Entscheidungsstichwort (Thema)

Berichtigung eines erläuternden Zusatzes im Geburtseintrag

 

Leitsatz (amtlich)

Der erläuternde Zusatz kann Gegenstand einer Berichtigung sein. Auf Grund selbständiger Prüfung soll das Standesamt die Beweiskraft des zu berichtigenden Eintrags steigern können, indem es ihn auf den Stand der nachträglich hinzugezogenen Personenstandsurkunden bringt, deren Inhalt vor der Berichtigung nicht oder nicht vollständig aufgenommen war. Alle anderen Berichtigungen bedürfen einer gerichtlichen Anordnung.

 

Normenkette

PStG § 47 I, § 48 I; PStV § 35 I 1

 

Verfahrensgang

AG Potsdam (Aktenzeichen 30 UR III 2/20)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Standesamtsaufsicht wird der Beschluss des Amtsgerichts Potsdam vom 25. November 2020, der durch den Beschluss vom 13. Januar 2021 berichtigt worden ist, abgeändert:

Der Antrag wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragsteller.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

Das Standesamt hat 2016 in den Geburtseintrag des Kindes der Antragsteller bei der Angabe des Familiennamens der Mutter den Zusatz aufgenommen: "Namensführung nicht nachgewiesen". In der dritten Folgebeurkundung hat es 2018 in diesem Zusatz "Namensführung" durch "Identität" ersetzt.

Dem Antrag beider Eltern, den Zusatz "Identität nicht nachgewiesen" entfallen zu lassen, hat das Amtsgericht mit dem angefochtenen Beschluss stattgegeben.

Die dagegen von der Standesamtsaufsicht eingelegte Beschwerde ist begründet.

Das Standesamt hätte den Zusatz ohne gerichtliche Anordnung nicht ändern dürfen. Die fehlende gerichtliche Anordnung wird durch das hier geführte Verfahren ersetzt, und weil der Zusatz in der Fassung der dritten Folgebeurkundung zutrifft, darf er nicht beseitigt werden.

Zur Änderung, Ergänzung oder Neufassung des erläuternden Zusatzes, der in den Haupteintrag vor dessen Abschluss aufgenommen worden war, bedurfte es einer gerichtlichen Anordnung (§ 48 I 1 PStG).

Der erläuternde Zusatz (§ 35 I 1 PStV) dient dazu, den Geburtseintrag zügig abschließen zu können, auch wenn einzutragende Umstände nicht mit den dafür vorgesehenen Urkunden (§ 33 PStV) nachgewiesen werden können. Die Beweisnot der Eltern müsste zur Zurückstellung der Beurkundung (§ 7 I 1 PStV) führen. Um die Zurückstellung zu vermeiden und trotz verbleibender Unklarheiten das Recht der Beteiligten auf zügige Beurkundung der Geburt durchzusetzen, sieht § 35 PStV die Aufnahme des Zusatzes vor, der deutlich werden lässt, dass die von ihm erfassten Angaben nicht auf gesicherten Erkenntnissen beruhen und diese Angaben trotz der Aufnahme in den Geburtseintrag nicht an der hohen Beweiskraft personenstandsrechtlicher Beurkundungen teilhaben können (vgl. OLG Düsseldorf, FamRZ 2020, 1494, 1495; OLG Schleswig, FGPrax 2014, 28, 29; Entwurfsbegründung des BMI, BRat-Drs. 713/08, S. 97 f.).

Das Standesamt hat in den Haupteintrag der Geburt den Zusatz aufgenommen, der Familienname der Mutter sei nicht nachgewiesen. Damit ist beurkundet worden, es sei durch die vorgelegten Urkunden nicht sicher nachgewiesen, dass der für die Mutter eingetragene Familienname nach den für ihre Namensführung maßgeblichen Rechtsnormen zutreffe. Weitere Merkmale ihrer Identität hat das Standesamt nicht für unsicher nachgewiesen gehalten. Sonst hätte es den Zusatz anders formulieren müssen.

Der erläuternde Zusatz kann Gegenstand einer Berichtigung sein (OLG Schleswig, FGPrax 2014, 28, 29). Da es sich nicht um einen der Berichtigungsfälle des § 47 I 1 PStG handelt, hätte das Standesamt ohne gerichtliche Befassung den Zusatz nach § 47 I 2 PStG nur berichtigen dürfen, wenn der dadurch bewirkte Stand der Eintragung durch Personenstandsurkunden festzustellen wäre. Auf Grund selbständiger Prüfung soll das Standesamt die Beweiskraft des zu berichtigenden Eintrags steigern können, indem es ihn auf den Stand der nachträglich hinzugezogenen Personenstandsurkunden bringt, deren Inhalt vor der Berichtigung nicht oder nicht vollständig aufgenommen war. Alle anderen Berichtigungen bedürfen einer gerichtlichen Anordnung (§ 48 I 1 PStG), also auch solche, die die Beweiskraft der Eintragung nicht steigern, sondern einschränken, indem Angaben aus dem Eintrag entfernt werden oder ein Zusatz, der einen fehlenden Nachweis ausführt, auf weitere Gegenstände erweitert wird.

In diesem Sinne hat das Standesamt den erläuternden Zusatz durch die dritte Folgebeurkundung erweitert. Der erläuternde Zusatz weist nun nicht mehr nur den Namen, sondern alle identitätsbestimmenden Merkmale der Mutter als nicht nachgewiesen aus, also als nicht mit vorgelegten Urkunden (§ 33 PStV) oder durch andere Nachweise belegt. Die Beweiskraft des Geburtseintrages ist durch die Berichtigung nicht gestärkt, sondern geschwächt worden. Um den Zusatz zu beseitigen und die Ausstellung einer Geburtsurkunde statt nur eines beglaubigten Registerauszuges zu erreichen (§ 35 I 2 PStV), bedarf es nun des Nachweises nicht nur des zutreffenden Namens, sondern auch aller anderen identitätsbestimmende...

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