Leitsatz (amtlich)

Erledigt sich eine noch nicht anhängige Hauptsache während eines vorgeschalteten Verfahrenskostenhilfeprüfungsverfahrens vor dessen Entscheidungsreife, so scheidet Verfahrenskostenhilfe für den Antragsteller mangels erfolgversprechender Hauptsache aus. Da Verfahrenskostenhilfe für ein Verfahrenskostenhilfeprüfungsverfahren nicht gewährt werden kann, kommt es für eine Verfahrenskostenhilfegewährung in diesem Fall auf ein Verhalten des in Aussicht genommenen Antragsgegners vor Anhängigkeit nicht an.

 

Verfahrensgang

AG Neuruppin (Beschluss vom 14.12.2016; Aktenzeichen 53 F 207/16)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des AG Neuruppin vom 14.12.2016 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

1. Die Antragstellerin erbittet Verfahrenskostenhilfe für ein Kindesunterhaltsverfahren.

Auf ihren Verfahrenskostenhilfeantrag vom 30.09.2016 hat der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 17.10.2016 unter Hinweis auf vorgerichtliche Absprachen außergerichtliche Titulierungen angekündigt und diese am 24.10.2016 vornehmen lassen. Mit Schriftsatz vom 26.10.2016 hat die Antragstellerin auf den Schriftsatz des Antragsgegners erwidert, mit Schriftsatz vom 28.10.2016 die Erledigung des (noch nicht anhängigen) Verfahrens in Aussicht gestellt. Nachdem die Antragstellerin ihr Verfahrenskostenhilfegesuch auch nach Hinweis auf fehlende Erfolgsaussichten der Hauptsache aufrechterhalten hat, hat das AG es zurückgewiesen.

2. Die nach §§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, 127 Abs. 2, 567 ff. ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

Eine Erfolgsaussicht zum Zeitpunkt einer Entscheidungsreife über das Verfahrenskostenhilfeprüfungsverfahren lässt sich nicht feststellen (§§ 113 Abs. 1 FamFG, 114 Abs. 1 S 1 ZPO).

a) Entscheidungsreife setzt grundsätzlich voraus, dass die weiteren Verfahrensbeteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme hatten (§ 118 Abs. 1 ZPO) und der Antragsteller auf etwaige Nachfragen oder Erläuterungsauflagen des Gerichts Stellung genommen hat oder eine dazu gesetzte Frist hat verstreichen lassen. Hier hatte die Antragstellerin erst mit Schriftsatz vom 26.10.2016, Eingang beim AG am 27.10.2016, auflagengemäß zum Schriftsatz des Antragsgegners Stellung genommen. Zu diesem Zeitpunkt fehlte dem beabsichtigten Verfahren mangels Rechtsschutzbedürfnis die Erfolgsaussicht, was auch die Beschwerde nicht in Zweifel zieht.

Dass bei Erledigung einer Hauptsache in einem vorgeschalteten isolierten Verfahrenskostenhilfeprüfungsverfahren Verfahrenskostenhilfe mangels erfolgversprechender Hauptsache zu versagen ist, entspricht höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. BGH FamRZ 2009, 1663 Rn. 7; Geimer in: Zöller, Zivilprozessordnung, 31. Aufl. 2016, § 114 ZPO, Rn. 20a m.w.N.).

Die von der Beschwerde zu ihren Gunsten herangezogene Rechtsprechung (OVG Lüneburg Beschluss vom 05.05.2009 - 4 PA 70/09) ist nicht einschlägig, da sie keine Aussagen zu einer Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe bei Erledigung des beabsichtigten Verfahrens vor Anhängigkeit trifft, und wäre in der Lesart der Beschwerde überdies unvereinbar mit dem vom AG zutreffend geltend gemachten, höchstrichterlich gefestigten Grundsatz, wonach Verfahrenskostenhilfe für ein Verfahrenskostenhilfeprüfungsverfahren nicht gewährt werden kann (vgl. BeckOK FamFG/Nickel FamFG § 77 Rn. 7 m.w.N.).

b) Entscheidungsreife im Bewilligungsverfahren erfordert überdies beurteilungsfähige Angaben des Antragstellers zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen, woran es hier fehlt.

Die Antragstellerin hat entgegen § 117 Abs. 4 ZPO keine formgerechte Erklärung ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse abgegeben hatte. Zum Vorhandensein eines KFZ, für das sie erhebliche Abzugsposten beanspruchte, hatte sie jegliche Angaben unterlassen (vgl. 2 VK). Damit hat sie zugleich die nach der von ihr herangezogenen Rechtsprechung geforderte weitere Ausnahmevoraussetzung, nämlich alles ihr Zumutbare getan zu haben, um eine Entscheidung über den Verfahrenskostenhilfeantrag zu erreichen, verfehlt.

3. Über die Kosten des Beschwerdeverfahrens ist nicht zu entscheiden (§§ 113 Abs. 1 FamFG, 127 Abs. 4 ZPO).

Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen (§§ 113 Abs. 1 FamFG, 574 Abs. 2, Abs. 3 ZPO), besteht nicht.

 

Fundstellen

Haufe-Index 10442360

NJ 2017, 114

FF 2017, 218

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge