bereits Senat, a.a.O.).

Eine differenzierte Auslegung von § 4 ZPO einerseits und § 43 Abs. 1 GKG anderseits widerspricht auch nicht der Gesetzessystematik. Das folgt aus § 48 Abs. 1 S. 1 GKG, wonach die Bestimmungen im GKG den §§ 3 ff. ZPO vorgehen. Wenn dementsprechend eine verfassungskonforme Auslegung von § 4 ZPO eine nur eingeschränkte Anwendbarkeit dieser Norm erlaubt, dann muss das für § 43 Abs. 1 GKG nicht notwendigerweise ebenfalls gelten (OLG Celle, a.a.O.)

II. Für eine Kostenentscheidung besteht kein Anlass, da eine Kostenerstattung nicht in Betracht kommt (vgl. Senat, a.a.O.).

 

Fundstellen

Dokument-Index HI15470194

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