Verfahrensgang

AG Neuruppin (Entscheidung vom 21.08.2018; Aktenzeichen 82.3 OWi 130/17)

 

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Neuruppin vom 21. August 2018 mit den zu Grunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Neuruppin zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Die zentrale Bußgeldstelle des Zentraldienstes der Polizei des Landes Brandenburg hat gegen den Beschwerdeführer mit Bußgeldbescheid vom 6. Juni 2017 wegen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um mindestens 53 km/h ein Bußgeld in Höhe von 240,00 € festgesetzt sowie ein Fahrverbot für die Dauer eines Monats angeordnet. Gegen diesen Bußgeldbescheid hat der Beschwerdeführer form- und fristgerecht Einspruch eingelegt.

Nach zahlreichen Terminsanberaumung und auch stattgefundenen Hauptverhandlungen hat die Bußgeldrichterin zuletzt mit Verfügung vom 20. Juni 2018 Termin zur Hauptverhandlung an auf den 21. August 2018 anberaumt.

Nachdem der Verteidiger mit Anwaltsschriftsatz vom 18. Juni 2018 zum wiederholten Male Terminverlegung wegen vorgeblicher Erkrankung des Betroffenen beantragt hatte, hat das Amtsgericht mit Verfügung vom 20. Juni 2018 eine weitere Terminverlegung abgelehnt und die Vorlage eines amtsärztlichen Attestes gefordert. Mit weiterem am Verhandlungstag um 9:10 Uhr per Telefax angebrachten Anwaltsschriftsatz übersandte der Betroffene ein ärztliches Attest, das für den Verhandlungstag die "Arbeits- und Reiseunfähigkeit im Zustand nach Operation" bescheinigt.

Zur Hauptverhandlung erschien weder der Betroffene noch sein Verteidiger. Mit Urteil vom 21. August 2009 hat das Amtsgericht Neuruppin den Einspruch des Betroffenen gegen den Bußgeldbescheid vom 6. Juni 2017 wegen unentschuldigten Ausbleibens zur Hauptverhandlung verworfen. Zur Begründung führt das Tatgericht aus: "Die von dem Betroffenen angegebenen Gründe vermögen das Fernbleiben nicht zu entschuldigen, da dieser nicht, wie gefordert, durch ein amtsärztliches Attest glaubhaft gemacht worden sind.".

Nach der am 23. August 2018 erfolgten Urteilszustellung hat der Betroffene mit Anwaltsschreiben vom 28. August 2018, eingegangen bei Gericht am selben Tag, Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und zugleich Rechtsbeschwerde eingelegt und beides begründet. Das Amtsgerichts Neuruppin hat mit Beschluss vom 19. Dezember 2018 den Antrag des Betroffenen auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als unbegründet verworfen. Die dagegen erhobenene sofortige Beschwerde hat das Landgericht Neuruppin mit Beschluss vom 3. März 2019 wegen Fristversäumnis als unzulässig zurückgewiesen. Die Staatsanwaltschaft Neuruppin hat hierauf die Akten zur Weiterleitung an das Brandenburgische Oberlandesgericht zur Entscheidung über die Rechtsbeschwerde an die Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg weitergeleitet, wo sie am 25. März 2019 eingegangen sind. Mit Stellungnahme vom 10. Juli 2019 hat die Generalstaatsanwaltschaft beantragt, auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen das Urteil des Amtsgerichts Neuruppin vom 21. August 2019 aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Neuruppin zurückzuverweisen.

II.

Der Senat folgt dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg.

1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 2 OWiG statthaft und entsprechend den §§ 79 Abs. 3 OWiG, 341, 344, 345 StPO form- und fristgerecht bei Gericht angebracht worden. Gegen die Verwerfung des Einspruchs nach § 74 Abs. 2 OWiG kann der Betroffene - wie die Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg in ihrer Stellungnahme vom 10. Juli 2019 zutreffend ausgeführt hat - im Rechtsbeschwerdeverfahren nur mit der Beanstandung gehört werden, dass die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für die Verwerfung des Einspruchs nicht vorgelegen hätten. Die Verfahrensrüge ist nur dann in zulässiger Weise erhoben, wenn die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben sind. Das Rechtsbeschwerdevorbringen muss deshalb den entscheidungsrelevanten Verfahrenssachverhalt so vollständig wiedergeben, dass das Rechtsmittelgericht allein aufgrund der Rechtfertigungsschrift prüfen kann, ob der behauptete Verfahrensfehler vorliegt, falls die behaupteten Tatsachen zutreffen (vgl. BGHSt 3, 213 ff.; BGH NStZ 1986, 519 ff.). Im Einzelnen hängt der Umfang der sich aus § 344 Abs. 2 S. 2 StPO ergebenden Darlegungspflicht im Zusammenhang mit den Entscheidungen nach § 74 Abs. 2 OWiG davon ab, ob sich der Verfahrensfehler aus dem Inhalt des Urteils, welches ergänzend herangezogen werden kann, ergibt oder nicht. Die Feststellungen und Würdigungen, die das Urteil zur Frage der Entschuldigung enthält, braucht der Beschwerdeführer nämlich nicht zu wiederholen. Deshalb kann er sich, wenn das Urteil erkennen lässt, dass vor der Verhandlung Entschuldigungsgründe vorgebracht worden sind oder solche Gründe s...

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