Entscheidungsstichwort (Thema)
Übernahme von Gerichtskosten in einem Vergleich durch kostenbefreite Partei
Leitsatz (amtlich)
Übernimmt eine kostenbefreite Partei durch einen in der Berufungsinstanz geschlossenen Vergleich Gerichtskosten, kann der nicht befreite Prozessgegner für Gerichtskosten nicht mehr in Anspruch genommen werden. Dies gilt auch dann, wenn durch den Vergleich eine noch nicht rechtskräftige erstinstanzliche Kostenentscheidung abgeändert worden ist.
Normenkette
GKG §§ 2, 29
Verfahrensgang
LG Potsdam (Beschluss vom 12.10.2006; Aktenzeichen 4 O 328/03) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Kostenschuldner wird der Beschluss des LG Potsdam vom 12.10.2006 (4 O 328/03) aufgehoben.
Das LG Potsdam wird angewiesen, den Kostenansatz gem. § 11 GKG vom 26.2.2004 für das Prozessverfahren erster Instanz unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senates zu berichtigen.
Gründe
I. Die Kostenschuldner haben das beklagte Land auf Ersatz von Schäden in Anspruch genommen, die ihnen durch schuldhafte Amtspflichtverletzungen von Polizeibeamten des beklagten Landes entstanden seien. Die Kostenschuldner haben einen Gerichtskostenvorschuss i.H.v. 498 EUR eingezahlt. Das LG hat die Klage abgewiesen und die Kosten des Rechtsstreits den Kostenschuldnern auferlegt. Gegen dieses Urteil haben die Kostenschuldner Berufung eingelegt. Im Berufungsverfahren haben die Parteien einen Vergleich geschlossen. Im Vergleich haben sie vereinbart, dass die Kosten des Rechtsstreits einschließlich derjenigen des Vergleichs gegeneinander aufgehoben werden.
Die Kostenschuldner haben mit Schriftsatz vom 25.6.2005 beantragt, den Kostenausgleich durchzuführen und ihnen die Hälfte des Gerichtskostenvorschusses zurückzuzahlen.
Durch Beschluss vom 12.10.2006 hat der Rechtspfleger des LG diesen Antrag zurückgewiesen.
Zur Begründung hat er ausgeführt, bei in der zweiten Instanz geschlossenen Vergleichen, die hinsichtlich der Kostenverteilung von der erstinstanzlichen Entscheidung abwichen, werde die Schlusskostenrechung der ersten Instanz nicht geändert, weil es sich bei dem Vergleich nicht um eine gerichtliche Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits i.S.v. § 30 GKG handele. Es verbleibe daher bei der in der ersten Instanz aufgestellten Kostenrechnung und der Haftung der Kläger gem. § 22 Abs. 1 GKG in Höhe des gezahlten Vorschusses. Die Ausgleichung und Erstattung der Gerichtskosten habe ausschließlich im Rahmen der Kostenausgleichung gem. §§ 91, 103 ff. ZPO zu erfolgen. Da jedoch das beklagte Land von den Gerichtskosten befreit sei, sei auch dieses nicht ggü. den Kostenschuldnern zur Erstattung der überschüssigen Gerichtskosten verpflichtet.
Gegen diese Entscheidung wenden sich die Kostenschuldner mit dem als Erinnerung bezeichneten Rechtsmittel vom 28.10.2006.
Das LG hat der als sofortige Beschwerde zu behandelnden Erinnerung durch Beschluss vom 15.12.2006 nicht abgeholfen und dem OLG zur weiteren Entscheidung vorgelegt.
II. Die nach § 66 Abs. 2 GKG zulässige Beschwerde der Kostenschuldner ist begründet. Der angefochtene Beschluss ist aufzuheben. Auf den Antrag der Kostenschuldner auf Erstattung vorausgezahlter Gerichtskosten ist der Kostenansatz des LG Potsdam vom 26.2.2004 dahin zu berichtigen, dass den Kostenschuldnern im Ergebnis die Hälfte des von ihnen für die Gerichtskosten erster Instanz gezahlten Vorschusses zurückzuerstatten ist.
Maßgeblich für die Frage, ob im Falle der Gerichtskostenfreiheit einer Partei nach § 2 GKG bereits erhobene Kosten aus der Landeskasse zurückzuzahlen sind, ist ausschließlich § 2 Abs. 5 GKG. Nach § 2 Abs. 5 Nr. 1 GKG sind Kosten nicht zu erheben von jemandem, der von Kosten befreit ist, wenn und soweit ihm Kosten auferlegt werden. Nach § 2 Abs. 5 Nr. 2 GKG gilt das Gleiche, soweit ein von Kosten Befreiter Kosten des Verfahrens übernimmt. Das ist hier geschehen. Das kostenbefreite Land hat durch den in der Berufungsinstanz geschlossenen Vergleich die Hälfte der Gerichtskosten übernommen. § 2 Abs. 5 GKG gilt auch hier, obwohl durch den Vergleich eine noch nicht rechtskräftige erstinstanzliche Kostenentscheidung abgeändert worden ist (Oestreich/Winter/Hellstab, GKG, Rz. 24 zu § 2). Auch der nichtbefreite Gegner kann für Kosten nicht mehr in Anspruch genommen werden.
§ 29 GKG ändert daran nichts (Hartmann, Kostengesetze, 37. Aufl., Rz. 20 zu § 2 GKG). Danach erlischt ggü. der Staatskasse die durch eine abändernde andere gerichtliche Entscheidung begründete Verpflichtung zur Kostenzahlung nur durch eine abändernde andere gerichtliche Entscheidung, also nicht durch einen abändernden Vergleich. Daraus folgt aber nur, dass die Haftung der Kläger ggü. der Staatskasse für die gesamten Gerichtskosten des ersten Rechtszuges durch den Vergleich unmittelbar nicht berührt worden ist. Ob die von den Klägern an sich zu tragenden Kosten von ihnen auch erhoben werden dürfen, richtet sich allein nach der für Fälle der Kostenfreiheit getroffenen Sonderregelung des § 2 GKG, die Vorrang hat. Die weiter bestehende Verpflichtung der Kläge...