Leitsatz (amtlich)

1. Angleichungsdynamische Anrechte minderer Art i.S.d. § 1 Abs. 3 VAÜG können nur solche Anrechte sein, deren Dynamik zwischen den nichtangleichungsdynamischen Westanrechten und den angleichungsdynamischen Ostanrechten tendiert.

2. Anwartschaften bei der VBL sind statisch und stellen keine angleichungsdynamische Anrechte minderer Art i.S.d. § 1 Abs. 3 VAÜG dar.

3. Zum Begriff der nichtangleichungsdynamischen Anrechte i.S.d. § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1b VAÜG.

 

Verfahrensgang

AG Senftenberg (Urteil vom 13.06.2003; Aktenzeichen 32 F 185/02)

 

Tenor

1. Der Tenor des angefochtenen Urteils wird zu Ziff. 2) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Von dem Versicherungskonto der Antragstellerin bei der Beteiligten zu 1), Vers.-Nr.: …, werden auf das Versicherungskonto des Antragsgegners bei der Beteiligten zu 2), Vers.-Nr.: …, angleichungsdynamische Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung i.H.v. monatlich 81,51 Euro, bezogen auf das Ende der Ehezeit am 30.6.2002, übertragen.

Die zu übertragenden angleichungsdynamischen Rentenanwartschaften sind in Entgeltpunkte (Ost) umzurechnen.

2. Zu Lasten der bei der Beteiligten zu 3) bestehenden Anwartschaften der Antragstellerin auf eine Betriebsrente, V-Nr. …, werden auf dem Versicherungskonto des Antragsgegners bei der Beteiligten zu 2), Versicherungsnummer …, nichtangleichungsdynamische Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung i.H.v. monatlich 7,89 Euro, bezogen auf das Ende der Ehezeit am 30.6.2002, begründet.

Die zu begründenden nichtangleichungsdynamischen Rentenanwartschaften sind in Entgeltpunkte umzurechnen.

3. Es bleibt bei der Kostenentscheidung des ersten Rechtszuges.

Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben.

4. Der Beschwerdewert wird auf 500 Euro festgesetzt.

 

Gründe

Die zulässige Beschwerde der Beteiligten zu 3) hat auch in der Sache Erfolg. Mit Recht hat sie sich darauf berufen, das AG habe den Versorgungsausgleich hinsichtlich der von der Antragstellerin bei der Beteiligten zu 3) erworbenen Anwartschaften fehlerhaft durchgeführt.

1. Nach Auskunft der Beteiligten zu 1) vom 9.1.2003 hat die Antragstellerin während der Ehezeit i.S.d. § 1587 Abs. 2 BGB – dies ist die Zeit vom 1.9.1976 bis zum 30.6.2002 – angleichungsdynamische Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung i.H.v. 627,75 Euro monatlich erworben.

Darüber hinaus hat die Antragstellerin nach Auskunft der Beteiligten zu 3) vom 9.12.2002 innerhalb der vorgenannten Ehezeit unverfallbare Anwartschaften auf Leistungen aus der Zusatzversorgung des Öffentlichen Dienstes i.H.v. 64,31 Euro monatlich erworben.

Ferner steht auf Grund der Auskunft der Beteiligten zu 2) vom 25.11.2002 fest, dass der Antragsgegner auf die Ehezeit entfallende angleichungsdynamische Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung i.H.v. insgesamt 464,74 Euro monatlich erworben hat.

2. Gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1b VAÜG ist der Versorgungsausgleiches bereits vor der Einkommensangleichung durchzuführen. Nach dieser Vorschrift ist der Versorgungsausgleich dann durchzuführen, wenn die Ehegatten in der Ehezeit keine angleichungsdynamischen Anwartschaften minderer Art erworben haben und der Ehegatte mit den werthöheren angleichungsdynamischen Anwartschaften auch die werthöheren nichtangleichungsdynamischen Anwartschaften erworben hat.

Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1b VAÜG liegen vor.

a) Keiner der beteiligten Ehegatten hat angleichungsdynamische Anrechte minderer Art erworben.

Die in der gesetzlichen Rentenversicherung bei den Beteiligten zu 1) und 2) erworbenen Anrechte sind angleichungsdynamisch i.S.v. § 1 Abs. 2 Nr. 1 VAÜG.

Die bei der Beteiligten zu 3) erworbenen Anrechte der Antragstellerin, bei denen es sich um eine dem § 1587a Abs. 2 Nr. 3 BGB zuzurechnenden Sonderform der betrieblichen Altersversorgung handelt (BGH v. 26.5.1982 – IVb ZB 718/81, MDR 1982, 832 = NJW 1982, 1989), stellen ebenfalls keine angleichungsdynamischen Anrechte minderer Art dar. Bei den VBL-Anwartschaften handelt es sich um eine nichtdynamische, d.h. statische Anwartschaft. Soweit für die Zeit ab Leistungsbeginn eine jährliche Erhöhung um 1 % vorgesehen ist, ist diese den bisherigen Erhöhungen in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht gleichzustellen, so dass es sich nicht um ein den dynamischen Rechten der gesetzlichen Rentenversicherung gleichzustellendes Anrecht handelt (OLG Hamburg, Beschl. v. 30.6.2003 – 12 UF 152/01, S. 4 f., bislang unveröffentlicht).

Demgegenüber sind angleichungsdynamische Anrechte minderer Art gem. § 1 Abs. 3 VAÜG solche Anrechte, die zwar eine stärkere Dynamik als die i.Ü. Bundesgebiet erworbenen und vergleichbaren Anrechte, aber eine mindere Dynamik als die angleichungsdynamischen Anrechte des § 1 Abs. 2 VAÜG aufweisen. Die Dynamik der angleichungsdynamischen Anrechte minderer Art kann danach nicht größer oder gleich der Dynamik angleichungsdynamischer Anrechte sein...

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