Leitsatz (amtlich)

Falsche Angaben zum Unfallort sind generell geeignet, die berechtigten Interessen des Versicherers in ernster Weise zu gefährden, denn sie betreffen den Kern des Unfallgeschehens. Sie können die Unfallrekonstruktion und damit die Beurteilung der Leistungsfreiheit des Versicherers wegen vorsätzlicher oder grobfahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalles durch den Versicherungsnehmer (§ 61 VVG a.F.) vereiteln oder nachhaltig erschweren (vgl. ebenso OLG Köln, Urteil vom 20.1.1998 - 9 U 156/97; juris Tz. 11, = Schaden-Praxis 1998, 328).

 

Gründe

... 2. Schreiben mit Briefkopf und Unterschrift der Vorsitzenden an RA/RA, Kläger-RA gegen EB höflich

In pp. beabsichtigt der Senat die Berufung gem. § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO aus folgenden Gründen zurückzuweisen. Sie hat keine Aussicht auf Erfolg.

I. Der berufungsführende Kläger verlangt von der Beklagten als Kaskoversicherer Ersatz eines Unfallschadens.

In einer Schadensanzeige vom 15.12.2007 (B1, 28 GA) gab er unter Fertigung einer Unfallskizze an, am 6.11.2007 beim Ausparken aus seinem Stellplatz in der Tiefgarage einen Pfeiler übersehen und geschrammt zu haben und hierbei auf der rechten Fahrzeugseite Kotflügel, Tür sowie beide Stoßstangen beschädigt zu haben. Am 6.2.2008 zeigt der Kläger einem Mitarbeiter der Beklagten den Tiefgaragenstellplatz und bezeichnete diesen wiederum als Unfallort. Den Hinweis, dass der dort befindliche Tiefgaragenpfeiler unbeschädigt sei und insbesondere keine Schrammenspuren vom versicherten Fahrzeug aufweise, kommentierte der Kläger mit dem Satz: "Dann habe ich eben Pech gehabt." Mit Schreiben vom 6.3.2008 lehnte die Beklagte Versicherungsschutz ab, da der Kläger seiner Aufklärungsobliegenheiten bewusst verletzt habe.

Der Kläger hat behauptet, den gemeldeten Streifschaden am 7.12.2007 gegen 3:45 Uhr auf dem E. Weg in A. verursacht zu haben, als er beim Verlassen der Einfahrt des Grundstückes ... an einem dortigen Holm entlang geschrammt sei. Die Falschangabe in der Schadensanzeige beruhe darauf, dass er den Überblick über die von ihm verursachten Unfälle verloren habe.

Mit dem angefochtenen Urteil, auf das der Senat wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes verweist, hat das LG die Klage abgewiesen. Die Beklagte sei § 7 V (4) AKB i.V.m. § 6 Abs. 3 VVG wegen einer vorsätzlichen Obliegenheitsverletzung von der Verpflichtung zur Leistung frei.

Mit seiner hiergegen gerichteten Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Zahlungsbegehren uneingeschränkt weiter. Seine Falschangaben vom 15.12.2007 hätten die Interessen der Beklagten nicht ernsthaft gefährden können, da ein Sachverständiger der Beklagten aufgrund seiner telefonischen Unfallmeldung das beschädigte Fahrzeug bereits vor diesem Datum besichtigt und begutachtet habe.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

II. Die Entscheidung des LG beruht auf keiner Rechtsverletzung und das Berufungsvorbringen enthält keine nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen, die eine andere Entscheidung rechtfertigen, § 513 ZPO.

Die Beklagte ist nach § 7 I (2) Satz 3, V (4) AKB i.V.m. § 6 Abs. 3 VVG von der Verpflichtung zur Leistung frei.

1. Die Beklagte hat sich auf Leistungsfreiheit berufen.

2. Dem Kläger ist eine vorsätzliche Verletzung seiner Aufklärungsobliegenheit anzulasten.

Er hat seine Aufklärungsobliegenheit objektiv verletzt, indem er in der Schadensanzeige vom 15.12.2007 wissentlich unzutreffende Angaben über den Unfallort gemacht hat. In der Schadensschilderung hat der Kläger seine Tiefgarage als Unfallort angegebe. Demgegenüber hatte sein Fahrzeug dort keinen Unfall erlitten. Damit scheidet die Tiefgarage zugleich als verwechlungsfähiger Ort eines Schrammschadens sicher aus.

3. Die gegen ihn streitende gesetzliche Vorsatzvermutung des § 6 Abs. 3 Satz 1 VVG hat der Kläger nicht zu widerlegen vermocht.

Er hat nicht vorgetragen, die Fragen im Schadensanzeigeformular falsch verstanden zu haben, etwa dahin, dass auch eine unrichtige Darstellung des Unfallortes der Erfüllung der ihm obliegenden Aufklärungspflicht genügen würde. Vielmehr geht der Kläger in Berufungsbegründung nunmehr auch selbst von einer vorsätzlichen Obliegenheitsverletzung aus.

4. Auch die Grundsätze der Relevanzrechtsprechung stehen der Leistungsfreiheit nicht entgegen.

Das vom Kläger unterzeichnete Schadensanzeigenformular enthält direkt über der Unterschriftsleiste den ordnungsgemäßen Hinweis auf den Verlust seines Versicherungsschutzes durch eine bewusst unwahre Angabe auch bei fehlendem Nachteil für den Versicherer.

Falsche Angaben zum Unfallort sind generell geeignet, die berechtigten Interessen des Versicherers in ernster Weise zu gefährden, denn sie betreffen den Kern des Unfallgeschehens. Sie können die Unfallrekonstruktion und damit die Beurteilung der Leistungsfreiheit des Versicherers wegen vorsätzlicher oder grobfahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalles durch den Versicherungsnehmer (§ 61 VVG a.F.) vereiteln oder nachhaltig erschweren (vgl. ebenso O...

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