Verfahrensgang
AG Brandenburg (Aktenzeichen 47a F 11/21) |
Tenor
Der Antrag des Antragstellers vom 15.02.2022, gegen die Antragsgegnerin ein Ordnungsgeld festzusetzen, wird zurückgewiesen.
1. Das Beschwerdeverfahren ist gerichtskostenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Der Antrag des Antragstellers vom 15.02.2022 ist zurückzuweisen. Denn die Voraussetzungen dafür, gegen die Antragsgegnerin ein Ordnungsgeld festzusetzen, liegen nicht vor.
I. Gemäß § 44 Abs. 1 S. 1 IntFamRVG soll das Gericht bei Zuwiderhandlung gegen einen im Inland zu vollstreckenden Titel nach Kapitel III der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003, nach dem Haager Kinderschutzübereinkommen, dem Haager Kindesentführungsübereinkommen oder dem Europäischen Sorgerechtsübereinkommen, der auf Herausgabe von Personen oder die Regelung des Umgangs gerichtet ist, Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft anordnen. Verspricht die Anordnung eines Ordnungsgeldes keinen Erfolg, soll das Gericht Ordnungshaft anordnen, § 44 Abs. 1 S. 2 IntFamRVG. Für die Vollstreckung ist das Oberlandesgericht zuständig, sofern es die Anordnung für vollstreckbar erklärt, - wie hier - erlassen oder bestätigt hat, § 44 Abs. 2 IntFamRVG.
Die Festsetzung eines Ordnungsgeldes gegen die Antragsgegnerin nach diesen Vorschriften scheidet aus. Denn sie ist ihrer sich aus dem Senatsbeschluss vom 27.01.2022 ergebenden Verpflichtung, das Kind nach Polen zurückzuführen, nachgekommen.
1. Der Senat hat in seinem Beschluss vom 27.01.2022 die Antragsgegnerin verpflichtet, das gemeinsame Kind mit derzeitigem Aufenthalt in Deutschland nach Polen zurückzuführen. Hierfür hat der Senat der Antragsgegnerin eine Frist für die Erfüllung der Rückführungsverpflichtung bis zum 14.02.2022 gesetzt. Für den Fall, dass sie innerhalb der Frist der Rückführungsverpflichtung nicht nachkommt, hat der Senat die Antragsgegnerin verpflichtet, das Kind an den Antragsteller oder an eine von ihm bevollmächtigte Person herauszugeben. Hierbei handelt es sich, wie auf Seite 14 des Senatsbeschlusses ausgeführt, um eine gestufte Rückführungsanordnung (vgl. hierzu neben den im Beschluss genannten Fundstellen auch MüKoFamFG/Botthof, 3. Aufl. 2019, HKÜ Art. 12 Rn. 13).
Diese Rückführungsanordnung ist grundsätzlich vollstreckbar. Soweit § 44 IntFamRVG keine Regelung erhält, sind nach § 14 IntFamRVG ergänzend die Vorschriften des FamFG anzuwenden, und zwar insb. die §§ 86 bis 88, § 89 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 bis 4 sowie die §§ 90 bis 94 FamFG (Nomos-BR/Wagner, IntFamRVG, 1. Aufl. 2012, § 44 Rn. 1 unter Hinweis auf (BT-Drucks. 16/9733, 302). Somit darf ein Ordnungsmittel erst festgesetzt werden, wenn der Beteiligte zuvor auf die Folgen einer Zuwiderhandlung gegen die gerichtliche Anordnung hingewiesen worden ist, § 14 Nr. 2 IntFamRVG iVm § 89 Abs. 2 FamFG (s.a. Nomos-BR/Wagner IntFamRVG, 1. Aufl. 2012, IntFamRVG § 44 Rn. 3). Ein solcher Hinweis ist im Senatsbeschluss erfolgt.
2. Die Antragsgegnerin ist bereits der Grundverpflichtung aus dem Senatsbeschluss nachgekommen, indem sie unstreitig noch vor Ablauf der gesetzten Frist ihre Wohnung in Deutschland abgemeldet und neuen Wohnraum in Polen angemeldet hat.
a) Entgegen der Auffassung des Antragstellers bestand bis zum Ablauf der Frist am 14.02.2022 keine Verpflichtung, das Kind an ihn zurückzuführen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Begriff der "Rückgabe" in Art. 8, 12 HKÜ.
Für den Begriff der Rückgabe enthält das HKÜ keine Definition, ebenso wie es keine Vorgaben für deren Ausgestaltung und Umsetzung vorsieht (BeckOGK/Markwardt, 01.12.2021, HKÜ Art. 1 Rn. 35). Eine Rückkehr des Kindes kann auf die Weise erfolgen, dass der entführende Elternteil dem anderen Elternteil oder einem Dritten das Kind im Zufluchtsstaat übergibt oder dass er mit dem Kind in den Ursprungsstaat zum anderen Elternteil zurückkehrt. Der Begriff der Rückkehr lässt auch die gerichtliche Anordnung einer freiwillig vereinbarten Rückkehrverpflichtung in der Obhut des entführenden Elternteils zu, wenn dieser zuvor die Hauptbezugsperson des Kindes war. Jedenfalls ist die Rückkehr nicht mit einer Herausgabe des Kindes gleichzusetzen, sondern von ihr - genauso wie von einer Sorgerechtsübertragung - streng zu unterscheiden (BeckOGK/Markwardt, 01.12.2021, HKÜ Art. 1 Rn. 36, s.a. OLG München, Beschluss vom 30.09.2004 - 12 UF 1381/04, NJW-RR 2005, 158).
Die Rückführung wird weder zu einer bestimmten Person noch an einen bestimmten Ort angeordnet, sondern in einen anderen Vertragsstaat (Heidel/Hüßtege/Mansel/Noack, BGB Allgemeiner Teil / EGBGB, HKÜ Art. 12 Rn. 4), nämlich den Staat des früheren gewöhnlichen Aufenthalts (BeckOGK/Markwardt, 01.12.2021, HKÜ Art. 12 Rn. 18). Rückführung bedeutet somit weder Herausgabe an den anderen Elternteil (MüKoBGB/Heiderhoff, 8. Aufl. 2020, HKÜ Art. 1 Rn. 9) noch Rückführung in die vorherige politische Gemeinde des Staates des früheren gewöhnlichen Aufenthalts (BeckOGK/Markwardt, 01.12.2021, HKÜ Art. 12 Rn. 18).
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