Verfahrensgang
AG Brandenburg (Entscheidung vom 31.03.2021; Aktenzeichen 25a OWi 4109 Js-OWi 12792/20 (70/20) |
Tenor
Dem Betroffenen wird Wiedereinsetzung in die Frist zur Einlegung des Antrags auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts Brandenburg an der Havel vom 31. März 2021 gewährt.
Die Beschlüsse des Amtsgerichts Brandenburg an der Havel vom 10. Mai 2021 und vom 2. Juni 2021 sind gegenstandslos.
Eine Entscheidung des Senats über den Antrag des Betroffenen auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts Brandenburg an der Havel vom 31. März 2021 ist gegenwärtig nicht veranlasst.
Der Betroffene trägt die Kosten des Wiedereinsetzungsverfahrens sowie seine darin entstandenen Auslagen.
Gründe
I.
Die Stadt Brandenburg hat gegen den Betroffenen mit Bescheid vom 14. Januar 2020, förmlich zugestellt am 16. Januar 2020, wegen Verstoßes gegen § 51 Abs. 1 Satz 2 SGB XI iVm. § 121 Abs. 1 Nr. 6 SGB XI eine Geldbuße in Höhe von 700,00 € festgesetzt.
Nach dem am 28. Januar 2020 bei der Verwaltungsbehörde angebrachten Widerspruch und Abgabe der Sache an das Amtsgericht Brandenburg an der Havel, hat die Bußgeldrichterin mit Verfügung vom 16. Juni 2020 Termin zur Hauptverhandlung auf den 14. Oktober 2020 anberaumt. Mit richterlicher Verfügung vom 8. September 2020 wurde der Hauptverhandlungstermin wegen Erkrankung der Richterin auf den 25. November 2020 verlegt. Wegen Terminkollision auf Verteidigerseite wurde der Hauptverhandlungstermin mit Verfügung vom 21. Oktober 2020 auf den 9. Dezember 2021 verlegt; am 2. Dezember 2020 wurde der Hauptverhandlungstermin wegen dienstlicher Verhinderung aufgehoben. Unter dem Datum des 21. Januar 2021 beraumte die Bußgeldrichterin Termin zur Hauptverhandlung auf den 31. März 2021 an.
Die Hauptverhandlung am 31. März 2021 fand in Anwesenheit des Verteidigers des Betroffenen statt; der Betroffene wurde auf seinen Antrag hin durch Beschluss vom selben Tag von seiner Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen entbunden. In der Beweisaufnahme räumte der Betroffene ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls über seinen Verteidiger ein, Beiträge zur privaten Pflegeversicherung aufgrund fehlender Leistungsfähigkeit nicht gezahlt zu haben. Das Amtsgericht setzte mit Urteil vom selben Tag wegen fahrlässigen Verstoßes gegen § 51 Abs. 1 Satz 2 SGB XI iVm. § 121 Abs. 1 Nr. 6 SGB XI eine Geldbuße von 250,00 € fest.
Mit dem bei Gericht am 23. April 2021 eingegangenen Anwaltsschriftsatz beantragte der Betroffene die Zulassung der Rechtsbeschwerde.
Das Amtsgericht Brandenburg an der Havel verwarf mit Beschluss vom 10. Mai 2021 die "eingelegte Rechtsbeschwerde" als unzulässig, da die Wochenfrist zur Anbringung des Rechtsmittels nicht eingehalten worden sei.
Gegen den Verwerfungsbeschluss hat der Betroffene mit dem bei Gericht am 21. Mai 2021 angebrachten Anwaltsschriftsatz gerichtliche Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nach § 346 Abs. 2 StPO iVm. §§ 79 Abs. 3, 80 Abs. 3, 4 OWiG beantragt sowie Wiedereinsetzung in die Frist zur Einlegung des Antrags auf Zulassung der Rechtsbeschwerde und - vorsorglich - Wiedereinsetzung in die Wiedereinsetzungsfrist.
Den Wiedereinsetzungsantrag begründet der Verteidiger des Betroffenen damit, dass er davon ausgegangen sei, dass die Rechtsmitteleinlegungsfrist erst mit Zustellung des Urteils beginne, da der Betroffene an der Hauptverhandlung nicht teilgenommen habe.
Mit Beschluss vom 2. Juni 2021 hat das Amtsgericht Brandenburg an der Havel den Antrag des Betroffenen auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand unter Verkennung seiner sachlichen Unzuständigkeit "abgelehnt". Der Beschluss wiederum wurde - unter Verkennung der Angreifbarkeit mit einem befristeten Rechtsmittel - dem Betroffenen und dessen Verteidiger formlos übermittelt; eine Rechtsmittelbelehrung enthält die Entscheidung überdies nicht.
Der Betroffene hat gegen den amtsgerichtlichen Beschluss vom 2. Juni 2021 kein Rechtsmittel eingelegt.
Die Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg hat mit Stellungnahme vom 26. Juli 2021 beantragt, dem Betroffenen Wiedereinsetzung in die Frist zur Einlegung des Antrags auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts Brandenburg an der Havel vom 31. März 2021 zu gewähren.
II.
Der Senat entscheidet entsprechend dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg.
1. Dem Betroffenen ist auf seinen Antrag hin Wiedereinsetzung in die Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde nach § 44 Abs. 1 S. 1 StPO iVm. §§ 79 Abs. 3, 80 Abs. 3 OWiG zu gewähren.
a) Die Entscheidung über das Wiedereinsetzungsgesuch ist auch im vorliegenden Fall vom Rechtsbeschwerdegericht zu treffen. Dem steht nicht entgegen, dass das (unzuständige) Amtsgericht Brandenburg an der Havel mit Beschluss vom 2. Juni 2021 bereits den Wiedereinsetzungsantrag des Betroffenen zurückgewiesen hat. Da der Senat auf Grund des Antrags des Betroffenen auf Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts gemäß § 346 Abs. 2 StPO iVm. §§ 79 Abs. 3, 80 Abs. 3, 4 OW...