Leitsatz (amtlich)
1. Die Bewilligungsreife für das PKH-Gesuch einer beklagten Partei in der Klageerwiderung besteht frühestens nach Eingang der Replik der klagenden Partei.
2. Soweit die klagenden Partei in ihrer Klagereplik auf die Klageerwiderung einer PKH beantragenden Partei ihre Klage ermäßigt, ist der beklagten Partei für diesen Teil ihrer Klageverteidigung keine Prozesskostenhilfe mehr zu bewilligen (vgl. OLG Hamm v. 31.1.2003 - 11 WF 364/02, OLGReport Hamm 2003, 176 = NJW-RR 2004, 79).
Verfahrensgang
LG Potsdam (Beschluss vom 15.03.2006; Aktenzeichen 4 O 494/05) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin vom 31.3.2006 gegen den Beschluss des LG Potsdam vom 15.3.2006 - 4 O 494/05 - in Gestalt des Nichtabhilfebeschlusses vom 28.4.2006 wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
Die Beschwerdeführerin hat erstinstanzlich im Klageerwiderungsschriftsatz zugleich Prozesskostenhilfe erbeten zur Verteidigung gegen eine Klage, mit der sie die Klägerin auf Rückzahlung zweier Darlehen und Zahlung von Kaufpreis in Anspruch genommen hat. In ihrer Replik hat die Klägerin die ursprüngliche Klageforderung geringfügig ermäßigt und zur Sache ergänzend vorgetragen. Den Prozesskostenhilfeantrag der Beklagten hat das LG zeitgleich mit einem Klage stattgebenden Urteil und unter Bezugnahme hierauf zurückgewiesen.
Mit ihrer sofortigen Beschwerde macht die Beklagte geltend, das LG habe bereits nach Eingang der Klageerwiderung entscheiden und dem Prozesskostenhilfegesuch stattgeben müssen, statt die Bewilligungsreife auf den Zeitpunkt der Entscheidung in der Hauptsache zu legen.
Mit Nichtabhilfebeschluss vom 28.4.2006 hat das LG die Sache unter Hinweis darauf, dass es insb. das urkundlich belegte Replikvorbringen zu berücksichtigen habe, dem Senat vorgelegt.
II. Die nach § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
1. Die Klageverteidigung hatte bereits bei Bewilligungsreife keine Erfolgsaussicht (§ 114 ZPO). Die Bewilligungsreife für ihr Gesuch bestand entgegen der Ansicht der Beklagten nicht bereits nach Eingang ihrer Klageerwiderung, sondern erst nach Eingang der Replik der Klägerin. Dieser war gem. § 118 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 ZPO vor der Bewilligung der Prozesskostenhilfe Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Bei dem Sach- und Streitstand nach Replik waren für Abschluss und Valutierung des ersten Darlehensvertrages der Hauptbeweis mit der Vorlage des Schuldscheins (BGH v. 10.6.1985 - III ZR 178/84, MDR 1986, 31 = NJW 1986, 2571) geführt und die Valutierung des zweiten Darlehens unstreitig, ebenso die Wirksamkeit der Kündigungen beider Darlehen, desgleichen das Entstehen des Kaufpreisanspruchs in geltend gemachter Höhe, wie bereits im Senatsbeschluss vom 7.6.2006 im Einzelnen ausgeführt, auf den der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen verweist.
Das Vorbringen der Beklagten zum Erlöschen des Kaufpreisanspruchs durch Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch wegen schuldhafter Verletzung von Verwertungspflichten begründete auch insoweit keine Erfolgsaussicht für die Klageverteidigung. Die Behauptung der Beklagten, der Gutachter B. hätte im Dezember 2003 das Inventar auf wenigstens auf 18.000 EUR bewertet, war schon in sich unstimmig, da gutachterliche Wertermittlungen für alle damit vertrauten Verkehrsteilnehmer und insoweit allgemein bekannt mit konkret errechneten Resultaten enden, sofern nicht ausnahmsweise gutachtenspezifische Unwägbarkeiten eine bloße Beurteilung von Preisspannen zulassen, wofür die Beklagte hier nichts vorgetragen hatte. Ferner war ihr Vorbringen entgegen § 138 Abs. 1 ZPO ohne Vorlage des ihr zugänglichen Gutachtens unvollständig und überdies, wie die Vorlage des Gutachtens durch die Klägerin (vgl. Anlage K 33, Bl. 67 ff.) urkundlich belegt, auch grob wahrheitswidrig.
2. Soweit die Klägerin auf die Klageerwiderung ihre Klage geringfügig ermäßigt hat, ist der Beklagten auch für diesen Teil der Rechtsverteidigung keine Prozesskostenhilfe mehr zu bewilligen (vgl. OLG Hamm, NJW-RR 2004, 79). Zum Zeitpunkt der Bewilligungsreife kommt eine erfolgversprechende Klageverteidigung mangels Klage schon begrifflich nicht mehr in Betracht. Hier bestand auch keine Erfolgsaussicht für einen Kostenantrag nach § 269 Abs. 4 ZPO (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 24. Aufl., § 114 Rz. 25). Die Klagebeschränkung betraf einen geringfügigen Teil und hatte keine Auswirkungen auf die Kostenquote, § 92 Abs. 2 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 1612290 |
JurBüro 2007, 150 |
OLGR-Ost 2007, 246 |