Leitsatz (amtlich)
1. Im vereinfachten Unterhaltsfestsetzungsverfahren kann der Antragsgegner den Einwand eingeschränkter oder fehlender Leistungsfähigkeit nur erheben, wenn er zugleich erklärt, inwieweit er zur Unterhaltsleistung bereit ist. Diesem Erfordernis genügt auch die Erklärung, keinen Unterhalt zu leisten, wenn der Antragsgegner meint, keinen solchen zu schulden.
2. Hat der Antragsgegner Einwendungen erhoben, die nach § 648 Abs. 2 ZPO zulässig sind, so hat der Rechtspfleger des AG dies dem Antragsteller mitzuteilen. Sieht der Rechtspfleger die Einwendungen zu Unrecht als unzulässig an, ist der Unterhaltsfestsetzungsbeschluss im Beschwerdeverfahren aufzuheben.
Verfahrensgang
AG Bernau (Beschluss vom 21.08.2002; Aktenzeichen 5 FH 105/01) |
Tenor
Dem Antragsgegner wird Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren bewilligt.
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Gerichtsgebühren werden für das Beschwerdeverfahren nicht erhoben. Die außergerichtlichen Kosten werden dem Antragsteller auferlegt.
Gründe
Die Beschwerde des Antragsgegners vom 21.8.2001 gegen den Unterhaltsfestsetzungsbeschluss des AG vom 29.7.2001 ist als sofortige Beschwerde anzusehen und gem. §§ 11 Abs. 1 RPflG, 652 ZPO zulässig. Sie ist auch begründet und führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Entscheidung. Denn der angefochtene Beschluss hätte wegen der nach § 648 Abs. 2 ZPO zulässigen Einwendungen des Antragsgegners nicht erlassen werden dürfen.
Gemäß § 648 Abs. 2 S. 1, 3 ZPO kann der Antragsgegner den Einwand eingeschränkter oder fehlender Leistungsfähigkeit nur erheben, wenn er zugleich erklärt, inwieweit er zur Unterhaltsleistung bereit ist und dass er sich insoweit zur Erfüllung des Unterhaltsanspruchs verpflichtet sowie zugleich unter Verwendung des eingeführten Vordrucks Auskunft über seine Einkünfte, sein Vermögen und seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse im Übrigen erteilt und über seine Einkünfte Belege vorlegt. Den Anforderungen dieser Bestimmung genügt auch die Erklärung, keinen Unterhalt zu zahlen, wenn der Antragsgegner meint, keinen solchen zu schulden (vgl. OLG Brandenburg FamRZ 2001; OLG Hamm v. 8.7.1999 – 8 WF 219/99, FamRZ 2000, 360 f.; OLG Bamberg v. 7.6.2000 – 2 UF 138/00, OLGReport Bamberg 2000, 290 = FamRZ 2001, 108 f.; Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 648 Rz. 7). Ob diese Rechtsansicht zutrifft, hat der Rechtspfleger nicht zu prüfen, (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 648 Rz. 7). Danach hat der Antragsgegner den Einwand fehlender Leistungsfähigkeit bereits im Verfahren vor dem AG in gehöriger Weise erhoben.
Der Antragsgegner hat den ihm übersandten Vordruck über „Einwendungen gegen den Antrag auf Festsetzung von Unterhalt” vollständig ausgefüllt. Er hat das Feld „G” angekreuzt und damit zum Ausdruck gebracht, den verlangten Unterhalt ohne Gefährdung seines eigenen Unterhalts nicht oder nicht in voller Höhe zahlen zu können oder dazu nicht verpflichtet zu sein. Den zweiten Abschnitt des Vordrucks, betreffend die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, hat er ebenfalls vollständig ausgefüllt und Belege, insb. über seine Einkünfte, vorgelegt. Im dritten Abschnitt des Vordrucks hat er erklärt, Unterhaltszahlungen i.H.v. „0 DM” erbringen zu wollen, was eine insoweit mögliche Erklärung darstellt.
Da der Antragsgegner somit Einwendungen erhoben hat, die nach § 648 Abs. 2 ZPO zulässig sind, hätte der Rechtspfleger des AG dies dem Antragsteller gem. § 650 Abs. 1 ZPO nur mitteilen müssen. Hierauf wäre es Sache des Antragstellers gewesen, die Durchführung des streitigen Verfahrens gem. § 651 ZPO in Erwägung zu ziehen. Nachdem der Antragsgegner in der Beschwerdeschrift nun den Unterhaltsanspruch teilweise anerkannt hat, wird der Antragsteller zu prüfen haben, ob er die Festsetzung insoweit gem. § 650 S. 2 ZPO beantragt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Wegen der verfahrensfehlerhaften Behandlung der Sache durch das AG werden Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren nicht erhoben, § 8 Abs. 1 GKG.
Berger
Fundstellen
Haufe-Index 1103817 |
FamRZ 2004, 475 |
OLGR-NBL 2003, 527 |
www.judicialis.de 2003 |