Entscheidungsstichwort (Thema)
Zumutbarkeit einer Nebentätigkeit für Unterhaltsverpflichteten mit geringfügiger Beschäftigung
Leitsatz (amtlich)
Einem Unterhaltsverpflichteten, der lediglich eine geringfügige Beschäftigung ausübt, ist es grundsätzlich zumutbar, eine umfangreiche Nebentätigkeit oder gar mehrere Nebentätigkeiten auszuüben, die jeweils zusammen mit der Haupttätigkeit bis zu maximal 48 Stunden wöchentlich ausmachen, um so den Unterhaltsbedarf seines Kindes zu decken. Dabei muss der Unterhaltsverpflichtete notfalls auch einschneidende Veränderungen in seiner eigenen Lebensgestaltung in Kauf nehmen.
Normenkette
BGB §§ 1601-1603
Verfahrensgang
AG Neuruppin (Beschluss vom 29.01.2008; Aktenzeichen 52 F 379/07) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird ihm unter teilweiser Abänderung des Beschlusses des AG Neuruppin - FamG - vom 29.1.2008 - 52 F 379/07 - und unter Zurückweisung seines Rechtsmittels im Übrigen für das erstinstanzliche Verfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt B. aus Neuruppin Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt, soweit er eine Abänderung der Urkunde des Landkreises O., Jugendamt vom 6.2.1997 - UR-Nr. 052/1997 - dahingehend begehrt, dass er nicht verpflichtet ist, an die Beklagte einen monatlichen Unterhalt zu zahlen, der im Zeitraum von Oktober bis Dezember 2007 über den Betrag von 173 EUR, im Jahre 2008 über den Betrag von 228 EUR und ab 1.1.2009 über den Betrag von 218 EUR hinaus geht.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Die gem. §§ 127 Abs. 2, 567 ff. ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde des Klägers hat lediglich aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet.
Eine Partei, die nach ihrem persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§ 114 ZPO). Vorliegend hat die Rechtsverfolgung des Klägers nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand lediglich teilweise Aussicht auf Erfolg.
Mit seiner am 26.10.2007 beim AG eingegangenen Klage begehrt er eine Abänderung der Urkunde des Jugendamtes des Landkreises O. vom 6.2.1997, nach der er verpflichtet ist, seiner am ... 2.1990 geborenen Tochter den Regelunterhalt zzgl. eines Zuschlages von 18 % des Regelbetrags unter anteiliger Anrechnung des staatlichen Kindergeldes zu zahlen dahingehend, dass er für die Zeit ab Oktober 2007 nicht mehr verpflichtet sei, für die Beklagte, die sich in der allgemeinen Schulausbildung zum Erwerb des Fachabiturs befindet und mit Zustimmung der Kindesmutter im Haushalt der Großeltern lebt, Unterhalt zu leisten.
Der seit dem ... 2.2008 volljährigen Beklagten steht gegenüber ihrem leistungsfähigen Vater, dem Kläger, dem Grunde nach weiterhin ein Unterhaltsanspruch gem. §§ 1601, 1602, 1603 BGB zu. Der Höhe nach beläuft sich jedoch der verbleibende monatliche Bedarf der Beklagten im Zeitraum von Oktober bis Dezember 2007 auf 173 EUR, im Jahre 2008 auf 228 EUR und ab dem 1.1.2009 auf 218 EUR, so dass die Abänderungsklage wegen des weitergehenden Betrages Erfolg verspricht.
Der angemessene Bedarf eines nicht im Haushalt eines Elternteils lebenden Kindes beträgt derzeit regelmäßig 640 EUR monatlich (vgl. Nr. 13.1 der aktuellen Unterhaltsleitlinien des OLG Brandenburg sowie Palandt/Diederichsen, BGB, 68. Aufl., Einf. v. § 1601 Rz. 21 und OLG Düsseldorf NJW-RR 2007, 794 ff.). Hierauf sind die BAföG-Leistungen, die die Beklagte seit Oktober 2007 i.H.v. monatlich 348 EUR erhält, nach Abzug von ausbildungsbedingten Kosten i.H.v. monatlich 90 EUR als Einkommen des unterhaltsberechtigten Kindes voll anzurechnen (vgl. Nr. 13.2 und 10.2.3 der aktuellen Unterhaltsleitlinien). Ferner ist das staatliche Kindergeld voll anzurechnen, das sich bis zum 31.12.2008 auf 154 EUR und seit dem 1.1.2009 auf 164 EUR beläuft, so dass ein offener monatlicher Bedarf der Beklagten im Jahr 2008 i.H.v. 228 EUR und ab 1.1.2009 i.H.v. 218 EUR verbleibt. Für den streitgegenständlichen Zeitraum des Jahres 2007 beläuft sich der monatliche Bedarf auf 590 EUR, so dass sich bei einem staatlichen Kindergeld i.H.v. 154 EUR und bei einer monatlichen BAföG-Leistung i.H.v. 348 EUR nach Abzug von ausbildungsbedingten Kosten i.H.v. 85 EUR ein offener monatlicher Bedarf der Beklagten i.H.v. 173 EUR errechnet.
Gegenüber der nunmehr volljährigen Beklagten sind zwar beide Elternteile barunterhaltspflichtig. Ihr Haftungsanteil bestimmt sich nach den Verhältnissen ihrer den jeweiligen Selbstbehalt übersteigenden Einkommen. Vorliegend befindet sich jedoch die Kindesmutter im Erziehungsurlaub und erhält lediglich Erziehungsgeld i.H.v. 230 EUR monatlich, so dass sie nicht leistungsfähig ist. Auch eine Verpflichtung zu einer Nebenerwerbstätigkeit entfällt in der Regel während des Bezuges von Erziehungsgeld.
Der am ...